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2 Seiten

Schattendasein

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Ich schaue zu dir herüber und sehe wie du lachst, sehe wie die anderen mit dir lachen. Sie haben dich sofort in ihr Herz geschlossen, ohne irgendwelche Fragen zu stellen. Du trägst seine Mütze und seinen Schal, er hat dich überredet mitzukommen. Vor ein paar Wochen noch trug ich seine Jacke. Und ich weiß er mag auch mich. Ich dachte, er könnte mein bester Freund werden. Jetzt sehe ich wie er mit dir lacht und spüre einen Stich in meinem Herzen. Ich kann es ihm nicht übel nehmen, du bist hübsch mit deinen blonden Haaren und den blauen Augen und auf deine ganz eigene Weise unglaublich süß und du bist meine beste Freundin.

Er bringt dir Kuchen mit und du fällst ihm dankend um den Hals und sagst ihm, dass du ihn liebst. Er ist mein Freund, du meine beste Freundin. Ich bin eifersüchtig. Er ignoriert mich, ist kalt. Dich lächelt er an. In diesem Augenblick hasse ich dich.
Du trägst das Kermitshirt von dem, der mein bester Freund werden sollte und schreibst jeden Tag mit dem, der mein Freund ist. Sie mögen dich. Ich liebe dich. Aber ich hasse dich auch. Ich dachte immer ich wäre schöner als du, aber als dich vor kurzem ansah, fiel mir auf wie schön du eigentlich bist. Du bist klein, schlank, blond und hast einen Busen. Ich bin ein wenig größer, habe Beine, die zu dick für den Rest meines Körpers sind, der seltsam abgemagert wirkt und einen Busen, der kaum meinen BH ausfüllt.

Ich hasse mein Leben, denn ich bin nicht schön. Oder zumindest fehlt mir die Bestätigung. Ich hätte gerne ein bisschen mehr Bestätigung, um mich gut zu fühlen. Ich bin in vielem gut, in der Schule, ich kann kochen und backen und Tennis spielen, viele halten mich für überdurchschnittlich intelligent. Aber ich bin in nichts überragend. Ich bin in nichts die Beste. Ich bin ein Durchschnittsmensch, vielleicht sogar ein wenig unterdurchschnittlich. Und alles was ich mir wünsche, ist ein bisschen Bewunderung.
Wenigstens von dem einen Menschen, der mich lieben sollte. Wenigstens von ihm wünsche ich mir, dass er mir sagt, dass er mich schön findet oder süße Dinge für mich tut. Wenigstens von ihm habe ich gehofft, dass er mir hinterher schaut und nicht dir. Dass er mich bewundert und nicht dich. Anfangs dachte ich, er wäre jemand, der seinem Mädchen die meiste Wärme schenkt und der sich nichts sehnlicher wünscht als sein Mädchen glücklich zu sehen und auch alles dafür tut. Er sagte, er sei ein Arsch. Ich glaubte ihm nicht. Mittlerweile glaube ich es jedes Mal, wenn er dir mehr Wärme als mir entgegenbringt, ein bisschen mehr.

Für all das kannst du nichts. Und trotzdem hasse ich dich dafür. Dafür, dass ich immer in deinem Schatten stehen werde, im Schatten meiner besten Freundin. Ich stelle niemanden in den Schatten. Und weißt du, was das Schlimmste ist? Du bist die einzige, die mir all meine Wünsche erfüllt. Du bewunderst mich ein bisschen. Du liebst mich. Du bist immer für mich da, nimmst mich in den Arm. Du sagst mir, dass ich für dich die Süßeste und Schönste von allen bin.
Aber ich hasse dich so sehr dafür, dass du die Menschen, die mir so viel bedeuten so sehr vereinnahmst und dass sie dich mehr schätzen als mich. Es ist nicht mal ein großer Unterschied, sondern nur ein winziger. Aber genau diese unüberwindbare Barriere trennt mich davon glücklich zu sein.
 
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Kommentare  

Ein sehr emotionaler Text so voller Details und tiefer Eindrücke ist, dass ich annehme, dass es hier sehr autobiografisch ist - sollte dem nicht so sein: Hut ab.
Wäre dies die Charaktervorstellung zu einem längeren Text oder Roman, dann hättest du mich hiermit schon gewonnen.


Jingizu (14.11.2012)

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