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16 Seiten

Vergeltung Kapitel 5 (Historisch)

Romane/Serien · Romantisches
© Lilly
„Hamish, Nab, Rob, ihr sattelt die Pferde.“
Dieser gebrüllte Befehl, dicht neben ihr, zerrte sie aus ihrem unermesslich tiefen Schlaf. Erschrocken riss sie ihre Augen auf, denn eine kurze Sekunde lang hatte sie vollkommen vergessen wo sie sich befand, und hauptsächlich mit wem.
Sie hatte so schön geträumt, von ihrer Mutter, sie war vollkommen gesund und lächelte wie eh und jäh. Sie standen in einem Kornfeld dicht nebeneinander und hielten sich an den Händen, es schien Herbst zu sein. Das lange feuerrote Haar ihrer Mutter wehte offen im seichten Wind und sie trug ein weißes, wunderschönes Kleid. Ihre Haut war rosig, glatt und nicht vom Alter, dem Kummer und ihrer Krankheit gezeichnet. Elisabeth hatte ganz vergessen wie schön ihre Mutter einmal war. Sie erinnerte sich nur noch an ihr ausgemergeltes Gesicht, ihre graue Hautfarbe, die dunkel unterlaufenen Augen, die so unendlich erschöpft wirkten. Doch nun stand sie neben ihr, als wäre nie etwas geschehen, als hätte Gott sie nicht zu sich gerufen, nachdem er sie so leiden ließ. In ihrem Traum schien das alles vergessen und auf einmal wandte sich ihre Mutter ihr zu, nahm ihre Hände in die ihren, lächelte und sagte:“ Die Dinge, die wir immer vor Augen haben, sind nicht die, die wir wirklich sehen.“
Elisabeth wollte fragen, was sie denn damit meinte, doch bekam sie keinen Ton über ihre Lippen. Dafür sprach ihre Mutter mit ihrer sanften Stimme weiter:“ Alles was uns wiederfährt, ist unser Schicksal! Du kannst dem nicht entkommen, niemand kann das“, ihr Blick wurde fordernd, ihr Händedruck verstärkte sich:“ Doch kannst du versuchen ein besserer Mensch zu werden.“, auf einmal sah Elisabeth Tränen ihre Wange herab laufen und ihr Herz zog sich schmerzvoll zusammen:“ Kämpfe nicht dagegen an, Elisa, lebe ganz und gar für den Moment den du noch hast.“
Sie wandte sich etwas von ihrer Tochter ab und es war Elisabeth so, als würde sie sich umsehen. Nach einer Weile seufzte sie schwer und holte mit fest verschlossenen Augen ganz tief Luft. Da sah sie, dass sich das Antlitz ihre Mutter wieder veränderte. Ihre Haut wurde grau und dünn wie Papier. Falten gruben sich in ihr noch so ebenmäßiges Gesicht und die dunklen Ränder unter ihren nun müden Augen kehrten zurück. Selbst ihre Augen wurden seltsam trüb. Sie wirkten tot, allen Emotionen entrissen. All ihre, fast schon vergessene Schönheit, verschwand mit einem mal wieder und sie meinte verzweifelt, sich noch immer umschauend:“ Er ist nicht hier, Elisa … ich kann ihn einfach nicht finden, so sehr ich ihn auch suche.“
Dann verschwand ihre Mutter einfach in einem grellen nebligen Licht.
Sie wachte durch das Gebrüll neben sich auf, noch bevor sie versuchen konnte, den schwindenden Nebel zu greifen. Was für ein seltsamer Traum, so wirklich, das ihr Herz noch immer von dem Anblick ihrer Mutter schmerzte.
Elisabeth wollte sich erheben, sich etwas frisch machen bevor die „Reise“ weiter ging, als ihr der Schmerz bis in den kleinsten Knochen ihres Körpers fuhr und ihr den Atem nahm. Laut stöhnend stützte sie sich mit einer Hand vom Boden ab und erweckte somit die Aufmerksamkeit der Männer um sich herum.
Was war nur los mit ihr?
Sie wollte sich an ihren Rücken fassen, doch selbst diese Bewegung konnte sie nicht zu Ende bringen, da ihr direkt Tränen in die Augen schossen und ihr die Muskeln den Dienst verweigerten.
„Heilige Mutter Gottes“, hauchte sie atemlos hervor und wartete darauf, dass dieser abscheuliche Schmerz von ihrem letzten Bewegungsversuch abklang. Warum tat ihr alles so fürchterlich weh?
„Was schmerzt Euch?“
MacMahon ging neben ihr in die Hocke und betrachtete ihr bleiches Gesicht ausgiebig. Ihre Augen waren rot von den unterdrückten Tränen.
Elisabeth sah ihn mit ihren gerötete Augen an und versuchte zu lügen, woran sie anhand ihrer überaus dünnen Stimme kläglich versagte:“ Nichts … mir geht es bestens … also ich meine … gleich wieder.“
Er neigte skeptisch seinen Kopf etwas zur Seite und meinte dann, achselzuckend:“ Na gut, dann steht endlich auf, wir haben keine Zeit zu vergeuden.“
Er packte ihren Ellenbogen und zog sie mit einem kräftigen Ruck einfach hoch. Erschrocken schnappte sie nach Luft um nicht zu schreien und schwankte daraufhin bedächtig. Kalte Schweißperlen bildeten sich auf ihrer blassen Stirn und sie krallte sich in seinen Plaid. Sofort umfing er ihre Arme und fragte noch einmal, doch diesmal etwas nachdrücklicher:
“ Was zum Teufel bereitet Euch Schmerzen?“
Nur zögernd blickte sie zu ihm auf und sagte erstickt klingend:“ Ich glaube …“, sie musste sich kurz unterbrechen, denn das Schlimmste an einem Schmerz ist ja bekanntlich, wenn dieser abzuklingen beginnt. Tief holte sie Atem und spürte wie ihr übel dabei wurde.
„Ich glaube ich habe mir … oh Herr im Himmel … ich glaube ich habe mir den Rücken verletzt. Ich kann kaum atmen.“
Er nickte, äußerlich vollkommen unbeeindruckt und fragte schlicht:“ Könnt Ihr gehen?“
Elisabeth wollte mit ihren Schultern zucken, was sie aber sofort wieder verwarf und erklärte mit rauer Stimme, die ihm unerklärlicherweise gefiel:“ Ich weiß es nicht … zumindest stehe ich schon mal.“
Das war wohl auch gleichzeitig noch eine Rüge an sein raues Verhalten, doch er sah darüber mit einem seichten Schmunzeln gekonnt hinweg.
Ganz sachte bewegte er sich mit ihr Richtung Fluss und es schien zu gehen, mit jedem Schritt fiel es ihr leichter und das Atmen wurde auch besser. Erst jetzt sah sie, dass er ihren kleinen Beutel in seiner Hand trug.
„Danke“, hauchte sie ihm schwerfällig entgegen:“ Ich glaube den Rest schaffe ich ab hier alleine.“
Sie hielt ihm auffordernd ihre Hand entgegen, doch er blickte nur darauf. So als würde er nicht verstehen, was sie von ihm wollte.
„Meine Tasche, bitte.“, erklärte sie somit leicht gereizt, doch MacMahon schüttelte gemächlich seinen Kopf und fragte ganz abrupt:“ Habt Ihr noch etwas zum Anziehen bei Euch?“
Sie nickte stumm, nicht wissend, warum er das wissen wollte und da drehte er sie auch schon bestimmend herum, was sie leise schmerzvoll wimmern ließ und zog ein Messer aus seinem ledernen Stiefel. Es ging alles so schnell, dass sie zuerst noch nicht einmal begriff was er tat, bis ihr Kleid zu Boden rutschte.
„Was zum Henker …“, fluchte sie erschrocken, doch sie konnte sich nicht rühren, diese verdammten Schmerzen und dann hielt er auch noch ihre linke Schulter unnachgiebig fest. Jede Berührung, jede noch so kleinste Bewegung, brannte wie Feuer in ihren Muskeln und ihren Knochen. Der Schmerz raste immer mehr in Richtung ihres Kopfes und verbarrikadierte sich hämmernd hinter ihren Schläfen.
„Es ist sowieso vollkommen hinüber, also warum kostbare Zeit mit dem schmerzlichen herauswinden vergeuden?“
Noch bevor sie einen Protest äußern konnte, spürte sie auch schon wie er ihr Unterkleid von oben herab bis hin zu ihrem Gesäß aufschnitt. Sie fühlte das kalte Metall des scharfen Messers auf ihrer erhitzten Haut und hielt den Atem an. Kraftvoll, leicht maulend, warum Frauen auch immer soviel anhaben mussten, zog er den Stoff noch etwas auseinander. Elisabeth hielt ihn vor ihrer Brust umklammernd fest, dass er nicht zu Boden glitt und sie sich voll und ganz vor ihm entblößte. Eine brennende Röte schoss über ihre Wangen und sie zitterte am ganzen Leib vor Angst und Scham. Was hatte sie nur der Welt angetan, dass man so etwas mit ihr machen konnte, dass man sie so demütigen durfte? Sie war doch kein schlechter Mensch, nein, das war sie wirklich nicht!
„Zur Hölle“, hörte sie ihn auf einmal heiser klingend sagen und das machte ihr noch mehr Angst.
„Grundgütiger“, es war Brow der gerade zu ihnen stieß und wie angewurzelt stehen blieb, ihren entblößten Rücken anstarrend.
„Was ist los, verdammt noch eins?“
Sie war vollkommen durcheinander, schämte sich in Grund und Boden und hatte auf einmal Panik. War es wirklich so schlimm?
„Elisabeth“, begann MacMahon mit fast schon sanfter Stimme:“ Ihr seht aus, als hätte man Euch halb tot geprügelt.“
Sie schwieg und blickte starr auf die seichten Wellen des Flusses und spürte seine Hand, die nun sachte immer wieder über ihre Schulter glitt. Ob ihm bewusst war, dass er sie streichelte, fragte sie sich?
„Was zum Teufel …“, noch ein weiterer Krieger kam zu ihnen und auch der blickte direkt auf ihre Verletzung und ihrer für alle Mann offen gelegte Nacktheit. Elisabeth schämte sich in Grund und Boden und maulte hinter sich, immer röter werdend, ihr Gesicht am liebsten in ihren Händen vergrabend:“ Könnten wir dieses Schauspiel jetzt bitte beenden, das schickt sich nun wirklich nicht.“
Sie spürte wie MacMahon ihren Rücken ganz vorsichtig wieder etwas mit dem zerstörten Unterkleid bedeckte und zu seinen beiden Männern sagte:“ Wir kommen bald, lasst uns etwas Zeit, aber macht schon einmal alles fertig, dass wir dann direkt aufbrechen können.“
Sie nickten und gingen, ihr Entsetzen über ihre Verletzung aber vorher noch einmal laut kundtun.
Kaum waren sie weg, legte er ihren Rücken erneut frei und mutmaßte:“ Das ist wohl beim Sturz passiert.“
„Vielleicht aber auch, als ich im Kampf auf die Treppen meines Zuhauses gefallen bin, kurz bevor ich einen Eurer Soldaten tötete.“,schmälerte sie seine Sorge recht überheblich und das gefiel ihm ganz und gar nicht. So befahl MacMahon barsch:“ Kniet Euch nieder, ich werde ihn etwas kühlen.“
Sie zögerte, blickte ihn über ihre Schulter hinweg an und fragte überrascht:“ Warum wollt Ihr das tun?“
„Das nimmt Euch vielleicht etwas den Schmerz.“,entgegnete er ihr barsch, doch Elisabeth ließ es nicht darauf beruhen, sie konnte es nicht verstehen:“ Aber … aber warum?“
Er wurde sichtbar ungeduldig:“ Ich weiß nicht, was Ihr meint?“
Ganz sacht, ja keine hektischen Bewegungen machend, drehte sie sich ihm zu und erklärte ihm:“ Nun … warum wollt Ihr meine Schmerzen lindern, wo Ihr mich doch sowieso töten wollt, wenn wir bei Euch zu Hause angelangt sind? Ich verstehe es einfach nicht?“
Zuerst sagte er nichts, sondern griente sie nur an, während er sie an ihren Schultern herab auf ihre Knie zwang. Doch dann meinte er beschwörend, während er vor ihr in die Hocke ging und ihr unbeschreiblich tief in die Augen blickte:“ Vielleicht weil es mir dann mehr Freude bereitet. Ein halb totes Weib auf dem Schandpfahl ist wahrlich keine Freude und das will ich, ich will mich an Eurer Pein und Angst erfreuen. Ich bin ein Barbar oder habt Ihr das etwa schon vergessen?“
Noch bevor sie etwas sagen konnte, nahm er den unteren Saum ihres schmutzigen Unterkleides in seine Hände und riss ein großes Viereck heraus. Dabei sah er ihre langen schlanken Beine und wiederstand nur schwer dem Wunsch ihre zart wirkende Haut zu berühren. Hastig verließ er sie und ging zum Fluss, um den Lappen hinein zu tunken. Sophie rief ihm überaus wütend hinterher:“ Wie könnte ich das vergessen, Ihr erinnert mich ja alle fünf Minuten daran.“
Sie hörte sein herzhaftes Lachen und das machte sie nur noch übelgelaunter. Noch bevor er zu ihr zurückkam, erhob sie sich wieder ganz langsam und schritt auf das Ufer zu. Verwundert blickte er neben sich, als er ihre Füße sah.
„Ich kann mir selbst helfen.“,sagte sie etwas übermütig und streifte ihre Schuhe ab. Er bewegte sich nicht, sondern beobachtete sie regungslos und neugierig. Ohne ihn noch einmal anzusehen, oder etwas zu sagen, stieg sie in das kühle Wasser. Im ersten Augenblick, als das kalte Nass ihre Knöchel umspielte, bemächtigte sich ein schmerzvoller Schauer ihres ganzen Körpers. Doch Elisabeth zögerte nicht eine Sekunde und ging einfach weiter. Ihre Hände hielten noch immer den zerstörten Stoff fest umklammert, damit er nicht herab glitt.
Fasziniert sah er ihr dabei zu, wie sie immer tiefer in das Wasser glitt und als das kalte Nass endlich ihren Rücken erreichte, stöhnte sie wohltuend auf und ein erfreutes Lachen klang dem nach. Es beruhigte tatsächlich ihre Haut, nachdem sie sich daran gewöhnt hatte und nahm ihr diesen abscheulichen Schmerz. Und endlich konnte sie sich den Schmutz und Schweiß der letzten Nacht abwaschen.
Dieses atemberaubende Geräusch, das anscheinend aus dem tiefsten Innern ihres Körpers zu kommen schien, erweckte in ihm die Sehnsucht, es ihr gleich zu tun und er erhob sich endlich. Der nasse Stofffetzen platschte geräuschvoll auf die kleinen Kieselsteine am Ufer.
Elisabeth drehte sich zu ihm um und wollte ihm mit ihrem erfreuten Gesicht zeigen, dass sie es alleine geschafft hatte, dass sie seine Hilfe nicht brauchte, als sie in ihrer Bewegung erstarrte. Sie wurde zuerst bleich, doch nur für eine Sekunde, denn dann wurde ihr Gesicht auf einmal feuer Rot und ihre Wangen glühten.
„Was tut Ihr da?“, rief sie völlig schockiert aus und sie erschrak selbst über den seltsam erstickten Tonfall in ihrer Stimme. Denn sie sah, dass er gerade sein schmutziges Hemd zu Boden schmiss, über seinen schon längst abgewickelten Tartan und nun vollkommen nackt vor ihr stand. Er entblößte sich einfach vollkommen vor ihr, er hatte kein Scham- und mit deutlicher Sicherheit auch gar kein Ehrgefühl. Aber seine Muskeln, die sich perfekt abzeichneten, aber nicht zu übertrieben waren und seine leicht gebräunte Haut, ließen ihren Mund unglaublich trocken werden. Sie konnte ihre Augen nicht von diesem Bild von Mann nehmen. Sahen alle Männer so aus, fragte sie sich unweigerlich? Noch nie zuvor hatte sie einen Mann entkleidet gesehen und sie wusste gar nicht wohin sie schauen sollte.
Während ihrer ausgiebigen Entdeckungsreise, sah sie eine große frische Narbe an seiner linken Seite und fragte sich unweigerlich, ob ihr Vater ihm dies zugefügt hatte. Nur allein der Gedanke daran, dass ihr geliebter Vater so etwas tun könnte, ließ sie erschauern. Da kam ihr plötzlich ein Gedanke, war es das, was ihre Mutter im Traum gemeint hatte: die Dinge die wir immer vor Augen haben, sind nicht die, die wir wirklich sehen?
Meinte sie damit ihren Vater und vielleicht sogar ihr Land? War sie vielleicht wirklich so blind seinem Tun gegenüber, weil ihre Welt immer so perfekt und gut war?
„Naja Ihr hattet eine fabelhafte Idee und ich werde mich nun auch ein wenig frisch machen, dieser außerplanmäßige Ritt gestern Nacht ...“
Er klang unwahrscheinlich spöttisch und riss sie somit fast schon schmerzlich aus ihren entfernten und angsteinflößenden Gedanken. Elisabeth fing sich direkt wieder, schob trotzig ihr Kinn nach vorne und schrie fast zurück:“ Dann wartet gefälligst bis ich fertig bin, bevor Ihr hier ...“
„Weshalb“, wollte er wissen, und blickte sich kurz um:“ Der Fluss ist groß genug für uns beide.“
„Oh …“, murrte sie bebend, ihre Hände kämpferisch zu Fäusten ballend:“ Die ganze Welt ist nicht groß genug für uns beide.“
Ein vielsagendes Lächeln huschte über sein gesamtes Gesicht und so wandte sie ihm wutschnaubend den Rücken zu. Als sie hörte, dass er zu ihr ins Wasser stieg, erstarrte sie zu einer bleichen Säule. Auch wenn sie es wollte, sie könnte sich gar nicht bewegen, langsam wurde ihr alles viel zu viel.
Man riss sie aus ihrem Zuhause, tötete Unschuldige und nachdem sie alles verloren hatte, würde sie nun auch sich selbst noch in diesen Wirren verlieren. War sie selbst doch der einzige Mensch, den sie noch hatte. Sie vermisste ihre Mutter, deren Rat, deren mütterlichen Schutz. Sie wollte nicht über ihren Vater nachdenken, nicht über das, was er höchst wahrscheinlich getan hatte und auch nicht wie er wohl gestorben sein mochte. Sie wollte all das einfach nur hinter sich bringen und sie alle endlich im Himmelreich wiedersehen.
„Wollt Ihr nicht dieses kaputte Ding endlich ausziehen“, flüsterte er plötzlich ganz dicht an ihr Ohr und Elisabeth drehte sich erschrocken um. Sie wollte ihm ausweichen, doch ihre Füße rutschten auf den glitschigen Steinen aus und sie tauchte einmal kurz ab. Er umschlang geschickt ihre Hüfte und zog sie wieder hoch. Wild nach Luft prustend, rieb sie sich durch ihr Gesicht und sagte drohend, seine Hände abschüttelnd:“ Das werde ich ganz sicher nicht tun.“
„Aber warum, es ist kaputt und unnütz?“
Er wollte ihre Hände von dem Stoff lösen, doch sie schlug nach ihm und fauchte:“ Es ist sogar vollkommen von nutzen, denn es verdeckt meine Nacktheit, die Euch wirklich nichts angeht und wegen dem Kaputtsein, das ist ja wohl Euer verdienst.“
Nur schwer konnte er seine Belustigung über ihre echte Empörung verbergen und meinte gespielt verständnislos:“ Aber ich bin doch auch nackt.“
„Oh ja …“, sagte sie gedehnt, völlig schockiert:“ Das ist mir leider nicht entgangen. Doch wie ihr Eure Nacktheit zur Schau tragt, ist Eure Sache und wirklich nicht die meine.“
So schnell es ihr möglich war, watete sie an ihm vorbei zurück zum Ufer. Er sah ihr unverschämt grinsend nach, wie sie schwerfällig aus dem Wasser stieg. Das nasse Unterkleid klebte an ihrem schlanken und in seinen Augen unglaublich wohlgeformten Körper.
Ihre Hüften schwangen sSanft und sie ging so stolz wie es ihr möglich war, als sie das Wasser verließ und er sah noch einmal ihren nackten und unglaublich blau verfärbten Rücken. Sein Atem stockte als er sie beobachtete und er konnte sich nicht mehr rühren. Ob sie wusste wie verführerisch sie sich bewegte? Ob ihr klar war, dass sie eine wahrlich seltene Schönheit war?
Wohl eher kaum! Denn sie befand sich unter Menschen die ihre Herkunft verachteten, die ihr nichts Gutes wollten und sich so verführerisch zu geben, weckte nun mal bei den meisten Männern nicht gerade ihre zurückhaltende Seite. Er würde sie wohl beschützen müssen, dachte er und schüttelte auf einmal seinen Kopf.
Er wollte sie beschützen? Herrjeh, er war wirklich gerade dabei ein einfältiger Trottel zu werden. Was war mit seinem Hass, dieser Wut und seinem wohl durchdachten Plan? Nein, er konnte dies alles nicht verwerfen, denn so würde er sich und seine Familie verraten und er musste sich rächen, denn das hatte er ihnen an ihren Gräbern geschworen. War er doch schon viel zu weit von seinem Plan abgekommen, als er sie am Leben ließ. Mehr Abseits des ihm zugestandenen Weges konnte er einfach nicht gehen. Er würde sich verlieren und wer war er denn noch, außer dieser Mann, den nur der Hass und die Rache zusammenhielten.
Elisabeth sah über ihre Schulter hinweg, in sein starres Gesicht. Seine Augen, die auf einmal wieder diese abgrundtiefe Abscheu wiederspiegelten verwirrten sie und sie wollte sich ganz schnell von ihm entfernen. Ein ungutes Gefühl überkam sie urplötzlich. Sie hastete so schnell es ihr Rücken und das nasse Kleid zuließen, zu ihrem Habseligkeitenbeutel, ging fast in Zeitlupe in die Hocke und löste die Knoten, die ihn zusammen hielten.
Er beobachtete sie ausgiebig und genoss stillschweigend den Anblick der sich ihm bot. Sie zeigte ihm ungewollt viel ihrer Weiblichkeit, denn nachdem sie vergeblich versucht hatte, den Riss auf ihrem Rücken etwas zu schließen, während sie sich setzte, gab sie es kurzerhand schwer seufzend auf. Was gab es da auch schon zu sehen, dachte sie, was er noch nicht gesehen hatte?
Er bewunderte unbewusst ihre anmutig weiblichen Rundungen. Ihr langes nasses Haar, das ihr nun bis an ihre Oberschenkel reichte, ihre zarte und unglaublich weich wirkende Haut und ihre noch immer überaus würdige Haltung.
Was war nun schon wieder los mit ihm, verfiel er gerade der Tochter des Mannes, der seine gesamte Familie demütigte und dann ausgelöscht hatte? Der sie über Monate hinweg fast ausgehungert hatte und alles nutzte, jede Möglichkeit die sie hatten, um Mitglieder seines Clans zu töten.
Was war er nur für ein einfältiger und idiotischer Versager. Hastig tauchte er unter, um seine Gedanken durch das kalte Wasser endlich wieder auf den richtigen Weg zu bringen.
Als er wieder hochkam sah er gerade noch, wie sie ein neues, schneeweißes Unterkleid über das Nasse gleiten lies und dieses dann darunter auszog. Es glitt zu Boden und sie ließ es einfach liegen. Weich schmiegte sich der saubere Stoff an ihrem noch immer etwas feuchten Körper und verdeckte nun wieder, ihren von den Stürzen geschunden Rücken.
Sie blickte noch einmal hinter sich und sah, dass er sie noch immer beobachtete. Warum schaute er nicht weg, wenn es ihn so anwiderte, sie zu betrachten, fragte sie sich? Was wollte er damit bezwecken? Wollte er sie etwa einschüchtern, ihr deutlich zeigen, was er von ihr und ihresgleichen hielt? Ein tiefer und schwerer Seufzer durchzog ihre Lungen und sie nahm das alte hellblaue Kleid, das sie noch bei sich hatte und zog es hastig an. Doch bekam sie die Haken und Özen auf ihrem Rücken nicht geschlossen, denn obwohl es ihrem Rücken etwas besser ging, schmerzte es sie doch noch zu sehr, ihre Arme so nach hinten zu verdrehen.
„Verdammt“, fluchte sie leise uns versuchte es wieder und wieder. Auf einmal ergriff jemand ihre Hände und erschrocken zog sie diese wieder nach vorne, als hätte sie sich an irgendetwas verbrannt.
Sie drehte sich langsam um und da stand MacMahon, noch immer nackt, ganz dicht vor ihr. Sein Gesicht war ausdruckslos, seine golden schimmernde Haut mit kleinen Wassertropfen bedeckt und Sophies Augen bannten schockiert den seinen. Sie musste all ihre Konzentration aufbringen, damit sie ihren Blick nicht senkte, denn sie durfte bei allen Heiligen nicht anstarren, was er so freizügig preisgab.
Ganz sachte packte er sie an ihren Oberarmen und drehte sie wieder um. Er spürte wie ihr Körper unter seiner Hand zitterte und sich irgendwie unglaublich versteifte. Außergewöhnlich langsam und sorgfältig schob er ihr nasses Haar über ihre rechte Schulter nach vorne und schloss genauso gemächlich ihr Kleid.
Nach einer schieren Ewigkeit war er dann endlich damit fertig und Elisabeth entfernte sich einige Schritte von ihm, keinen Dank äußernd. Sie drehte sich nicht um, sondern wartete starr darauf, dass er sie endlich zurück begleiten würde. Es dauerte eine schiere Ewigkeit, da lief er dann auch endlich an ihr vorbei, hob ihre Tasche vom Boden auf und sie folgte ihm schweigend.
Seine Männer saßen gerade auf, als sie in ihr Lager zurückkehrten und Elisabeth blickte sich fragend um. Mit wem sollte sie heute reiten? Sie hoffte nur, dass es nicht Brow war, denn er blickte sie noch immer so wütend an und sein schwerer Gestank würde ihren nun frischen Duft wohl in Windeseile überdecken.
Sie blickte zu Hamish, der sie freudig und erwartungsvoll anlächelte und sie wollte auf ihn zu gehen. Da trat auf einmal ein Pferd direkt in ihre Laufrichtung und erschrocken blieb sie stehen. Als sie hastig aufblickte sah sie MacMahon, der ihr seine Hand entgegenstreckte. Einen kleinen Augenblick war sie etwas unschlüssig und blickte auf seine schwieligen Finger, doch dann ergriff sie diese leise seufzend und er zog sie kraftvoll vor sich in den Sattel. Es hätte eh keinen Sinn gemacht sich dem zu widersetzen, denn wie er schon sagte, sie hatte hier nichts mehr zu wollen.
„Los“, rief er über ihren Kopf hinweg:“Wir reiten einen kleinen Umweg, ich will bis heute Abend bei MacAvoy sein.“
„Aye“, riefen seine Männer gleichzeitig freudig aus und Elisabeth zuckte über diese überdimensionale Lautstärke sichtlich zusammen. Dieses Erschrecken von ihr, brachte ihn dazu, seinen Arm ganz eng um ihre Taille zu legen und sie noch enger an sich zu ziehen. Erschrocken hielt sie den Atem an und hätte zu gerne versucht sich von ihm zu entfernen, doch sie traute sich nicht sich auch nur einen Hauch zu bewegen.
Als sie sich umsah, glaubte sie, dass die Männer in freudiger Erwartung sein. Anscheinend war dieser MacAvoy ein Freund und sie sehnten sich nach einem bequemen Lager und einer ausgelassenen Trunk. Selbst Elisabeth fiel auf, wie müde und abgeschlagen alle waren. Wahrlich hatten sie eine schwere Zeit hinter sich.

Im schnellen Galopp preschten sie einige Stunden durch die atemberaubende und unwahrscheinlich grün und bunt blühende Landschaft. Ihre erste Rast an diesem Tag machten sie am frühen Nachmittag an einem kleinen wildumwucherten See, der sich auf einer ausgiebigen Lichtung befand. Die Sonne brannte auf sie herab und langsam wurde es unerträglich heiß. Schwer schnaufend, verstaubt und verschwitzt stiegen die Männer aus ihren Sätteln und auch Elisabeth glitt von dem Rücken des Pferdes herab. Als ihre Füße den Boden berührten, zog es wieder schmerzvoll in ihren Rücken und sie hielt den Atem an. Es war bei weitem nicht mehr so schlimm wie am Morgen, doch genügte es, um sie zum erstarren zu bringen.
„Ihr solltet Euch etwas bewegen“, es war Broch der auf einmal vor ihr aufgetaucht war und fordernd ihren Ellenbogen umfasste und dann weiter murmelte:“ Ich begleite Euch etwas.“
Verwundert sah sie ihn an, entzog ihm geschwind ihren Arm und meinte ablehnend:“ Keine Sorge, das schaffe ich schon alleine.“
Sie wandte sich ab und ging würdevoll in Richtung des Sees, zumindest so würdevoll wie es in ihrem Zustand möglich war.
„Wenn du ihr weiter so offensichtlich hinterher starrst, fallen dir noch die Augen aus dem Kopf.“ MacMahon stieg von seinem prustenden Hengst und klopfte ihm freundschaftlich auf die verschwitzte Schulter.
„Himmel, wenn ich doch nur der einzige wäre.“
Er neigte kurz seinen Kopf andeutungsweise nach hinten. Sein Cousin sah hin und stellte überrascht fest, dass alle seine Männer ihr nach starrten. Sie bewegten sich nicht, sie folgten nur ihren Schritten. Er konnte es nicht fassen, es erging ihnen wie ihm. Aber weshalb? Sie war doch eine Sasunnach, ein Feind – ihr aller Feind. Wahrscheinlich äußerst gefährlich und hinterlistig und diese Eigenschaften versteckte sie geschickt hinter dieser zerbrechlichen und atemberaubenden Fassade.
„In einer Stunde geht es weiter“, rief er laut aus, um sie aus ihrer anscheinend etwas anzüglichen Traumwelt zu reißen. Erschrocken zuckten sie zusammen, als hätte man sie bei etwas Verbotenem erwischt und sofort brachten sie ihre Pferde in den Schatten. Sie wirkten alle irgendwie hektisch und vollkommen unkoordiniert.
„Jones“, einer seiner Männer trat sofort hervor:“ Du reitest mit Lonny zu MacAvoy und bereitest ihn auf unser Kommen vor.“
Gehorsam nickte er, auch wenn er sich unglaublich nach einer Pause sehnte. Sie tranken schnell etwas, ließen dies auch ihren Pferden zukommen und brachen dann auf.
MacMahon drückte indes seine Zügel Broch in die Hand und folgte Elisabeth, bevor sie wieder auf dumme Gedanken kam.
Als sie den kleinen See erreichten, kniete sie sich gerade an das Ufer und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Sie rieb sich mit ihren langen schlanken Fingern etwas des Wassers in ihr erhitztes Haar und dann in ihren Nacken. Ein erholsames Stöhnen entrann ihrer trockenen Kehle und sie trank einen kleinen Schluck.
„Keine Angst, ich laufe schon nicht weg.“
Plauderte Elisabeth schlicht, ohne sich umzudrehen als ob sie gespürt hatte, dass er ihr gefolgt war. Da blickte sie aber auch schon über ihre Schulter und er nahm atemlos wahr, wie magisch sich das Sonnenlicht in den Tropfen auf ihren geröteten Wangen spiegelte. Sie sah in diesem Augenblick schlichtweg atemberaubend aus.
„Wir sind bald da“, meinte er etwas nervös klingend und verschränkte die Arme vor seiner Brust um dies zu überspielen. Elisabeth nickte und blickte dabei ins Leere, bevor sie ihre müden Augen schloss. Was würde passieren wenn sie diesen MacAvoy erreichten? Wäre es dann endlich vorüber?
Diese ständige Angst und Ungewissheit, was er mit ihr machen würde, um sich an ihr voll und ganz zu rächen, machte sie schwach. Sie war langsam zu müde um dem entgegen zu treten und zu traurig, um sich dem zu erwehren. Sie wollte einfach nur noch schlafen und all die betrauern die sie verloren hatte. Doch man ließ sie einfach nicht. Was konnte qualvoller sein, als das?
„Kommt her“, befahl er schroff klingend:“ Wir gehen zurück, Ihr müsst etwas essen.“
Nur zögerlich erhob sie sich und trat auf ihn zu, ihn nicht ansehend. Sie ging an ihm vorbei und er folgte ihr so dicht auf, dass er ab und zu auf ihren Rocksaum trat, doch Elisabeth versuchte dem keine Beachtung zu schenken. Auf einmal umpackte er ihre Schulter und lenkte sie etwas erschrocken auf eine kleine Baumgruppe zu.
„Setzt Euch in den Schatten.“
Wieder dieser befehlshaberische Ton, aber irgendwie klang auch noch etwas anderes mit, etwas das sie nicht deuten konnte. Sie nickte ihm zu, ihren Blick noch immer auf den Boden gerichtet und tat was ihr geheißen.
„Weshalb seid Ihr auf einmal so gefügig?“,fragte er plötzlich gerade heraus, die Skepsis in seiner Stimme nicht verbergend und Elisabeth blieb stehen. Sie wandte sich ihm stockend zu und erklärte geradlinig:“ Weil wir eine Abmachung in der Nacht unserer Abreise getroffen haben ... Ihr habt die Eure eingehalten und deshalb werde ich Euch keine Steine in den Weg legen. Ich bin eine Sklavin, Eure Sklavin. Ich habe keinen eigenen Willen zu haben, ich muss noch nicht einmal alleine denken.“
„Und was war denn dann Euer geplanter Fluchtversuch, ein Missverständnis?“
Jetzt verschränkte Elisabeth ihre Arme vor der Brust und erklärte Achselzuckend, ihn nicht ansehend:“ Hm … ich denke eher ein kleines kommunikatives Problem.“
Ein Lächeln erschien auf seinem Mund und er meinte:“ Na also, ich dachte schon Ihr hättet aufgegeben.“
„Ich habe niemals richtig gekämpft“, murmelte sie und für ihn klang es unwahrscheinlich traurig. Elisabeth wandte sich wieder ab und setzte ihren Weg in den Schatten fort.
Er ging indes zu Broch, der an alle etwas zu Essen verteilte und nahm etwas Speck entgegen, während sein Blick immer wieder zu ihr glitt. Sie saß gegen einen der Bäume gelehnt, ihr Hinterkopf ruhte am Holz und ihre Augen waren geschlossen.
„Ich bringe ihr etwas“, meinte Broch und war auch schon an seinem Cousin vorbei, bevor dieser auch nur protestieren konnte. MacMahon beobachtete währenddessen schweigend, wie er neben ihr in die Knie ging und wie sie ihre Augen aufschlug und ihn fragend anblickte. Unsicher nahm sie das Essen entgegen und erst jetzt bemerkte sie, wie groß ihr Hunger eigentlich war, sie hatte schon vor einer Ewigkeit das letzte Mal etwas gegessen. Sie hatte es in all den Wirren einfach vollkommen vergessen.
„Ich danke Euch.“
Etwas zu sehr erzwungen wirkte ihr Lächeln und sie blickte ihn vollkommen überrascht an, als er sich plötzlich einfach neben ihr nieder ließ.
„Wisst Ihr“, begann er zwanglos:“ Mein Cousin ist wirklich kein schlechter Mensch, er ist nur … nur so vollbepackt mit Wut.“
Elisabeth senkte ihren Blick und atmete tief einmal durch. Das wusste sie, schließlich war sie nicht blind und schon gar nicht dumm.
„Ich weiß wie er sich fühlt.“
Mit tiefen Falten auf seiner Stirn blickte er auf ihren geordneten Scheitel herab und fragte etwas überheblich klingend:“ Wie könnt Ihr das wissen, Ihr habt nicht das gleiche durchgemacht wie er?“
Wie sehr wünschte sich Broch dass sie ihn ansehen würde, dass diese glänzenden eisblauen Augen in die seinen blickten. Doch das tat sie nicht, noch immer sah sie auf ihre Hände, die das Brot unangerührt festhielten.
„Nein, das ist wohl wahr! Ich habe nicht genau das gleiche erdulden müssen und doch fühle ich mich genauso einsam und verloren wie er … und ab und an auch unbeschreiblich wütend. Schließlich habe auch ich alles verloren an dem mein Herz hing.“
Jetzt sah sie hastig auf und ihre Augen durchbohrten ihn fast, als sie ihm erklärte:“ Ich trage nicht den selben hasserfüllten Schmerz in mir und doch einen sehr ähnlichen. Ich bin alleine, ich habe niemanden mehr, ich habe noch nicht einmal mehr ein Zuhause. In nur einem Jahr habe ich alles verloren, meinen Bruder, meine Mutter und …“, ein leiser Seufzer erklang aus ihrer Kehle und ihre Augen flogen wieder aus den seinen fort:“ Und meinen Vater.“
Broch wollte sich nach einem Augenblick des Schweigens erheben, das Gespräch entwickelte sich in eine seltsame, nicht zu deutende Richtung, doch da umfingen ihre warmen und feingliedrigen Finger seinen breiten und etwas behaarten Unterarm und er hielt fast erschrocken inne. Erstaunt sah er auf diese herab. Ihre Hände stachen fast schon weiß auf seiner Haut hervor und Sophie löste ihren fordernden Griff kein bisschen.
„Broch … das ist doch Euer Name, oder nicht?“
Er nickte stumm.
„Ich begreife langsam, dass mein Vater HIER kein guter Mensch war. Doch er war MEIN Vater und so wie er sich wohl auf dem Schlachtfeld gab war er keineswegs zu Hause. Er wird mich nicht dazu bringen ihn zu hassen“, ihre Stimme war fest, ihr griff verstärkte sich zur Bestätigung noch etwas und ihre Augen brannten sich in seine Seele:“ Nicht ihn als Vater … niemals!“
„Woher wollt Ihr wissen, dass er das vorhat?“
Seine Stimme war mehr als ein Flüstern und er blickte bedrückt auf seinen nun wieder freien Arm.
„Ich weiß es einfach …“, antwortete Elisabeth bekümmert, mit einem traurigen Lächeln auf ihren zarten Lippen:“ Ich weiß es, weil er ein trauernder Mensch ist und man dann nun mal Dinge tut, die nicht vernünftig sind ... Eines sollte Euch und ihm und all denn anderen bewusst sein, ich verstehe es.“
Ohne noch etwas dazu zusagen lehnte sie sich wieder gegen das Holz und aß mit vollkommener Ruhe ihr Brot, während Broch sie noch eine ganze Weile fassungslos anstarrte.

MacMahon wollte nach einer Stunde Pause gerade seine Männer antreiben, dass sie gleich weiter reiten würden, da kam Jones auf einmal angeprescht. Sein Gesicht war fürchterlich bleich und sein Atem raste bis ins Unermessliche. Sofort versammelten sich alle um ihn und er rief vollkommen außer sich:“ Die Engländer … MacAvoy… es ist schrecklich, Gott steh uns allen bei.“
„Wo ist Lonny?“
Wollte sein Laird besorgt wissen und er meinte:“ Bei ihm, er ist … er … oh Gott!“
Elisabeth verstand kein Wort, sie stand etwas verloren am Rand der Geschehnisse, doch als dann alle Blicke zu ihr flogen und diese so unergründlich wütend zu sein schienen, wurde ihr mulmig zumute und sie musste schwer schlucken. Sie hatte das Gefühl sich in Sicherheit bringen zu müssen und trat zwei Schritte zurück.
„Aufsetzen“, brüllte er unglaublich laut und gab Broch ein Zeichen. Sofort schnappte er sich Elisabeth, die in seiner Nähe stand und setzte sie auf sein Pferd. Sie ritten im vollen Tempo los und sie traute sich nicht zu fragen was los war. Sie wollte es nicht wissen, denn sie ahnte, dass es für sie wahrscheinlich nicht gut enden würde.
Es dauerte nicht allzu lange, da erreichten sie eine kleine Hügelkette und auf einem standen zwei Männer, mit dem Rücken zu ihnen. Den einen erkannte Elisabeth, es war ein Krieger von MacMahon, doch den neben ihn erkannte sie nicht. Sie hielten unterhalb des Hügels an und noch bevor MacMahons Pferd zum stehen kam, sprang er auch schon aus dem Sattel und eilte den Hang hinauf. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und ihre Hände begannen unkontrolliert zu zittern. Sie sah, wie er neben dem fremden Mann, der sich noch immer nicht rührte, schlagartig stehen blieb. Sie begrüßten sich nicht, sie wendeten sich nicht einmal einander zu, sie starrten nun beide regungslos gerade aus.
Bebend beobachtete Elisabeth, wie MacMahon sich auf einmal auf seine Knie stützte und sichtlich um Fassung rang. Was sahen sie nur von dort oben?
Das einzige was man von unten sehen konnte war der Rauch, der den Himmel verdunkelte und es roch unglaublich extrem verbrannt.
Elisabeth erstarrte als MacMahon wieder nach unten gestürmt kam, direkt auf sie zu. Er umfing ihr Handgelenk und noch bevor Broch sie herabgleiten lassen konnte, hatte er sie schon unsanft aus dem Sattel gezerrt. Sie kam hart mit ihrem linken Knie auf und es war ihr, als würde ihre Kniescheibe zerspringen. Doch er ließ sie nicht los, gab ihr nicht die Zeit den Schmerz verklingen zu lassen, sondern schliff sie unerbittlich den Hügel hinauf.
„Um Himmels willen, was soll das? Was habe ich getan?“,versuchte sie atemlos klingend eine Antwort zu erhalten und wehrte sich gegen seine feste Hand, aber sein schmerzvoller Griff war unnachgiebig. Kaum waren sie oben angekommen, stieß er sie grob vor sich und Elisabeth wäre beinahe wieder auf der anderen Seite der schmalen Hügelkette hinab gefallen. Nur mühsam hielt sie ihr Gleichgewicht. Wütend wirbelte sie herum und blickte in sein seltsam drein schauendes Gesicht. Sie wollte ihn zurecht weisen, ihm erklären, dass so etwas nicht nötig war, doch er schrie sie so markerschütternd an, dass sie sichtbar zusammenzuckte und ihre Worte regelrecht verschluckte.
„Seht hin verdammt noch mal! Seht Euch an, was Männer wie Euer Vater tun!“
Er packte ihre Schultern und drehte sie schmerzlich in die richtige Richtung. Sie stolperte wieder etwas, schwankte und richtete ihren Blick wie befohlen nach vorne.
 
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Kommentare  

Da denkt man erst, die beiden kommen sich näher und dann.... DAS! Ein sehr spannender Schluss. Wie wird sich MacMahon da herausschlängeln?

Petra (15.11.2010)

Danke Jochen - mal wieder!!!!!!!!!!!!
LG


Lilly (14.11.2010)

Elisabeth ist eine stolze Frau, denn sie vermag MacMahons Annäherungsversuchen zu widerstehen. Und am Ende dieses Kapitels wird man völlig überrascht. Was für eine Wendung! Ein schönes Kapitel.

Jochen (13.11.2010)

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