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Eine ungewöhnliche Art des Kennenlernens

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten
Sonnenheißer Asphalt köchert flimmernd in der Glut dieses Julitages. Ruckelnd und quietschend nähert sich die ziegelrote Straßenbahn der Haltestelle. Die schmale Tür wird geöffnet. Zwei hagere Frauen steigen aus. Marcel zwängt sich an ihnen vorbei und schiebt sich in den rappelvollen Wagen.

Marcel zählt stolze 16 Jahre. Sein kurz geschnittenes pechschwarzes Haar glänzt vorzüglich. Der akkurate Schnitt läuft in einem eng geschwungenem Bogen um seine schmalen Ohren.

Marcel ist das, was man schlechthin als eine Frohnatur bezeichnen kann. Um seine Mundwinkel spielt fast immer ein spitzbübisches, nicht selten aber auch ein verliebtes Lächeln. Es ist vor allem ein Strahlen von innen heraus, welches sich im betörenden Glanz seiner azurblauen Augen sichtbar widerspiegelt. Auch die Elastizität seines schlanken sonnengebräunten Bodys, lässt die feurigsten Blicke der schönsten und auch der wildesten Mädchen förmlich auf ihn fliegen.

Für Marcel bleibt nur noch ein Stehplatz übrig – doch bis zu seinem Ziel, dem Hauptbahnhof, sind es eh nur zwei Stationen. Gleich ist es soweit. Die Bahn windet sich kurz vor dem Ziel in eine enge Kurve und bremst in dieser scharf ab. Die volle Wucht des Aufpralls bringt ihn und viele andere Fahrgäste aus dem Gleichgewicht. Marcel erschrickt und verliert dabei die Balance. Einen Sturz kann er nicht mehr abwenden. Dabei schlagen beide Hände ziemlich derb auf dem Schoß eines jungen Mädchens auf. In diesem Augenblick hat das rechts neben ihm sitzende Mädchen, mit halb geschlossenen Augen und leicht gesenktem Kopf - scheinbar teilnahmslos vor sich hin dösend - durch das zerkratzte Fensterglas geguckt. Noch leicht gerädert, beginnt Marcel sich aufzurichten. Ein winziges Sekündchen nachdem dem Mädchen der Schreck durch die Glieder gefahren ist, sprudelt es wie aus einem Wasserfall aus ihr heraus: „Pass doch gefälligst auf!“ Noch während sie Marcel anraunzt, fangen ihre Hände und Beine an zu zittern. Aber auch Marcels Gesicht wird für einen blitzkleinen Moment kreidebleich. "Entschuldigung, hab's nicht so gewollt, antwortet Marcel schüchtern. In diese ungewollte Rolle ist er wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem noch jungen Leben reingeschlüpft, denn in Wahrheit ist der coole reißerische Typ alles andere als ein Schüchtermann. Natürlich richten sich viele neugierigen Blicke spontan auf Marcel und das Mädchen. Die ersten von ihnen fangen an zu lachen. Anfangs ist er noch von tiefer Peinlichkeit berührt, Gerade deshalb springt sein junges Herz wie wild in seiner Brust. Oder macht es vielleicht doch schon erste verkappte Freudensprünge?
Sein prüfender Blick und sein noch etwas verborgenes Lächeln verfehlen ihre Wirkung nicht.
Ihre tiefblauen Augen nehmen wohlwollend seine stummen Signale auf und senden diese mit einem verlegenen Lächeln wieder an ihn zurück. Sogar erste neckische Grübchen legen sich auf ihre Wangen.
Das Lachen im Waggon wird immer lauter. Spontan bekommen Marcel und das Mädchen so einen Lachanfall, dass sie das ganze Abteil anstecken. Ein schallendes Gelächter lässt die stickig heiße Luft im Abteil vibrieren. Nahezu alle beschwingt das irre Gefühl, in einem Lachkabinett und nicht in einer muffigen Straßenbahn zu sein. Im tiefen Lachkrampf versunken, ist es den meisten Passagieren gar nicht aufgefallen, dass die Bahn schon seit zwei Minuten hielt.

Bevor die Tram die gleiche Strecke wieder zurück fährt, legt diese eine zehnminütige Pause ein. Erst nach zwei Minuten schieben sich die beiden, gemeinsam mit der lachenden Meute, aus dem Waggon. „Da hat es doch die Richtigen getroffen“, frotzelt ein junger Schwarzschopf mit spitzer Zunge, Was danach folgen wird, kann er sich ja denken – schließlich ist er auch nicht gerade auf den Kopf gefallen.

„Wie heißt du?“, fragt Marcel höflich. „Anja“, antwortet sie knapp. Aus der pubertierenden fünfzehnjährigen „Kichererbse“ bricht erneut ein helles Gelächter aus. Dieses klingt so lustig, dass Marcel dem erst recht nicht widerstehen kann. Nur mit Mühe gelingt es ihm seinen Namen über seine heißen Lippen zu bringen.

Anja ist wahrhaftig sein Traumtyp. Die im feschen Blau glitzernden Kulleraugen, ihr frecher kirschroter Spitzmausmund, dazu noch die dunkelbraunen Kringellocken, unter denen ihre niedliche Stupsnase klebt, haben es ihm sichtlich angetan. Aber auch ihre tollen schlanken Beine, die - dem superknappen Jeansrock geschuldet - neugierige Blicke auf sich ziehen, sowie ihr knackiges Hinterteil, sind ein Augenschmaus – nicht nur für ihn. Doch Marcel will nicht nur im Stillen genießen. Er steht besonders auf Girls mit ansehnlicher Oberweite. Unter dem schweißklebrigen hellgelben T-Shirt, auf dem ein rubinrotes Herz in stolzer Größe prangt, zeichnen sich zartknosprige Brustwarzen ihres traumhaft schönen Busens ab. Die Spur seines fordernden Blickes saugt sich stumm an ihnen fest.

„Ich sehe, meine Brüste scheinen dir zu gefallen“, bemerkt das fesche Girl schelmisch.

„Merkst du das denn nicht“, sagt Marcel schmunzelnd, Beide lachen sich erneut in den Bauch hinein und bekommen Magenkrämpfe. Lachtränen rollen sturzbachartig aus feucht-glitzernden Augenpaaren.

„Eigentlich wollte ich zu meinem besten Kumpel fahren“, sagt Marcel verlegen lächelnd. „Und ich zu Ramona, so heißt nämlich meine beste Freundin. Wir wollten wieder einmal in der Disco richtig abtanzen und die Jungs unsicher machen. Doch daraus wird wohl nun nichts werden. „Zum Glück, antwortet Marcel und wieder schießen unzählige Lachsalven aus beiden Mäulern heraus. Marcel und Anja liegen sich in den Armen. Seine Stirn legt sich auf ihre.und so ganz allmählich suchen Marcels Lippen ihre. Zuerst haucht er ihr ganz sanft ein zartes Küsschen auf ihren zittrigen Honigmund. Auf einen Kuss folgt der nächste Die Küsse werden immer stürmischer und prickelnder, bis beide, im feurigen Meer der Leidenschaft glühend, in einem nicht mehr enden wollenden Kuss, dahinschmelzen. Zeitgleich wandern seine forschenden Fingerkuppen sanft und zärtlich über ihren Rücken und Anja genießt schwärmend dieses wundervolle Ameisenkribbeln.

Marcel und Anja sind von dieser Sekunde an ein überglückliches Paar. Ob sie auch ein unzertrennliches Paar werden, wird sich erst später noch zeigen. Und sollte wider Erwartens die Beziehung doch in die Brüche gehen?
Hoffentlich nicht. Denn die Möglichkeit durch einen "versehentlichen Sturz“ in der Tram eine mögliche Partnerin fürs Leben kennen zu lernen, bietet sich auch nicht aller Tage.
 
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Kommentare  

Hallo Petra, Geli, Jochen, www. Mailer,

vielen Dank für die netten Kommentare zu meiner Geschichte. Habe mich sehr gefreut.


Michael Brushwood (08.03.2010)

Hihi, ja so kann es manchmal gehen. Die Liebe geht oft verrückte Wege. Witzige kleine Episode.

Petra (07.03.2010)

Sehr schön, hat mir gut gefallen.

Geli (07.03.2010)

Was dir so alles einfällt oder ist es tatsächlich passiert? Eine temperamentvolle kleine Kennenlerngeschichte zum Schmunzeln.

Jochen (06.03.2010)

Hat sich gut gelesen, deine ungewöhnliche Art des Kennenlernen.Grün für die Tram und der eventuellen Möglichkeit eine Partnerin fürs Leben zu finden.

www-Mailer (05.03.2010)

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