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5 Seiten

Selena - Kapitel 04

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Die Nacht verbrachte Selena am liebsten unter freiem Himmel. Selbst der Winter hielt sie als Kind nicht davon ab das warme Heim zu verlassen um die Morgendämmerung, den Sonnenaufgang, die Abenddämmerung, den Mond und die Sterne zu betrachten. Sie fühlte sich einfach wohler, ja schon freier.
Lag das an dem Drang auf die andere Seite der Wächter zugehen? Sie kannte die Antwort nicht. Im Endeffekt spielte es auch keine Rolle mehr. Selena hatte ihr Ziel erreicht, auch wenn nicht so wie geplant. Was inzwischen bedeutungslos war. Kurz dachte sie an Michael, ihre Auseinandersetzungen und wie sich die Dinge in Eurasien wohl entwickelten. Nichts davon war mehr wichtig. Sie war da, wo sie hingehörte. Hier lag ihre Zukunft.
Nun war es an ihr sich ins vorhandene Leben einzufügen. Eine Tatsache, die nicht zu ihren Stärken zählte. Man muss improvisieren, hörte Selena Michael sagen. Wie wahr!
Jeder hat seinen Platz, kam es von ihrem Bruder abfällig hinterher. Womit er ebenfalls Recht hatte. Wie, Wo und Wann Selena ihn fand, stand in den Sternen. Wenn es soweit war, würde sie es wissen, da war sie sich absolut sicher.
So kehrte die Albin auf die Straße zurück, folgte dem Verlauf und ließ die Dinge, die da kamen, auf sich zukommen. Eine andere Wahl blieb ihr auch gar nicht.

***
Die Straße verschmolz im Verlauf ihrer Reise mit einer Straße aus dem Osten und dem Westen. Auf denen schien mehr Verkehr zu herrschen, als auf jener die von der Siedlung abführte. Erneut bemühte sich Selena unauffällig zu wirken.
Ein- und Zweiradtransportkutschen mit Säcken, unterschiedlichsten Gemüse, Eisenrohlingen, Kisten und Fässern auf ihren Ladeflächen begegneten ihr. Gezogen wurden Karren von Ochsen, Eseln oder Pferden. Lenken taten sie Albe und oder Elben, deren Kleidung vom Bauern bis zum Kaufmann reichte. Personen mit Reisegepäck. Kleine Gruppen, hauptsächlich junge Männer oder ältere Herren. Ihrem Eindruck nach, handelte sich bei den Leuten um Saisonarbeiter wie in Eurasien. Eine Tatsache die Selena verstörte.
Sie musste sich daran gewöhnen, dass hier neben ihren entfernten Verwandten und denen der Orks und Urikais sonst keine anderen Volksgruppen lebten. Was nicht einfach war, wenn man zeit seines Lebens unter Orks, Zwergen, Menschen, Albe, Elben, Urikais und Gnomen verbrachte. Die alten Maßstäbe galten hier nicht.
Am Nachmittag führte die Straße sie zur ersten Stadt im fremden Land. Sie lag in einer flachen Talsohle. Umgeben von Befestigungsanlagen aus Stein, die auf der umliegenden Anhöhe erbaut worden waren. Soweit Selena erkennen konnte, hielten sich lediglich Biester auf der Stadtmauer auf.
Wenn auf dieser kontinentalen Seite nur Albe/Elben und Orks/Urikais lebten, wozu eine solche starke Befestigungsanlage? Sicherlich waren selbst Dörfer und Siedlung im tiefen Süden von Eurasien mit Palisaden und Verteidigungsmauern umgeben, aber die dienten mehr zum Schutz vor Tieren statt vor Angriffen einer Volksgruppe. Einmal mehr erkannte Selena ihr bisheriges schematisches Denken abzulegen. Sie war nicht länger in Eurasien.
Am Tor wurden die Wagen und Karren von Wachen durchsucht. Einige der Biester besaßen große Ähnlichkeiten mit Orks. Vor allem die Rangniedrigen. Während die Offiziere sie unweigerlich an Urikais erinnerten. War das möglich?, schoss es ihr unvermittelt durch den Kopf.
Selena reihte sich ein, behielt die Biester im Auge, bemühte sich nicht weiter aufzufallen und war jederzeit bereit ihre Waffen sprechen zulassen, falls es unbedingt notwendig wurde. Sie verhielt sich wie all die anderen, richtete ihren Blick soweit zu Boden, ohne dabei die nähere Umgebung aus den Augen zu verlieren.
Während die Wachen die Karren und Wagen inspizierten, wurden die Personen nur lasch kontrolliert. Taschen und Rucksäcken wurden nicht geöffnet. Ein für Selena glücklicher Umstand. Andernfalls hätten die Biester bemerkt, dass sie bewaffnet war. Was dem Ehepaar zurfolge unter Strafe stand. Sie käme nicht mal im Traum auf den Gedanken unbewaffnet umherzulaufen, ganz egal, als wie befriedet eine Gegend galt oder wie sicher sie sich fühlte.

***
Der Soldat knurrte sie nur an, als Selena an der Reihe war. Mit gesenktem Blick ging sie daraufhin weiter. Die Versuchung eine ihrer Waffen zu zücken, ihn damit zu töten und ihm dabei in die Augen zusehen war schon verlockend. Zu gerne hätte sie bei ihm die Verwunderung und Verblüffung gesehen, dass eine wie sie eine Waffe trug.
Vermutlich kam Selena das eine oder andere Mal in eine entsprechende Situation. Außerdem wäre es nicht gerade einfach die zwölf Biester am Tor, sowie die ankommende Patrouille auszuschalten und zu verschwinden. Sie mochten kein Pflichtbewusstsein haben, dennoch waren es Soldaten. So folgte die Albin den anderen in die Stadt.
Die Häuser der Stadt bestanden aus Stein und Holz. Keins war höher als drei Stockwerke. Läden, Werkstätten, Fachwerkhäuser, Stallungen, Warenstände. Ab und an sah sie 5 Mann starke Patrouillen. So wie es aussah, schüchterte alleine deren Präsens die Leute ein. Was für Selena vollkommen unverständlich war. Diese Feigheit widerte sie an. Wie konnten sich die Leute jemandem unterwerfen? Selbst die Menschen kämpften für ihre Freiheit.
Sie wollte etwas trinken, essen und ein Bett. In all den Jahren ihrer Suche nach den Schwertern der Ordenritter und diversen anderen Artefakten hatte Selena oft auf lediglichen Komfort verzichtet. Es machte ihr nichts aus, aber manchmal war ein Bett doch recht angenehm.

***
Marco hieß das Wirtshaus, welches die Albin betrat. Alle Tische waren besetzt. Überall saßen Albe und Elben. Kein einziger Ork oder Urikai. Eine Treppe führte hinauf zu den Zimmern, die man pro Nacht beziehen konnte. Seitlich von der Theke ging ein Durchgang ab, aus dem die typischen Küchengerüche kamen. Der Eine oder Andere Vetter blickte zu ihr rüber, um sich wenig später wieder um seine Angelegenheiten zu kümmern.
Selena schmunzelte. Anscheinend waren die Unterschiede zwischen Eurasien und diesem Kontinent doch nicht so groß. Abgesehen von der fehlenden Völkervielfalt. Das Marco unterschied sich nicht im mindesten von denen in Eurasien, sah man mal von Kleinigkeiten ab. Sie ging an die Theke, setzte sich und wartete, bis der Wirt zu ihr kam. Unterdessen verschaffte sie sich einen Überblick.
An den Tischen saßen hauptsächlich Männer, 32 zählte sie. Dazu 5 Frauen, ohne ihre Person. Eine davon war eine Bedienstete, füllte die Krüge auf, nahm Bestellungen entgegen, brachte das Essen zu den Leuten und kassierte das Entgelt. Zwei Frauen saßen zusammen mit einem Mann an einem Tisch, schwiegen die meiste Zeit und schienen kein sonderliches Interesse an den Dingen im Wirtshaus zu haben. Die Jüngste der beiden Frauen wirkte auf Selena irgendwie nervös. Frau Nummer Vier spielte mit 4 Männern ein Kartenspiel. Sie wirkte nicht so zerbrechlich und weich, wie jene Frauen, die sie auf der Straße gesehen hatte. Nummer Fünf hingegen saß am anderen Ende der Theke. Ihr Blick war auf ihr Glas gerichtet.
Man warf ihr gelegentliche nichtssagende Blicke zu. Gerade als der Wirt zu ihr kam, wurde die Tür aufgeworfen. Eine Abteilung Soldaten trat ein. Sofort verstummten alle Gespräche und Bewegungen.

***
Aus dem Augenwinkel sah Selena wie die junge Frau, die mit dem Mann und der anderen Frau an der Theke saß, auf ihrem Stuhl rumrutschte. In ihren Augen lag Nervosität. Ihre beiden Tischnachbarn hingegen waren die Ruhe selbst.
Der Anführer schaute sich voller Hohn um. Er schritt die Stufen hinunter, sah einen nach dem anderen an und ließ seine Verachtung deutlich erkennen. Die Angsthasen unter ihren Vettern senkten den Kopf. Jene mit etwas Stolz sahen dem Biest unverhohlen ins Gesicht, um dann einzuknicken.
Per Blick ließ der Hauptmann seine Männer ausschwärmen, wodurch sie den gesamten Raum abdeckten. Er ging zur Theke, sah flüchtig zu Selena und wandte sich dann dem Wirt zu. „Ihr habt die Steuern nicht bezahlt.“
„Dass ist nicht wahr! Ich hab sie letzte Woche bezahlt.“, polterte der Wirt kleinlaut.
„Bezichtigt ihr mich der Lüge?“, wollte der Hauptmann drohend wissen.
Der Wirt hielt dem Blick nicht stand, weil er wohl wusste, was andernfalls geschehen würde. „Nein.“
Mit der Demütigung gab sich der Hauptmann vorerst zufrieden. Er ging in die Mitte des Raums und sah sich erneut um. Sein Blick blieb diesmal länger auf Selena haften. Vermutlich, weil er sie zum ersten Mal sah. Andererseits glaubte sie kaum, dass der Soldat Elben und Albe unterscheiden konnte. Er sah zu einem seiner Männer.
„Papiere!“, rief der Feldwebel mit kräftiger Stimme.
Verdammt! Trotzdem blieb Selena gelassen.
Die Gäste holten handgroße gebundene Bücher hervor, reichten sie dem jeweiligen Soldaten und hielten ihren Blick gesenkt. Hingegen die Frau am Ende der Theke rührte sich nicht. Sie schien von dem Ganzen keinerlei Kenntnis zu nehmen. Ohne einmal den Blick zu heben, schaute sie ihr Glas an.
„Hey!“, sprach ein Gefreiter sie an.
Keine Reaktion.
„HEY!“ Der Soldat wurde lauter und stupste sie an.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Selena, wie die junge Frau ihre Begleiter ansah.
„DEINE PAPIERE, BLEICHGESICHT!“, forderte er nun herrisch und trat auf sie zu.
In dem Moment wo er sie packte, drehte sich die Frau unvermittelt herum und rammte dem Gefreiten einen versteckten Pflock durch den Schutzhelm. Augenblicklich gefror die ganze Szene, keiner traute sich zu bewegen, geschweige den zu atmen.
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Ende, Kapitel 4
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Danke Petra
für deine Kommentare.

Mit deiner Theorie zwischen Selena-Michael liegst du gar nicht so falsch.

Gruß


Alexander Bone1979 (24.09.2010)

Selena scheint diesen Michael wohl sehr gerne gemocht zu haben, denn sie denkt oft an ihn. Im Wirtshaus ist es aber diesmal nicht sie, die dort für Aufregung sorgt.

Petra (22.09.2010)

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