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4 Seiten

HÄSI und HASIPUTZI (1 + 2)

Kurzgeschichten · Für Kinder
HÄSI und HASIPUTZI (1)
Eine Never-ending-Story



Die Faust umspannte das Beil. Die scharf geschliffene extrem breite Klinge der Axt war metallisch-silbern und wirkte nicht zuletzt durch ihre blutrote Kennzeichnung am Stiel der überlangen Axt mehr als nur bedrohlich. Sie wirkte ausgesprochen gefährlich.
Hubertus Graf von Grob und Schlächtig hob die Axt hoch über seinen Kopf. „Dir werd' ich’s zeigen“ schrie er und das so laut, dass Harro, der Strakömi* sich beinahe vor Angst verschluckt hätte. Denn er fraß gerade, übrigens mit klammheimlicher Freude, das Leberwurstbrot des Grafen Hubertus. Und während der Graf laut schrie schlug er erbarmungslos auf die wehrlose Wurzeln der fast 741 Jahre alten Eiche ein um diese zu fällen und um dann das Eichenholz für viel Geld an Menschen zu verkaufen, die es dann in ihren Kaminen gedankenlos verbrennen sollten.

Die alte, wunderschöne Eiche hatte schon unendlich viel gesehen. Wäre ihr die Möglichkeit gegeben Bücher zu schreiben, so wären es unglaublich aufregende und spannende Bücher gewesen. Und hätte die alte wunderschöne Eiche die Möglichkeit gehabt zu sprechen, dann hätte sie davon erzählt, wie weiland KARL DER GROSSE direkt unter ihr 804 n.Chr. Pipi gemacht hatte und anschließend eine Wildschweinkeule verdrückte.

Oder auch davon, wie Martin Luther auf seiner Flucht vor allem was dem Vatikan glaubte hörig sein zu müssen, sich auf den dritten Ast von unten geschwungen hatte, um den Häschern, die ihn und seine Beschützer seit Tagen verfolgten, zu entgehen.

Oder von den schlimmen Dingen die den armen Mädchen passierten denen man aus niederen Beweggründen einfach "Teufelswerk" vorwarf und die man manchmal direkt vor ihren Eichen-Augen („mit meinem Holz“ wie die Eiche damals empört aber ganz leise auf bäumische Art rief), verbrannte. Mein Gott, was waren das für unchristliche Zeiten im Zeichen des christlichen Kreuzes gewesen, dachte die alte Eiche.

Sie hatte Sintfluten, Brände und Stürme erlebt und überlebt. Selbst die Wildschweine die an ihren Wurzeln, nicht nur die Erde, aufrissen um die Eicheln der Eiche zu fressen (eine Leib-und Magenspeise von Wildschweinchen) oder die Hirsche und jungen Rehböcke, die an ihrer Baumrinde ihre Geweihe „schubberten“, hatten ihr nicht so furchtbar weh getan.

Und jetzt wollte dieser böse dumme Mensch sie einfach fällen. Einfach umhauen. Dabei sah sie nach wie vor wunderschön aus. Mit mächtiger, riesengroßer Baumkrone, ganz dicken Ästen die sich wie Schlangen rechts und links von ihrem mächtigen Stamm den Weg zur Sonne aber auch zum Boden gebahnt hatten. Sie war ein nichtgenanntes Wunder der Natur. Erkennbar nur für den der sehen wollte und konnte. Und das trotz ihres hohen Alters. Aber besonders stolz war die alte Eiche, dass alle Tiere des Waldes gerne zu ihr kamen. Sich direkt unter sie legten um sich sowohl vor sengender Sonne als auch vor Schnee und Regen zu schützen. Und die fliegenden Freunde bauten kleine Häuschen und Nester und zwitscherten von der Früh bis zum späten Abend. Und manchmal verirrtte sich auch eine dieser Graugänse unter ihr grünes Kleid, erschöpft vom langen Flug und erzählte dann unglaublich spannende Geschichten von dunklen Ozeanen, weißen Wüsten, schneebedeckten Bergen und von Tieren die selbst die alte Eiche noch niemals gesehen, geschweige denn ihre Namen jemals gehört hatte.

Aber auch die Menschen stellten oder setzten sich unter sie und rasteten oder schliefen einfach ein. Oder küssten sich zärtlich. Oh ja, die alte Eiche hatte viele viele Paare gesehen und zum Glück waren es immer Paare die sich einfach nur lieb hatten. "Anscheinend wirke ich beruhigend auf Verliebte", dachte die alte Eiche, denn bei der ein Stück weiter hinten stehenden Kastanie war es schon des öfteren zu Streitereien zwischen den Menschen gekommen. Sagte jedenfalls die junge Esche und rauschte dabei ganz oberwichtig ob dieser bäumisch-epochalen Erklärung.

„Was kann ich bloß tun um zu verhindern, dass dieser Dummkopf mir weh tut, mir mein Eichenleben nimmt“, dachte ängstlich und traurig die alte Eiche. „Und was geschieht mit der jungen Hasenfamilie unter meiner größten Eichenwurzel ?" Denn genau dort hatten sich HÄSI und HASIPUTZI eine große, wunderschöne Eigentumswohnung gebaut.

Oh Gott. Wenn dieser böse Mensch mich jetzt mit seiner Axt fällt, dann verlieren HÄSI und HASIPUTZI ihre Wohnung und nicht nur sie sondern auch ganz viele Eichhörnchenfamilien. Und die Familie Uhu. Und die frechen immerzu Kuckuck rufenden Eierverstecker. Und die ganz weit oben wohnenden Raben und noch viele viele andere Vögelchen.

Die alte Eiche wurde furchtbar traurig und dachte angestrengt dachte nach. Wie hießen die Eichhörnchenfamilien noch mal ? Also Familie Rotköpfchen kannte sie besonders gut, denn deren Töchter waren besonders wagemutig und sprangen nicht einfach von Ast siebzehn zu Ast sechzehn, nein, „Rotschwänzchen“ und „Blondchen“ (wegen des einen hellen Haares hatte die weibliche Eitelkeit gesiegt und so wurde aus Rotschwänzchen II eben „Blondchen“) sprangen wagemutig von Ast siebzehn zu Ast dreizehn und von dort zu dem ganz breiten Ast neun, von dort mit einem Quersprung zu vier und dann, hier stöhnte die Eiche leicht panisch, direkt auf die Erde. „Irgendwann geht das mal schief“, hatte sie nicht nur zu Vater Rotköpfchen sondern auch zu Mutter Rotschönchen gesagt, denn Bäume und Pflanzen und (nicht nur) die Tiere des Waldes können selbstverständlich miteinander sprechen, nur hören wir Menschen das leider nicht. (Es heißt aber, dass in der Weihnachtsnacht, also der Nacht in der das Christkind geboren wurde, alle Tiere auch mit Menschen sprechen können !!) Und typisch Mann, antworte Papa Rotköpfchen mit unverhohlenem Stolz in der Stimme: “Meine Töchter“, (er sagte wirklich m e i n e Töchter und nicht u n s e r e Töchter, wie Mama Rotschönchen schweigend zur Kenntnis nahm)) „sind mutig, scheuen keine Gefahr und beherrschen das Eichhörnchen-Baum-Ast-springen perfekt“. Bislang war, das gab die alte Eiche gerne zu, Gott-sei-Dank auch nicht passiert.

Und die andere Eichhörnchenfamilie. Mhm, wie hieß die noch mal. Ich werde wohl doch alt, dachte die Eiche und vielleicht hatte sie da irgendwie Recht, denn immerhin lasteten 741 Jahre oder so auf ihren großen, mächtigen Wurzeln, die an manchen Stellen aus dem Waldboden ragten. Wie große dunkle Seeschlangen.

Ich muß einen Ausweg finden. Aber wen sollte sie fragen, um Hilfe bitten ? Besonders klug war die Eule. In den vielen Jahrhunderten hatte die alte Eiche ganz viele Eulen kennen gelernt und mit allen hatte sie sich gut vertragen. Und die jetzigen Eulenbewohner wurden angeführt von einer wirklich sehr sehr klugen Eulen-Oma. Ja, ja, dachte die alte Eiche, Omas und Opas sind eben doch wirklich sehr klug und auf deren Rat muß und sollte man auch hören. Sie bewegte eine ihrer Wurzeln und sprach so zu Familie Eule. „Hört ihr was da ganz unten geschieht“, fragte sie. Und im Chor kam es zurück: „Wir hören alle jeden Schlag und heute ist kein guter Tag.“

Die Eulen waren, wie schon gesagt, wirklich sehr gelehrig und klug und seit ein gewisser Johann-Wolfgang von Goethe mal unter der Eiche saß (auf seinem Weg nach Italien) und dabei ein Liebesgedicht schrieb und es dann laut vor sich hin sprach bevor er es für die Ewigkeit aufschrieb, seitdem war es im Hause Eule seit über 200 Jahren „gute Sitte“, Gedanken und Erklärungen wenn möglich in Hochdeut…äh in Hoch-Eulisch, sowie in goeth’scher Versform auszudrücken und der staunenden Tier-Umwelt mitzuteilen. „Da habt ihr Recht – und wie können wir diesen aristokratischen Vandalen aufhalten“ …. ?


*Straßenköter-Mischung
Simon Templar am 07.04.2009: HÄSI und HASIPUTZI (2)

Die ganze Eulenfamilie dachte nach. Intensiv. „Das wäre wirklich doch gelacht“, sagte Opa Eule, „und noch bevor sie kommt die Nacht, die Lösung hab’ ich Euch gebracht“. Aber der Hilferuf der alten Eiche wurde nicht nur von Familie Eule aufgenommen. Nein, der Hilferuf hatte sich verbreitet wie ein Lauffeuer. Von Baumwurzel zu Baumwurzel. Und auch die gefiederten kleinen und großen Freunde der alten Eiche und alle Tiere des Waldes hatten es ebenfalls gehört.

Panik breitete sich unter den Bäumen aus. „Wenn dieser Vandale selbst bei der alten Eiche rücksichtslos, ja geradezu schamlos, sein Mörderbeil schwingt, was wird er dann erst mit uns machen“, empörte sich die vornehme Kastanienallee – und das waren immerhin achtundachtzig Bäume. Vor vielen Jahren hatte der alte Graf, der Großvater von Graf Hubertus, diese anpflanzen lassen, damit er mit seiner Braut Josephine (siehe einfach mal nach unter Bonaparte !!) irgendwann einmal dort lustwandeln konnte – was er Jahre später auch ausgiebig tat, allerdings nicht mit Josephine sondern mit der reichen Baronesse von Güldenring. (Pekunia non olet).

„Was wird er wohl tun“, meldete sich vom abschüssigen Waldrand eine Birke, die dort mit zwei anderen dünnstämmigen Birken ein mehr oder weniger unbeachtetes Walddasein führte, „wenn Hubertus das Eichenholz verkauft hat wird er aus rein ökonomischen Gründen selbstverständlich die Kastanienallee zu Kaminholz verarbeiten“. Und so, wie sie das sagte, klang es ungemein gehässig – und das sollte es auch, denn die Birke war neidisch auf die dicken, starken prächtigen Bäume des Waldes mit ihren großen Baumkronen. Hingegen war sie eben nur dünn, weißhäutig und hatte lediglich eine „Krone“ die aussah wie ein haarloser, langer Pinsel“. Den schönen, prächtigen Bäumen jetzt weh zu tun, tat ihr irgendwie gut.

Vor Empörung erhob sich Kolka, der schwarze Rabe. „Pfui“, krächzte er, „pfui, pfui und nochmals pfui. Wie kann ein Baum nur so gemein sein. Niemals mehr werde ich Dich besuchen und auch alle anderen Vögel des Waldes werde Dich meiden“. Sprachs, ließ sich vom eh viel zu dünnen und unbequemen Birkenast fallen, breitete seine Flügel aus und rief während des Fluges allen zu: „Krah, krah, hört was ich Euch allen zu sagen habe, die Birke ist ganz arg böse und freut sich diebisch, dass unsere alte Eiche und dann auch noch die wunderschöne Kastanienallee von Graf Hubertus gemeuchelt wird. Krah, krah. Wer Vogelehre besitzt wird kein Vogelbein mehr auf die Birken setzen. Krah krah.“

Und auch dieser Ruf wurde weitergegeben und von allen Vögeln und Tieren wurden ab sofort die Birken gemieden. Keine Spatz, keine Eule, kein Rabe und auch kein Rehlein besuchten die Birken. Einsam standen diese an der abschüssigen Waldesrandwiese. Und hätte nicht ein unbekannter Volksmusiker die Birken mal durch Zufall zu Gesicht bekommen und dann ein Volkslied aus diesem Eindruck heraus gemacht („Drei weisse Bi-hir-ken …), dann würde auch kein Mensch mehr von ihnen reden.

Auch Häsi und Hasiputzi hatten das Gemurmel, das Gebrummel und das Gekreische vernommen. „Hörst Du, unser schönes Heim wird bald zerstört sein“, sagte Häsi zu Hasiputzi. Hasiputzi hatte es sich in ihrem Stuhl aus Weidengeflecht und getrocknetem Laub bequem gemacht. Sie stöhnte ganz leise und Häsi bekam Angst. „Sooo schnell wird Hubertus die Vernichtung unseres Heimes nicht gelingen“ rief er. „Ich werde es verhindern“! Breitbeinig stand er vor Hasiputzi, sah sie lieb an, beugte sich dann vor, streichelte über ihr niedliches Hasenköpfchen und hauchte ihr einen ganz zarten Hasenkuß auf den süßen Hasenmund. “Du musst also keine Angst haben, ich bin Dein Ritter“!

Erwartungsfroh auf eine Antwort wartend, sah er seine kleine Frau an. „Mein mutiger Ritter“, rief Hasiputzi und lachte dabei (aber gaaanz lieb !!) „ich habe keine Angst, dass dieser Unmensch unser Heim zerstört, ich habe aber Schmerzen, denn ich befürchte, dass sie bald kommen …..“ „Wer wird kommen“, unterbrach sie Häsi, „wer wird kommen“ und sein Gesichtsausdruck war bei dieser Fragestellung keineswegs intelligent zu nennen.

„Häsi, Häsi, was glaubst Du weshalb ich so eine kleine Kugel unter mir herschiebe…..“ und dann lächelte Hasiputzi milde, so wie es alle Mamis machen, wenn ihre Männer dumme Fragen stellen. „Wir werden in ein oder zwei Tagen nicht mehr zu zweit sondern zu dritt oder zu viert oder zu fünft sein – also eine richtige große Familie“ !

Häsi zweckentfremdete eine Zuckerrübe setzte sich auf diese. „Zwei oder drei oder vier oder fünf“, flüsterte er und nur ein Hasengott konnte wissen, wie Häsi das wohl gemeint hatte.
 
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Kommentare  

JOCHEN - ich danke Ihnen !

Simon Templar (10.04.2009)

Das ist ja mal eine niedliche Geschichte !! Auch aber eine, die nicht nur wie vor 100 Jahren daherkommt, sondern mit modernen Elementen versehen ist. Ich bin gespannt, wie viel Hasen-babies HÄSI & HASIPUTZI bekommen. Haben Sie sich schon ein paar niedliche Namen einfallen lassen, Simon ? Ich werde bestimmt (verspro-chen) die eine oder andere Fortsetzung bei-steuern. Gruß !

Eva Peron (08.04.2009)

Wirklich bezaubernd und süß.

doska (05.04.2009)

Der Anfang eines wirklich wunderschönen Schmunzelmärchens mit ernsten Hintergedanken. Meine Anerkennung. Hat mir sehr gefallen.

Jochen (05.04.2009)

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