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Katerstimmung - Teil 6

Romane/Serien · Erinnerungen
Als ich mich umdrehte, schaute ich in seine eisgrauen Augen.
„Was hab ich falsch gemach? Was ist los?“ Seine Stimme war anders als sonst. Da war keinerlei Freude in ihr. Dieses so vertraute Lachen fehlte. Unter seinen Augen waren tiefe dunkle Ringe zu erkennen. Seine Haut wirkte blass und fahl. So hatte ich ihn noch nie gesehen. Im Nachhinein könnte man sagen, wir sahen beide genauso fertig aus, wie der jeweils andere.
„Nichts. Was soll denn schon sein?“ Ich konnte nicht in seine Augen schauen und diese Worte sagen. Ich starrte an ihm vorbei auf die dunkle Straße, die nur an manchen Stellen von Straßenlaternen beleuchtet wurde.
Als ich versuchte mich wegzudrehen, packte er mein Handgelenk und hielt mich fest.
Er schaute mir tief in die Augen, atmete tief ein und sagte mit ernster Stimme: „Wenn du mir etwas sagen willst, dann sag es mir jetzt. Du weißt, dass ich viel mitmache,“ Er machte eine kurze Pause und ließ meinen Arm los. „aber irgendwann wird es auch mir zu viel und ich bin einfach weg. Irgendwann.“
Ich hielt meinen Arm fest und eine Träne kullerte heiß meine Wange hinunter. Ich weiß nicht, was der Grund dafür war, die Schmerzen in meinem rechten Arm, oder Andreas Worte.
„Komm mit hoch, dann reden wir.“ Ich drehte ihm meinen Rücken zu und ging die knarrenden Holzstufen in mein Zimmer hoch.
Was sollte ich ihm jetzt nur sagen? Meine Gedanken fuhren Karussell. Er folgte mir schweigend.
Ich lief zielgesteuert auf mein Bett zu und ließ mich wie ein Stein fallen. Andreas trottete mir langsam nach. Er setzte sich neben mich und schaute auf den Boden. Er schaute durch alles nur hindurch. Sein Blick war vollkommen leer. Ich nahm sein Kinn, drehte sein Gesicht zu mir und küsste ihn. Ich setzte dabei mein falsches Lächeln auf, denn er sollte so wenig wie möglich merken. Er erwiderte den Kuss nicht, sondern stierte wieder in die Leere.
„Christina, verstehst du mich nicht? Ich mache keinen Spaß. Du hast weder auf meine Anrufe reagiert, noch irgendein Lebenszeichen mir gegeben. Das bist nicht du. Ich habe Jenny angerufen. Sie hat gesagt, ich soll selbst mit dir reden und hat aufgelegt. Wenn es letztes Wochenende irgendeinen anderen Mann gab, dann sag es mir. Lass mich nicht einfach so in meiner Ungewissheit hier sitzen. Ich will es einfach nur wissen, dann ist es für mich vergessen.“ Er musste erst einmal Luft holen.
Ich machte das, was ich immer machte, wenn sich ein Streit bei uns anbahnte. Meine kalten Finger fuhren über seine Hose und öffneten seinen Gürtel. Er schien teilnahmslos und nachdenklich. Ich lies mich nicht davon beirren. Ich küsste seinen Hals und lies meine Hand in seine Hose gleiten. Er sprang darauf an. Er küsste mich und zog mich langsam aus.
Als er meine Hose herunterzog erstarrte er, er schaute auf meine Schenkel und dann in mein Gesicht. „Was ist das?“ „Was?“
Sein Finger strich sanft über mein Innenbein.
„Aua, das tut weh.“ Ich schaute an die Stelle. Es war ein dunkelblauer Bluterguss, etwa so groß wie ein Teller.
„Oh, da bin ich wohl irgendwo hängen geblieben.“ Es war keine gute Ausrede, aber mir fehlte einfach die Kraft zum lügen.
Er untersuchte meine Beine und meinen Bauch mit seinem Blick.
„Das sieht ziemlich schlimm aus. Nicht so, als wärst du hingefallen.“
Die Stimmung war weg. Ich zog mir eine Jogginghose und ein altes T-shirt über.
Wir legten uns nebeneinander. Vorsichtig legte er seinen Arm um mich.
„Ich muss dir was sagen.“ Jetzt hatte er mich gesehen, jetzt hatte ich angefangen zu reden. Nun gab es kein Zurück mehr.
„Da gab es wirklich jemanden. Ich kann mich an fast nichts erinnern. Ich habe im Pain einen alten Kindergartenfreund getroffen. Ich stand da an der Bar mit seiner Clique und da hab ich was mit denen getrunken und…und dann endet meine Erinnerung. Ansgar, also der aus dem Kindergarten, hat gesagt, ich wäre dann mit dem einen zurückgeblieben. Die andern sagen ich hätte was mit ihm gehabt, aber ich wollte das doch gar nicht. Wir waren da dann irgendwann allein und…Ich kann mir das doch auch nicht erklären. Ich konnte doch nicht einmal mehr allein laufen, obwohl ich kaum etwas getrunken hatte. Ich hätte nie freiwillig getan.“
„Bist du mit ihm heim? Hattet ihr Sex? Wer ist das?“ Andreas war wütend, hielt sich aber zurück.
„Ich kenn den nicht. Nur seinen Vornamen. Ich weiß nicht einmal wie er aussieht. Und ob wir Sex hatten, weiß ich auch nicht. Ich hätte das doch nicht gewollt und…“
Andreas nahm seinen Arm von mir und rückte ein Stück von mir weg. Seine Atmung wurde schneller. Er schnaubte fast.
„Es tut mir so leid.“
„Ganz ehrlich? Schau dich mal an. Such mal im Internet Bilder von vergewaltigten Frauen.
Du siehst nicht aus wie hingefallen. Ich kenn dich wenn du betrunken bist, du würdest nicht mit jemanden einfach mitgehen. Und dieser blaue Fleck, der am Bauch, da erkennt man eine Hand. Sag mir wer das war. Dieses Schwein gehört angezeigt, oder man sollte ihm mal zeigen wie weh so was tut.“
„Nein, der war doch bestimmt auch betrunken und vielleicht war ich das ja wirklich selbst. Außerdem will ich nicht, dass irgendjemand davon erfährt. Ich bin doch selbst schuld, wenn ich betrunken bin. Außerdem weiß ich doch nicht mehr alles, die Polizei glaubt mir eh nicht.
Es ist doch egal, ob ich mir weh tue, oder ob es ein anderer tut.“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und was ich wirklich glaubte. Es war als stritten in meinem Kopf zwei Seiten miteinander. Die eine glaubte, dass mich dieses Vergewaltigerschwein verschlagen hatte. Die andere, dass ich betrunken war und mir das alles nur ausgedacht habe.
„Es ist nicht egal, ob du oder er dir weh tun. Wenn du nichts machst, werde ich was unternehmen. Wenn der einmal durchkommt, glaubt er, er kann es immer wieder machen.“
„Nein bitte, mach das nicht…Mir zu liebe. Versprich es mir.“
Er legte wieder den Arm um mich.
„Das kann ich dir nicht versprechen…“
 
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Kommentare  

Hm... das jemand der vielleicht gerade erst vergewaltigt wurde tatsächlich Sex als Ausweg benutzen würde um einem Streit zu entgehen kann ich schwer nachvollziehen - dass sie sich möglicherweise selber die Schuld an der Vergwaltigung gibt und alles lieber verheimlichen will indes schon eher.
Diesmal fehlt mir auch ein bisschen Emotion in dem Teil.
Die Apathie ist weg, der hilflose Sturz in Alkohol und Nikotin bleibt in diesem Teil aus, aber Christinas Gefühlswelt bleibt dem Leser verborgen, da aus ihren Worten nichts zu lesen ist und ihre Taten (wie die erwähnte beinahe Sexszene) mich eher verwirren.
Dennoch muss ich dringend wissen, wie es weitergeht.


Jingizu (26.05.2012)

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