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31 Seiten

Return to Home - Die Prophetin der Götter

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
-Prolog-

Elis schaute hoch. Über ihr funkelten die Sterne. Sie erkannte die verschiedenen Sternenbilder wieder, die ihr Vater Ihr gezeigt hatte. Obwohl Nacht herrschte, war es weiterhin warm. Der Spätsommer lag in seinen letzten Zyklen. Bald würde der Winter den Herbst ablösen. Schnee färbte die Landschaft in ein reines Weiß.
Am Himmel tat sich was. Nichts was sie beunruhigte. Einer der Sterne war aus dem Nichts aufgetaucht und schwoll an. Ein heller Kranz umgab ihn. Schon seit der ersten Schrift fand dieses Ereignis immer zur selben Zeit statt. Mit dem Auftauchen des Sterns begann ein neuer Zyklus. Alle 182 Tage fand das Ereignis statt. Ihre Vorwahren zeichneten es in ihren Höhlen. Sie zählten mit zu den ältesten historischen Aufzeichnungen ihrer Welt.
Das Mädchen schaute durch ihr Teleskop, das ihr Vater ihr geschenkt hatte, genau auf diesen Stern am Himmel. Eine tellerförmige Öffnung. Regenbogenfarbener Staub trat hinaus. Schlieren zeichneten sich ab. Ein Strudel lag im Zentrum. Der Anblick war wunderschön.
Das Auge der Götter nannten es die Gelehrten.
Der Auswurf hatte sich verflüchtigt. Die Schlieren stoben auseinander wie Rauchsilhouetten. Die Öffnung schloss sich, schrumpfte und verschwand schließlich am Firmament. Sie hinter-ließ eine Leere.
Elis freute sich schon das Schauspiel in 182 Tagen wieder zu bewundern. Sie schrieb ihre Eindrücke in ein ledergebundenes Taschenbuch, sah zum Mond hinauf und packte zusammen. Es wurde Zeit nach Hause zugehen. Sobald sie eingeschlafen war, würden die Träume der Götter Sie heimsuchen. Niemand außer ihr wusste davon. Selbst ihrem Vater verschwieg Elis die Träume.
Als das Mädchen aufbrach, ahnte sie nicht, was für einen Traum ihr die Götter schenkten. Seit jener Nacht kannte ihr Vater ihr Geheimnis. Tage nach der nächsten Erscheinung vom Auge der Götter, wusste jeder im Dorf über ihre Träume bescheid. Später tauchte eine Abordnung der Regentin, ja sogar die Regentin selbst, in ihrem Dorf auf, um sich von den Gerüchten zu überzeugen.
Aus dem unschuldigen Mädchen wurde die Prophetin der Götter. Nicht jeder sah in ihren Träumen einen Segen, sondern einen Fluch. Nach einem Übergriff, bei dem ihr Haus niederbrannte und ihr Vater verletzt wurde, brachte man Elis in die Berge zur Residenz der Regentin. Wo Sie bis ins hohe Alter lebte, einschlief und nicht mehr aufwachte.

***
Sein Abbild war nicht die einzige Skizze. So konsterniert Kasparow auch war, er blätterte nach einer gefühlten Ewigkeit um.
Die nächste Zeichnung zeigte die Raumstation. Das Gebilde war so reich an Details, dass man niemals darauf kommen würde, dass die Zeichnerin es vor 7000 Jahren auf Pergament brachte. So eine Zeichnung entsprang nicht der Fantasie, egal wie weitreichend und ausgeprägt Sie war. Sie hatte die Raumstation sprichwörtlich vor Augen gesehen. Selbst das Umfeld der Raumstation wies einen unglaublichen Detailreichtum auf, den er so nie wahrgenommen hatte.
Meine Güte! Auf dem folgendem Pergamentblatt war das Kommandodeck zusehen. Frauen und Männer der Kommandomannschaft festgehalten bei ihrer Arbeit. Kasparow sah sich selbst und Major Lorana über den Kommandotisch gebeugt. Die Displays und Bildschirme hatten ein Funktionsbild. Er konnte den Sensorschirm erkennen. Das Flugkontrolldisplay. Den Taktikplot. Als wäre die Zeichnerin tatsächlich dort gewesen. So vermittelte es einem die Perspektive der Zeichnung. Beim Turbolift!
Die nächste Zeichnung ließ ihn erstarren. Sekunden vergingen, als er wieder Luft holte und anfing zu blinzeln. Die Prophetin der Götter, oder wie auch immer ihr Geburtsname lautete, hatte ein sich geöffnetes Wurmloch gezeichnet. Das alleine ließ ihm aber nicht den Schrecken in die Glieder fahren, bzw. den Schock über die Darstellung. Viel mehr jene Objekte, die aus dem Wurmloch kamen. Fremde Megatonnen schwere Schlachtschiffe, Schlachtkreuzer, Zerstörer, Megaträger und aber Tausende von Jägern, die sich wie ein Schwarm ausbreiteten.
Wie alles andere bisher, waren die Zeichnung an schärfe nicht zu überbieten. Die Schiffstypen waren ihm unbekannt. Trotzdem spürte er den Hauch von Wissen irgendwo in sich drin. Eins sah man den Schiffen jedoch an. Sie waren alt, sehr alt.
Kasparow blätterte um.
Die Szene zeigte wieder das Kommandodeck. Rauch. Feuer. Explosionen. Als hätte sprichwörtlich eine Bombe eingeschlagen. Verletzte lagen am Boden. Frauen und Männer liefen umher. Manch einer trug einen Medikit. Schwer bewaffnete Marines in ihren Panzeranzügen sicherten das Kommandodeck gegen Eindringlinge. Er stand am Kommandotisch, blickte nach oben auf eins der Displays, das zu flackern schien. Sein Gesichtsausdruck war hart, unbeugsam. Neben ihm stand Major Lorana. Sie begutachtete den Taktikplot auf dem Tischschirm. Lieutenant Liam eilte zu ihnen. Das Sensordisplay sah aus als hätte es die Masern, mit dutzenden von Punkten gesprenkelt. Kasparow konnte sich denken, worum es sich bei den Punkten handelte. Feindkontakte!
Auf der der letzten Pergamentseite hatte Sie die Raumstation Picard gezeichnet. Der Unterschied zur ersten Zeichnung waren die vielen Explosionen, Energiebolzen, Laisercluster, Raketendetonationen, Flakfeuer. Der feindliche Jägerschwarm fiel über die Station her. Klaffende Wunden. Einschläge. Energieblitze. Aufflackernder Schutzschild. Ein Abbild einer heftigen Schlacht.
Kasparow schlug den Skizzenblock zu, starrte ihn geschlossen eine Weile an. Dann sah er auf. Die Regentin hatte ihn beobachtet. Wahrscheinlich wollte Sie seine Reaktion auf die Zeichnungen sehen, die die Prophetin der Götter vor 7000 Jahren zeichnete.

***
Ihm fehlten die Worte. Wie sollte man auf so was reagieren? Schließlich sah man nicht jeden Tag Zeichnung von jemanden der vor 7000 Jahren lebte und ein mögliches Abbild einer Zukunft schuf, die ihrer Gegenwart entsprach und nichts gutes verhieß. Würde ihm überhaupt jemand glauben? Wenn ihm einer die Story erzählen würde, ließe er ihn unverzüglich einweisen. Wem also konnte er davon im vertrauen erzählen ohne Gefahr zulaufen in einer geschlossenen Anstalt zulanden? Viele kamen jedenfalls nicht in Frage, so viel stand schon mal fest.
„Kommen Sie, Commander. Ich muss ihnen etwas zeigen.“, bat Sie ihn so abgebrüht das man die Regentin für einen gefühllosen Cyborg halten konnte.
Ihm, was zeigen! Was konnte die Zeichnung noch toppen?

***
Links. Rechts. Geradeaus. Wieder Rechts. Links. Rechts. Schon nach der ersten Abbiegung hatte Kasparow die Übersicht verloren. Er hatte das Gefühl im Kreis zugehen. Alles sah gleich aus in den Dingen. Ihm schwirrte zu sehr der Kopf um die feinen Unterschiede zu bemerken. Sie gingen Stufen hinab, die tiefer unter die Erde führten. Ein schnurrgerader Gang kam am Stufenabsatz. Er endete knapp 60 Meter vor einem Panzerschott.
Die Regentin machte einen Ausfallschritt zur Seite. Eine getarnte Klappe ging auf, ein Eingabeterminal fuhr aus der Öffnung, das Touchfeld flackerte auf. Sie gab einen siebenstelligen Code ein, legte ihre Hand in die Öffnung, ein Scanlaser blitzte mehrmals auf. Als der Handscan vollständig war, erschien ein digitaler Abdruck auf dem Touchdisplay. Das Erkennungsprogramm nahm die festgelegten Markierungen und verglich sie mit jenen in der Datenbank. Als die Übereinstimmung vorlag, glitt über dem Eingabeterminal eine Klappe auf. Ein Scanauge zur Gesichtserkennung fuhr heraus. Mit einem Piepen scannte der Laser ihr Gesicht einmal komplett aus senkrechten und anschließend waagerecht. Abschließend ertönte ein Piepton.
Das Scanauge und das Eingabefeld verschwanden wieder und die Klappen verschmolzen mit der Wand. Nichts deutete auf ihre Existenz hin. Ein dumpfes zischen ertönte. Das Panzerschott teilte sich senkrecht in der Mitte. Dahinter lag ein zweites Panzerschott. Erst als das Erste geöffnet war, teilte sich Nummer Zwei waagerecht in der Mitte. Beide Schotts waren aus 50 Zentimeter dickem Panzerstahlbeton. Sie hätten einer Fusionskernexplosion direkt vor ihnen ohne Kratzer überstanden.
Hinter dem Doppelschott lag ein mit Stahlbeton verkleideter Raum. Ein Bunker! Das war beim Anblick sein erster Gedanke. Bloß die Funktion erschloss sich ihm auf dem ersten Blick nicht ganz. So für ihn irgendwie wie ein Lagerraum aus. Doch wer sollte hinter solch dicken Panzerschotts einen Lagerraum einrichten? Darauf folgte zwangsläufig die nächste Frage. Was lagerten die Silaaner hier?
In der Mitte vom Bunker stand ein Sarkophag ähnlicher Steinquader. Es gab keinerlei Inschriften, Symbole oder andere Merkmale. Eine matt glänzende Oberfläche, mit rauer Struktur. Die Regentin trat an ihn heran, verharrte für wenige Sekunden mit gesenktem Haupt vor dem Sarkophag. Dann berührte sie eine versteckte Klappe, die beiseite glitt und ein Eingabefeld freigab. Sie gab einen mehrstelligen Code ein. Ein Zustimmender Piepton nahm die Codeeingabe an. Die Klappe schloss das Eingabefeld.
In diesem Moment geschahen zwei Dinge im Bunker. Eine der Wände stellte sich als Beweglich heraus, sie teilte sich in der Mitte und glitt senkrecht weg. Ein milchiges Regal lag dahinter. Aus dem Augenwinkel erkannte Kristallstäbe und Steckkarten. Seine volle Aufmerksamkeit galt dem Sarkophag. Sein Deckel öffnete. Ein Mann langes Objekt wurde durch eine im inneren befindliche Hebebühne empor gehoben. Was er dort liegen sah machte ihn sprachlos.
Das Objekt sah wie ein überdimensionales Zäpfchen aus. Mit einer am Kopf befindlichen Elliptischen Form, die sich den ganzen Körper hinweg zog und einen geraden Schnitt am Ende hatte.
Kasparow wusste sofort was da vor ihm lag. Eine Sonde!

***
Um genauer zu sein eine geschmeidigere Weiterentwicklung vom Ferdinand 2-C2 Typ. Was unmöglich war, den der Nachfolger der C3 Typ bzw. der Prototyp befand sich in der Testphase und war noch gar nicht in Dienst gestellt. Trotzdem sah Kasparow das Modell vor sich in einem Bunker unter der Erde von Silaa. Er hatte zwar weder den Prototypen oder die Baupläne gesehen, dafür mehrfach den C2 Typ. Dieser war sehr klobig, schwer, unhandlich und alles andere als Ladefreundlich, wenn die automatische Rohrladung mal ausfiel, waren die Lademannschaften beim Bestücken für den Abschuss einer Langstreckensonde vom Typ Ferdinand 2-C2 nicht zu beneiden.
Es musste sich um eine Weiterentwicklung handeln. Das Design der Ferdinand Langstreckensonden beruhte auf der gleichen Rahmenkonstruktion. Mit jedem neuem Typenmodell veränderte sich das Design nur geringfügig. Wieso eine bewährte Grundkonstruktion komplett neu designen!? Das kostete nur eine Menge Geld und Zeit. So bauten die Konstrukteure, Ingenieure und Techniker auf dem bewährten auf, nahmen passende Veränderungen vor die weniger Geld und Zeit kosteten.
Je länger sich Kasparow die Sonde ansah (anstarrte), desto sicherer wurde er sich in seiner Annahme, dass es sich hierbei um den C3 Typ handelte. Diese Erkenntnis warf weitere Fragen auf, die er sich im Moment nicht wagte, zustellen.
Er ging einmal um den Sarkophag herum, schaute ihn sich genauer an. Das Gehäuse bestand aus einer Duralkruppstahl Legierung mit Stealth Eigenschaften. In der Spitze befand sich das Eloka (Elektronische Kampfführung) System zusammen mit der Sensorphalanx. Mittig im Gehäuse die KI (Künstliche Intelligenz) mit dem Computersystem. Hinten lag bei den C2 Typen der Miniatur Fusionsreaktor und Antrieb. Die C3 Typen hingegen sollten keinen Fusionsreaktor als Energie- und Antriebsquelle mehr haben, sondern Brennstoffzellen. Sie erzeugten eine geringere Energiesignatur, die in Verbund mit der Stealth Abschirmung so gut wie unauffindbar für die Augen der Gegenseite war. Für die Flottenaufklärung bei Kampfeinsätzen waren die Sonden unverzichtbar wollte man in Raumgefechten die eigenen Verluste klein halten.
Erst fiel ihm die Wand wieder ein. Kasparow drehte sich um. In dem milchigem Regal lagen bläuliche Kristallstäbe, Datenkristalle. Sie hatten vor knapp 100 Jahren die Speichersticks in der Mechatronik abgelöst. Biovirale Gelpads sollten die Nachfolger der Kristallstäbe werden. Die Forschung daran befand sich in den Kinderschuhen. Bis eine Allgemeine Anwendung der Bioviralen Gelpadtechnologie eintraf würden noch etliche Jahre vergehen.
Einer der Kristallstäbe war zerbrochen und daher Grau. Die bläulichen Stäbe schienen intakt. Zumindest dem äußeren Anschein nach. Oberflächliche Mikrorisse stellten kein Problem dar, eher schon tiefer gehende Risse, die den Schutzmantel beschädigen konnten. Dann wurde es problematisch. War der Schutzmantel vollends durchbrochen, ergrauten die Kristallstäbe. Die Steckkarten, auf denen sich die Kommandocodes des jeweiligen Systems befanden, sahen in Ordnung aus.
Er wandte sich an die Regentin.
„Als das Auge der Götter“ Sie vermied den Ausdruck Wurmloch . „das letzte Mal erschien, tauchte ein Feuerschweif am Himmel auf.“ Ihre Augen gingen zur Sonde. „Er ging im Nordeis nieder. Wir haben es geborgen.“ Die Silaaner waren damals noch nicht mal ansatzweise eine Raumfahrtzivilisation. In Berührung mit einer Hochtechnologie zukommen, musste ein Schock gewesen sein. Sie ahnten mit Sicherheit nicht, was Sie aus dem Nordeis holten, geschweige den, woher es kam. Genau diese Frage stellte sich Kasparow nämlich.
„Sie haben es erforscht?“ Und wies mit der Frage auf die einzelnen Bauteile im Regal.
„Ein junger Mönch, sein Durst nach Wissen war groß, beschäftigte sich mit der Sonde. Leider hat er zu einer falschen Zeit gelebt.“ Ein Anflug vom Kummer erklang in ihrer Stimme.
„Wieso weihen Sie mich ein?“ Es schien ein sehr gut behütetes Geheimnis zu sein. Hätten die Familiäros davon erfahren und die Sonde in die Finger bekommen, hätten Sie dadurch einen Technologie Vorteil gezogen der das Kräfteverhältnis verschoben hätte. Ein beängstigter und beunruhigender Gedanke. Was wäre Wenn?
Die Regentin schaute ihn an. „Das Auge der Götter kehrt zurück, Commander. Und mit ihm die Finsternis.“
Die Zeichnung kam ihm wieder in den Sinn. Ein kalter Schauer lief seinen Rücken herunter. Die Finsternis!
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-Eins-

Der Autopilot vom Flugauto erreichte das angegebene Ziel pünktlich auf die Minute, setzte zum Landeanflug an. Das Ziel, das mittlere Parkdeck des einst prächtigen Wolkenkratzers von Lyon City.
Heute war das Gebäude nichts weiter als eine Ruine, deren Glanz seit mehr als 50 Jahren vergangen war. Genau deshalb war es ihr Ziel.
Miranda Holm überließ dem Autopiloten den Landevorgang. Der Wolkenkratzer war nicht die einzige Ruine. Rings herum nagte der Zahn der Zeit am ehemaligen Stadtviertel. Vor dem Niedergang lebten beinahe 500.000 Leute, hauptsächlich Menschen, hier. Heute hingegen nicht mehr einer, abgesehen von den Ratten, Raben, Alligatoren und defekten Robots.
Sie spürte die Landung kaum.
„Landevorgang abgeschlossen.“ Meldete die männlich generierte Stimme vom Autopiloten.
Miranda kümmerte sich nicht weiter, öffnete den Sicherheitsgurt und stieg aus.
Das mittlere Parkdeck war mehr ein Schrottplatz. Verbeulte und offene Verkleidungen. Rostbefleckte Karosserien. Löcher in den Wänden und der Decke. Das Stromnetz befand sich auf einem kritischen Level. Der Generator im Keller hatte seinen Zenit längst überschritten. Es gab weder Wasser noch ausreichend Strom.
Worüber sich Miranda keine Gedanken machte, schließlich hatte Sie nicht vor in eins der verwahrlosten Appartments einzuziehen. Obwohl Sie selbst nach heutigem Standard noch als modern galten.
Sie ging den Flur entlang, ignorierte den muffigen Geruch und den Fäkalien Gestank. Nicht ein Muskel zuckte in ihrem Gesicht. Es war ihr vollkommen gleichgültig. Wie so vieles andere in ihrem jetzigen Leben. Ihre Vergangenheit, mit der Commander Kasparow Sie konfrontierte, war lediglich ein Dunstschleier ohne Subtanz.
Miranda folgte dem Flurverlauf. Sie blieb vor einer Tür stehen, berührte das scheinbar inaktive Sensorpanel. Die Tür öffnete sich, wie zur Eröffnung des Wolkenkratzers. Ohne zögern trat sie über die Schwelle, ging in den Flur hinein. Die Tür schloss sich und verriegelte sich mit einen Klock! Was Sie keineswegs kümmerte. Der Flur mündete in den Wohnraum des Appartments.
Sie wurde bereits erwartet.

***
Kasparow schaute zur Tasche auf dem Co-Pilotensitz. In der Innentasche befanden sich Kristallstäbe und Speicherplatinen. Niemand würde annehmen Sie stammten von einer der modernsten Sonden der Unioner Flotte, die vor 7000 Jahren auf Silaa aufschlug. So sehr er sich auch wünschte es wäre nicht so, konnte er die Augen nicht vor den Tatsachen verschließen die sich ihm während seines Abstechers zum Planeten offenbarten.
7000 Jahre alte Zeichnung! Er wollte einfach seine Kommandozeit über die Runden bringen. Nichts weiter! War das zu viel verlangt! Das Leben war aber kein Wünsch dir was.
Er musste sich einem weiterem Problem stellen. Wen konnte er einweihen? Wem konnte er bei der Sache vorbehaltslos vertrauen? Wenn die Sonde aus der Zukunft stammte, (was sie zwangsläufig musste) was konnte er mit den Informationen anfangen, die er aus den Kristallstäben und den Speicherplatinen gewann! Eine weitere Frage drängte sich ihm auf. Für wen arbeitete Miranda Holm! Viel wichtiger war jedoch, woher wusste Sie davon? Ein ungutes Gefühl stieg in ihm auf.
Wie sollte er jetzt vorgehen! Vom Flugdisplay schaute er zurück zur Tasche. In den Kristallstäben und Speicherplatinen lagerten Informationen die von essenzieller Bedeutung für Picard Station und Silaa sowie der Galaxie sind. Durfte er Sie da überhaupt zurückhalten! War es nicht seine Pflicht seine Vorgesetzten von einer bevorstehenden Bedrohung für die Raumstation (die unter Unioner Aufsicht stand), Silaa Stern und die Union zu unterrichten! So eindeutig die Antwort JA bedeutete, so kompliziert war es auch.
Er steckte in einer beschießenden Lage. Kasparow stöhnte, schob den Sitz nach hinten und lehnte sich zurück.

***
Sharon Hard, Präsidentin der Vereinten Terra-Gvan Union, Oberbefehlshaberin der Vereinten Terra-Gvan Streitkräfte, stand in der gläsernen Kuppel der Präsidentenloge an Bord von President One. Dem persönlichen Sternenschiff des Präsidenten der VTGU.
Sie schaute hinaus, auf die vorbeihuschenden violetten Schlieren des Hyperraumkanals. Miniblitze zuckten an den scheinbaren Kanalwänden entlang. Gammaentladungen lautete der Fachbegriff. Sharon gluckste. Soviel wusste Sie über Subraumwissenschaften. Immerhin etwas!
Sie genoss die Aussicht des Hyperraums, auch wenn es nichts wirkliches zusehen gab und dachte über die kommenden Angelegenheiten nach. Ihre Reise nach Silaa, E’an und Montico, wo die diesjährige G7 Sicherheitskonferenz stattfand, war nicht als Vergnügungsreise gedacht. Schade, eigentlich. Auf den Planeten soll es herrliche Strände, Unterwasserparadiese und weite Panoramaebenen geben. Ihr Spiegelbild im dicken Duranpanzerglas schmunzelte.
Sharon genoss die Ruhe um sich herum. Als Präsidentin gab es nur wenige solcher Augenblicke und sie hatte gelernt Sie voll und ganz zugenießen, denn man wusste nie, wann einer kam. Man muss Sie nehmen, wie sie kommen. Vor allem in der momentan vorherrschenden brisanten Lage.
Sie hatte den vorläufigen Bericht von Doktor Keira O`Connor gelesen. Als Sharon sich ihren Lebenslauf durchließ, fand sie die Frau recht jung für einen Doktortitel der Wissenschaften. Sie hatte in Raumanomalie Wissenschaften promoviert. Ihre Beurteilungen konnte man getrost als sehr gut bezeichnen.
Laut ihrem Bericht (wenn auch nur vorläufig) schien es sich bei der Raumanomalie im Silaa Home System um ein Wurmloch zuhandeln, das bisher nicht katalogisiert werden konnte. Nichtsdestotrotz schien sich die allgemeine These, seit der Entdeckung, zu bewahrheiten. Im Silaa Sternensystem gab es ein Wurmloch.
Im Zuge dessen hatte Sie auch den Einschätzungsbericht der Sicherheitslage gelesen. Noch konnte niemand sagen wie sich das Wurmloch, sollte es je für den Raumverkehr freigegeben werden, auf die schwierige Sicherheitslage der Region auswirkte. Die Regierung der Tanis-Sions Republik hatte schon geschwächt ihr Amt angetreten. Daran änderte sich bisher auch nichts. Andererseits hatte sich durch die Politik der heutigen Regierung die Lage in der Region geglättet.
Was die Einheiten des Sicherheitsrats nicht davon abhielt, weiter entlang der Sicherheitszone zu patrouillieren und darauf zu achten dass das Kriegswaffenkontrollabkommen des Sicherheitsrats eingehalten wurde. Zu diesem Zweck durften und konnten Flotteneinheiten Durchsuchungen an Bord der Raumfrachter und Transportschiffe vornehmen. Das hatte die oppositionellen Familiäros zu Hetzkampagnen bei der eigenen Bevölkerung und ihren befreundeten Sternennationen veranlasst.
Dem Bericht ihres Generalstabs nach musste die Flotten- und Bodenpräsenz verstärkt, bzw. gefestigt werden. Zu diesem Zweck gab es Pläne die Picard Station innerhalb der vorhandenen Möglichkeiten festungsähnlich instand zusetzen. Außerdem sollte Silaa einen permanenten kampfstarken Wachverband erhalten. Genau wie E’an. Insgesamt sollten beide Wachverbände eine Flotte ergeben. Unter den gegebenen Umständen konnte die Vereinte Terra-Gvan Flotte keine separaten Flottenverbände für E’an und Silaa abstellen. Dazu verfügte man einfach nicht über die nötigen Einheiten. Zurzeit jedenfalls nicht.
Schuld daran trug die Vorgängerregierung. Deren Modernisierungskonzept sorgte dafür, dass die Flottenstärke soweit untergefahren wurde, wie noch nie in ihrer bisherigen Geschichte. Die Auswirkungen hatten ein schreckliches Szenario zur Folge. In einem Krieg, wie den Letzten gegen das cjranische Reich (oder einem fiktiven gegen das Sternenreich Oclean) waren Sie von Anfang an in der Defensive. Spielte der Feind (wer auch immer es war) seine Karten richtig aus, konnte er bis ins Kernland der Union vordringen und bei einem entsprechendem Einsatz an Einheiten sogar einen direkten Angriff auf Terra-Gvan Stern durchführen.
Ohne die Mithilfe ihrer Verbündeten stand die Union am Rande einer Niederlage. Dieses Szenario erschütterte Sie damals zutiefst. Umso wichtiger war es die Flotte und das Marine Corp wieder unter Sollstärke zubringen. Das jedoch war eine andere Baustelle, über die Sharon nicht weiter nachzudenken gedachte.
Ihre Regierung hatte nicht vor von den gemachten Zusagen gegenüber Silaa und E’an abzurücken. Dafür stand außenpolitisch einfach zu viel auf dem Spiel. Es machte die innenpolitische Lage aber nicht einfacher. Die Opposition warf ihr vor mit dem Flotteninstandsetzungsprogramm den währenden Frieden zu gefährden, da durch die Aufstockung bei der Flotte und dem Marine Corp der Eindruck einer Mobilmachung entstand.
Was nicht ganz von der Hand zuweisen war, andererseits, wenn ihre Feinde wussten, mit welcher Stärkezahl Sie operierten, würden Sie eine Kriegserklärung nach der Anderen zugeschickt bekommen.
Das Wurmloch war da keine Hilfe. Sie mussten die Pläne zur Stärkung der Systemverteidigung umsetzen, daran führte kein Weg vorbei. Man war eine Pflicht eingegangen. Woran sich die Hard-Regierung hielt. Komme, was da wolle!
Die wirtschaftlichen Vorteile, sofern es für den Raumverkehr freigegeben wurde, machten die Anstrengung, intensiven Kosten und die Innen- wie Außenpolitischen Reibereien mehr als wett. Ein Wurmloch, so sagte ein angesehener Wirtschaftsprofessor einer renommierten Hochschule, ist sprichwörtlich eine Gelddruckmaschine.
Sharon hielt die Arme locker hinter ihrem Rücken, die Hände ineinander geflochten, schaute hinaus und dachte weiter über alles nach. Entscheidungen mussten getroffen werden, daran führte kein Weg vorbei. Sie wog stets nach besten Wissen und Gewissen ab, bildete sich eine Meinung und fasste darauf fußend einen Entschluss. Die möglichen Folgen konnte Sie lediglich erahnen oder versuchen zu ergründen. Dafür standen ihr alle behördlichen Quellen zur Verfügung. Sie neigte nicht zu Schnellschüssen wie ihr Vorgänger oder sein Stab.
Sie schob ihre Überlegungen beiseite, schaute hinaus und genoss die freie Zeit. Denn irgendwie hatte die Präsidentin das Gefühl soviel freie Zeit würde Sie für eine Weile nicht mehr bekommen.

***
Felixx war sich darüber im Klaren, das ihn viele für einen Spion hielten und das sein Atelier ihm als Tarnung diente. In seiner Vergangenheit traf das auch zu. Als die Republik Silaa besetzte gehörte er zum Kader der Staatssicherheit, deren Aufgabe war feindliche Subjekte (Widerständler und dergleichen) ausfindig zumachen und gegebenenfalls auszuschalten. Damals konnte man ihn durchaus als Loyalisten bezeichnen.
In gewisserweise hatte sich daran bis heute nichts geändert. Bloß gehörte er jetzt nicht mehr zur Staatssicherheit. Heute gehörte er zum illustren Kreis die von den Familiäros als Staatsfeinde betrachtet wurden. Sie hatten sogar in der Anfangszeit nach dem Abzug ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. In der turbulenten Übergangsphase konnte er die Versuche jener Elemente, die das Kopfgeld kassieren wollten, zweimal abwehren. Als sich der Staub legte, schickte er eine eindeutige Botschaft nach Hause. Das Kopfgeld war bis auf weiteres ausgesetzt worden.
Bis jetzt!
Mithilfe des Angebots der Menschenfrau konnte Felixx als Held in die Republik zurückkehren. Auf der anderen Seite der Medaille konnte er nie wieder nach Hause zurückkehren. Wie wohl jede Frau und Mann der nicht in seiner Heimat Zuhause war, überkam ihm an manchen Tagen Heimweh. Er glaubte sich mit seiner Situation abgefunden zuhaben, doch das Angebot der Frau machte deutlich das dem nicht so wahr. Daher fiel es ihm auch so schwer eine Entscheidung zutreffen, obgleich Felixx insgeheim wusste, gar keine andere Wahl zuhaben.
Seine Kontakte in die Heimat konnte man getrost als dürftig bezeichnen. Nicht viele hielten mit einem gebrandmarkten Verräter Kontakt. So was konnte für einen unangenehme Folgen haben. Dennoch besaß er die eine oder andere Quelle bei der er einen Gefallen oder eine Schuld einlöste.
Was er durch Sie erfuhr, bekräftigte seine Annahme. Die amtierende Regierung der Tanis-Sions Republik stand vor dem Aus. Ein Bündnis der Konservativen, den Nationalisten und Hardlinern innerhalb der Familien stand kurz vor einem Regierungssturz. Die Regierung war einfach zu schwach gewesen, hatte dafür beachtliches geleistet und damit ihr frühzeitiges Ende herbeigeführt. Seine Hoffnung und die der Minderheit aus Freiheitlern, Liberalen und Demokraten innerhalb der Familien hatten nie eine Überlebenschance gehabt.
Konnte da das Angebot der Menschenfrau wirklich etwas ändern!? Alleine die Vorstellung lockte ihn mehr als ihm lieb war. Was geschah, wenn er es annahm? Er mochte als Held zurückkehren, doch zu welchem Preis? So sehr Felixx sich Stabilität und eine echte Chance für seine Heimat wünschte, konnte und wollte er jenen heldenhaften Weg nicht beschreiten. Egal was der Preis war, er wäre einfach zu hoch.
Sein Entschluss stand fest. Auch wenn er dafür nie wieder nach Hause zurückkehren konnte, so war das eben so.
Er schaute in den Gang.
Commander Kasparow verließ die Kabine vom Turbolift, knöpfte die Uniformjacke auf, konzentrierte sich auf das Datenpad in seiner Hand.
Es war spät. Eigentlich hatte Felixx schon vor Stunden mit ihm gerechnet. Das der Mann erst jetzt aufkreuzte musste wohl mit dem Besuch der Präsidentin zusammenhängen. Die Gerüchteküche auf der Station hörte nicht mehr auf zubrodeln. Und selbst Felixx hatte davon gehört. Vermutlich ließ ihn der Colonel deshalb rund um die Uhr beschatten. Für den Fall, dass er ein Attentat versuchte. Wozu er durchaus in der Lage war, aber nichts lag ihm ferner.
Die Entschlossenheit hatte nichts von der Festigkeit verloren. Andernfalls hätte er es sich noch mal überlegt. So hingegen trat er aus dem Quergang, ging dem Stationskommandeur entgegen.
„Commander Kasparow!“
„Meine Güte!“, entfuhr es den Mann. Seine Reaktion war flinker als er sie ihm zugetraut hatte. Die Hand war zum Pulser geschossen, hatte die Energiewaffe umschlossen aber nicht gezogen, als er erkannte, wer ihm so einen Schrecken einjagte. „Gottverdammt! Ich hätte Sie beinahe über den Haufen geschossen.“ Worüber der Colonel wohl nicht allzu unglücklich wäre.
„Tut mir Leid, das ich Sie so überfalle, Commander.“, entschuldigte sich Felixx offen. Eine Sekunde verstrich, bevor er weitersprach. Seine Hände hielt er sichtbar vom Körper weg. „Es ist jedoch wichtig.“ Der Nachdruck in seiner Stimme war wohldossiert.
Kasparow schaute ihn einige Sekunden an. Unentschlossenheit spiegelte sich in den Augen des Menschen wieder. Was Felixx ihm nicht verdenken konnte. Schließlich war sein Ruf nicht unbedingt die beste Visitenkarte. Seine Hand entspannte sich, blieb aber auf dem Pulser. Weitere Sekunden verstrichen. Dann nickte Kasparow.
Sie traten in sein Quartier ein. „Um was geht es?“ Der Mensch kam gleich zum Punkt.
Felixx zögerte nicht aus Unentschlossenheit. Er wog ab wie und wo er anfangen sollte. Es dauerte keine 2 Sekunden.

***
Der bevorstehende Besuch der Unioner Präsidentin spannte Colonel Roman voll und ganz ein, als wäre die Stationssicherheit ein halbtags Job. Um die laufende Stationssicherheit kümmerte sich sein Stellvertreter. Morgen Mittag sollte das Vorauskommando vom President Secret Service (PSS) auf der Station eintreffen. Mit dem Leiter der Sicherheitsmannschaft der Präsidentin würde er die Sicherheitsmaßnahmen während ihres Besuchs besprechen und koordinieren. Dafür hatte er im Vorfeld ein Konzept erarbeitet, das es bei der Besprechung abzuarbeiten galt.
Ding! Ding! Roman schaute zur altmodischen Standuhr, als der Türsummer ertönte. Es war 3 Uhr 34 in der Nacht. Eigentlich hatte er vorgehabt sich schlafen zulegen, den selbst er brauchte etwas schlaf.
„Ja?“
„Colonel. Tut mir leid, sie zu so später Stunde noch zu stören“, entschuldigte sich die Stimme vom Commander. Roman schaltete das Sicherheitsdisplay an. Auf dem Schirm erschien das Bild der Sicherheitskamera über der Quartiertür. Vor der Tür stand der Commander. Nicht in Uniform, sondern in Zivil. „aber ich müsste…mich mit ihnen unterhalten.“ Er unterließ den Kommentar, ob das nicht Morgen warten konnte. Auch wenn der Mann in Zivil war, blieb er doch der Stationskommandeur.
„Treten Sie ein, Commander.“ Per Eingabe deaktivierte er das Schloss und die Tür glitt beiseite.
Kasparow sah nicht gerade frisch aus. Hundemüde traf es besser. Vermutlich machte er keinen besseren Eindruck! „Möchten Sie was trinken?“, bot Roman ihm an.
Sein Vorgesetzter dachte einen Moment darüber nach. „Vielleicht später.“
Mit einer Geste bat er den Menschen sich zu setzen. „Um was geht es, Commander?“
Bei der Frage verzog Kasparow spöttisch seinen Mund. Sein Sicherheitschef konnte ja nicht wissen, dass er die Frage heute Nacht auch schon gestellt hatte. Wie sich die Dinge wiederholen! Die Belustigung darüber wehrte nur kurz. Wo sollte er anfangen?
„Was wissen Sie über die Prophetin der Götter?“
Trotz der Müdigkeit war er recht überrascht über die Frage. Sie irritierte ihn auch. Damit hatte er nämlich nun gar nicht gerechnet. Ein Moment verstrich. „Ehrlich gesagt nicht allzu viel. Ich bin nicht gerade einer der frommsten Silaaner.“, gestand er aufrichtig. Ein Anflug von Enttäuschung spiegelte sich für den Bruchteil einer Sekunde auf Kasparow’s Gesicht wider. „Major Lorana ist da besser geeignet ihre Frage zu ihrer Zufriedenheit zu beantworten.“
„Verstehe.“ Der Mann lehnte sich zurück und schaute zur Decke. Augenblicke der Stille verstrichen. Dann löste der Commander seinen Blick. „Darf ich?“ Er deutete auf das holografische Eingabefeld vom Glastisch, der zwischen ihnen stand.
Roman nickte.
Daraufhin holte Kasparow einen Speicherkristall aus der Hosentasche, schob ihn in das Lesegerät. Ein holografisches Fenster baute sich über dem Couchtisch auf. Es hing in der Luft. Er gab was ins Eingabefeld ein, woraufhin die Daten vom Speicherkristall decodiert wurden. Die Prozedur dauerte keine 3 Sekunden. Die Darstellung änderte sich und Kasparow machte eine weitere Eingabe. Ein zweites Fenster öffnete sich, während das Andere in den Hintergrund trat.
Indem neuen Fenster wurden Zeichnungen dargestellt. Insgesamt 6 Stück. Nach einer Weile blätterte in der interaktiven Darstellungsleiste zur nächsten Zeichnung. Gute 10 Minuten schaute Roman Sie sich an. Der Unglaube über das Gesehene war deutlich zusehen.
„Woher haben Sie sie?“
„Die ehrenwerte Regentin hat mir die Originale gezeigt.“ Wenn es seinen Sicherheitschef überraschte, dann zeigte er es nicht. „Anscheinend weiß Sie schon eine Weile darüber bescheid.“, sagte Kasparow und nickte in Richtung Zeichnungen. „Deshalb sorgte Sie dafür das ich das Stationskommando erhalte.“ Jetzt hob der Silaaner eine Augenbraue. Sein Gegenüber zuckte mit der Schulter. „Was längst nicht alles war.“ Die Müdigkeit war längst verflogen. „Die Zeichnungen wurden vor 7000 Jahren von der Prophetin der Götter gemacht, bevor das Wurmloch verschwand und kurz danach.“ Roman hatte von der Prophetin der Götter gehört. Mehr aber nicht. Die Mythen, Geschichten und Legenden drum herum interessierten ihn einfach nicht. Sein Hauptaugenmerk lag darauf die Familiäros zu bekämpfen. Da blieb nicht viel Zeit sich mit der Mythologie seines Volkes zu befassen. „Außerdem scheint ungefähr zur selben Zeit, als das Wurm… das Auge der Götter“ Da sein Sicherheitschef Silaaner war, hielt es Kasparow für besser deren Bezeichnung zu benutzen. Auch wenn der Mann zur protestantischen Sorte seines Volkes zählte. „verschwand, erschien am Himmel ein Feuerschweif.
Dabei handelte es sich um eine Sonde aus Unioner Produktion. Genauer gesagt ist es Flottengerät.“ Er glaubte Roman gehörte zu jenen Leuten auf der Raumstation, die er ohne Bedenken einweihen konnte, ja musste. „Ich habe mich umgehört und festgestellt das die Sonde eine weiterentwickelte Gerätschaft ist, die sich im Moment in der Erprobung befindet.“ Dabei war er sehr diskret und vorsichtig gewesen. Naja zumindest hoffte er das der Flottennachrichtendienst davon keinen Wind bekam. Andernfalls musste er Antworten auf unangenehme Fragen ersinnen. „Die Regentin gestattete mir die Kristallstäbe und Speicherplatinen der Sonde mitzunehmen. Bis jetzt konnte ich mich nicht ausgiebig damit befassen.“ Der Grund war Roman klar. Auch Kasparow wurde durch den bevorstehenden Besuch der Präsidentin in Anspruch genommen. Es gab viel zu regeln und zu arrangieren. Von der Sicherheit bis zur Unterbringung, vom Ankommen und der Abreise musste er über alles bescheid wissen.
„Konnten Sie einen Blick drauf werfen?“
„Leider ja.“ Er klang gar nicht erfreut. Es dauerte nicht lange den ersten Überblick zu erzählen, reichte aber aus um deutlich zu machen wie brisant die Daten zu seien schienen. Ganz zu schweigen davon, dass alles unter strengste Geheimhaltung stand. Als er endete, verstrichen einige Augenblicke.
„Jetzt kann ich einen Drink vertragen!“, meinte Roman und ging zur offenen Küche. Aus einem der Oberschränke holte er einen Scotch aus den Highlands von Silaa.
„Schenken Sie mir auch, einen ein.“
Er reichte seinem Kommandanten das Glas. Sie nahmen einen Schluck. „Dann lauerte mir vor knapp einer Stunde Felixx auf, als ich zu meinem Quartier unterwegs war.“ Der Kopf vom Silaa ruckte hoch. Kasparow winkte ab. „Ich hätte ihn beinahe über den Haufen geschossen.“, versicherte er dem Sicherheitschef.
„Was wollte er?“ Roman beließ es bisher beim ersten Schluck.
Er nahm einen weiteren. „Reden.“
„Über was?“
„Miranda Holm!“
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-Zwei-

Irgendwie hatte er das Gefühl der Kragen würde ihm den Hals abschnüren. Hinzu kam, dass die Galauniform im Laufe der Jahre eingegangen sein musste. Beim Anziehen war es ihm jedenfalls so vor gekommen. Im Spiegel sah er hingegen keinen Unterschied zu früher. Abgesehen davon, dass er ein klein wenig von seiner sportlichen Figur eingebüßt hatte.
Kasparow zupfte am Kragen, um nicht zu ersticken. Die Wahrheit verdrängte er. In den vergangenen Jahren hatte er seine sportlichen Aktivitäten auf ein Minimum heruntergefahren, weil ihm einerseits die Zeit fehlte und auch die Lust. Alkohol. Drogen. Frauen, standen auf seiner Prioritätenliste weitaus höher als Sport zutreiben.
Zum Glück kam es nicht jede Woche vor das ein Staatsoberhaupt wie die Präsidentin der Union der Raumstation Picard im Silaa Sternensystem ein Besuch abstattete. Für den Fall der Fälle würde er die Uniform zu einem Schneider bringen, um sie kaum nennenswert anzupassen.
Wie bei offiziellen Empfängen üblich, war der gesamte Kommandostab des besuchten Ortes (wenn es sich um einen militärischen Ort handelte) in Galauniform angetreten. Zusätzlich dazu waren die Würdenträger des jeweiligen Sternensystems anwesend. Hinzu kamen die uniformierten und zivilen Sicherheitsleute. Knapp 100 Leute hielten sich somit im Empfangsbereich vom VIP-Terminal auf.
Die Schleuse öffnete sich. Eine Wand aus 5 Agenten vom President Secret Service kam zum Vorschein. Unter ihren Anzügen trugen die Männer und Frauen Panzerwesten. In ihren Ohren befanden sich Mikroempfänger zur Kommunikation. Unter den Jacketts trugen die Leibwächter ihre Handenergiewaffen. Im Bruchteil einer Sekunde waren Sie in der Lage die Pulser zuziehen und einzusetzen, sollte die Bedrohungslage es erfordern. Die Agenten traten vor, lösten sich auf, bildeten eine Fächerformation.
Hinter ihnen kamen Präsidentin Sharon Hard und ihr Stab sowie ein weiteres Dutzend Leibwächter. Bisher kannte Kasparow seine Oberbefehlshaberin nur aus dem Network Übertragungen, persönlich war er ihr noch nie begegnet. Sie war eine herzlich aufgeweckte Person, was ihr ihre politischen Gegner oft zum Vorwurf machten. Eine sympathische Politikerin, deren Beliebtheitswerte kein Amtsträger vor ihr erreichte, lediglich Präsident Enrico Gomez`s Werte kamen in diese Nähe.
Der Kanzler und der Forumsvorsitzende kamen der Präsidentin entgegen. Sie begrüßten einander, tauschten die üblichen Willkommens Floskeln aus, lächelten für die ausgewählten Pressevertreter in die Schwebekameras und HD-Linsen. Anschließend stellten die Silaaner die weiteren Würdenträger vor. Gefühlte 30 Minuten lang dauerte die obligatorische Prozedur, die das diplomatische Protokoll verlangte, bis Sie bei ihm ankamen.
„Das, Frau Präsident,“, fuhr der Kanzler fort. „ist Commander Kasparow, der Stationskommandeur.“
„Madame President.“ Er salutierte.
Sie musterte ihn, zögerte nicht und erwiderte den Militärgruß. „Commander. Es ist mir eine Freude Sie kennenzulernen.“
Eine weitere Floskel! Er konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen. Vermutlich war ihr der Satz so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass es für einen Betreffenden schwer war, herauszufinden, ob es eine Floskel war oder nicht. Ihre offene ruhige Mimik hingegen wirkte nicht aufgesetzt.
„Ganz meinerseits, Ma’am.“
Ihre Mundwinkel zuckten. „Wenn es ihnen nichts ausmacht, Kanzler, fände ich es angemessen, wenn der Commander mir seinen Stab vorstellt.“ Ein Protokollbruch der den Verantwortlichen wohl die Schweißperlen auf die Stirn trieb.
Der Kanzler neigte den Kopf zu einem Nicken. „Natürlich, Madame President.“ Er klang gar nicht so unglücklich! Der Silaaner trat zur Seite.
Etwas unbehaglich fühlte sich Kasparow schon, als er dessen Platz einnahm. Der Kragen schien sich noch enger um seinen Hals zuziehen. „Madame President. Das ist Major Lorana. Mein Erster Offizier und Verbindungsoffizier zur silaanischen Regierung.“
„Major!“
„Madame President.“
Nach dem Händeschütteln ging es weiter zum Nächsten. Eine gefühlte Ewigkeit schien es zu dauern und es kam ihm so vor als hätte sich sein Kommandostab zur doppelten Größe aufgebläht, als er jeden vorstellte.

***
Ihr Quartier an Bord der Raumstation war nicht mit einer Luxussuite zuvergleichen. Dennoch war Sie geräumig und mit allem nötigen ausgestattet. Sharon fühlte sich wohl, was nicht unbedingt mit den Sicherheitsmaßnahmen zu tun hatte. Als oberste Staatschefin reiste man viel, bekam einiges zusehen und verbrachte seine Nächte in fremden Betten. Daran gewöhnte man sich. Das wohlfühl Gefühl hingegen bekam man nicht überall.
Sie fühlte sich einwenig matt. Diese offiziellen Empfänge konnten einen ermüden. Sharon legte das Pad beiseite. Als die Prozedur offiziell als beendet galt, suchte Sie ihr Quartier auf um etwas Ruhe zu finden und sich auf den neusten Stand der Geschehnisse bringen zulassen. Zu diesem Zweck hielt Sie eine Holokonferenz mit ihrem Kabinett ab. 30 Minuten lang dauerte die Sitzung. Danach kümmerte Sie sich um den Papierkram, der trotz ihrer Abwesenheit im President House seinen Weg in ihr Postfach fand.
Sharon stand von der Couch auf, trat vor das Panoramafenster und schaute hinaus. Morgen Vormittag würde Sie nach Silaa aufbrechen. Dort würde Sie der Kanzler zusammen mit dem Forumsvorsitzenden und wichtige Politische Vertreter treffen. Bei der anschließenden Besprechung sprach man unter anderem über die Sicherheitslage und die Konsequenzen der Wurmlochentdeckung. Nach dem Mittagessen traf Sie sich mit dem Botschafter der Union und Vertretern der Unioner Wirtschaft. Der abschließende Tagestermin war ein Besuch der Gedenkstätte des Widerstands während der Besatzung. Sie würde sich mit Überlebenden und Familienangehörigen der Opfer treffen. Danach, so der Terminplan, ging es per Fluglimousine zu ihrer planetaren Unterkunft, wo Sie die Nacht verbringen würde.
Alles war minutiös von ihrem Stab ausgearbeitet worden. Glücklicherweise hatte der Terminstab, der für die Planungen verantwortlich war, den Tag nicht allzu sehr vollgestopft. Zwar bekam Sharon stets eine Kopie ihres Terminplans aber absegnen tat ihn ihr Stabschef und nicht der (oder die) Präsident(in). Ein Stabschef konnte einem das Leben zur Hölle machen. Ihr Spiegelbild schmunzelte.
Sie wandte sich ab. Sharon hatte sich damit abgefunden das ihr Tagesablauf Weites gehend von anderen geplant wurde. Damit konnte man sich arrangieren. Außerdem wusste Sie vorher, worauf Sie sich einließ, als sie zur Wahl antrat. Das Sie jedoch gewann überraschte Sharon noch heute.
Sharon betätigte ihr Com auf dem Couchtisch.
„Was kann ich für Sie tun, Ma’am?“ Ertönte es umgehend aus dem Gerät. Sie erkannte die Stimme. Torres war die diensthabende Agentin.
„Richten Sie Oliver aus das Ich ihn sprechen möchte.“
Vermutlich schaute die gvanische Agentin in diesem Moment auf ihren Chronometer. „Natürlich.“ Die Com Verbindung war geschlossen.

***
Oliver hieß mit vollständigen Namen Oliver Fitzgerald. Er war der Chef ihrer persönlichen Leibwache und reiste stets mit, wenn die Präsidentin Terra verließ. Genauso wie jeder Agent der persönlichen Leibwache.
Der ehemalige Speedball Spieler hatte wie viele beim President Secret Service im Marine Corp gedient. Er bewarb sich zum Auswahltest beim PSS. Der Test bestand aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Jene die bestanden mussten abschließend eine medizinische Untersuchung überstehen. Dazu gehörte auch eine physiologische Prüfung. Überstand man diese letzte Hürde kam man ins Ausbildungsprogramm. Das Ausbildungsprofil galt als ebenso hart und schwer wie bei den Special Forces.
Mit einer Anstecknadel mit dem Emblem des Präsidenten hatte man die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Man konnte von Glück sagen wenn man den (oder die) Präsidenten(in) überhaupt zu Gesicht bekam. So erging es jedem Agenten, da war Oliver keine Ausnahme.
„Bei allem schuldigen Respekt, Madame President. Ich halte das für keine gute Idee.“ Sein rauer Akzent machte deutlich, woher er kam. Geboren war der Hüne als viertes Kind seiner Eltern auf dem Planeten Neu Ulm, in der Stadt Sambia.
Sharon hatte nichts anderes erwartet. Das Gegenteil hätte Sie mehr überrascht als ihr Wahlsieg. „Das ist natürlich ihr gutes Recht, Oliver. Ich habe aber nicht um ihre Erlaubnis gebeten.“ Sie klang keineswegs herablassend. Sondern war ruhig und gelassen. Diese Diskussionen führten Sie schon seit dem ersten Tag. Wie Sharon von Präsidenten Yokohama wusste, führte das jeder Präsident mit dem Chef seiner Leibwache. Sie schaute auf ihren Chronometer. „Ich werde“ Sharon überlegte kurz. „in 15 Minuten einen Spaziergang über das Promenadendeck machen.
Das sollte genügend Vorlaufzeit sein um ein entsprechendes Sicherheitskonzept auf die Beine zustellen.“
Nichts in seinem Gesicht zuckte. Seine kantigen Züge blieben regungslos. Doch wie seine Vorgänger (bei jedem neu gewählten Präsidenten wird ein neuer Chef der Leibwache ernannt) war er sehr unzugänglich für die Spontanität seiner Schutzperson. Dazu gehörte auch ein Spaziergang auf einem Promenadendeck, dem wohl meistbesuchten Ort der Raumstation. Ein Sammelbecken für mögliche Attentäter und ein Sicherheitsalbtraum. Vor allem wenn man nur eine Vorlaufzeit von 15 Minuten hatte.

***
Es bedurfter einer gehörigen Portion Selbstbeherrschung nicht zu lächeln, als Sharon zusammen mit Oliver und 5 Leibwächtern in der Turboliftkabine stand. Sie wusste um die Wichtigkeit der Sicherheit. Es gab in der Weite der bekannten Galaxie Elemente die ihr liebend gern einen Pulserbolzen zwischen die Augen schießen wollten. Das lag nicht unbedingt an ihrer Person, sondern viel mehr an dem Amt das Sie bekleidete. Umso wichtiger war daher ihre Sicherheit. Damit musste jeder Präsident leben.
Dennoch war Sie nicht gewillt sich zu verstecken nur, weil jemand ihren Tod wollte. Genau zu diesem Zweck gab es den President Secret Service, damit sich die Schutzperson frei bewegen konnte, sofern es gewollt wurde. Natürlich gab es Grenzen und ab da war es vollkommen egal ob man das Staatsoberhaupt war oder nicht. War die Sicherheit in erhöhtem Maße gewährtet, war selbst ein(e) Präsident(in) gegenüber seiner Leibwache machtlos.
Dessen war sich Sharon bewusst. Sie hatte auch stets ein schlechtes Gewissen wenn Sie die Leibwächter in eine unüberschaubare Lage brachte. Zum Glück kam das nicht häufig vor. Außerdem bezweifelte Sie das ihre Sicherheit auf Picard Station gefährdeter war als anders wo.
Als sich die Kabinentür öffnete, hatte Sharon trotz allem kurzzeitig ein mulmiges Gefühl in der Magengrube. Doch mit dem ersten Schritt war es in der Regel verschwunden, so wie jetzt auch. Auf dem Promenadendeck war das Nachtleben eingekehrt. Wie auf einem Planeten war es dunkel. So wurde auf Raumstationen und Raumschiffen die Nacht simuliert. Bunte Lichtreklame. Lichtsummer. Spots. Sorgten für die Beleuchtung auf dem Promenadendeck.
Eigentlich unterschied sich der Ort hier nicht so sehr von den Vergnügungsmeilen und dergleichen auf den unzähligen bewohnten Planeten der Galaxie. Ein Umstand der Sharon einmal mehr zeigte, dass Sie nicht so verschieden sind, wie manch einer behauptete. Unterschiede gab es, das lag nun mal in der Philosophie der Natur.
Anfangs wurde ihre Anwesenheit kaum oder gar nicht zu Kenntnis genommen. Dann sah der eine oder andere genauer hin, was mitunter auch an ihren unübersehbaren Leibwächtern lag. Zu erst erkannten Sie die Menschen, Gvaner und Mischlinge die im Nachtleben des Promenadendecks unterwegs waren.
Darauf folgten die anderen Rassen. Ungläubiges Staunen war die erste Reaktion. Manche mochten gewusst haben, dass die Präsidentin der Union an Bord war, hätten aber wohl nicht geglaubt Ihr beim Besuch des Promenadendecks zubegegnen. Manche interessierte es. Andere wiederum nicht.

***
Diese Treffen waren für sein labiles Nervenkostüm nicht gerade förderlich. Panikattacken. Übelkeit. Schwindel. Oder lag es an der Sache, weswegen man sich traf! Im Geheimen! Vermutlich. Angesicht der Möglichkeit wegen Hochverrat hingerichtet zu werden, sollten die falschen Leute auch nur die geringste Ahnung haben, worum es bei dem Treffen ging. Eine neue Welle Übelkeit überkam ihn.
Ruhig. Atmen. Entspann dich. Leichter gesagt als getan wenn die Konsequenzen im Hinterstübchen umherschwirrten.
„Haben Sie unser Angebot unterbreitet?“
Als hätte er einen Stromschlag bekommen zuckte er beim Klang der Stimme zusammen. Probt verschwand die Panik, Übelkeit und der Schwindel. An deren Stelle trat blanke Furcht. Wie beim ersten Aufeinandertreffen. Die Frau hatte in ihm eine nie da gewesene Angst ausgelöst wie niemand zuvor oder danach.
Er nickte abgehackt, vermied den Blickkontakt und schaute sich um. Die Treffen fanden ihrerseits unter strengster Geheimhaltung statt. Außer ihm wusste keiner wann, wo und wie sie sich trafen. Was nicht hieß, dass man ihn nicht beschatten ließ. Dafür hingegen waren Vorkehrungen getroffen worden.
„Wir wollen Garantien.“ Seine Stimme zitterte wie ein Lämmerschwanz. In der Gegenwart der Frau war er nur noch ein Wrack. Die Angst packte nach ihm, als ihre eiskalten Augen sich auf ihn richteten.
„Welcher Art?“ Die Finsternis war bei Weitem nicht so dunkel wie ihre Stimme.
Mit zitternder Hand zog er ein Pad hervor, hielt es ihr hin und sie nahm es. Froh das sich ihre Augen auf etwas anderes richteten, schaute er sich, in der Hoffnung etwas auszumachen, um das Treffen vorzeitig zu beenden. Zu seinem Leidwesen war da nichts außer dem schneidigen Wind.
„Einverstanden.“
Ihm gefror das Blut zu Eis. Sein ganzer Körper erstarrte in diesem Augenblick. Sie hatte zugestimmt. Die Augen der Menschenfrau waren so leidenschaftslos wie seit dem ersten Sondierungstreffen. Ungläubig nahm er das Pad zurück, schaute aufs Display und las die Bestätigung.
„Willkommen im Bündnis.“
Wenn seine Körperfunktionen nicht gelähmt gewesen wären, hätte er sich spätestens jetzt übergeben.
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-Drei-

Entlang der Grenze der Sternenrepublik Tanis-Sions erstreckte sich die vom Galaktischen Sicherheitsrat festgelegte Sicherheits- und Kontrollzone. Sie war eingerichtet worden um das Technologie- und Kriegsgerätembargo durchzusetzen. In der Zone durften die Kampfschiffe der Friedenstruppe jedes Raumschiff anhalten und durchsuchen. So wollte man den Schmuggel, den jedes Embargo mit sich brachte, eindämmen.
Der Schwere Kreuzer RFA Ilai unter dem Kommando von Captain Troi hatte die wöchentliche Patrouillenfahrt entlang der Zone zusammen mit dem 44. Kampfgeschwader vom 11. Kampfverband des Sicherheitsrat (bzw. deren Mitglieder) erhalten. Troi, Aquianer, hatte das Geschwaderkommando.
Vor 9 Monaten hatte der Teilverband der Royal Fleet of Aquian dem der Schwere Kreuzer RFA Ilai angehörte den bisherigen Verband in der Friedenstruppe abgelöst. Wenn sich Troi also nicht gravierend verrechnet hatte, würde in 1 Monat ihre Ablösung eintreffen. Worüber er nicht unglücklich war. Raumfrachter zu durchsuchen, Schmuggelware zu konfiszieren und die Mannschaft festzunehmen gehörte nicht gerade zu den Aufgaben, weswegen er sich vor Jahren entschloss, der Flotten beizutreten. Man konnte sich aber nicht auszusuchen, wohin das Oberkommando einen schickte. Also blieb Ihnen nichts anderes übrig als genau das zutun, was ihre Aufgabe in jenem Teil der Galaxie war.
„Sir. Man antwortete nicht auf unsere Rufe.“, informierte ihn der Crewmen an der Com-Station.
Die Neuigkeit überraschte Troi längst nicht mehr. Eine Vielzahl von den Raumfrachterkommandanten, die in der Zone oder außerhalb unterwegs waren, ignorierten die Rufe der Patrouillenschiffe. Obgleich die dicken Pötte einem Kampfschiff, wie einem Schweren Kreuzer, auf dieser Entfernung nicht entkommen konnten. Man hätte den Konvoi erreicht, bevor er die Grenze überquerte. Dahinter endete nämlich der Einflussbereich der Friedenstruppe.
„Captain. Wir haben neue Sensorwerte.“
Troi bekam die neuen Daten vom Lieutenant der Sensor-Station auf sein TD überspielt. Die Werte im Plot wichen den Schätzwerten, als man den Konvoi entdeckte. Er bestand 14 Raumfrachtern mit einem Mindestwert von 4,7 Megatonnen. Raumfrachter in diesem Bereich konnten ne Menge Zeug verschiffen. Bei 14 Stück machte das 65,8 Megatonnen alleine an Frachtgütern. Eine beachtliche Zahl für diese Region der Galaxie. Seine Augen zuckten, als er die ID-Kennung der Raumfrachter las. Sie gehörten zur Handelsflotte des Sternenreichs Oclean.
Ein wenig Interessanter wurden die Daten beim Geleitschutz, wenn man das so nennen konnte, was die Diplomaten sicherlich täten. Der Schutzverband, der den Konvoi eskortierte, bestand aus 6 Kreuzern, 3 Schlachtschiffen und 1 Megaträger. Die kleineren Signaturen auf dem Taktik Display stammten von Raumjägern. 25 von Ihnen schwirrten in unmittelbarer Nähe vom Konvoi umher. Das machte 5 Staffeln a 5 Raumjäger. Ein Megaträger der festgestellten Größe bot bis zu 1000 Raumjäger Platz. Eine minimale Schätzung.
Bisher machte weder der Konvoi noch der Geleitschutz Anstalten seiner Aufforderung den Antrieb auf Null zufahren, um durchsucht zu werden. In diesem Fall gab es mehrere Optionen, die einem zur Verfügung standen.
„Com. Richten Sie unseren ocleanischen Freunden aus, das Sie nach Übereinstimmung der Sicherheitscharta unseren Anweisungen Folge zuleisten haben. Anderfalls sehen wir uns gezwungen Maßnahmen zur Durchsetzung zu ergreifen.“
„Aye.“
Das Sternenreich und Aquian waren alles andere als Freunde. Man pflegte eine erbitterte Feindschaft, die allen Friedensbemühungen zum Trotz bestand hatte. Schon seit Jahrzehnten sorgten in der Regel Grenzstreitigkeiten dafür das man die Feindschaft hegte und pflegte. Keine der Sternennationen war zu Zugeständnissen bereit, egal welcher Art. Ein Konflikt, der sich so schnell nicht aus der Welt schaffen ließ.
„Sir!“
„Ich sehe es.“ Ganz unerwartet kam die Reaktion nicht. Statt seiner Aufforderung nachzukommen, beschloss man auf der Gegenseite auf die Provokation zu reagieren. Kein Raumfrachter beider Sternennationen ließe sich von dem jeweils anderen so ohne weiteres Aufbringen. Eher sprengte man den Pott in die Luft.
Drei Kreuzer und ein Schlachtschiff drehten bei und gingen auf Abfangkurs. Der Megaträger spuckte eine Vielzahl von kleinen Signaturen aus. Weitere 500 Raumjäger waren gestartet und bildeten einen Schutzwall um den Konvoi. Außerdem hatten die verbliebenen Kampfschiffe ihre Eloka angeworfen, was die Sensorendaten verzerrte.
„Da ist jemand auf Krawall aus.“, meinte sein Erster Offizier.
„Dann wollen wir Sie nicht enttäuschen.“, entgegnete Troi düster.
„Aye. Gefechtsalarm!“ Auf die Meldung vom EO hin schrillte umgehend der Gefechtsalarm durchs Schiff, ebenso auf den Kampfschiffen des Geschwaders.

***
„Wie sicher sind die Informationen?“ Die Härte in Kasparow’s Stimme rührte nicht von der Anwesenheit des Gegenübers her. Jedenfalls nicht ganz.
Felixx schaute ihn starr an. „Ich verfüge zwar nicht mehr über viele Quellen in der Republik.“, gestand der Tanianer offen. „Bisher hatte ich keinen Grund an den Informationen zu zweifeln, die ich bekam.“
„Um wen handelt es sich?“, forderte Colonel Roman unnachgiebig.
Die Blicke zwischen Männern waren mehr als deutlich. Sie hatten nur wenig Sympathie für einander übrig. Bei der Vergangenheit kein Wunder.
Kasparow konnte Roman’s Groll gegenüber Felixx verstehen, auch wenn die Akte des Tanianers mehr als dürftig ausfiel. Seine Vergangenheit während der Besatzung war ein offenes Buch. Einmal mehr fragte er sich, wieso die Silaaner ihm trotz allem gestatteten, auf der Station zubleiben. Sie hätten ihn ohne Probleme Ausweisen können.
Das Felixx seine Quelle nicht nannte entspannte die verfahrende Situation zwischen den Männern nicht. Andererseits war es verständlich das er seine Quelle nicht preisgab. Schließlich konnte sich nicht sagen lassen, inwieweit man noch eine Verwendung für Sie fand. Eine geschützte Quelle war mehr Wert, als eine die offengelegt wurde. Auch wenn das Ganze wie aus einem billigen Spionageroman oder B-Holofilm wirkte.
Die Information, die Felixx ihnen mitteilte, war besorgniserregend. Stimmte Sie, wovon Kasparow im Moment jedenfalls ausging, dann hatte sich die Sicherheitslage deutlich verschlechtert. Bevor er zum nächsten Gedanken kam, piepte sein Com aufdringlich wie immer.
„Ja!“
„Commander. Das sollten Sie sich ansehen. Auf Kanal 7.“
Er schaltete das Network an, wählte Kanal 7 aus. Er gehörte zu den meistgesehenen Networkkanälen in der Union. Auf dem Flachbildschirm erschien das Sendebild aus dem Nachrichtenstudio auf Gvan.
„… wie wir soeben über die Agenturen erfahren haben, haben die Republik Tanis-Sions und das Reich Oclean ein Bündnisabkommen geschlossen. Zu diesem Zweck hat das Reich Flotteneinheiten in die Republik entsandt.
Unbestätigten Meldungen zufolge fand ein Regierungssturz statt. Mitglieder der als gemäßigten geltenden Regierung wurden verhaftet oder unter Arrest gestellt. Bis auf Weiteres hat ein Rat der Familiäros die Amtsgewalt übernommen.
Eine Stellungnahme zu den Ereignissen vom Außenministerium oder dem President House bleibt bisher aus. Experten gehen davon aus, dass durch diese unerwartete Entwicklung sich die Sicherheitslage abrupt verschlechtert hat.“
Kasparow schloss die Augen. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr an der Glaubwürdigkeit von Felixx Quelle. Er hatte ihnen genau das berichtet. Die Familiäros waren ein Bündnis mit dem Sternenreich Oclean eingegangen. Eine Forderung der Familien war militärische Unterstützung um die Interessen der Republik zustützen. Was das bedeutete, war den Anwesenden klar.
Sie beanspruchten Silaa und E’an Stern für sich.
Durch das Bündnis war das Sternenreich verpflichtet ihnen bei der Durchsetzung des Anspruchs behilflich zu sein.
Hatte das die Prophetin der Götter gesehen! Die Rückkehr der Familien nach Silaa! Die Raumschiffe aus ihrer Zeichnung hingegen fanden sich nicht in der Flottendatenbank. Wem also gehörten Sie? Tief in ihm wollte er die Antwort gar nicht wissen.

***
Die Männer schwiegen einander an. Nicht weil Sie sich nichts zusagen hatten, sondern weil die Situation schon deutlich genug war.
In aller Eile hatte das Flottenkommando, auf Anweisung der Präsidentin, einen Flottenverband zusammengestellt und nach Silaa Stern entsandt. Das Kommando über die 51. Flotte bekam Admiral Zedek. Seine Befehle waren klar und deutlich formuliert worden. Die 51. Flotte sollte für die Sicherheit und Verteidigung von Silaa Stern sorgen.
Das man sich unter diesen Umständen wiedersah verbesserte die Stimmung nur minimal. Kasparow war froh das Zedek die 51. Flotte befehligte. Damit hatte es sich auch schon. Die Meldungen vom Flottenkommando waren alles andere als zuversichtlich. Alleine in den letzten Wochen waren 11 Konvois vom Sternenreich in die Republik registriert worden. Bisher war es lediglich zu Scharmützeln zwischen Geleitschutz und den Patrouillenschiffen gekommen. Der Sicherheitsrat hatte inzwischen die Einsatzdirektive für die Friedenstruppe abgeändert und weitere Flotteneinheiten nach E’an entsendet.
Im Durchschnitt bestanden die Konvois aus 17 Raumfrachtern mit mindestens 5,1 Megatonnen. Sie verschifften 86,7 Megatonnen an Frachtgütern. Auch ohne die Inspektionen war man sich im klaren darüber, was die Ocleaner verschifften. Eine Bestätigung, durch die Geheimdienst blieb noch aus.
Auch Felixx Quelle hatte sich bisher nicht über die Art der Fracht geäußert. Was verschiedene Gründe haben konnte. Einer Information nach sammelten die Ocleaner ihre entsendeten Kräfte in einem nahe gelegenen Sternensystem zu Silaa und E’an Stern.
Die Lage in der Republik war weiterhin unübersichtlich. Bisher schien es keinen ernsthaften Widerstand gegen die Machtergreifung der Familiäros zugeben. Weder bei den Streitkräften oder in der Bevölkerung. Einige wenige Regierungsmitglieder, die nicht sofort verhaftet oder unter Arrest gestellt wurden, waren untergetaucht. Felixx war über die Entwicklung sichtlich besorgt. Ihm waren aber die Hände gebunden. Jetzt konnte er erst recht nicht zurückkehren.
Kasparow verheimlichte seine Zusammenarbeit mit dem Tanianer vor dem Flottenkommando und Admiral Zedek. Worüber er nicht allzu glücklich war. Auch die Sache mit der Prophetin der Götter ließ er unerwähnt. Nicht weil er dem Mann nicht vertraute. Im Gegenteil, aber bis es nicht absolut notwenig war, würde er es für sich behalten. Es war daher nur eine Frage der Zeit. Was ihn ein wenig erleichterte.
So schwiegen Sie, nahmen ab und an einen Schluck ihrer Getränke, grübelten still vor sich hin.

***
Die aktuelle Lage machte ihre Arbeit nicht einfacher. Keira O`Connor fand die Entwicklung besorgniserregend. Vor allem wenn die Gerüchte auch nur im entferntesten stimmten.
Sie ging die Aufzeichnungen vom Wissenschaftsschiff durch, das seit 2 Tagen an Ort und Stelle war und sie unterstützte. Die Hawkins war eine umgebaute Fregatte. Insgesamt verfügte das Ministerium für Wissenschaft & Forschung, zudem die Abteilung: Raumanomalien gehörte, über 11 ehemalige Fregatten der Flotte. Sie galten trotz ihrer militärischen Vergangenheit als zivile Raumschiffe und waren überall in der bekannten Galaxie im Einsatz.
Mithilfe der modernsten wissenschaftlichsten Geräte an Bord der Hawkins machten sie bei der Untersuchung des Wurmlochs große Fortschritte. Laut den gewonnenen Daten verringerte sich die Teilchenmenge pro Auswurf. Sie hatten inzwischen einen Wert von 510 Millionen pro Klick erreicht. Er fiel zwar nicht konstant aber er sank. Was ein gutes Zeichen darstellte, sah man mal von der einen angestiegen Messung ab.
Ein weiteres Indiz dafür das sich das Wurmloch zu stabilisieren schien, war die abgefallene Partikeldichte. Sie näherte sich der Unbedenklichkeitsgrenze. Was ihr hingegen weiterhin Sorgen bereitete, war der Auswurfrhythmus. Die Konstanz fehlte. Bisher konnten Sie nicht voraussagen, wann der nächste Ionenausstoß stattfand. Das Wurmloch war noch weit davon entfernt als stabil bezeichnet zu werden.
Keira schaute in die Gesichter der Anwesenden. Bei Janus blieb Sie ein wenig länger haften. Die aufkommenden Gefühle schob sie beiseite. Es war nicht der richtige Zeitpunkt sich damit auseinanderzusetzen.
„Was hat das verursacht?“ Major Lorana klang neugierig.
„Das lässt sich nicht genau sagen, da wir im Grunde einfach zu wenig über Wurmlöcher wissen.“ Obwohl sie tagtäglich von Millionen Individuen genutzt wurden. „Ein konzentrierter Tachyonenstrahl wäre wohl in der Lage ein Wurmloch zu verschließen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Möglicherweise gab es eine Überlastung im Wurmlochs! Ein Ionenleck im Mantel!“ Keira hob leicht die Hände. „Eine natürliche Ursache schließe ich für mich persönlich aber aus.“ Damit lehnte Sie sich weit aus dem Fenster, dessen war sie sich bewusst. Sie hatte jedoch genug Zeit gehabt um sich eine Meinung zubilden. Aus den Daten konnte man nur wenig ableiten, zu wenig für eine wissenschaftliche fundierte Darstellung.
„Wieso?“ Admiral Zedek Holoabbild flackerte kurz. Er befand sich auf dem Flaggschiff der 51. Flotte.
„Ich habe etwas recherchiert, Admiral.
Auf Silaa gab es vor mehreren tausend Jahren regelmäßige Sichtungen am Himmel vom Wurmloch.“ Niemand sah, wie sich Kasparow und Roman einen Blick zuwarfen. „Die Silaaner nannten es das Auge der Götter.“ Seine Hände umschlossen ungesehen die Stuhllehnen. Er hielt die Luft an. „Aufgrund der Aufzeichnung kann man davon ausgehen, dass das Wurmloch lange Zeit stabil war. Durch den Zeitraum der Sichtungen glaube ich hat es den Ionenhaushalt selbst regulierte. Was durch eine wissenschaftliche Veröffentlichung gestützt wird, die vor Jahren ein Professor verfasste.
Er hat damals anhand von Sensorbojen im Wurmloch von Elizabeth Stern Messungen der Ionenmenge vorgenommen. Überstieg die Menge einen Wert von 75 Millionen Kubikmeter entwichen die Ionenpartikel bei der nächsten Öffnung das Wurmloch.
Außerdem hielt er es für möglich, durch einen massiven Tachyonimpuls ein Wurmloch zu verschließen.“ Ein schwacher Tachyonimpuls öffnete ein Wurmloch, das war hinlänglich bekannt. Wieso das so war hingegen nicht. Wie Keira schon sagte, wusste man nicht genug über Wurmlöcher.
„Können Sie sagen wann sich das Wurmloch stabilisiert?“, fragte der Admiral nach einer kurzen Verschnaufpause.
„Nein.“ Eine klare Antwort die nicht jeder am Tisch mitbekam.
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-Epilog-

Mit einem hatte Keira recht. Die regelmäßigen Sichtungen, alle 182 Tage, hatten einen Grund. Doch Kasparow glaubte nicht an ihre These der Selbstregulierung des Ionenhaushalts. Vielmehr hielt er es für wahrscheinlich dass das Wurmloch zur Verkehrsnutzung benutzt wurde.
Er sackte in die Couch hinein. Das Puzzle fügte sich zusammen. Inzwischen ergab die Angelegenheit ein recht deutliches Bild. Auch wenn es stellenweise weiter verzerrt blieb. Die Daten in den Kristallstäben und auf den Speicherplatinen waren mitunter zu sehr zerstückelt, um von nutzen zu sein. Was er bisher entschlüsseln konnte, hatte es durchaus in sich.
Wie sich herausstellte, gehörte die Sonde zum Inventar eines Kampfschiffs der Flotte, der Orion. Ein Schlachtkreuzer. Er befand sich auf Erprobungsfahrt. Die Sonde sollte während dessen getestet werden. Wozu es nicht kam. Laut den Aufzeichnungen der Sonde geriet die Orion durch einen Riss im Raum-Zeit-Gefüge in die Vergangenheit. 7000 Jahre, um genau zu sein. Das wiederum konnte kein Zufall sein. Verursacht wurde der Riss durch ein implodierendes Wurmloch.
Den weiteren Daten nach geriet die Orion in eine Raumschlacht zweier Mächte. Dem Sternenbund, er erinnerte sich nicht davon je gehört zuhaben und den Gmah. Von denen hatte er gehört. Das meiste der visuellen Aufzeichnung bezüglich der Raumschlacht, die im Sansibar System stattfand, war unbrauchbar. Was jedoch verwertbar war, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Der Bildaussicht zeigte ein Großkampfschiff. In der Stationsdatenbank fand sich kein Vergleichsabbild. Dafür aber in der Zeichnung, die die Prophetin der Götter gemacht hatte. Vor 7000 Jahren! Jenes Großkampfschiff bei der Schlacht von Sansibar gehörte zu denen die aus dem Wurmloch von Silaa Stern kamen oder zumindest gehörte es derselben Schiffsklasse an. Die 182 Tage Sichtungen ließen nur einen Schluss zu. Die Gmah benutzten das Auge der Götter für eine Invasion, die 7000 Jahre zurücklag.
Allem Anschein nach, wenn Kasparow die Daten richtig deutete, wurden die Gmah bei Sansibar vernichtend geschlagen. Eine empfindliche Niederlage, die Sie auf die Verliererstraße brachte.
In einer letzten Großoffensive griff der Sternenbund zusammen mit der Orion das Silaa System an. Durch das Wurmloch drang eine Kampfgruppe der Gmah und die Offensive stand vor einer Niederlage. Sie mussten den Zufluss von weiteren feindlichen Flotteneinheiten stoppen. Die Orion kämpfte sich bis zum Wurmloch durch und flog hinein.
Ein Himmelsfahrtkommando ohne Wiederkehr.
Sie schickten die Sonde hindurch. Mit welchem Ziel ließ sich nicht mehr feststellen. Man verschloss das Wurmloch mit einem massiven Tachyonimpuls im Inneren. Die Sonde musste es kurz vorher verlassen haben und durch einen gewaltigen Ionenausstoß beschädigt worden sein. So geriet Sie ins Gravitationsfeld von Silaa I und stürzte auf den Planeten. Wo die Silaaner sie bargen und bis zum heutigen Tag aufbewahrten.
Sie hatten das Wurmloch nicht dauerhaft verschlossen. War das ihre Absicht? Oder hoffte die Besatzung der Orion das Wurmloch so lange zu verschließen zukönnen, bis man in der Lage war, den Gmah die Stirn zu bieten! Kasparow wusste es nicht. Die Gmah kamen von der anderen Seite. Lag dort ihre Heimat? Wenn ja bedeutete das nichts Gutes.
Er schaute auf die Holoabbildung der Zeichnung, die über dem Couchtisch schwebte. Es zeigte jene Zeichnung auf der das Kommandodeck während eines Raumgefechts zusehen war. Zählte man eins und eins zusammen wurde deutlich, was darauf folgte. Ein Gesamtbild, auf das er gut verzichten konnte.
Die Prophetin der Götter hatte es gesehen.
Die Rückkehr der Gmah.

***
Als ihm sein Vater seine Pläne für das Sternenreich offenbarte, hatte sich ein Funke der Unruhe in seinem Sein entzündet. Zur Umsetzung seiner Pläne hatte sein Vater ein Pakt mit dem Teufel geschlossen. Zu welchem Preis?
Kroos konnte nicht länger tatenlos bleiben. So sehr er seinen Vater auch liebte, sein Tun trieb das Sternenreich und ihre Familie in den Untergang. Zulange hatte er mit angesehen, wie die Pläne voranschritten. Sein Bruder hinterfragte ihren Vater nicht. Dass er es tat lag an seiner Zeit in der Union als Mensch. Wäre jemand anders damals an seiner Stelle ausgewählt worden, würde er an der Seite seines Vaters stehen. Im festen Glauben dass die Pläne das Sternenreich zur ultimativen Großmacht machten. Blinder gehorsam und eifer?
Niemand widersetzte sich seinem Vater. Jene die es taten verschwanden früher oder später von der Bildfläche, ohne je wieder aufzutauchen. Auch ihm blühte das, sollte sein Tun entdeckt werden. Er beging Verrat an seinem Vater, seiner Familie und dem Sternenreich. Darauf stand die Todesstrafe. Dieses Risiko nahm Kroos in Kauf.
Er schaute zur Frau, die im Bett lag und schlief. Sie liebten einander. Ein Umstand, der bei Zwangsehen nicht häufig vorkam. Die Eltern suchten den Partner ihres Kindes. Man hatte keine andere Wahl. Ein offener Ehebruch wurde mit dem Tode bestraft.
Er musste es tun. Mit wem auch immer sein Vater ein Bündnis geschlossen hatte, die Absicht die dahinterstand war klar. Chaos! Krieg! Das alleine konnte für die Leute kein Grund sein. Was waren ihre Absichten?
Seine Augen lösten sich von der Frau. Sie kehrten zum Pad zurück das er in Händen hielt. Auf dem Bildschirm war ein Foto zusehen. Es zeigte 7 Personen. Zwei Mischlinge. Ein Gvaner und vier Menschen. Sie trugen einheitliche Overalls. Auf der rechten Brustseite, auf Brusthöhe, befand sich ein Emblemsticker.
Mission: Hancock.

***
Die untergehende Sonne färbte den Himmel mit türkisen Schlieren und einem orangeroten Hintergrund. Die wenigen Wolken wirkten wie Spiegel, die das Farbspiel reflektierten. Ein herrlicher Anblick. Wunderschön. Zumindest für jene, die der Himmel in ihren Bann zog.
Für Miranda Holm galt das nicht. Sie stieg aus dem Flugauto, ignorierte das Farbspiel am Himmel, ging durch das offene Säulengebilde, nahm eine Stufe nach der anderen, trat durch das gewaltige Steinportal.
Vor ihr lag eine längst verwitterte Gartenanlage. Andernorts hätte man das Bauwerk erhalten. Nicht auf De Gaulle im Seine Sternensystem. Was Sie genauso wenig interessierte wie das grandiose Himmelbild über Lyon City.
Sie betrat den Gebäudekomplex, schritt durch Flure und Räume ohne sich die Mühe zumachen näher hinzusehen. In einem ovalen Raum mit hoher Decke, Steinsäulen und gefliestem Marmorboden blieb Miranda stehen. Sie trat in die Runde der Wartenden, schaute die Leute an. Keiner von Ihnen zeigte irgendeine Emotion. Kaltherzig mochte man meinen.
Ein Zischen, das selbst an diesem Ort eher ein flüstern war, erklang. Dazu hörten die Leute ein anders Zischen. Es klang schärfer und war mit Schnapplauten versetzt.
„Alles läuft nach Plan.“
________________________________________

-Ende-
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Gefällt auch mir. Die Regentin der Silaaner vertraut Comander Kasparow so sehr, dass sie ihn in die tiefsten Geheimnisse ihres Volkes einweiht. Kasparow ist verwirrt und erschüttert zugleich, denn die Zeichnungen der Prophetin der Götter verraten ihm Vergangenheit und Zukunft zugleich- jedoch nicht alles! Sehr verständlich, dass er sich fragen muss, was ihn wohl nun erwarten wird. In diesem Kapitel erfahren wir auch, welche wichtige Bedeutung Felixx in der Geschichte hat. Auch mir ist übrigens diese verwandelte Miranda sehr unheimlich und erst recht natürlich ihre Kontaktleute.

He, he, ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich erstmal googlen musste, um zu schauen, was eigentlich ein "Cameo-Auftritt" ist. Jetzt weiß ich`s, dein Angebot finde ich echt lieb, brauchst du aber nicht zu machen. Ist zwar ein witziger Gedanke, aber mir doch irgendwie so ein bisschinn peinlisch! Commander Doska, hihi!


doska (09.06.2010)

Nahtlos reiht sich dieses Kapitel an das vorherige an. Commander Kasparow versteht nun, warum es nicht so gut ist, dass sich das Wurml...äh, das Auge der Götter erneut öffnet. Damals konnte es noch rechtzeitig geschlossen werden, aber nun ist dies wohl nicht mehr möglich. Die gefährlichen Familiäros könnten die Macht an sich reißen, aber nicht nur sie erscheinen bedrohlich. Damals geriet die Orion in die Vergangenheit und in eine Raumschlacht zweier Mächte- dem Sternenbund und den Gmah. Die Gmah wurden zwar bei Sansibar vernichtend geschlagen, aber nun ...? Vor allem würde mich sehr interessieren, wer das alles ist, mit denen sich die verwandelte Menschenfrau Miranda am Ende der Geschichte trifft. Ich muss zugeben, das Zischen und diese leisen besonderen Schnapplaute, haben bei mir einen leichten Gänseschauer erzeugt. Das nächste Kapitel dürfte wohl recht schaurig werden. Wie mögen wohl diese Viechwesen aussehen?

Jochen (03.06.2010)

Hiermit möchte ich bei allen bedanken die meine Geschichten, hier RtH im speziellen, lesen.
Ein besonderer Dank geht an Jochen & doska, die stets kommentieren. Was mich freut, da Feedback wichtig für (Hobby)Autoren ist.
Habe vor euch beiden einen Cameo-Auftritt in kommenden Geschichten zu verschaffen, wenn ihr möchtet...

Danke, MfG


Alexander Bone1979 (29.05.2010)

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