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6 Seiten

Amiras letzter Sommer - Abschnitt I

Romane/Serien · Fantastisches
© Fiona
Tasslans geliebtes Hexelein ...

Lautes Geschrei drang aus nicht allzu weiter Ferne geradewegs vom anderen Endes des Dorfes genau mit dem Elfuhrglockenschlag der kleinen Kirche an Tasslan Ohr, als er gerade mit seinem Arm wiederholt weit zum rhythmischen Schlag ausholte und zusammen mit dem letzten hellen Klang der Glocke gezielt mit seinem bleischweren Hammer auf das vor ihm auf dem Ambos liegenden Hufeisen gekonnt einschlug, so dass der dumpf-eiserne Klang seines Aufschlages zeitgleich mit der hell klingenden Kirchenglocke ertönte. Seine Hemdsärmel schienen zu zerreißen, als sich Tasslans Armmuskeln unter dem Stoff beim Schlag spannten. Glutrot war das Hufeisen, das kurz zuvor noch in der glühenden Holzkohle der Feuerstelle gelegen hatte, und nun beim Aufschlag des schweren Hammers spritzten die Eisenfunken in alle Richtungen in den halbdunklen Raum der Schmiede und ergaben einen bizarren Anblick. Der Funkenflug aus abgeschlagenen rotglühenden kleinen Eisenteilchen erschien wie ein Glutlichter-Tanz tausender kleiner Feuerkobolde.
Und mit einem Male beherrschte Tasslan eine bis dahin nie gekannte Unruhe im Innern seines Herzens, die ihn erschaudern ließ, so dass sich die Härchen auf der lederartigen Haut seiner muskulösen Arme und auf seinem Nacken aufstellten. Er wusste nicht, wie ihm geschah, warum sich sein Herz beim letzten Schlag und Klang der Mittagsglocke zusammenzog. Es kam ihm vor, als ob eine Sehne im Inneren seiner Herzkammer reißen und sich ein tiefer Riss mitten durch sein Herz ziehen würde. Die Angst schien das Herz zu sprengen, die Angst frisst mich noch auf, durchfuhr es Tasslan, diese ewige Angst um meine Liebe. Er presste seine Hand auf die Brust und versuchte anschließend mit einem harten Faustschlag sich von seiner inneren Unruhe zu befreien. Ein Trommelwirbel von Faustschlägen folgte, um die Unruhe aus sich zu vertreiben. Seine Lederarmbänder schienen beim Anspannen seiner Armmuskeln und seiner geballten Fäusten zu reißen.
Doch da hörte er wieder das seltsame Gekreische!
Für einen Moment schien die Zeit für Tasslan in der Schmiede stehen zu bleiben.
Eine trügerische Ruhe folgte, dann wieder Schreie und erneut eine gespenstische Stille, dass man die aufgewirbelten Blätter aus dem angrenzenden Wald fallen hören konnte. Da, in diesem Moment, schien die Erde aufgewühlt zu werden. Ein Luftzug, der eiskalte Luft mit sich mitführte, durchwirbelte gleichzeitig alles, was beweglich war, und zog es wie in einem Strudel mit sich fort.
Der aufgebrachte Wind heulte gequält durch die Straßen und Gassen.
Oder empfand und hörte nur er dieses Geschehen, diese Unwirklichkeit so.
Es war alles unwirklich, was da vor sich ging, und Tasslan fing an, sich vor den Gewalten zu ängstigen, die in diesem Augenblick das kleine Dorf heimsuchten.
Tasslan wurde es heiß bei dem Gedanken an das, was sich da zusammenbrauen könnte.
Und die Zeit lief unaufhaltsam weiter und der Wirklichkeit davon.
Das laute Geschrei ging Tasslan, dem starken Mann, durch Mark und Bein.
Seine Arme wurden augenblicklich von einer Gänsehaut überzogen.
Von der Ahnung, nein, von der Gewissheit, dass etwas Fürchterliches geschehen sein muss, nahm erneut die Angst von Tasslan Besitz.
Angestrengt drehte er seinen Kopf in Richtung des Geschreies, sein Ohr versuchte nun, die Richtung, aus dem das Geschrei kam, genau zu orten, um herauszufinden, wo das Böse sich zu treffen schien.
Und der Wind trug das Geschrei unaufhörlich immer lauter an ihn heran.
Das Geschrei ließ Tasslan trotz der Gluthitze, die an der Feuerstelle in seiner Schmiede war, und trotz dieses heißen, bis zu diesem Zeitpunkt herrlich sonnigen Sommertages im Jahre 1575 frösteln.
In dem sonst so idyllischen kleinen Dörfchen Zauberfelde, in dem die Häuser aus gebrochenen und zugehauenen Felsbrocken, aus geschlagenem Schiefergestein und aus flachrunden Hungersteinen gebaut waren, die aus dem angrenzenden, an dem Dörfchen sich vorbei schlängelnden Bächlein Zauber stammten, machte sich Unmut breit.
Die Häuser schienen in der flirrenden heißen Mittagssonne mit ihrem weißen Kalkanstrich und den Dächern, die wie rote aufgesetzte Häubchen aussahen, die aus rot eingefärbten Holzschindeln gefertigt waren, um die Wette zu leuchten.
Die kleinen bescheidenen Häuschen schienen die kleine schmucke Kirche des Dorfes in ihrer Mitte geradewegs zu umzingeln.
Der Ort erschien auf den ersten Blick märchenhaft, da er nicht nur jedem vorbei ziehenden Wanderer einen fast schon traumhaften Anblick bot, sondern auch den fliegenden Händlern, Hausierern und Scherenschleifern, die das Dorf aufsuchten, um ihre Ware feil oder ihre Dienste anzubieten.
Es war so, als wolle das Dorf dich in ein verwunschenes Märchen zurück versetzen, überlegte Tasslan. Ein flüchtiger Gedanke an dieses idyllisch anmutende Dorf, sein Heimatdorf, sein Zauberfelde, durchzuckte ihn. Bildlich wäre dem kleinen Örtchen nichts mehr hinzuzufügen gewesen. Ein Dorf zum Träumen, das an diesem Sommertag jäh aus dem Traum gerissen wurde. Das traumhafte Bild schien sich aufzulösen.

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Der Eindruck dieser heilen Welt schien mit der flirrenden Mittagshitze zu korrelieren und an diesem Tag sogar miteinander zu verschmelzen, wäre da nicht wieder beim letzten hellen Glockenklang und Hammerschlag auf den Ambos urplötzlich dieses ohrenbetäubende, kreischende, fluchende, wüste Geschrei gewesen, das die Ruhe laut schallend gefolgt von unzähligen menschlichen Echos durchriss.
Ein kalter Luftsog von Menschen zog jetzt durch die Straßen und alle, die dies hörten, schienen von dem Sog mitgerissen zu werden.
Voller Neugier versuchten sie schneller als der Wind zu sein.

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Hier und da sah man beim Durchlaufen der Gassen und Wege vereinzelte Rauchsäulen aus den Kaminen, was unwiderruflich auf die Mittagszeit schließen ließ. Da roch es nach gekochtem Rotkohl, Bratkartoffeln, gebratenen Kaninchen und nach Arme- Ritter, einer einfachen, jedoch sehr schmackhaften Süßspeise, die köstlich nach Zimt duftete. Der Duft der Speisen zog wohlriechend durch die verwinkelten Gassen, aber sie vermochten jedoch nicht vom wüsten Geschrei abzulenken.
Ja, in diesem Augenblick nahm niemand die wohl duftenden Gerüche der Mittagsspeisen wahr, die in den gusseisernen Töpfen und Pfannen kochten oder brutzelten, die auf den mit Buchenholzscheiten befeuerten Öfen standen. Die Buchenholzscheite lagerten übers Jahr bis zu ihrem feurigen Verbrauch akkurat gestapelt vor den Häusern in Zauberfelde dem kleinen Ort der Kräuterdüfte.

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Jeder, der diese aufgebrachten Schreie hörte, machte sich augenblicklich mit schnellen Schritten hastig in Richtung der Schreie, die unüberhörbar zu vernehmen waren, auf den Weg. Dem Gesinde aus Knechten und Mägden folgte die ebenso neugierige Herrschaft aus Bauern und Bäuerinnen. Sie alle rannten wie die Besessenen den aufgebrachten Schreien entgegen.
In diesen Minuten köchelte und brodelte alles, die Speisen und Gerichte auf den Öfen und die Menschen des kleinen, ansonsten so beschaulichen, malerisch hübsch gelegenen, kleinen und stillen, abseits gelegenen Örtchens Zauberfelde, der kleine Ort, der eingebettet zwischen den umliegenden verführerisch duftenden, fast schon die Sinne betäubenden Kräuterwiesen lag.

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Es war dieser herrliche Duft, den Tasslan so gerne einatmete, und der ihn an wunderschöne Abende in trauter Zweisamkeit erinnerte, an diese Kräuterwiesen und ihre Geheimnisse.
Die gut gehüteten Geheimnise und das Wissen um die heilende Wirkung der Kräuter wurden ihm in nächtlichen Zusammenkünften von seiner Liebsten offenbart.
Obwohl die Kräuterkunde Tasslan anvertraut und veranschaulicht worden war, wollte er in diesem Moment nichts mehr davon wissen, er schob den Gedanken daran hastig zur Seite, da jetzt wohl das Übel der Kräuter- und Heilkunst folgenschwer hervor bringen würde, was sonst eher im Verborgenen geschah und gor.
„Wie war das noch - …?“, sinnierte Tasslan halblaut.
Er erinnerte sich wieder an seinen gedachten Satz.
Doch er verwarf sofort wieder die Erinnerungen an die nächtlichen Kräuterlehren - doch der Gedanke an Wermut, der angeblich die nächtlichen Heimsuchungen kuriert, durchzuckte Tasslan wieder flüchtig und er flehte leise und hoffte inständig, dass Wermut auch die Heimsuchungen am Tage fernhalten möge und dass der unbestechliche Duft von Schafgarbe den Menschen hier den Teufel austreiben könne.
Kräuterkunde, Kräuterelixiere, Kräuterrituale und magische Beschwörungen beherrschten seit Monaten seine geheimnisvollen Abende und Nächte. Er hatte in der Vergangenheit viel über heilende und nicht heilende Wirkungen der Kräuter gelernt.
Gesundheit oder Tod bringende Kräuter waren ihm nicht mehr fremd.

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Er blieb unverhofft mit zögerndem Schritt stehen und fasste sich an sein wild pochendes Herz, das in seiner Brust wieder zu zerspringen drohte.
Ihm war so, als ob ein geschmiedeter Brustreifen, der ihn umschlang, jetzt zu bersten drohte und sein Herz herausbrechen würde.
So war das Gefühl, sein Gefühl, dass sein Herz in diesem Moment das härteste Eisen zu sprengen vermochte, dem Moment seiner Ahnung, seiner Angst.
In wenigen Minuten rotteten sich die Menschen des Dorfes zusammen und die Menschenmenge stürmte zielstrebig an den Platz des Geschehens - des Geschreies.
Dicht an dicht gedrängt keuchten und ächzten die Menschen und schoben sich gegenseitig in die Richtung vor, aus der sie die ohrenbetäubenden Schreie hörten. Tasslan verließ von einer furchtbaren und entsetzlichen Angst getrieben seine Schmiede, folgte ihnen hastig, bis er schließlich mitten unter ihnen war.

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Und die Erinnerungen an den Traum der letzten Nacht wichen nicht mehr aus seinen Gedanken. Er versuchte den Traum zu verdrängen.
Fassungslos hielt Tasslan seine Händen kurz vor sein Gesicht. Er fühlte den Angstschweiß auf seiner Stirn, in der linken Augenbraue und auf der rechten mit Narben durchzogenen Augenbraue. In seinem Kopf begann sich alles zu drehen. Es konnte doch nicht Wirklichkeit werden, was er letzte Nacht geträumt hatte, dachte er im gleichen Moment.
Doch sein Traum sollte gerade zum Leben erwachen!
Schweißgebadet vor Angst war er kurz vor Mitternacht kurzatmig und äußerst zitterig aus einem unwirklichen Traum vom Bettlager hochgeschnellt. Minutenlang hatte er anschließend in einer zusammengekauerten, in einer Beinumfassenden, sitzenden Stellung auf dem Bettrand verharrt, auf der harten Holzumrandung seines schweren Eichenbettes. Voller Unruhe im wirren Zustand kauernd und mit wirr starrten auch seine Augen in diesem Moment wie durch eine Maske mit einem unmenschlichen Blick flüsternd fast andächtig stammelte er den Namen Amira!
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Sein vormals verzauberter Traum in verzauberter Stimmung, in verzauberter Traumwelt in dem er einen weichen anschmiegsamen mädchenhaften Frauenkörper spürte, brach unvermittelt ab und schlug noch während des Träumens ins Gegenteil, in Angst und Furcht um …, im Moment des Kirchturmgeläuts, zeitgleich mit dem letzten Glockenschlag, was er in diesem Moment als böses Ohmen, als böse Vorahnung empfand.
Der Glaube verbleibt, die Hoffnung wird sterben, durchfuhr es ihn augenblicklich bei diesem mitternächtlichen Schlag der Glocke, die so viel anders klang als sonst am Tage.
Mit verstörtem Blick und unwirklich geweiteten Pupillen, in denen sich noch das geträumte wie in einem Spiegel widerspiegelte, kroch schleichend die Angst in ihm empor, die Angst um seine geliebte Amira.
Gespenstische Sekunden wurden zu gefühlten unheimlichen gespenstischen Stunden.
Das unwirklich dumpfe Geräusch des Glockenschlages verhieß nichts Gutes, da war er sich sicher.
Dieses ungute Gefühl ließ Tasslan nicht mehr einschlafen.
Er lag wie im Dämmerschlaf, halb schlafend, halb wachend, nicht mehr träumend bis zum Morgengrauen wie auf einer Totenbahre … es graute ihn vor diesem kommenden Tag.
Und er war gekommen der Tag.
Heute wird es geschehen, das geträumte Elend … um seine große Liebe, um seine geliebte Amira.
Das Entsetzen nahm Besitz von Tasslans Gedanken, nur die Meute neben ihm grölte begeistert weiter.
Tasslans Wettlauf um Amira begann …

Fortsetzung folgt ………
 
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Kommentare  

Auch dir Jochen, danke ich für deinen ehrlichen hinweis,ich arbeite jetzt den nächsten teil der geschichte - wieder neu durch.
Ich denke, dass ich verstanden habe wie du und Jingizu, wie ihr das gemeint habt, ich versuche also es umzusetzen.
Natürlich hoffe ich, dass ihr der geschichte von Tasslan und Amira treu bleibt und mir weiter hilfestellung gebt ...
Liebe grüße Fiona


Fiona (13.08.2010)

Spannend, obwohl, da muss ich Jingizu Recht geben, die Sätze etwas lang sind und du zuviel erklärst. Der Leser begreift schon, was du meinst. Keine Bange! Man merkt, du KANNST schreiben. Du musst dich nur darin ein wenig einarbeiten. Talent hast du.

Jochen (12.08.2010)

Hallo Jingzu, ich sage danke für deinen kommentar. Ich muss dir gestehen, dass du recht hast,doch ich arbeite daran und versuche mich zu verbessern.
Danke dir für den freundlichen hinweis.
Liebe grüße Fiona


Fiona (11.08.2010)

Ein interessanter Start in deine Geschichte, die ich nun gespannt erwarte.

Du neigst jdeoch manchmal dazu Sätze schier endlos zu verschachteln - das ganze einfach in 2-3 Sätze unterteilen würde es viel einfach zu lesen machen.


Jingizu (11.08.2010)

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