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11 Seiten

Leben Part 2 - Melodie

Romane/Serien · Nachdenkliches
© Nerenea
Steffen sah sein Vater herausfordernd an. Dann bemerkte er das Zittern des Jungen vor ihm. Er hatte ihn eine Hand auf die Schulter gelegt zur Beruhigung. Er musste sich ins Gedächtnis rufen, wie er sich dabei fühlen würde. So vor einen fremden Mann zu stehen, sich nicht verteidigen zu dürfen und auf Gnade zu hoffen. Sein Vater sah ihn immer noch stechend in die Augen. "Ja, will ich." Sein Vater sah ihn überrascht an. Er erblickte ein seltsames Funkeln in den Augen seines Sohnes, etwas, was er noch nie bei ihm bemerkt hatte. Ehrliche Sorge. Er hatte sich noch nie um andere gesorgt, was sein Vater auf die mutterlose Kindheit schob. "Wirklich?" Er sprach dieses Wort mit soviel Zweifel aus, dass es ihm fast schon wieder zu hart erschien. "Wirklich, Vater. Würdet ihr uns dann entschuldigen?" Er wollte nicht aufmüpfig sein, aber er wollte Christoph erst mal Zeit geben. Der Earl brummte etwas Unverständliches und ließ sie erst mal ziehen. Erst mal. Er würde ein Wörtchen mit den Jungen reden, wenn sie alleine waren. Langsam wurde es dunkel, bald würde das Abendessen serviert werden.

Steffen fuhr ihn in das riesige Herrenhaus. Die große Eingangshalle war mit roten Teppich ausgelegt. Doch überall führten Treppen hinauf. Christoph sah zweifelnd auf Steffen, der hinter ihn stand und seine Hand auf die Lehne des Rollstuhls gelegt hatte. Ein plötzliches Glitzern durchfuhr die metallgrauen Augen. "Du, Christoph..." "Ja...", antwortete der Junge ängstlich. "Wie findest du meinen Vater? Er ist zwar streng, aber umgänglich." "Wirklich? Mir kam es so vor, als ob er mich hassen würde." "Er hasst dich doch nicht." Christophs Hand verkrampfte sich um die Armlehne. "Glaubst du das wirklich?" Seicht legte sich Steffens Hand auf seine. Er beugte sich zu Christoph hinunter und sah ihn fest in die Augen. "Ja, das glaube ich." Etwas strich Christophs Wange und wischte die einzige Träne hinweg, die sich ihren Weg nach draußen gebahnt hat. Eine einzige von so vielen... Es war Steffens warme, wohltuende Hand gewesen. Er wusste selbst nicht so genau, warum er dies alles tat. Doch Christoph sah so verloren aus... Ein warmes Lächeln huschte über sein Gesicht und er beugte sich hinab und küsste kurz Christophs Stirn. Obwohl er ihn noch fast überhaupt nicht kannte, fand er verband die Beiden etwas. "So, ich werde dir erst mal dein Zimmer zeigen." Er hob ihn einfach wieder aus den Stuhl und sofort schlang der Junge seine Arme um ihn und schmiegte sich angstvoll an die Brust des Älteren. Christoph plagten Zweifel. War es denn recht, sich so Fremden aufzudrängen? Er wollte nicht abhängig sein. Von niemanden! Das ganze Leben hieß abhängig sein und das wollte er nicht. Auf keinen Fall. Doch jetzt... Was wurde jetzt aus ihn? Er durfte sich nicht einfach mehr so umbringen, wusste er doch, dass Steffen um ihn trauern würde. Ein Fremder würde trauern, um ihn... Doch würde er das Leben aushalten? So als... als... KRÜPPEL!!! Nein, dass wollte er nicht... Wollte er nicht...
So versank er immer tiefer in seine Gedankenwelt, nahm nichts mehr wahr was außerhalb von ihr passierte. Nicht die gesäuselten Beruhigungen die Steffen in sein Ohr sprach. "Ruhig, ganz ruhig... Keine Angst..."
Mit den Fuß stieß Steffen eine große Tür auf. Sie führte in einen Zimmer mit einen großen Himmelbett, daneben stand ein kleiner Nachtisch auf den ein Engelskerzenständer war. Das Bett war blau. Es hatte einen nachtblauen Baldachin und auch seine Decke und das Bettzeug waren in der gleichen Farbe. Im Zimmer stand außerdem noch ein großen Eichenschrank. Dieses Zimmer hatte sogar ein riesiges Badezimmer. "Für den Rollstuhl", meinte der junge Hausherr. Er setzte den gehbehinderten Jungen sacht auf das Bett, seine Hände immer noch auf seine Schultern lassend um ihn zu stützen. "Kannst du alleine sitzen?" Christoph sah zwar zu ihn auf, aber Steffen schien es, als würde der Junge durch ihn hindurchsehen. "Hey Christoph, was ist?" Doch dieser antwortete nicht. Seine blauen Augen schienen seltsam leer, als ob er in Apathie gefallen wäre. Steffen sank auf die Knie und war nun Aug in Aug den Blonden gegenüber. Verzweifelt versuchten seine Augen sich in Christophs zu bohren, ihn eine Reaktion zu entlocken. Doch dieser sah ihn nur phlegmatisch an. Er schüttelte ihn an der Schulter und nur langsam fand Christoph seinen Weg zurück in die Wirklichkeit. Erschüttert sah er ihn an. "Steffen... Was...?" "Man ich hatte Angst um dich, tu das nie wieder!!", fauchte der junge Mann ihn an. Doch die metallenen Augen sahen ihn strahlend an. Verzweifelt schlang Christopf seine Arme um Steffen und schluchzte laut in sein Hemd. "Jag mir bitte nie wieder so einen Schrecken ein," hauchte der Ältere ergriffen. Dieses haltsuchende weinende Bündel in seinen Armen berührte etwas in seinen Herzen, etwas er noch nie gespürt hatte. Einen Moment wollte er nur davonrennen, davonrennen von dem was er vielleicht fühlen könnte. Doch das durfte er nicht tun. Der Kleine braucht ihn jetzt. Aber... Langsam löste er sich von Christoph, der ihn nur wiederwillig losließ und zur Seite blickte. Es war ja schon peinlich so zu weinen, aber sich dann auch noch in die Arme eines Fremden zu stürzen... Er war nichts wert. Seine blauen Augen schwammen in den Tränen, die weiter an die Oberfläche drängten, all die Jahre, die er alleine gelebt hatte. Diese Einsamkeit kam ihn jetzt wie eine schrecklich lange Zeit der Lethargie vor. Er hätte hinausgehen sollen, sich nicht in diesem Theater verstecken sollen. Doch jetzt... Doch jetzt konnte er es nicht mehr... Seine Stimme versagte ihn, er wollte schreien. Alle Verzweiflung und alle Einsamkeit davon schreien, doch nicht mal das konnte er. Steffen sah ihn traurig an. "Geht es wieder?", fragte er immer noch besorgt. Christopf nickte langsam und es sah ganz und gar nicht so aus, als ob alles in Ordnung wäre. Aber Steffen wollte ihn nicht bedrängen, er wollte ihn Zeit lassen und unter den Vorwand, er müsse noch einiges für den Blonden holen, verließ er das Zimmer.
Christoph war nun wieder allein. Er hätte so gerne noch nach ihn gerufen, doch seine Stimmbänder versagten immer noch ihren Dienst. Seine Arme weit nach Steffen ausgebreitet saß er da. Wieder wollten sich Tränen ihren Weg in die Freiheit erkämpfen, doch diesmal wehrte er sich dagegen und besiegte sie. Langsam ließ er die Arme wieder sinken, da sie zu schwer wurden. Es hatte ja doch alle keinen Sinn. Wieso lebte er überhaupt noch? War es den sein einziger Lebenszweck zu leiden? Ja, er hatte schon immer gelitten. Er hatte es sich nur nicht eingestehen wollen. Hatte sich nicht sagen wollen, dass er es nicht schaffte sich selbst und andere glücklich zumachen. Andere? Deswegen hatte er sich in diesen Theater verschanzt, er wollte nicht sehen, wie er bei anderen versagte. ... Er würde auch wieder bei Steffen versagen, bei Anthony, dem Earl. Nein, das wollte er nicht. Er wollte sie nicht leiden sehen. Vor allen nicht Steffen. Er musste hier weg. Bevor er noch irgendetwas anrichten konnte. Seine Hände krallten sich hilflos wütend in das seidige Lacken unter ihn. Er konnte hier nicht weg. Seine Beine wollten ja nicht. Ein bitteres Lächeln legte sich auf seinen Mund. Ja, sie ließen ihn ja nicht gehen. Was für eine Ironie. Als ob sie sich rächen wollen, das er sie dazu benutzt hat, sich umbringen zu wollen. Oder das er sie so wenig benutzt hatte, vorher... Bevor er SO wurde!!!!!!! Er wusste nicht, wie lange er so nachgedacht hatte, da kam Steffen wieder hinein. Er trug seinen Rollstuhl unter den Arm und schnaufte ganz schön, aber er setzte ihn stolz vor Christoph ab, als wollte er sagen, dass er sich extra für den Jungen so angestrengt hatte. Ein freches Grinsen glitt über sein Gesicht. "Da hast du dein Ferrari." "Na toll, dann fehlt ja nur noch der Motor und die Gangschaltung," erwiderte der Junge zynisch. Er konnte sich immer noch nicht damit abfinden. Steffen sah ihn strafend an. Urplötzlich taten
Christoph seine groben Worte leid, aber es war zu spät sie zurückzunehmen. Es hätte sowieso nur gekünstelt geklungen. Er sah heimlich auf Steffen, da er seinen Kopf gesenkt hatte. Die metallgrauen Augen waren zusammengezogen und der junge Mann atmete tief ein und aus. Dann sah er wieder auf den Blonden und grinste. Doch man merkte fast, das es aufgesetzt war. Die Ankunft hatte ihn ziemlich geschlaucht und er würde sich liebend gerne etwas hinlegen, doch alles in allen war sie eigentlich reibungslos verlaufen. Sogar sein Vater hatte es einigermaßen gut aufgefasst... Aber, sie sollten jetzt vielleicht erst mal etwas zu sich nehmen. "Hast du Hunger?" Zögernd nickte der blauäugige Junge. Er hoffte, dass Steffen ihn diesen Ausfall verziehen hatte. Schüchtern versuchte er zu lächeln. Steffen sah ihn funkelnd an und in diesen Augenblick hatte er in diese Augen versinken können. Sie strahlten so herrlich für ihn wie die Sonne selber, die so wenig scheint in dieser Zeit, wie er empfindet. Empfinden? Da war irgendwas... Nein, dass konnte überhaupt nicht sein. Er war doch nur ein Fremder!!!! Oder nicht? Christoph sah zur Seite. Wie konnte er schon so empfinden? Er hatte ihn erst gestern getroffen, ALS ER SICH VOR DESSEN AUTO GEWORFEN HATTE!!!!! Wahrscheinlich hatte Steffen nur Mitleid mit ihm. So wie er es vor seinen Vater gesagt hatte. Mitleid, pah, darauf pfiff er. Er wollte kein Mitleid. - Er wollte den Tod. Schnell sah er hinaus zum Fenster, dichte Wogen aus grauen Wolken hingen unheilverkündend über den sonst so blauen Himmel. Es war Herbst, heute Vormittag hatte alles noch so klar ausgesehen. Heute Nachmittag, ... wo... wo er ihn geküsst hat. Jetzt ist es später Abend, er hatte gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen war... Es war dunkel, die Sonne war soeben untergegangen und breitete in Christoph ein Gefühl des Unwohlseins aus... Für einen kurzen Moment erinnerte er sich als Trost an diese wunderbare Wärme und Weichheit Steffens Lippen. Moment mal, Wärme und Weichheit? Was geschah nur hier mit ihm? "Los, komm schon." Wieder nahm Steffen ihn einfach auf die Arme und setzte ihn auf den Rollstuhl. Dann ging er zur Tür und blickte zurück. "Na?" Er sollte früh genug lernen mit diesen Hilfsapparat umzugehen. Langsam kam Christoph angerollt und sah Steffen schon fast flehend an. Doch dieser schüttelte nur den Kopf. Der Blonde sollte aus eigener Kraft lernen mit dieser Situation umzugehen. Er hielt ihn nur immer wieder die Türen auf und geleitete ihn damit ins große Esszimmer. Der Esssaal war groß, eine lange einsame Tafel auf der drei Gedecke aufgetragen waren, stand in seiner Mitte. Und auf der einen Seite war kein Stuhl. "Is wohl mein Platz." Ein wenig missmutig rollte Christoph zu seinen Platz, Steffen setzte sich ihn gegenüber und sein Vater würde an dem Tischende neben den Beiden sitzen.

Da kam auch schon der Earl. Schweigend setzte er sich und seinen Blick nur einmal um die Beiden anzusehen. Doch es war kein demütiges Verhalten, eher ein zu arrogantes. Schweigend servierte der Butler das Essen und schweigend nahmen sie es auch ein. Christoph fiel es schwer die drückende Stille nicht zu durchbrechen, aber er hütete sich etwas zu sagen. Er wusste, dass nur er ganz allein dafür verantwortlich war. Was hatte sich Steffen dabei gedacht, ihn einfach so hier einziehen zu lassen. Er war doch nur ein Störenfried!!! Und der kurze Frieden, der sich auf ihn gelegt hatte, dass ihn doch jemand gernhaben, ihn lieben könnte, zerbrach und zurück blieb nichts als Scherben. Nein, wer sich auf Menschern verlässt ist verlassen... Traurig, trostlos blickte Christoph zu Boden. Er aß zwar, was ihm vorgesetzt wurde, doch er schmeckte nichts. Steffen sah ihn besorgt an, er hatte gemerkt, dass etwas in den Jungen vorgegangen war. Doch er konnte nichts tun. Sein Vater saß hier und aß mit... Er wünschte er könnte einfach zu den blonden Jungen hinübergehen und ihn in die Arme schließen. Der Earl sah auf. "Was ist? Warum siehst du ihn so an?" Im gleichen Moment fiel sein Blick auch auf Christoph, doch er konnte nichts ausmachen. Steffen wunderte sich, wie konnte man den nicht merken, dass es dem Jungen schlecht ging, dass er sich verändert hatte. Und dann plötzlich wusste er warum. Er wusste, warum nur er es bemerkt hatte, was ihn so beunruhigt hatte... Er liebte ihn... Liebte diese emotionalen Augen, dieses wunderschöne weiche Gesicht, das goldene Haar... Aber... Nur nach einen Tag? Konnte das den sein? Ein Schaudern ergriff den jungen Mann und bestätigte seinen Verdacht. Aber... Christoph hasste ihn wahrscheinlich. Steffen fühlte sich übel, es war ihm, als könnte er sich gleich hier übergeben... Vielleicht fand Christoph ihn sogar abstoßend wegen dieser Gefühle, die er für den Blonden hegte.
Die Augen des Earls huschten wieder zu seinen Sohn. Irgendwie hatte dieser sich verändert. Er wusste nicht wie. Doch vor Minuten sah er anders aus...
Abrupt stand Steffen auf. Der Tisch ruckelte ein wenig und stand dann still. Seine Hände hatten sich auf den Tisch abgestützt. Er blickte hinab. Steffen wusste, dass der Junge nun ihn ansah. Nein, dass konnte er nicht ertragen. "Ich... ich...", stotterte der junge Mann. Nein, er konnte nicht so einfach verschwinden, er musste sich ja um Christoph kümmern... Es schien ihn das Herz zu brechen, als er merkte das er jetzt immer mit den Jungen zusammen sein sollte und diesen nicht seine Gefühle sagen konnte. "Ich bin satt, Vater. Was ist mit dir, Christoph?" Seine Stimme zitterte verdächtig, doch die nächsten Worte sprach er ruhiger aus, denn Christoph nickte. "Dann lass mich dich in dein Zimmer geleiten. Ich bin müde und es ist schon spät. Wir sollten schlafen gehen." Verschüchtert nickte der Junge nur wieder. Was hatte Steffen?
Der junge Mann schob den blauäugigen Jungen wieder in sein Zimmer. Ein sanftes Lächeln entglitt ihm, als er den Jungen hochhob und auf sein Bett setzte. Doch dann verschwand dieses Lächeln so schnell wie es gekommen war. "Kannst du dich selber ausziehen, oder soll ich dir helfen?" Die Wörter klangen härter als er beabsichtigt hatte und er schreckte fast schon vor sich selbst zurück. Was tat er hier eigentlich?
Christoph schluckte schwer. Ihm kam nur ein heiseres Ja über die Lippen. Schon wieder musste er die Tränen zurückhalten und wandte für einen winzigen Moment sein Gesicht ab. Dann langsam begann er sich auszuziehen und Steffen drehte ihn schuldvoll den Rücken zu. Wieder legte sich eine leichte Röte auf seine Gesicht. Mensch, was dachte er da? Er schüttelte den Kopf, wo er seine Hand auch gelehnt hatte. Schön kühl. Ja, dass brauchte er jetzt auch... "Steffen... Ich... ich bin fertig." Er auch, mit den Nerven. Ihn erschien es wie eine Spiegelwelt und wenn man den Spiegel nur mit den Fingerspitzen berührte, so würde er in tausend Stücke zerbrechen. Steffen drehte sich um und erstarrte. Was er eben noch scheinbar lachend abgetan hätte als einer seiner irren Ideen, wurde jetzt Wirklichkeit. Der Junge in diesen viel zu großen Hemd sah so zart aus, als würde er bei der leisesten Berührung in tausend Teile zerbrechen. Sehr, sehr sacht nahm Steffen das Gesicht des Jungen in beide Hände, hob es etwas zu sich hoch und küsste ihn zärtlich. Er wusste es war ein Frevel, doch er konnte nicht anders. Er musste diese wunderschöne Skulptur besitzen. Und endlich begriff er, dass er ihn nicht mitgenommen hatte, weil er ihn bemitleidete, sondern weil sein Herz es ihn befohlen hatte. Genau das gleiche Herz, dass in diesen Moment, der ihn ewig erschien, aussetzte. Er spürte wieder die weichen Lippen des zitternden Jungens auf den seinen. Wieso zitterte Christopf? Hatte er Angst? Angst vor ihm? Der Junge wusste nicht warum, aber er konnte nicht anders. Er hatte gewusst was kommen würde. Doch er hatte es einfach geschehen lassen. Auch er hatte es gewollt. Tief in seinen Inneren... Er wusste, es war nicht richtig. Doch in diesen Moment zählte es nicht. Er wollte einfach nur Steffen bei sich wissen. Aber... Widersprach das nicht all seinen gefassten Schlüssen? Nein, dies durfte einfach nicht sein. Er fing an zu zittern... Er konnte vor Erstarrung sich nicht lösen. Nicht von seinen Gedanken noch von Steffen. Dessen Hand jetzt beruhigend von seinen blonden Haaren über seine Wange. So warm... Christoph schloss die Augen, wollte sich wieder hingeben, diesem warmen Gefühl. Doch sein Verstand ließ es nicht zu, unaufhörlich schrie er ihm zu, sich von diesen bezaubernden jungen Mann zu trennen. Ja, bezaubernd war das richtige Wort, seine Augen hatten ihn betört, bezaubert... Ihn fast willenlos gemacht. Fast... Er stieß sich ein wenig von ihn ab, erschrak, als ihn Steffen näher an sich drückte. Aber er entließ ihn dann aus seiner Umarmung. "Hast du Angst vor mir?" Die wahre Antwort währe jetzt Nein gewesen. Doch er musste Abstand gewinnen. Steffen durfte sich nicht in so einen Krüppel verlieben. Er hatte was besseres verdient. "Du bist ja pervers. Liebst einen anderen Jungen, begehrst seinen Körper. Ich hasse dich. Wenn ich weg ich laufen könnte, würde ich vor die ans andere Ende der Welt flüchten." Christoph schloss die Augen. Er wollte den zerstörten Ausdruck nicht sehen. Er hatte soeben den einzigsten Menschen außer seinen Eltern, der ihn je geliebt hatte von sich gestoßen. Er hörte eilige Schritte. Eine Tür, die sich schloss, wusste, dass er alleine war. Er warf sich in die Kissen und heulte haltlos und lautlos hinein, erstickte die Schluchzer, die sich seiner Kehle entwanden. Er konnte einfach nicht mehr. Er liebte Steffen, dass begriff er in diesen Augenblick. Es waren zwar nur zwei Tage vergangen, aber wahre Liebe braucht keine Zeit. Sie entfaltet sich einfach so... Tja, das mit dem Entfalten konnte er jetzt ja wohl streichen. Mit Tränen in den Augen blickte er auf, er hatte Steffen vor sich gerettet. Er hatte ihn vor der Wut des Earls gerettet, der ihn bestimmt für diese ,Knabenliebe' gehasst hätte... Er musste hier weg, jetzt mehr den je.

Steffen warf sich auf sein Bett. Er hatte sogar Tränen in den Augen. Er lachte bitter. Er weinte ja. Wow. Er hatte ja gar nicht gewusst, dass er das noch konnte. Er hielt verkrampft sein Kissen zwischen seinen Armen. Er wollte sich um Christoph kümmern, aber wie sollte er dies tun, wenn dieser ihn verabscheute? Wenn der Junge jeder seiner Berührungen für ekelhaft entfand? Wieder tropften ein paar Tränen auf das Kissen und benässten es. Sie gesellten sich zu den anderen. Warum? Warum musste er sich in diesen Jungen verlieben? War es jetzt nicht besser, wenn der Junge mit den blonden Haaren und den wunderschönen blauen Augen in ein Rehabilitationszentrum kam? Dort würde er professionell betreut und Christoph musste nicht seine Berührungen ertragen... Er weinte noch mehr, vergrub jetzt auch sein Kinn in das Kissen und starrte ins Leere. Ja, dort würde es ihm wahrscheinlich besser gehen. Morgen würde er ihn ein geeignetes Heim aussuchen. Natürlich würde er alle Kosten übernehmen. Doch er würde ihn nie besuchen kommen. Das ist das Beste für alle. Ja, bestimmt das Beste. Aber... Warum hatte er ihn dann in dem Park geküsst? Es zugelassen? Er weinte sich in den Schlaf.

Christoph wollte einfach weg. Niemals wieder zurück zu Steffen. Doch sein Herz schmerzte. War es normal, dass er sich nach den Armen eines anderen Jungen sehnte? Nein, bestimmt nicht... Christoph schniefte noch einmal und wischte sich dann resolut die Tränen aus den Gesicht. Er musste hier weg! Hätte er Beine, wäre ja alles gut gewesen, aber so? "Nun, dann muss ich mich eben anstrengen... Ich... Ich..." Wieder kamen ihn die Tränen. Mit tränenverschleierten Gesicht richtete er sich mit seinen Händen auf. Mühsam hievte er erst sein linkes Bein über den Bettrand, dann sein rechtes. Er wäre beinah vom Bett gerutscht, denn er sich nicht rechtzeitig an den linken Pfeiler des Himmelbettes festgekrallt hätte. Sein Atem ging schnell und flach. Leise fluchend krallte er sich mit einer Hand an den Pfeiler, mit der anderen hangelte er nach den Rollstuhl. Endlich, nach Ewigkeiten, wie es ihn schien erwischte er ihn, zog ihn zu sich, machte die Bremsen fest und setzte sich mühevoll hinein. Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn. Langsam schob er sich zu der Tür und öffnete sich vorsichtig. Nein, nichts zu hören. Er rollte auf den Flur und zur Treppe. Wie sollte er das schaffen? Er wischte sich die Tränen aus den Augenwinkel und besah sich die Treppe genauer. Eine breite Treppe, mit einen Holzgeländer und roten Teppich. Shit. Er hatte nicht mehr daran gedacht. Aber er musste hier weg!!!!! Ein letzter Blick galt der Treppe, dann rollte er in die andere Richtung, er traf auf ein anderes Zimmer. Er vermutete mal, dass Steffen darin schlief. Wahrscheinlich schlecht. Wegen ihm. Aber besser jetzt, als wenn sich seine Liebe gefestigt hatte. Wenn er ihn nicht mehr loslassen könnte... Er hörte ein leises Schniefen. Er hatte geweint? Wegen ihm? Das brauchte er nicht. Nicht wegen ihm... Er steckte seine Hand zur Klinke aus, doch mitten in der Bewegung hielt er inne. Nein, dass durfte er nicht. Doch alles im ihn drängte ihn dazu. Er schloss seine Augen und öffnete ganz leise die Tür. Er wusste, wenn Steffen aufwachen würde, würde er nicht rechtzeitig rauskommen ohne gesehen zu werden... Aber er konnte jetzt nichts dagegen tun. Langsam schob er seinen Rollstuhl näher ans Bett. Steffen hatte sich zusammengerollt. Christoph hörte nur stumpf die Schluchzer, die der schlafende junge Mann in das Kissen weinte. Der blonde Strohkopf schluckte schwer. Hatte er das angerichtet? Aber... Das... War... Ist das nicht besser, als wenn, als wenn der Earl ihn rausschmeißen würde, weil sein Sohn einen Jungen liebt? Er sah auf den Nachttisch eine rote Rose in einer langen schmalen Vase stehen. Christoph lächelte bitter. Ja, dass passte zu Steffen. Einen winzigen Moment stellte er sich Steffen in einen wunderschönen alten Smoking vor mit der Rose in seinen Knopfloch. Und er dazu, wie sie beide auf einen alten Ball Hand in Hand tanzen. Tanzen ist wundervoll, du Idiot. Du kannst ja noch nicht mal gehen... Er könnte sich schlagen für diese Gedanken, die er so tief in seinen Herzen pflegte... Warum? Warum tat er das noch immer? Er sollte sich doch endlich damit abfinden, dass dies nicht geht... Nicht geht... Pah. Was für ein Wortwitz. Wieder schießen Tränen aus seinen Augen und diesmal konnte er nichts dagegen tun. Er krallte sich verzweifelt an den Lehnen seines Rollstuhls fest. "Ver... verdammt..." Warum war nicht ganz gestorben? Wieso musste Steffen ihn noch retten? Was hatte das Leben jetzt noch für einen Sinn??? Steffen schlief unruhig. Er wälzte sich von einer Seite auf die Andere. Christoph bekam Angst der junge Mann würde erwachen, doch er konnte sich einfach nicht von diesen Anblick trennen. Er besah sich ganz genau das Gesicht, prägte sich jede Faser seiner wunderschönen Züge ein. Moment mal... Wunderschön? Du sollst endlich davon loskommen... Bitte... Er würde es nicht aushalten... Nicht mit so einen Krüppel... traurig wand er sich ab und wollte nun doch aus den Zimmer rollen, als er Steffen leise murmeln hörte: ".... Christoph... Warum... bist du hier?" Wie ertappt hielt Christoph mitten in der Bewegung an. Erschrocken drehte er sich um. Langsam sehr langsam. Steffen hatte sich halb aufgerichtet und sah ihn fragend mit verweinten Gesicht an. Christoph wich seinen Blick aus. Er konnte ihn nicht so sehen... "Ich... ich... gehe jetzt lieber." Pah, guter Witz. Hey, vielleicht kriegst du irgendwann den Oscar dafür. Dann hättest du wenigstens einmal was richtig gemacht. Langsam rollte der blonde Junge zur Tür. Er hörte nur noch, wie Steffen aufsprang, da stand dieser auch schon vor ihn. Er hatte die Lehnen des Rollstuhls gefasst und drückte mit sanfter Gewalt dagegen, ein Zeichen, dass Christoph noch nicht gehen soll. Dieser wurde erst mal gehörig rot und sah zur Seite. Steffen stand vor ihn, nur in Boxershorts bekleidet. Steffen sah ihn ernst an. "Bitte, bitte sag mir, warum du hier bist...!" Es klang flehend. Am liebsten hätte der Rollstuhlfahrer ihn jetzt entgegengeschrieen: Weil ich dich doch liebe, du Idiot! Doch das tat er nicht. Er sah ihn fest in die Augen, oder versuchte es zumindest und meinte so kalt er konnte: "Du HEULSUSE! Glaubst du immer noch daran... daran das ich mich ernst... Ernsthaft in dich verlieben könnte?" Christoph stockte. Er konnte dies nicht aussprechen. Nicht zu ihm. Er sah weg. Und verdammt, Tränen rannen über seine Wangen. Er spürte, wie Steffens Daumen die Tränen wegwischten. Doch das machte ihn nur noch trauriger. Steffen nahm ganz, ganz sanft sein Gesicht in seine Hände und drehte es ihn zu. "Sag mir. Hasst du mich wirklich?", hauchte er fragend. Es war nichts flehendes oder gar kaltes in der Frage. Es war eine sanfte Frage. Eine Frage die sich anfühlte wie warmer Regen auf der Haut oder ein frischer Frühlingstag. Eine Frage, der es kein Entrinnen gab... "Nein."
 
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Kommentare  

Du kannst Dich echt recht gut in die verschiedensten Personen und ihre Rollen, Schicksale, Emotionen und Situationen hineinversetzen und diese auch wirklich so einfühlsam und authentisch rüberbringen. Es ist schon tragisch, dass jeder der beiden die gleichen Empfindungen hat, sie aber gegenseitig nichts davon wissen, nur weil sie nicht drüber sprechen und zu ihren Gefühlen stehen und sie vor allem NICHT zeigen wollen, wie das halt oftmals ist und dann auch zu solchen Missverständnissen führt, wobei es ja bei Christoph durch seine Behinderung noch verständlich ist. Du stellst das sehr gut dar.

Jetzt aber doch noch mal was zu den vielen Fehlern aller Art in Deiner Geschichte. Es hat zwar jetzt nichts mit dem Inhalt zu tun, aber ich finde, es entwertet es so auf den ersten Blick insgesamt leider ein wenig und das ist schade.


Fan-Tasia (25.05.2009)

Einfach süß, wie sich die Beiden näher kommen. Du kannst sehr gefühlvoll schreiben und es ist ja auch klar, dass sich dabei Probleme ergeben.

Petra (22.05.2009)

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