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2 Seiten

Gefangen, 20.08.2014

Kurzgeschichten · Experimentelles · Erinnerungen
© Ben Pen
Heute habe ich einen Haufen Zeug geträumt, so viel, dass, sobald ich mich an das eine zu erinnern versucht, das andere schon wieder vergess haben. Alles, was ich mir habe bewahren können, ist eine Szene, gefolgt von einer Art Wiederholungstäter, einer Sequenz, die ich schon einmal geträumt habe. Doch dazu später mehr!
Beginnen wir mit den Fakten: Mit meiner Frau leitete ich ein Gefängnis. Es war kein gewöhnliches Gefängnis. Denn es hatte nur eine Zelle. In dieser standen wir. Ringsum: alles schwarz. Andere Räumlichkeiten: nur zu erahnen. Im Übrigen waren sie auch gar nicht wichtig. Alles Wichtige passierte hier, in diesem Raum!
Boden, Decke, Wände bestanden aus Beton. Durch Fenster, kurz unter der Decke, fiel Licht ins Zimmer. Eine Lampe baumelte von der Decke. Es gab weder Liege- noch Waschgelegenheiten, nur zwei Sitz-. Die eine: ein Stuhl, hölzern, vor einem Tisch stehend, der an der Wand stand. Auf ihm: Unterlagen. Das war unser Büro. Die zweite: ein Klosett, eine Porzellanschüssel, natürlich weiß, mitten im Raum positioniert. Anbei: Klopapier. Der Verdächtige trug einen Overall, Dreitagebart und hatte schwarze, ziemlich kurze Haare. Er wollte raus, selbstredend. Der Tag würde schon kommen! – Er wollte sich abseilen, durch die Toilette, verschwinden, auf nimmer wiedersehen.
Wir lachten, nahmen ihn nicht ernst. Der klopfte doch bloß Sprüche! – Er sollte mal lieber auf unsere Fragen antworten …
Wir wandten uns ab, besprachen uns kurz, die Situation. Den Sträfling ließen wir aus den Augen. Als wir uns wieder zu ihm herumdrehten, war er verschwunden. Seine Drohung hatte er wahr gemacht. Eine Rolle Klopapier rollte sich rasend schnell auf. Einzelne Blätter flogen ihm hinterher – ein flüssiger Strahl in die Kloake.
Meine Frau hatte die besseren Reflexe: Sie packte die Rolle und begann, sie wieder aufzuwickeln. Aus der Kloake kam ein Stöhnen. Meine Frau musste ganz schön schaffen. Und das Klopapier hielt, zum Glück! – Nach einer gefühlten Ewigkeit erblickte der Verbrecher das Tageslicht. Er war ganz eingehüllt in die weißen Lagen, richtiggehend gefesselt. Und strampelte mit den Beinen, vergeblich allerdings.
Natürlich machten wir uns über ihn lustig. Jedoch nur kurz, denn ich wollte ihn was fragen: „Wie sah es dort unten aus?“, erkundigte ich mich. „War es eng?“ Ich sprach nämlich aus Erfahrung. „Musste man kriechen oder konnte man gehen? Hatten Sie Angst, Sie könnten steckenbleiben?“
Der Ausbüchser sah mich grinsend an. Dabei entblößte er einen Haufen schwarzfleckiger Zähnen. „Man konnte gehen, ja!“
In meinem Kopf entstand ein Bild: Er rannte, einen unterirdischen Fluss entlang. Um ihn: nichts als Beton. Es war dunkel. Nur sein Ziel, das Ende eines Tunnels, war in Licht getaucht. Ich erinnerte mich an Selbsterlebtes. Vielleicht hatte ich es aber auch nur im TV gesehen. Oder geträumt. – Bröckeliger, braungrauer Felsen, einen umarmend. Eine Sackgasse, nach stundenlangem Kriechen. Platzangst.
Dann: eine andere Szene, wenn auch derselbe Ort. Meine Frau und ich waren Ermittler. Wir betraten die Zelle. Ein Mann saß da, in grauem Hemd, mit Brille und schulterlangen, graugewellten Haaren, an einem Tisch. Auf selbigem: ein Haufen Krimskrams, Arbeitsgeräte. Aus einer Schale nahm er Metallgegenstände. Sie ließ er durch eine Maschine rattern. Schließlich legte er sie wieder weg. Und faltete die Hände. Selbstsicher erklärte er: „Ich habe, was ihr sucht!“ Wir allerdings bezweifelten das.
 
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