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5 Seiten

80 Days , Kapitel 2

Romane/Serien · Fantastisches · Fan-Fiction/Rollenspiele
Kapitel 2

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"Das Haus ist klasse....die Wohnung auch....."
Mattie stellte einen der unhandlichen Kartons auf den Boden ab und balancierte dabei umständlich ihr Handy zwischen Kinn und Schulter. Ihre Blicke schweiften dabei über die bereits von ihr und den freundlichen Helfern herauf getragenen Kram. All diese Sachen hatten eine weite Reise hinter sich. Sie war nur dankbar, dass sie nicht auch noch Möbel verschiffen musste. Möbliert war die Wohnung ja schon. Bis auf ihren Lieblings Schaukelstuhl und ihre Lieblings Stehlampe hatte sie nichts mitgebracht. Zumal sie ja lediglich ein Jahr bleiben wollte. Vorläufig zumindest.
Nun war sie die Treppen rauf und runter gelaufen, stets mit ihrem Handy am Ohr und telefonierte mit ihrer Mutter.
Auf der einen Seite konnte sie sich kaum vorstellen, wie unglaublich weit entfernt sie war....auf der anderen Seite war sie dankbar dafür. Aber ungeachtet der Entfernung war das Thema das Gleiche wie eh und Je.
"Und? Hast du schon einen netten Mann getroffen in Japan?"
"Mom, ich bin seid drei Tagen hier."
"Wenn du noch keinen netten Mann getroffen hast, hast du wohl drei Tage verschwendet."
"Mooomm" Matties Stimme wurde quenglig und sie hasste das.
"Japaner haben das Kamasutra erfunden, weißt du."
"Mom, das waren die Inder..."
"Die Inder? Bist du sicher? Naja...würde erklären wieso die so viele Kinder haben und du nicht mal einen Mann."
"Mom!"
"Du wirst nicht jünger, Schatz. Ich im übrigen auch nicht. Und ich würde das gerne noch erleben."
"...."
"Bist du noch dran?"
"Mom, die Verbindung ist sehr schlecht. Kann ich dich zurückrufen?"
"Kom mir doch nicht...."
"Krchhchchcchch"
"Na schön, dann ruf zurück. Und geh mal aus in Japan. Ich glaube, die Japaner haben aber das Fang-chung-shu erfunden."
"Das waren die Chinesen......", grinste Mattie und legte auf.

Im Grunde war sie diese Unterhaltungen leid, aber es gab seid ca 5 Jahren nichts, was sie hätte dagegen tun können. Eins war mal klar. Martina "Mattie" Holmes, Ehefrau von Niemanden, Mutter von Niemanden...nicht mal Freundin von jemanden, hatte einunddreizig Lebensjahre auf den Buckel.
Das Grausame daran war, dass sie es nicht mal gemerkt hatte. Irgendwann war sie morgens wach geworden und war dreizig. Das ging so schnell, dass sie sich unwillkürlich fragen musste, wo die letzten...sagen wir mal 15 Jahre waren. Oder zehn..oder auch die letzten fünf. Es war nur ein Augenzwinkern und schwupp...die Zeit war vorbei.
Das Einzige, was sie an manchen Tagen aufrecht hielt, waren die diversen Kosmetika, die freundlicher Weise von der Industrie erfunden wurden, um Frauen wie sie zumindest optisch mit den Teenes dieses Zeitalters mithalten zu lassen.
Natürlich war das auch ein Trugschluss und so blieb Frauen wie ihr nichts übrig, als endlich irgendwann zu Heiraten und Kinder zu bekommen, oder aber eben Karriere zu machen.
Sie hatte sich nicht bewusst für das Letztere entschieden. Es war einfach ein Zufall. Und dazu noch ein gut bezahlter.
Sie legte das Handy auf die kleine Kommode im Flur und seufzte. Unentschlossen griff sie erst die eine Kiste, stellte sie dann wieder ab, nahm eine andere Kiste, stellte auch diese wieder hin und entschied sich dafür, dass das allerwichtigste wohl erst mal die Kaffeemaschine war. Seid sie in Japan war, hatte sie nicht einen anständigen Kaffee getrunken.


***

Ein Handy!
Nach einem weiterem Black out hatte er verwirrt die Augen geöffnet und befand sich im Flur und da! Auf der Kommode lag ein Handy. Ein teures Model, schlank, schwarz, mit Touchscreem. Hatte er es selbst da hingelegt?
Es musste ja eines von Seinen sein. Auch wenn er sich nun nicht daran erinnern konnte, so eines zu besitzen, aber was für eine andere Möglichkeit gab es da schon?
Oh, ein Handy. Unwillkürlich musste er vor Glück und Erleichterung glucksen. Es kam aus vollem Herzen und wirkte so fremd an ihm, dass es schon fast beängstigend war.
Er hatte sich noch kaum über die Anwesenheit des Handys beruhig, da geriet ihm auch noch der herbe Duft frischen Kaffees in die Nase!
Kaffee! Nun war sein Glück vollkommen. Endlich würde alles wieder normal werden. Aufgeregt und mit großen Augen folgte er der Fährte und tatsächlich. In der Küche, die irgendwie verändert war aber dennoch seine war, stand eine Kaffeemaschine und die führte nun gluckernd und schnaufend Kaffee in die darunter stehende Kanne. Glücklich lachte er und.....

***

...Mattie hob den Kopf. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie, jemanden lachen zu hören. Ein helles, klares, aber befremdliches Lachen. Es klang irgendwie weit entfernt und doch ganz in der Nähe. Etwa so, als ob jemand im Radio lachen musste. Sie hatte bloß kein Radio an. Hätte sie sich auch sparen können, denn noch waren die Schüsseln nicht so eingerichtet, dass sie hätte amerikanischen Fernsehen oder Radio empfangen können. Sie steckte des Kopf aus der Wohnzimmertür und lugte über den Flur.
"Hallo?"
Irgendetwas hatte sich verändert. Sie spürte es in ihrem Rücken. Es zog ihr den Magen zusammen. Es war, als hätte die die Luft mit Elektrizität aufgeladen.
Überrascht bemerkte sie, dass ihr übel wurde und ihre Hände ein wenig zitterten.
Was war los? Fahrig fuhr sie sich durch das noch ungekämmte Haar.
Sie machte einen Schritt in den Flur, schaute nach rechts zum Bad hinunter, dann nach Links zur Haustür, aber alles war gleich. Vielleicht waren die Wände so dünn? Hatte sie deshalb geglaubt, eine Stimme zu hören? Waren gleich nebenan schon die Nachbarn eingezogen?
Bisher waren eine Etage unter ihr drei Wohnungen belegt und über ihr erst eine. Nun die direkt neben ihr?
Sie versuchte ein Lächeln und schob ihr Unwohlsein darauf, sich erschrocken zu haben. Nicht mehr auf dem Flur alleine zu sein wäre schon schön. Sollte sie sich ein Herz fassen? Wieso auch nicht. Angetrieben von dem, das allen weiblichen Wesen auf dieser Erde eigen zu sein schien, nämlich der Aussicht auf Geplauder und Getratsche, schnappte sie sich ihren Schlüssel und ....

***

....er öffnete einen der Hängeschränke. Eigentlich hatte er sich hier Tassen erhofft. Aber hier waren keine. Nur Teller, Schüsseln und so einen Kram. Er öffnete den Nächsten.
Auch hier keine Tassen. Sollte er seinen Kaffee bitte aus einer Suppenschüssel trinken und....wo zum Teufel war der Zucker. Bei Gott, das war das Wichtigste!
Schon einer Panik nahe riss er die Tür des nächsten Schrankes auf..und des Nächsten.
Es gab keinen Zucker!
Erbost trat er in den Flur. "Watari! Haben wir keinen Zucker?" Es dauerte eine Weile, bis er realisierte, dass er keine Antwort bekommen würde. Wo war Watari überhaupt und wann hatte er ihn das letzte Mal gesehen? Ah sicher. Er hatte es schon wieder vergessen. Er war ja alleine hier. Alleine…..Langsam aber sicher breitete sich Angst in ihm aus. Sie schien sich von hinten in seinen Rücken zu bohren und ihren Weg widerstandslos zu seinem Herzen zu finden. Als ob jemand seine Hand um das lebenspendene Organ legen würde um zu zu drücken.
"Wo zum Teufel bin ich eigentlich", fragte er niemanden und schlang die Arme um seinen zerbrechlich wirkenden Körper.
Seltsam, dass er immer wieder vergas. Er stockte. Aber was vergas er denn?
Und noch etwas kam ihn in den Sinn.
Etwas, dass er sich die letzten Tage, wenn es denn welche waren , hin und wieder mal fragte.
Vergas er wirklich…….oder erinnerte er sich vielmehr??
Das war eine beängstigende Frage.
Wirklich sehr beängstigend.
Still und nachdenklich stand er da und rieb sich die Oberarme.
Es gab nichts was er tun konnte. Ihm war immer kalt in letzter Zeit.
Über die Schulter blickte er zurück in die Küche. Der Geruch des Kaffee`s hing immer noch in der Luft, schien sie zu erfüllen und zu schwängern.
Gott, er wollte so gerne einfach einen Kaffee…
Wieder trat etwas neues in seinen Kopf. Ein neuer, furchteinflößender, nahezu bedrohlicher Gedanke.
Wann hatte er das letzte Mal gegessen?
Er versuchte sich zu erinnern.
Er musste sich erinnern. Er musste ja etwas gegessen haben. Sicherlich, aber wann war das. Und was?
°”Ich habe noch nicht gegessen….°”, murmelte er. Es war keine Frage, es war keine Vermutung, es war keine Annahme.
Es war Fakt.
°”Ich habe wirklich noch nicht gegessen…°”
Unter seinen Lidern brannten Tränen und verschleierten seinen Blick.
Er sah allerdings doch sehr deutlich, dass sich die Wohnungstür öffnete.

***

Mattie war enttäuscht als sie wieder die Wohnung betrat. Wer auch immer gelacht hatte, Nachbarn waren es nicht. Die Tür nebenan war nicht mal verschlossen.
Sie schmiss den Schlüssel wieder auf die Kommode, stapfte in die Küche und blieb wie angewurzelt stehen.
"Was zum Teufel....."
Völlig fassungslos starrte sie auf die aufgerissenen Schränke.
Alle Türen der Hängeschränke waren geöffnet, die unteren beiden unter der Spüle ebenfalls.
Langsam, als könnte sie von irgendwelchen Küchenutensilien gebissen werden, trat sie in den kleinen Raum.
Sprachlos atmete sie ein paar Mal ein und aus. Es klang sehr laut in der Stille.
Vorsichtig schloss sie die erste Schranktür, zu der sie kam. Dann die Zweite.
Jemand war in ihrer Wohnung gewesen.
Wahrscheinlich war sie sogar rausgelockt worden…..
Mattie riss die Augen auf und schnappte nach Luft.
Genau so muss es gewesen sein!
Jemand lachte und lockte sie aus der Wohnung und ein anderer durchsuchte dann die Schränke.
Ja sicher.
Schließlich wurden in dieser Firma streng geheime Projekte verwirklicht. Zukunftsweisende Vorhaben auf dem Gebiet der Datenspeicherung und Sicherung!
Mattie spitze die Lippen.
Ein Spion vielleicht.
Aber anders herum, warum sollte derjenige ausgerechnet ihre Wohnung durchsuchen?
Sie war wahrlich ein kleines Licht in dieser Firma.
Und dann auch noch die Küche? Würde ein Spion nicht eher ….nun…andere Orte durchsuchen?
Sie musste sich eingestehen, dass sie keine Ahnung hatte, was ein Einbrecher oder Spion durchsuchen würde, sie war sich nur sicher, dass die Küche der letzte Ort wäre, den sie durchsuchen würde, wenn sie zu dieser Berufsgruppe gehören würde.
“Nein falsch,,,,,das Bad.”, verbesserte sie sich.
Sie würde das Bad als letztes durchsuchen.
Andererseits.
Mattie schmiss die letzte Tür zu und lief wieder zu ihrer Haustür.
Was hatte Nakamure noch gesagt? Die einzige Wohnung mit einem Sicherheitscode?
Das musste des Rätsels Lösung sein.
“Die haben wirklich geglaubt, bei mir sei was wertvolles. Muss ja so sein, wenn ich die Wohnung mit dem Code habe….”
Nun, sie hatte bisher nie einen eingegeben. Aber das heißt ja nicht, dass niemand anders es getan hat.
Bestimmt hatte jemand noch den alten Code verwendet und war dadurch in ihre Wohnung gekommen!
Es half nichts.
Ob sie Nakamure nun mochte oder nicht.
Er musste das hier in Ordnung bringen.
Wenn sie schon eine Code gesicherte Tür hatte, dann wollte sie dieses auch nutzen.
Und zwar nur sie….und sonst niemand!
 
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Kommentare  

Ha! Besonders die ersten beiden Kapitel sind ja mal der Hammer. Toller Dialog und dazu die herrliche Beschreibung der "grausamen dreißig".
Es bleibt - oder wird - mysteriös. Mal sehen was da noch kommt


Jingizu (08.06.2011)

Toll, ich bin völlig drin in der Story obwohl ich keine Ahnung habe, um was es sich hier dreht. Will ich auch gar nicht wissen, habe ich mich jetzt entschlossen. Ich will mich nur von dir immer weiter in diese Geschichte hinein tragen lassen. Das klappt nämlich ganz prima. Schöner Schreibstil. Es wird spannend.

Dieter Halle (07.06.2011)

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