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6 Seiten

Selena - Kapitel 18

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Aus ihrem Versteck heraus sahen sie das schwer bewachte Südtor. Ein Dutzend Orks kontrollierten jeden der rein oder raus wollte. Auf der Mauer standen Armbrustschützen nach innen und außen. Einfach durch die Vordertür zu gehen, war verlockend aber Selena war nicht lebensmüde.
Die Wege, vom Untergrund unerkannt in die Stadt zu gelangen, konnten durch Jerome verraten worden sein. Das Risiko einen zu nehmen war zu hoch um einen Versuch zu wagen. Sie mussten auf anderem Weg in die Stadt gelangen.
Um den Zöllen, Steuern und Abgaben an den Stadttoren zu entgehen, waren findige Händler auf die Idee gekommen einen Schmugglertunnel in die Stadt anzulegen. So brachten sie ihre Waren unentdeckt in die Stadt. Selena war über die Improvisationskünste der Elben überrascht. Eine solche Verschlagenheit kannte sie bisher nur von den Kobolden und Menschen. Not macht eben erfinderisch, sprach Michaels Stimme.
Im Tunnel konnte man nicht aufrecht stehen. Dafür war er auch nicht gebaut worden. Decke und Wände waren mit Planken und Balken gesichert. Am Boden befand sich ein Schienenstrang, der bis zum Tunnelausstieg reichte. Ein Gestell aus Eisenstäben mit Laufrädern darunter bildete die Grundkonstruktion. Auf das Gestell wurden Holzpaletten gelegt, die man mit Scharnieren fest machte. Über den Paletten, auf denen die Ware lag, waren teilweise Gurte oder Netze befestigt. So verrutschte beim Transport nichts. Unter dem Gestell befanden sich Rollen, auf denen ein Tau lief, das im Gleisbett lag. Mit einer Ziehvorrichtung an den Tunnelenden setzte man das Schienenfahrzeug in Bewegung. An der Tunnelwand hatten die Schmuggler einen Draht gespannt, an dessen Ende ein Gewicht hing. Betätigte man den Draht bewegte sich das Gewicht. So kommunizierten die Schmuggler miteinander, dass die Ware fertig zum Abtransport war.
Man konnte meinen ein Zwerg hätte Pate für das Projekt gestanden. Sie legte sich auf die Palette, atmete einmal tief durch und nickte dem Schmuggler zu. Er zog an der Schnurr. Kurz darauf spannte sich das Tau und die Fahrt begann. Erst als die Fahrt los ging fiel ihr ein, dass der Schmuggler nichts von Bremsen erzählte.
Wie wurde das Gefährt überhaupt angehalten?

***
Einer nach dem Anderen wurde auf dem Gefährt durch den Schmugglertunnel gefahren. Der Einstiegsschacht war als versiegter Brunnen getarnt. Bisher hatte sich keiner die Mühe gemacht ihn hinabzusteigen und zu kontrollieren. Er stand in einer Ziegelbrennerei, die zu einem Lager umfunktioniert worden war. Mehrere Paletten mit Brennziegeln standen in Reih und Glied. Dazwischen lagerten Rohmaterialien.
Eine pfiffige Tarnung, fand Selena. Ihr machte die Fahrt sogar Spaß. Beinahe so wie in der Mine von Lo`Rohan, außer dem Ende. Der Stollen stürzte ein und drohte durch eindringendes Wasser zur Todesfalle zu werden.
Der Schmuggler verriegelte die Zugvorrichtung, kam aus dem Brunnen geklettert und verschloss ihn mit einem runden Holzpanel. Die Fensterläden vom Gebäude waren vernagelt. Über die Hintertür kam man in die Gasse. Sie verließen die Ziegelbrennerei. Inzwischen war die Nacht hereingebrochen. In der Stadt war es Still. Die Ruhe vor dem Sturm.
Sie liefen die Gasse entlang, horchten bei Abbiegungen und Kreuzungen nach Patrouillen und kamen zügig voran. Es schienen weniger Biester zu patrouillieren als angenommen. Noch immer herrschte über Ono eine nächtliche Ausgangssperre. Andererseits wurden die Nächte kälter und wer ging dann schon gerne raus. Da man den Biestern nicht aus dem Weg oder Umwege gehen musste, kamen sie schnell voran.
Die Gasse mündete in einen Platz. Vier Straßen gingen von ihm ab. Ein Knotenpunkt, über den jede Stadt, Dorf oder Siedlung verfügte. Ersteres besaß mehr als einen. An der Straßenecke, die ins Zentrum führte, stand ein Urikai, döste angelehnt an eine Hauswand vor sich hin. Im gegenüberliegenden Wirtshaus brannte Licht. Man hörte grölende Biester. Hin und wieder schepperte etwas. Rufe waren zwischendurch zu vernehmen. Während der Urikai Wache schob. Mehr oder weniger. Sie nahmen ihre Aufgaben nicht allzu ernst.
Um zum Fürstenpalast zu kommen, mussten sie über den Platz gelangen.
Einzeln liefen sie los. Bemüht keine weckenden Geräusche zu verursachen. Sie verschwanden einer nach dem anderen in der dunklen Gasse. Erst wenn einer von ihnen drüber war, ging der Nächste los. Auf Selena folgten Celin, Madaeus und Nava. Drüber angekommen warteten sie einen Augenblick. Ilo, der Waldwächter, war der Letzte. Da kam das Zeichen. Er ging los…

***
Der Urikai machte entweder ein Grunzen oder einen Schnarchlaut, jedenfalls erschreckte sich der junge Ilo so sehr, dass er nicht darauf achtete, wohin er trat. Mit seinem Fuß blieb er an einem vorstehendem Pflasterstein hängen, verlor sein Gleichgewicht und fiel zu Boden.
Das Scheppern schreckte den Urikai auf. „Hey! DU!“, rief er mit zerknautschter Miene und kam mit großen Schritten auf den Elb zu.
Madaeus wollte ihm zur Hilfe eilen, doch Selena packte ihn am Arm. Der Elb warf ihr einen Bösen Blick zu.
Aus dem Wirtshaus kamen 2 Biester. Um nachzusehen, was draußen los war. Sie sahen den Elb. Einer rief etwas zu den anderen im Haus. Kurz darauf tauchten 3 Soldaten auf.
„Was suchst du so spät hier draußen, Spitzohr?“, wollte der Anführer des Trupps wissen.
Ilo war stehen geblieben, statt zu flüchten, was verdächtig gewesen wäre. Die Biester hätten Alarm gegeben und ihn verfolgt. Durch seine Unachtsamkeit geriet ihr Vorhaben in Gefahr. Das konnte und wollte er nicht auf sich laden. Also stellte er sich den Biestern entgegen.
Da tauchte ein Orktrupp aus einer Seitenstraße auf. „Was ist hier los?“
„Das geht euch nichts an, Ork.“, blaffte der Urikai. „Wir haben den Elb aufgegriffen.“
„Weil er gestolpert ist. Andernfalls hätte der Posten weiter geschnarcht ohne was gemerkt zu haben.“, erwiderte der Ork höhnisch, sah den Wachposten abschätzend an. „Ihr wart ja zu beschäftigt um euren Pflichten nachzugehen.“
Die Kluft zwischen Orks und Urikais wurde mehr als deutlich.
„Was sucht ihr hier überhaupt? Für den Bezirk sind wir zuständig.“
„Wir lösen euch ab.“
„Auf wessen Befehl?“
Die Orks zogen, für die Urikais, vollkommen unerwartet ihre Waffen und griffen an. Ilo, der zwischen den Fronten stand, wurde von einem Ork beiseite geschubst. Todesschreie. Lärm. Ängstliche Rufe, die in der Nacht verhallten. Ruhe. Alles hatte nur Sekunden gedauert. Die Urikais waren chancenlos. Sie lagen in ihrem Blut auf den Pflastersteinen.

***
Der Anführer schritt auf Ilo zu. Er hielt dem Elb seine Hand, statt sein Schwert, hin. „Hauptmann K`reuk schickt uns“ Die Nachricht war zum Teil an den Waldwächter gerichtet. Der Ork schaute in die Gasse, die Ilo vor seinem Fall ansteuerte. „um euch den Rücken frei zu halten.“
Wie sie vom Hauptfeldwebel erfuhren, hatte die Krone dem Gouverneur und Fürsten das Mandat entzogen. An Stelle des entmachteten Horkon, dem orkischen Gouverneur von Sierra, berief die Krone den Urikai Cris. Ein Loyalist. Seine erste Amtshandlung als neuer Militärgouverneur war die Stationierung seiner Soldaten im Fürstenpalast. Außerdem teilte er die Gegend um den Palast neu ein, übergab die Kontrolle an verbündete Urikai Truppführer. Die Orks bootete er aus. Was zur Spannung unter den Biestern führte.
Zusammen mit dem Orktrupp erreichten Sie ihr Ziel, das Haupttor zum Fürstenpalast. Hauptmann K`reuk erwartete sie bereits. „Seid ihr bereit?“, fragte er die Erbin der Krone.
Sie schaute Celin und Nava an. Ab hier musste sie alleine weiter. Wenn alles so lief, wie geplant würde man sich zum Sonnenaufgang wiedersehen. Eine Garantie gab es nicht. Ohne sich zu verabschieden, was nicht gerade ihre Stärke war, wandte Selena sich dem Hauptmann zu und nickte.
Ein Ork, Fraka hieß er, fesselte ihre Hände so, dass man meinen konnte die Lederriemen würden sich von alleine nicht lösen. Sie nahmen ihr die Waffen ab. Alles andere konnte unnötigen Verdacht erregen. Ein letzter Blick zu ihren Weggefährten. Dann machte sich die Albin zusammen mit 3 Orks zum Haupttor auf. Um ihre Aufgabe zu erfüllen und ihre Mutter zu rächen.
Nava hatte ein ungutes Gefühl. Sie war die Erlöserin, daran bestand inzwischen kein Zweifel mehr für die Elbin. Ein weiterer Grund warum es ihr missfiel die Albin alleine mit den Orks in die Höhle des Löwen zu schicken. Vielleicht hatte der Hauptmann ein falsches Spiel gespielt, um in der Gunst der Krone zu steigen. Ihre Hoffnung war, dass sie sich irrte. Andernfalls war alles umsonst gewesen. Unwohl sah Nava wie Selena zusammen mit den Orks durch das Haupttor schritt.

***
Nava`s Zweifel gegenüber K`reuk waren unbegründet. Er hatte nicht vor die Sache zu verraten. Auf einem Dach, eines hohen Gebäudes, lag ein Ork, schaute durch ein Fernrohr, veränderte eins ums andere Mal die Stellung der Linsen und sah wie sein Hauptmann mit der Spitzohrin das Tor passierten. Er robbte daraufhin zur anderen Seite des Dachs. Dort schloss sich ein niedriges Gebäudedach an. Wo ein Bote wartete, das Signal zum Angriff zu geben.
Der Aufklärer lugte über den Rand des Daches. „Pssst.“
Der Ork schaute hoch.
„Sie sind drin.“, teilte er ihm mit und kehrte auf seinen Posten zurück.
Der Bote sprang vom Dach, auf das angrenzende Vordach, das unter dem Gewicht bedrohlich knirschte aber standhielt. Unten angekommen horchte er, ob eine Patrouille ihn entdeckte, und lief schließlich los.
Die Rebellion konnte beginnen…
Mit der Nachricht, die der Bote den wartenden Rebellen überreichte, wurden Dinge in Bewegung gesetzt, die ab da nicht mehr aufzuhalten waren. Die Entmachtung der Krone ließ Orks und Urikais den Zwist zwischen ihnen vergessen. Sie verfolgten das gleiche Ziel. Hier und jetzt sollte die Tyrannei der Krone ein Ende haben. Was danach kam, konnte keiner vorhersagen, aber, was auch immer sich daran anschloss, lag dann aber in ihren Händen.

***
Der Plan war darauf ausgelegt, dass mit einem Ereignis mehrere Dinge gleichzeitig geschahen. Auslöser vor allem war das Passieren des Haupttores vom Fürstenpalast. Jetzt gab es kein zurück mehr.
Mit finsterer Miene ließ sie der Kommandeur der Torwachen hindurch. K`reuk hatte mehr als deutlich gemacht, wer die Gefangene und er waren. Sein Kommando über den Elitetrupp der Zwillinge hatte weiter bestand. So gelangten sie hinein.
Keiner der Urikais stellte seinen Befehl, die Gefangene zu inhaftieren, in Frage. Sie betraten die Katakomben des Zellentrakts. Über den wollten sie bis zum Westflügel vordringen. Dass die Urikais Meldung machen würden, erwartete man. Schließlich waren sie Orks. Das Misstrauen ruhte auf beiden Seiten.
Sie gelangten in den Vorraum zum Zellentrakt. Dort wurde man erwartet. „Hauptmann K`reuk. Schön euch wohlbehalten wieder zusehen.“ Der Minister der Krone, ein Alb, stand gemeinsam mit fünf Reitern da. „Wir haben euch früher zurückerwartet.“
K`reuk gab sich gelassen. „Es gab Komplikationen.“
Der Alb lächelte nicht wirklich, schaute zu Selena und musterte sie abschätzend. „Damit war ja zu rechnen.“, entgegnete er gleichgültig. Er richtete seinen Blick wieder auf den Ork. „Ihr habt euren Auftrag erfüllt.“
„Gab es da je einen Zweifel, Minister.“
Der Alb ging nicht darauf ein. „Die Krone will mit der Gefangenen sprechen.“
„Dann werde ich Sie zu ihr bringen.“, erwiderte K`reuk.
In den Augen des Alb blitzte es. „Das wird nicht nötig sein. Eure Dienste werden jetzt nicht mehr weiter benötigt.“, stellte er unmissverständlich fest.
Sekunden verstrichen. Niemand rührte sich. „Wenn das so ist.“ Er überließ dem Minister die Erbin der Krone.
Die Lage war verzwickt. Gingen sie zum Angriff über, konnte dass fatale Folgen haben. Selena konnte auf sich aufpassen, das hatte sie eindrucksvoll bewiesen. Sie sollten kein Risiko eingehen.
Drei Reiter traten vor. „Man wird euch hinaus begleiten.“ Dieser Schritt kam unerwartet.
Sie sahen wie die Albin, flankiert von 2 Reitern, mit dem Minister den Zellentrakt durchschritt und in Richtung Westflügel verschwand.
K`reuk und seine Männer machten kehrt, gingen den Weg zurück.
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Ende, Kapitel 18
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Mann ist das spannend. Selena in der Höhle der Löwin. Muss gleich weiter lesen.

Petra (29.12.2010)

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