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Der Spiegel des Todes (5)

Romane/Serien · Spannendes
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Der Meister hatte Mandy inzwischen nach Hause gebracht. Sie war noch immer ganz benommen von den Ereignissen.
„Wer bist du?“, wollte Mandy wissen. Der Meister und Li tauschten einen kurzen Blick aus. Was sollte er jetzt antworten? Die Wahrheit? In wie weit würde dieses Mädchen alles verstehen? Aber sich in Lügen zu verstricken wäre auch keine Lösung. Wie sollte man das alles erklären, wenn nicht mit der Wahrheit?
„Mandy, das, was ich dir jetzt erzählen werde, ist vielleicht schwer zu verstehen, gerade für ein Mädchen in deinem Alter. Aber es ist unheimlich wichtig, dass du mir gut zuhörst.“, begann der Meister. Mandy nickte.
„Alles begann Jahrhunderte bevor du geboren wurdest. Ich war ein junger Zauberschüler. Unbedarft und neugierig. Ich probierte meine Kräfte aus. Spielte und übte. Mein Meister warnte mich, ich solle vorsichtig mit meinen Kräften umgehen. Doch, was soll ich sagen, ich war jung. Eines Tages experimentierte ich mit einem Elixier, über dessen Macht ich mir nicht bewusst war. Doch ich hatte niemanden, an dem ich es ausprobieren konnte. Also testete ich es an mir selbst. Ich musste etwas falsch gemacht, eine Zutat verwechselt haben, so genau weiß ich das nicht mehr. Nachdem ich das Elixier geschluckt hatte, wurde ich schwer krank. Mein Meister war in großer Sorge um mich. Er wusste nicht, wie er mir noch helfen sollte, also entschied er sich, für den letzten ihm möglichen Schritt: Er übertrug seine Kräfte auf mich und rettete mir somit das Leben. Er hat es nicht überlebt. Mein Elixier war zu stark als das ich ihn am Leben erhalten hätte können. Bevor mein Meister von uns ging, gab er mir noch eine Bitte mit auf den Weg „Tu nichts, was ich nicht auch getan hätte“, hauchte er mir entgegen. Ich war so wütend auf mich selbst, auf meine Taten, dass ich mich Jahre lang in einer Höhle versteckt hielt. Ich widerte mich an! Ich konnte mich selbst nicht mehr ausstehen. Und doch konnte ich mich nicht – so sehr ich es mir auch gewünscht hatte – ich konnte mich nicht von dieser Erde verabschieden. Ich musste die Kräfte meines Meisters in Ehren halten.“ Der Alte bekam einen seltsamen Blick. Er schien in einer ganz anderen Welt zu sein. Nach ein paar Minuten hatte er sich wieder gefangen und fuhr fort:

„Mein Meister hatte seine Kräfte immer dafür eingesetzt, den Menschen auf dieser Erde zu helfen. Auch wenn sie nicht wussten, dass sie Hilfe bekamen. Er mixte bestimmte Heilmittel und schob sie den Menschen heimlich in ihre Medizin, damit sie wieder gesund wurden. Kein Mensch bekam je mit, dass sie von jemanden Hilfe bekamen. Sie schlucken einfach ihre Medizin und freuten sich, dass sie am nächsten Tag wieder bei Kräften waren. Menschen sind nun mal sehr einfach gestrickt…
Doch nicht jedem gefiel es, was mein Meister tat. Der Tod war ganz und gar nicht erfreut über die Taten meines Meisters. Schließlich war es seine Aufgabe, die Welt im Gleichgewicht zu halten. Der Tod muss dafür sorgen, dass die Welt nicht überbevölkert ist. Er sortierte alte, schwache und kranke Menschen aus, damit wieder Platz für neue, gesunde Menschen war. Doch hier kam ihm mein Meister in die Quere. Alles drohte aus dem Gleichgewicht zu geraten. Es waren zu viele Menschen auf der Erde. Es gab keinen Platz mehr.
So kam es, dass der Tod meinen Meister aufsuchte. Er versuchte ihm zu erklären, dass er den Erdenbewohnern keinen Gefallen tat. Der Tod erklärte meinem Meister, wenn er nicht damit aufhöre, dass kosmische Gleichgewicht zu zerstören, müsse er, der Tod höchstpersönlich, mit einem Schlag die Erde reinigen.
Natürlich wollte das mein Meister nicht. Er begriff, was er angerichtet hatte. Ihm war gar nicht klar, was er mit seinen Taten angerichtet hatte. Schweren Herzens hörte er auf, die Menschen zu heilen. Doch überkam ihm dabei eine tiefe Trauer. Er wollte helfen, doch ihm waren die Hände gebunden. Eine Massentötung konnte und wollte er nicht verantworten.
Tut mir Leid, Mandy. Ich hole etwas aus, aber damit du verstehst, muss ich dir das erklären.
Ich wollte also fortführen, was mein Meister angefangen hatte, das war ich ihm einfach schuldig. Natürlich konnte ich es nicht auf dieselbe Art und Weise tun. Das hätte schließlich schlimme Folgen gehabt. Also beschloss ich, den Tod seine Arbeit machen zu lassen und ich spezialisierte mich darauf, den Menschen, die diese Welt verlassen mussten, den Weg so angenehm wie möglich zu gestalten.
Ich heftete mich an die Fersen des Todes. So konnte ich herausfinden, wer sein nächstes „Opfer“ war. Ich folgte ihnen also und versuchte diesen Menschen, die letzten Wochen so angenehm wie möglich zu gestalten. Zwar haben sie mich nicht immer gesehen, aber ich glaube, sie haben gespürt, dass ihnen jemand den Abschied so schön wie möglich bereiten wollte. Entweder hatte der Tod mich nicht bemerkt, oder es gebilligt. Auf jeden Fall kam es nie zu einem Zusammentreffen zwischen ihm und mir. Und so…“
Mandy unterbrach den Meister in seiner Erzählung:
„Aber,… Aber wenn du mit den Menschen die letzten Minuten ihres Lebens
verbringst… dann… dann… Was machst du dann bei mir?“ Mandy hatte die Augen erschrocken aufgerissen. Sie füllten sich mit Tränen. Der Meister hatte diese Frage befürchtet und versucht, die Antwort noch ein wenig hinauszuzögern, doch konnte er Mandy nicht länger verschweigen, warum sie hier war.
„Mein liebes Kind. Die Melodie, die du vor einigen Wochen gehört hast, das ist die Melodie des Todes. Nur diejenigen, die diese Welt bald verlassen müssen, können sie hören. Wenn du erst einmal dieser Melodie gelauscht hast, wirst du sie nicht mehr los. Der Spiegel, den du gesehen hast, ist ein Hilfsmittel für den Tod. Er zeigt dir Dinge, die eine besondere Bedeutung für dich haben. Bei jedem Menschen ist es etwas anderes. Kein anderer kann sehen, was du siehst. Das, was du siehst, zieht dich förmlich an. Du kannst dich nicht dagegen wehren. Es ist sozusagen dein Schicksal.“ Der Alte verstummte traurig.
Mandy wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war geschockt. Ihr kleines Hirn versuchte zu verarbeiten, was dieser Meister gesagt hatte. Sie sollte sterben? Mandy begriff gar nichts mehr. Der Meister fuhr fort:
„Ich habe Li beauftragt, auf dich aufzupassen, während ich herausfinden wollte, warum der Tod dich zu sich holen wollte. Ihr habt euch so super angefreundet, ich dachte, du wärst sicher. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass er Tod dir so auflauern würde. Es tut mir sehr leid, Mandy.“
Es war alles etwas viel für das junge Mädchen. Mandy war müde. Sie hatte Mühe die Augen offen zu halten. Li flog an ihr Kissen und setzte sich neben Mandy. Sie war schnell eingeschlafen.
 
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Kommentare  

Vielen Dank, Jochen.
Leider komme ich im Moment gar nicht zum weiterschreiben.... :(


midnight (16.08.2010)

Ich habe eben festgestellt, dass ich diesen Teil ja noch gar nicht gelesen hatte. Spannend und schön fantastisch. Gutes Kapitel. Ist dir prima gelungen.

Jochen (05.08.2010)

Danke Peachy :)
freut mich das es dir gefällt

die Verantwortung für deine Fingernägel übernehm ich trotzdem nicht ^^ :P


midnight (20.06.2010)

Oha, jetzt wirds ja nochmal richtig spannend! Du bist schuld, wenn ich morgen keine Fingernägel mehr hab =)

Das einzige, was ich zu bemängeln hab, ist das Wort "super". Ich finde, es passt nicht in das Vokabular eines so ehrwürdigen Meisters. Aber das nur als Tip =)

Freu mich auf den nächsten Teil!!
Hab dich lieb!


Summer Peach (19.06.2010)

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