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Werners Stadtrundgang

Aktuelles und Alltägliches · Experimentelles
Als Werner eines Freitagabend noch etwas einkaufen gehen sollte, begegneten ihm einige Menschen, die ihm durch ihre Originalität im Gedächtnis bleiben sollten. Er ging gerade die Reihnstraße hinunter als ihm eine alte senil wirkende Dame begegnete. Sie hatte graue, fettige Haare, die durcheinander geworfen waren. Ihr Gesicht war faltig und ihr Mund war ein wenig hervorgehoben, was sehr darauf schließen ließ, dass sie ihre zweiten Zähne bereits verloren hatte. Sie hielt ihre zittrigen Hände in der Luft als wolle sie ein Buch lesen und murmelte dabei etwas wie:
„Wo ist meine Brille? Ich will lesen!“ , dabei wiederholte sie sich immer wieder in einem monotonen Tonfall. Werner dachte sofort daran, dass er ihr helfen müsste. Sie sah recht hilflos aus und hatte sich bestimmt verlaufen. Auch ihre Kleidung sagte eine eindeutige Botschaft aus: „Ich bin alt!“. Sie war vielleicht einmal vor 50Jahren modern gewesen, doch jetzt?! Gerade als Werner ihr zur Hilfe eilen wollte hielt ein Wagen, aus dem eine besorgte junge Frau ausstieg und rief: „Großmutter, Großmutter! Komm zurück!“ Es dauerte keine 5Minuten bis die alte Dame nach hause gefahren wurde und ihm bereits eine weitere klassische Person über den Weg lief. Es war ganz offensichtlich eine junge Dame, vielleicht 16-, höchstens 17Jahre alt. Sie war ganz offensichtlich ein wenig kleiner als Werner und das trotz ihrer hohen Absätze, die man bereits aus 50Meter Entfernung hören musste. Obwohl sie noch weit von Werner entfernt war hörte er bereits ihre Musik. Es war eine sehr laute und nervtötende Musik, die Werner als Metal identifizierte würde, obwohl er sich nicht sicher war. Als sie näher kam wurde Werner klar, dass es sich um ein noch jüngeres Mädchen handeln musste. Sie kam mit schnellen Schritten näher und so wie die Musik wurde auch das Geräusch der Absätze immer lauter. Als sie kurz davor war in ihn hinein zu laufen, hob sie den Blick und ihre Blutunterlaufenen, tränen durchfluteten Augen starrten ihn bedauernswert an. Als sie an ihm vorbei gelaufen war beschleunigte sie die Schritte ein wenig und verschwand bald aus seinem Blickfeld. Werner vermutete, dass sie sich mit jemandem gestritten hatte, vielleicht mit ihren Eltern oder ihrem Freund. Als das junge Mädchen verschwunden war musste Werner unwillkürlich an seine Kindheit denken. Er erinnerte sich noch ganz genau daran wie es gewesen war als er als kleiner Junge mit seinen Eltern an die Nordsee gefahren war. Er hatte dort als kleiner Junge am Strand gestanden, Sommersandalen getragen und ein leckeres Eis in seiner damaligen Lieblingssorte Zitrone in der Hand gehalten. Mittlerweile war er gegen Eis allergisch, es war ein Jammer. Woran er sich allerdings nicht mehr erinnern konnte ihm später aber immer wieder von seinen Eltern erzählt worden war, war dass er ziemlich laut geschrien hatte weil er von oben bis unten voll mit Sand gewesen war. Wie das allerdings passiert war wusste keiner.
Auch heute wünschte er sich noch in die damalige Zeit zurück denn durch seine Faulheit hatte er nichts so erreicht wie er es hatte erreichen wollen. Erst kürzlich war er einem alten Schulfreund begegnet der seinen Traum auslebte. Dieser Schulfreund hatte alles erreicht, hatte einen guten Beruf an dem er viel Spaß hatte und noch dazu viel Urlaub. Ganz im Gegensatz zu Werner. Werner war Postangestellter geworden. Seine Arbeit war sehr langweilig und voll Routine mäßig. Die Bezahlung war schlecht, von Urlaub konnte er nur träumen und die Zeit indem er eine Freundin haben würde war in weite Ferne gerückt. Warum war er bloß kein Bankangestellter geworden.
Mit 29Jahren hätte er wahrscheinlich alles gehabt was er haben wollte. Wäre mit einem korrekten Anzug mit bunter Fliege, schwarzen polierten Lackschuhen und einer modischen Frisur zur Arbeit gegangen. Sein wohlriechendes Rasierwasser hätte alle auf ihn aufmerksam gemacht und sein modischer Ohrring hätte jedem voll ins Auge gestochen, wahrscheinlich hätte es auch nicht lange bis zu Beförderung gedauert. Leider hatte er nichts für die Schule getan, was für ein Jammer. Gerade jetzt als er eigentlich nur Einkaufen gehen wollte wurde ihm klar, er muss die Realschule nachholen. Sofort machte er sich auf den Weg zur Abendschule und schrieb sich ein.
 
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Flüssig geschrieben, lässt sich gut lesen und hat eine klare Botschfat:
Nimm dein Leben in die Hand und ändere es!


gedanke.in.ketten (17.11.2008)

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