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Snorsch - I. Band / Kapitel 2 Ein Märchen für Kinder und jung gebliebene Erwachsene.

Romane/Serien · Herbst/Halloween · Für Kinder
Aber die netten Worte halfen nichts. Am liebsten wäre Uwe blitzartig weggelaufen, doch der Bettler hielt ihn am Zipfel seines Umhanges eisern fest.
„Lass los!“, rief der Kleine verzweifelt. „Ich will nichts mit dir zu tun haben. Außerdem kannst du mich nicht erschrecken. Du blöd verkleideter Penner, du oller!“
„Oll bin ich schon so ein bisschen,“ gestand der Bettler kleinlaut ein, „aber ich bin nicht verkleidet und du musst mir helfen!“
„Ach, lüg doch nicht“, entrüstete sich Uwe. „Du hast dich verkleidet, weil nämlich Halloween ist, aber ich lasse mich nicht verarschen und helfen tue ich dir auf gar keinen Fall. Muss ich auch gar nicht. Und wenn du mich nicht loslässt, dann schreie ich ganz laut und das hören dann alle Leute und du bist am Arsch und landest bei der Polizei, weil du ein kleines Kind begrabscht hast und außerdem kommt dann noch meine Mama und die kann sauwütend werden, sage ich dir. He, du solltest sie mal erleben, wenn die so richtig durchdreht!“
Der Bettler duckte sich. „Hört sich ja grässlich an, aber nur ruhig Blut, Kleiner,“ flehte er,
„ich tu dir ja nichts. Ich habe nur eine schlimme Verletzung an meinem rechten ...“
„... Arm?“, vollendete Uwe seinen Satz. Komisch, irgendwie empfand er plötzlich Mitleid mit diesem seltsamen Mann.
„... Flügel !“, verbesserte der Bettler ihn und seine roten Augen leuchteten freundlich unter der Kapuze.
Der Junge krauste die Stirn. „Rede doch keinen Scheiß, du meinst Arm!“
„Ist es MEIN Körper oder deiner?“, fragte der Bettler höflich.
Uwes Lippen wurden zu einem kleinen schmalen Strich. „Also, dann sag mir doch mal, wie ein Penner zu einem Flügel kommt!“
„Zu Zwei Flügeln!“ Der Bettler hob dabei die entsprechende Anzahl seiner Krallenfinger in die Höhe und wedelte damit vor Uwes Nase. „Die hatte ich gleich, als ich aus dem Drachenei schlüpfte!“
„Ach , das ist doch alles nur ein Märchen!“ Uwe stemmte trotzig die Fäuste in die Hüften, während die Leute durch den Ausgang des Kaufhauses, immer noch dicht gedrängt, an ihnen vorbei strömten. Manche schüttelten jetzt genervt die Köpfe, weil Uwe und der Bettler die Tür ziemlich blockierten.
„Das könnte sein, aber weißt du, dass manche Märchen zum Teil auf Wahrheiten beruhen?“ Die dicken, grauen Wimpern im Drachengesicht flatterten dabei ein wenig unsicher auf und nieder.
„Na, dann sage mir mal, wieso du hier sitzt?“ Uwe beugte sich mit kritischem Blick zu ihm hinunter.
„Siehst du den Brunnen dort hinten?“ Der Bettler wies in die betreffende Richtung.
Der Junge nickte.
„Durch den Gully dieses Brunnen bin ich gekrochen. Es war sehr eng, und so habe ich mir einen meiner Flügel verletzt und ...“
„Selber Schuld, kann ich da nur sagen! Warum bist du nicht geflogen?“
„Dann hätte doch jeder diesen dicken, fetten Drachen am Himmel gesehen und das wäre nicht nur sehr günstig für Gilbert, den Düsteren, gewesen, auch die schiefe Mirjane hätte das als prächtige Gelegenheit empfunden, mich endlich zu fangen, einzusperren und Professor Robert Kraunz und seinen fiesen Gesellen, den Schwarzenberges, zu übergeben.“
„D... den Schwarzenbergers? Kenne ich gar nicht!“, stotterte Uwe.
„Ich auch nicht!“ Der Bettler hob die Drachenpfote und winkte ab. „Das war nur so ein Beispiel, damit du weißt, was geschehen könnte, wenn du mir nicht hilfst!“
„Aber ich habe gar kein Verbandszeug!“
„Ich auch nicht, das ist ja das Problem!“
„Und wie soll ich dir da helfen?“
„Na, ich dachte mir, du reißt vielleicht ein kleines Stückchen von deinem Umhang ab?“
„Das geht doch gar nicht, der ist viel zu fest!“
„Doch, geht schon!“ Der Bettler schob sich eine seiner Krallen ins Maul, nagte mit seinen langen Zähnen daran, bis die Kralle schön spitz war und ehe Uwe noch einen schrillen Schrei ausstoßen konnte, hatte er sich ein stattliches Stück von dessen Umhang abgeschnitten.
„Na toll, und wie sieht der Mantel jetzt aus? Beschissen sieht der aus!“, ächzte Uwe und kämpfte mit den Tränen.
„Werdet ihr Zwei mal endlich von der Tür verschwinden!“, schimpfte eine Verkäuferin, die wohl jemand herbei geholt hatte.
Der Bettler wollte gehorchen, aber es gelang ihm nicht so richtig, auf die Drachenpfoten zu kommen. „Die alten Knochen“, jammerte er, nachdem ihm Uwe geholfen hatte, „die wollen nicht mehr so wie früher!“
Sie gingen zum kleinen Platz und der Bettler setzte sich dort auf eine der Bänke. „Hier ist noch etwas frei!“ Seine Pranke klopfte einladend auf die Stelle neben sich.
„Nein, ich denke nicht daran!“, murrte der Junge. „Ich wollte dir nur sagen, dass es ziemlich bescheuert war, meinen tollen Umhang zu zerfetzen. Wie sehe ich jetzt aus? Da hättest du auch gut und gerne von deinem Mantel etwas abreißen können und das wäre auf das gleiche hinaus gekommen!“
„Wäre es nicht!“, entgegnete der Bettler. „Dann wäre ja MEIN schöner Mantel zerrissen! Aber jetzt mal im Ernst, ich musste dich doch dazu bringen, eine gute Tat zu tun. Das ist nämlich in allen Märchen so. Da findet jemand ein Wesen, das hilflos erscheint, aber in Wirklichkeit kann es zaubern und ....“
„Kannst du denn zaubern?“
„Nein, ich glaube nicht. War ja auch nur so ein Beispiel! Hach, jetzt du hast du mich unterbrochen. Also, das Wesen, welches ...“
„NICHT zaubern kann!“ murrte Uwe.
„Du hast schon wieder dazwischen gequatscht. Das ist gar nicht nett. Es ist also seinem Retter zu ewigem Dank verpflichtet. So, jetzt darfst du etwas sagen.“
„Ewigen Dank? Wie willst du das anstellen?“
„Na, ich laufe dir zum Beispiel immer hinterher.“ Die roten Augen im Schatten der Kapuze funkelten glücklich.
„Hinterher? Und das ewig?“
Snorsch nickte in seiner Begeisterung gleich mehrmals.
„Na fein, ein versoffener Penner läuft mir ewig hinterher. Das ist ja echt der Gipfel an Peinlichkeit! Und wofür soll das gut sein?“
„Na, ich beschütze dich!“ Snorsch warf sich stolz in die Brust, aber eigentlich trat dabei nur der dicke Bauch hervor. „Und du beschützt mich ", fügte er etwas leiser hinzu, " zum Beispiel vor Gilbert, der schiefen Mirjane und den grausamen Schwarzenberges. Na, was hältst du davon?“

Fortsetzung folgt
 
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Kommentare  

Eine tolle Geschichte. Ich mag es, wenn in Bildern erzählt wird. Da würde ich glatt was zu malen wollen :) Kann mir das gut als Buch vorstellen und dnan kann man es gemütlich auf der couch lesen. LG

Sabine Müller (01.08.2011)

Snorsch ist ... anders.
Und irgendwie scheint es in dieser Geschichte darum zu gehen - um's ... Anders-sein.
Das ist spannend.


Crazy Diamond (08.05.2011)

Und hier kommt noch ein Kommentar für dich. Der Arme Snorsch. Der spricht ja von recht merkwürdigen Gestalten, denen ich nicht gerne im Dunkeln begegnen möchte. Bin sehr gespannt , was es mit diesen seltsamen Personen aufsich haben könnte.

Petra (01.02.2011)

Da hat mich Leo solange bearbeitet, bis ich mit ihm eine weiter Geschichte von snorsch gelesen habe. Wir sind beide der Meinung, dass auch der zweite Teil uns gut gefällt.Es war uns eine Lesefreude ...
LG von Birke und Leo


Birke (09.12.2010)

Hallo ihr drei. Ich freue mich riesig und danke euch für die lieben Kommentare.
@Jochen, das wird sogar NOCH spannender. Die Story ist ja erst am anlaufen und ich hoffe sie wird nicht zu gruselig für die Kleinen werden.
@Dolly, freut mich, dass dir auch der zweite Teil gefällt.
@Ingrid, ja Snorsch ist ziemlich menschlich. So gar nicht drachig, aber das kommt noch.
liebe grüße an euch


Dieter Halle (28.11.2010)

ein sehr menschlicher drachen, snorsch heißt er, und ich bin gespannt, wie's weitergeht.

Ingrid Alias I (27.11.2010)

Ich schließe mich dem Kommentar an, es ist spannend .......... auch der zweite Teil gefällt mir.

Dolly (25.11.2010)

Der zweite Teil ist fast noch besser. Wird ja richtig spannend.

Jochen (25.11.2010)

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