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6 Seiten

Das Weiße Königreich - Kapitel 12

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Warum sie die Tochter von König Hector entführen sollten, konnte sich R’ak nicht beantworten. Jedenfalls nicht zu seiner Zufriedenheit. Erst den Auftrag um den Magistrat, den sie Heerführer Z'aka erteilten und der ihn an ihn weitergab. Jetzt die Entführung der Prinzessin. Eine entscheidende Frage war; Welche Rolle spielten die Samoaner? Wieso hatten Sie die Prinzessin entführt? Waren Sie beauftragt worden? Oder handelten Sie im eigenen Interesse?
R’ak bezweifelte, dass es bei Ihrem Auftrag um Lösegeld ging. Etwas anderes steckte dahinter, da war er sich absolut sicher. Seine Neugierde war geweckt. Der Spähtrupp kehrte zurück. Bis auf Weiteres schob er seine Überlegungen beiseite.
Ro’maj kam zu ihm. Die Urikai gehörte schon seit Jahren zu seinem Trupp und hatte sich in zahllosen Kämpfen bewährt. Trotz seines Vertrauens hatte er ihr verschwiegen, wer ihr wahrer Auftraggeber war und dass Z’aka tot war.
Sie verschnaufte kurz. „Eine hellenische Hundertschaft.“, bestätigte sie.
Während ihrem Weg zum Treffpunkt, war man auf Spuren gestoßen die ihre Route kreuzten. Die Vermutung wurde nun bestätigt. So tief ins Grenzland waren hellenische Truppen schon seit Jahren nicht mehr vorgedrungen. Musste mit dem Treffen der Völker in Buhan zutun haben, dachte R’ak schweigend.
Er sah zur Prinzessin. Sie saß angekettet an einer kleinen Feuerstelle, umgeben von den Urikais. Dass die Menschen wegen ihr soweit ins Grenzland vordrangen, schloss R’ak aus. Wie es schien, war die Hundertschaft schon seit Tagen jenseitig von Zion im Grenzland unterwegs. Mit Sicherheit wurden diese bereits von den Alben beobachtet. Ein Umstand, der seine Stimmung leicht verbesserte. So bestand eine Chance für ihn, eine Weile unbeobachtet zu bleiben.
„Weiter geht’s.“, befahl R’ak brummig.
Murrend erhoben die Urikais ihre Hintern. Keiner widersprach dem Befehl. Sie hatten schließlich gesehen, wie es To’rok ergangen war. Noch hielt sich die Unzufriedenheit der Truppe in Grenzen.
Man löste die Ketten am Pfosten, der im Boden steckte. Die gurgelnden Proteste der geknebelten Prinzessin blieben ungehört. Der Urikai legte die widerspenstige Menschenfrau auf seine Schulter, tätschelte anzüglich grinsend ihren Po und trabte im Gleichschritt los.

***
Sicher war es keine Kunst einen Urikai zu provozieren. Ihre Hemmschwelle war gering und sie waren schnell reizbar. Selena versuchte die Gründe des Magistrats zu erwahren. Irgendetwas hatte der Mann gewusst. Etwas, dass ihn dazu veranlasste, in den Freitod zugehen. Auch wenn er den Todesstoß nicht selber führte.
Sie sah zum Thronähnlichen Stuhl, in dem der Magistrat seinen Tod fand. Der Mann in Buhan war widerspenstig gewesen. Obwohl Selena im Nachhinein keinen Grund dafür erkennen konnte. Falls er was wusste, hätte er es ihr gesagt. Daran hegte die Albin keinen Zweifel. Schließlich kannte sie genügend Methoden jemanden zum Sprechen zu bringen. Das anschließende Feuer war nicht beabsichtigt gewesen. In seinen letzten Atemzügen hatte er eine brennende Öllampe umgeworfen, welche das Feuer auslöste. Innerhalb kürzester Zeit brannte das Haus lichterloh.
Jetzt wo Selena darüber nachdachte, konnte es auch Absicht gewesen sein. Um zu verhindern, dass ihr entscheidende Informationen in die Hände fielen. Falls dem so war, verdiente der Mann Bewunderung für seinen unbändigen Willen. Andererseits half ihr das nicht weiter bei ihrem Vorhaben. Dass es nicht einfach werden würde, war ihr von Anfang an klar. Auch dass die Möglichkeit bestand, getötet zu werden, schreckte Selena nicht davon ab anzufangen und jetzt damit weiterzumachen. Der anderen Möglichkeit war sie längst überdrüssig geworden.
Ihre Kraft und ihr Ehrgeiz bekamen neue Nahrung. Sie würde bis zum Unausweichlichen gehen. Selbst wenn das ihren Tod zur Folge hatte.
Die Albin verließ das Arbeitszimmer, ging durch die Stollen, als wäre sie schon Mal in der Mine unterwegs gewesen und blieb vor einer Tür stehen. Den Windzug ignorierte Selena. Kratzer am Türschloss zeigten, dass sich jemand ohne Schlüssel Zutritt verschafft hatte. Ein flüchtiges Grinsen erschien auf ihrem Gesicht.
Mit einer Kraft, die man ihr äußerlich gar nicht zutraute, verschaffte sich die Albin Zutritt zum Kartenraum des Magistrats. Alles war noch genau so, als sich Samuel und sein Freund hier aufgehalten hatten. Ein Umstand, der ihr die Suche erleichtern sollte.

***
Weite Landstriche im Südland waren kaum besiedelt. Was der kargen und felsigen Landschaft geschuldet war. Vor allem in der Mittelregion war der Boden ungeeignet um irgendwelche Landwirtschaft zu betreiben. Schon nach wenigen Metern kamen Steineinschlüsse im Boden zu Tage, die der Pflanzensaat kaum Spielraum zum verwurzeln gaben. Je tiefer man grub, desto steiniger und schwerer wurde die Sache. Daher konzentrierte sich die Besiedlung vom Südland weitestgehend auf die Küste der Ost- und Westregion.
In der Ostregion begann das Königreich Katalonien und erstreckte sich im Südland hauptsächlich an der Küste, um sich im angrenzenden Ostland auszubreiten. Ein Gutes hatte es für Katalonien trotzdem. Der Export unterschiedlichster Steinsorten, Granit, Marmor und Edelsteinen brachte dem Königreich seinen Wohlstand und Reichtum.
Die Reise der Freunde war ein Auf und Ab. Flache und steile Erhebungen. Steinige Abhänge. Gräben, deren Begehung lebensgefährlich war. Im Gegensatz dazu gab es weite flache Ebenen mit teilweise kniehohem Gras. Waldstücke, deren Bewachsung sich an die Umgebung angepasst hatte.
An einem Bachlauf, in einem solchen Waldstück, legten sie eine Pause ein. Obwohl es relativ unwahrscheinlich war, dass sich Albe oder Elben im Wald herumtrieben, fühlten sich die Zwergenbrüder unwohl. Irgendwie hatten alle Zwerge eine Abneigung gegen Wälder. Ob das an der Tatsache lag, das hauptsächlich Albe und Elben in Ihnen hausten, konnte Michael nicht genau sagen. Dass ein Zwerg freiwillig in einen Wald zog, um dort zu leben, hatte er noch nicht gehört. An so etwas würde er sich mit Sicherheit wegen der Einzigartigkeit erinnern.
Ramon suchte sich am Bachufer eine geeignete Stelle um seine Notdurft zu verrichten. Dazu entfernte er sich einige Schritte von der Gruppe. Er behielt sie jedoch immer im Blick, um zu verhindern dass er sich zu weit entfernte. Alleine in einem Wald umher zuirren war ihm unheimlich. Sein zwergischer Leibwächter ließ ihm, wegen seiner Notdurft, seine Privatsphäre, behielt ihm aber im Auge.
„Ich versteh das nicht.“, murmelte Tanja zweifelnd. Vielleicht hatte Sie doch falsch gelegen, was den Standort vom Tempel der Sida anging.
Die Erkenntnis ließ ihre Zuversicht weiter schwinden. Aufmüpfig wie sie war, holte Tanja die Schriften aus der Tasche, um sich zu vergewissern keine Fehler gemacht zu haben. Dabei war es offensichtlich, dass sie wohl doch einen Fehler gemacht hatte. Vom Tempel der Sida fehlte jede Spur.
„Kann ich mal sehen?“, fragte Samuel.
Sie war der Verzweiflung nahe. Es hatte so klar ausgesehen, als sie herausfanden, wo der Tempel der Sida liegen müsste. Hatten Sie was falsch gedeutet? Einen Zahldreher? Eine falsche Angabe in den Schriften? Je mehr sie über die Fehlerquelle nachdachte, desto mehr kam ihr in den Sinn. Die Übersicht zu verlieren, kam zwangsmäßig.
So gab Tanja dem Jungen die Schriften, erhob sich vom Baumstamm und vertrat sich die Beine. Samuel war es gelungen einen Ansatz zu finden, den wohl selbst der Magistrat Jahre lang nicht entdeckt hatte. Dabei lag alles Notwendige vor ihm.
Erol stieß wieder zu Ihnen. Als sie beschlossen am Bach zu rasten, hatte er sich zurückfallen lassen, um zusehen ob ihnen jemand gefolgte. Man wollte ja nicht überrascht werden, wenn man den Tempel entdeckte. Da sie nicht die Einzigen waren, die danach suchten, war es nur vernünftig sich abzusichern.
„Niemand folgt uns.“
„Das sagt ihr, Spi…Elb.“, korrigierte Kronos sich schnell. Sein Bruder schüttelte leicht den Kopf. Die Anfeindungen trugen zu nichts bei. Kronos war nicht für seine Einsicht bekannt.
Erol sah den Zwerg an, schmunzelte und wandte sich kommentarlos ab. Sirka hingegen war nicht so gutherzig. Ihr Blick war eindeutig. Wong füllte die Wasserflaschen auf. Michael stand bei seinem Pferd, tätschelte ihm den Hals.
„Wie wird euer König wohl reagieren, wenn ich ihm von unserer Expedition berichte?“, fragte er den Zwerg.
Kronos zuckte gleichgültig mit den Achseln und ging davon. Baldami sah seinem Bruder nach. Sie konnten keine weiteren Schwierigkeiten gebrauchen. Ihr Stand beim König war jetzt schon nicht der Beste. Woran sein Bruder eine entscheidende Mitschuld trug. Selbst wenn Kronos es abstritt.
Baldami blickte nach seinem Schützling. „Bitte entschuldigt ihn. Mein Bruder ist es nicht gewohnt mit einem Elb zusammen zuarbeiten. Leider neigt er dazu erst zu sprechen, dann nachzudenken.“
Erol akzeptierte die Entschuldigung mit einer knappen Verneigung. Die Anfeindungen hatten längst ihre Wirkung verloren. Unter Seinesgleichen war es nicht anders. Sie ließen ihn damals wissen, was sie von seiner Entscheidung hielten. Zu ihnen gehörte auch seine eigene Familie.
„AAAARRRRR…“
Sofort sprintete Baldami los, nahm seine Waffe in die Hand. Von seinem Schützling war weit und breit nichts zu sehen. So gerne sein Bruder auch an seiner Seite war, blieb Kronos beim Jungen Samuel.
Erschrocken über den Schrei sah Samuel auf. Er war so vertieft in die Schriften gewesen, dass er alles um sich herum vergessen hatte. Ein Blick im Lager ließ ihn erkennen, von wem der Schrei kam. Ramon. Samuel ließ die Schriften fallen und eilte hinter dem Zwerg her.
Sirka folgte Baldami umgehend, ebenso Erol. Michael wies Wong durch ein Handzeichen an, bei Tanja zubleiben. Sie stand wie versteinert da.
„Ramon…Ramon.“, schrie Samuel. Von seinem Freund fehlte jede Spur.
„Ahhhh…“
Vor ihnen tauchte ein Loch auf. Vorsichtig näherte sich Baldami dem Loch. Dabei versuchte er auf Veränderungen im Boden zu achten.
„Ramon.“, rief Samuel weiter.
Als Antwort kam ein Stöhnen. Sie lugten in das Loch. Die Tiefe musste an die Sieben Meter betragen. Zu seiner Erleichterung sah er seinen Freund.
„Ist alles in Ordnung bei dir?“
Ramon stöhnte erneut. Gegen den Drang liegen zu bleiben, rappelte er sich auf. Im Loch war es finster. Lediglich etwas Licht schimmerte herein.
„Wir holen dich da raus, Kumpel.“, hörte er Samuel sagen. Das war kein einfaches Loch!
Denn in einem Loch war der Bewegungsspielraum eingeschränkt. Hier hingegen fehlte jede Art der Begrenzung. „Ohhh…“, raunte Ramon als ihm klar war, wo er sich befand.

***
Raul, Sergio und Bernardo wollten in einer Siedlung, Zwei Tage von Buhan entfernt, die hereinbrechende Nacht verbringen. Im Wirtshaus der Siedlung aßen sie zu Abend. Als Raul zur Theke ging, um zu bezahlen, hörte er eine Unterredung mit an. Die Männer unterhielten sich über die Entführung der Prinzessin von Andorra durch Samoaner.
Vollkommen ungläubig starrte er sie an. Raul kannte einige der Soldaten, die zur Garde der Prinzessin gehörten.
Unwirsch holte der Wirt ihn aus seiner Starre. Raul bezahlte. Kurz bevor er zu den Anderen an den Tisch zurückkehrte, blickte er Bernardo an. Die Leibwächterin und er hatten eine Liebschaft. In letzter Zeit ging er sogar so weit, von einer festen Beziehung zusprechen.
„Alles in Ordnung?“, fragte Sergio ihn.
Augenblicke verstrichen, bevor Raul seine Stimme wiederfand. Man konnte Bernardo den Schock ansehen. Seine Freundin in spe begleitete die Prinzessin überall hin.
Minuten später verließen die Drei das Wirtshaus, holten Ihre Pferde aus der Übernachtungsstallung und ritten los. Ihr Weg führte sie nicht nach Buhan. Man hatte beschlossen die Verfolgung aufzunehmen.
Am Morgen des nachfolgenden Tages fanden Sie die toten Samoaner. Den Spuren nach, hatte es einen Kampf mit Urikais gegeben. Man verweilte nur kurz am Waldrand. Dann nahmen die Drei die Verfolgung wieder auf. Die Urikais hatten mehr als einen Tag Vorsprung. Darum machte man nur für wenige Minuten Pause. Kurz vor erreichen des Flusses Zion, schlugen sie ein Lager auf. Nach Sechs Stunden Schlaf brach man wieder auf, überquerte den Fluss, denn sie waren nicht bereit, die Prinzessin in den Fängen der Urikais zulassen. Ihnen war zwar nicht wohl im Grenzland unterwegs zu sein, aber im Moment spielte es keine Rolle. Wichtiger war die Rettung der Prinzessin. Auch wenn keiner wusste, wie Sie zu dritt gegen einen Trupp Urikais bestehen sollten. Schließlich hatten sie einen Trupp Samoaner überfallen, ohne einen eigenen Mann verloren zu haben. Zumindest fand man keinen Urikai unter den Toten Samoanern.
Noch etwas machte Raul Sorgen. Dass die Samoaner die Tochter ihres Königs entführten, konnte er ja nachvollziehen, hingegen den Überfall der Urikais und die Übernahme der Geisel konnte er sich nicht erklären. Entführungen durch Urikais waren ihm nicht bekannt. Ebenso wenig die Erpressung von Lösegeld. Es musste also etwas anderes dahinterstecken. Bloß was? Und wohin zum Teufel wollten die Biester?
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-Ende, Kapitel 12-
© by Alexander Döbber
 
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Da bahnt sich ja so Einiges an. Doch niemand weiß so recht Bescheid, weder die Urikais noch die Samoaner. Weshalb sollte die Prinzessin entführt werden? Die fiese Selena sucht währenddessen im Arbeitszimmer des Magistrats, nach dessem Geheimnis. Aber auch Michael und seine Kameraden bleiben ihrerseits nicht untätig. Und dann dieses Pech, ausgerechnet unter Ramons Füßen gibt der Boden nach und er fällt in ein Loch. Aber immerhin ist ihm nichts passiert. Bin gespannt wie es weitergeht.

Jochen (01.06.2010)

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