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Lea (4) Höllenhund

Romane/Serien · Schauriges
Höllenhund, schoss es mir durch den Kopf. Und mein nächster Gedanke war, woher weiß dieses widerliche Ding das. Ich griff mir an der rechten Unterarm und konnte durch den ganzen Dreck die Narbe spüren und vor meinen Augen sah ich auch die Narbe an meiner linken Wade…
Dieser scheiß Köter. Er hatte mich einfach gebissen, ohne Vorwarnung und Gebell. Selbst meine bescheuerte Gabe hat mich nicht vorgewarnt. Ich hatte um mein Leben gekämpft und selten so eine Angst gespürt und ich hatte wirklich vieles gesehen. Und diese Angst saß tief in mir, sehr tief…
Der Höllenhund sah mich an. Ich zitterte. Wo sollte ich hin? Ganz am Rande meines Bewusstseins nahm ich Schreie wahr aber ich hatte nur Augen für dieses schwarze Ding, das aussah wie eine Mischung aus Wolf und Stephen Kings Cujo. Er fletschte die Zähne.
Ich ging in die Hocke und ließ ihn nicht aus den Augen. Dann sprang er und ich riss meine provisorische Räuberleiter nach oben. Das Ding prallte gegen das Holz und ich fiel nach hinten. Mit einem Satz war ich auf und stürmte Richtung Tür. Ich sah nicht nach hinten sondern rannte einfach.
Hinter der Tür war wieder ein Gang, länger dieses mal. Ich sah die nächste Tür auf mich zu fliegen und als ich den Arm ausstreckte schickte ich ein Stoßgebet zum lieben Gott und hoffte er hat ein Auge auf mich.
Die Tür sprang auf. Hinter mir hörte ich das Schnauben und schlug sie zu. Bum! Und dann wieder ein Bum, als das Ding gegen die Tür knallte. Ich stemmte mich dagegen und warf einen Blick in den Raum. Das Dämmerlicht war immer noch da und ich sah Regale an den Wänden. Alte staubige Flaschen standen auf ihnen und im Boden in der Mitte des Raumes war ein Gitter eingelassen. Bum!
In meinem Kopf versuchten sich zwei Stimmen Platz zu schaffen aber ich ließ sie nicht zu Wort kommen. Bum!
Ich rannte zu den Regalen, schnappte mir zwei der großen Flaschen und schlug sie wie in einem Western auf die Regale. Bum! Die Tür flog auf. „Komm und stirb du Mistvieh“, hörte ich mich selbst schreien und rannte los.

Heiko sah wie diese Kreatur gegen Thomas prallte und wie Thomas davon lief. Er drehte sich um und sah in die vier vor Schreck geweiteten Augen. „Lea du bleibst bei Oma.“ Er schnappte sich die Axt und sprang nach unten.

Ich schlug wie wild um mich, war blind vor Hass und hörte das Knurren und fletschen des Monsters. Ich spürte wie ich das Ding traf und die scharfen Spitzen sich in den Körper bohrten aber es gab nicht auf und ich auch nicht, bis mich ein harter Schlag am Kopf traf. Ich knallte auf den Boden und die Luft wurde aus meiner Lunge gepresst als sich der Höllenhund auf mich warf. Ich stieß mit beiden Händen so fest zu wie ich nur konnte und die Flaschen bohrten sich in seine Flanken. Ein ohrenbetäubendes Kreischen war zu hören aber es gab immer noch nicht auf. Ich bekam keine Luft mehr. Sterne funkelten vor meinen Augen und ich schloss sie Augen und sah Lea vor mir… Etwas klatschte in mein Gesicht. Eine klebrige Flüssigkeit und dann fiel der Höllenhund zur Seite.

Ein ferner Ort, längst vergessen und zu Staub verfallen. Gefühle die nicht wissen was sie wollen. Gedanken und Erinnerungen, die wehtun, nicht nur wehtun, die dich zerreißen! „Papa, bist du da?“ „Eltern sind immer für ihre Kinder da!“

Ich hörte Stimmen und etwas schlug mir ins Gesicht. Ich öffnete die Augen und Heiko stand über mir. Er reichte mir die Hände und zog mich hoch. „Komm wir müssen zu den anderen, bevor wieder irgendwas passiert!“ Er schleppte mich den Weg zurück bis zur Luke. Ich setze mich auf den Boden und irgendwie schafft er es nach oben. Vor meinen Füßen schlug ein alter Gartenstuhl auf. „Beweg dich Thomas! Denk an Lea und raff dich auf!“, wieder Heiko.
Ich stellte den Stuhl auf, trat hinauf und griff seine Hände. Er zog mich hoch und Lea sprang mir in den Arm.
Es regnete immer noch und wir vier sahen wirklich schrecklich aus. Meine Stirn blutete und Mama gab mir ein Taschentuch. Lea legte ihren Kopf an meine Schulter und wimmerte, wie sie es als kleines Baby immer getan hatte. Heiko klopfte mir auf die Schulter und meinte: „Lass uns verschwinden. Wir sind alle fertig aber Lea ist in Sicherheit. Ich bring euch zu Oma.“
Lea hob ihren Kopf und sah mich an. In ihren glitzernden Augen sah ich den Trotz, den Willen und die Wut. „Sophie, ich glaub wir sind noch nicht ganz fertig oder?“, fragte ich ohne Lea aus den Augen zu lassen.
„Nein, ich denke der Höllenhund wird nicht aufgeben und euch weiter quälen und irgendwann töten wollen. Ich denke wir sollten es zu Ende bringen. Hier und jetzt!“
In ihren Augen war die gleiche Entschlossenheit wie in Leas und meinen. Familie!
„Ihr Verrückten! Das ist doch nicht euer ernst? Ihr wollt jetzt nicht weg von hier? Ich…“
„Heiko, wir müssen es jetzt versuchen. Dieses Ding ist geschwächt, wir sind gerade ein wenig im Vorteil und wenn Lea und ich wieder in unser Haus zurück wollen, gibt es vielleicht nur diese eine Möglichkeit.“
„Wir wollen zurück. Es ist unser Zuhause. Unser Heim. Unsere Erinnerung an Mama, unser Leben!“, sagte Lea und weinte. Ich drückte sie wieder an mich.

Ich atmete noch einmal tief durch. Der Regen wollte einfach nicht aufhören und in der Höhle unter mir stand auch schon Wasser. Sollte ich wirklich wieder zurück? Zurück. Dieses Wort hinterließ Echos in meinem Kopf. Zurück. Ich will nicht aber ich muss. Zurück zu dem Ort. Diesem vergessenen Ort. Ist er wirklich zu Staub verfallen?

„Wir sind da!“, rissen mich Leas Worte aus meinen Gedanken - aus meinem Zurückkommen. „Es kann losgehen!“
Ich ließ mich nach unten fallen und kam neben dem Gartenstuhl auf. Meine Füße gruben sich tief in den nassen Boden. Ich hielt den Atem an und horchte. Nichts außer dem Regen über mir. Langsam ging ich Richtung Höllenhund.

Lea, Sophie und Heiko betraten das Haus…

Der Körper war verschwunden. Es war auch kein Blut zu sehen. Da war nichts, was an meinen Kampf erinnerte aber das Eisengitter war da wo es sein sollte.

Lea spürte wieder dieses Böse. Fühlte die unheimliche Kraft aber sie war nicht mehr so stark. Es hatte nicht die Stärke sie zu überrumpeln, wie beim ersten Mal. Wann war das gewesen? Gestern? Heute? Vor Wochen? Sie wusste es nicht. Aber das war auch egal. Es würde jetzt und hier zu Ende gehen. Sie bemerkte Omas Arm auf ihrer Schulter und sah den Strahl aus Heikos Taschenlampe.

Ich zog das Gitter nach oben und ließ es auf den Boden krachen. Ein schwarzes Loch tat sich unter mir auf. Ich sah die ersten drei Streben einer Leiter, die nach unten führte aber darunter nur Dunkelheit.

Ein Vibrieren ging durch das Haus. Die Stühle wackelten und das Klirren der Gläser in den Schränken war zu hören. An der Wohnzimmerwand fiel die Uhr mit einem Krachen zu Boden. Es war immer noch stark und Lea spürte wie dieses Ding sie greifen wollte, ihre Gedanken und ihren Körper. Sophie hielt sie fest. Sie blieben stehen und lauschten.

Ich war unten angekommen. Ich hatte zwölf Streben gezählt. Es war stockdunkel und ich sah nichts. Ich drehte mich einmal im Kreis. Rechts und links von mir ging ein schmaler Gang weiter. Wo sollte ich hin? Zurück?

Das Vibrieren und Zittern ließ nach aber sie spürten alle drei die Veränderung. „Verdammt was hat es jetzt wieder vor?“, flüsterte Heiko ängstlich. „Uns aufhalten, besitzen, aussaugen und dann töten“, kam die humorlose Antwort von Sophie. Unter ihren Füßen bewegte sich etwas. Die Holzdielen im Wohnzimmer wölbten sich nach oben. „Oh nein!“, kam es von Sophie und Lea spürte die Kälte und dann die Angst. Die Dielen lagen wieder ruhig auf ihrem angestammten Platz aber dafür hörten sie jetzt dieses Schleifen unter ihnen, über ihnen, im Boden, in den Wänden. Es war überall. „Schlangen“, las Lea Sophies Gedanken. „Wir müssen nach oben!“, schrie Lea.

Dieser Ort. Ich war oft hier mit ihm. Er hatte nicht unsere Gabe aber er hatte die Gabe für andere Menschen da zu sein, ihnen zu helfen, ihnen einen Weg zu zeigen. Er hatte mir diesen Ort gezeigt. Den Ort der Ruhe, den Ort der Waffen, den Ort der Pläne und Gedanken – meine Zuflucht. Ruhe senkte sich über mich, Gelassenheit. Es war eine Art nach Hause kommen und ankommen. Dieses Gefühl, wenn man von einem schweren Tag nach Hause kommt und dein Lieblingsgericht steht auf dem Tisch. Dieser Geruch, dieses Gefühl und der Wunsch jemanden in den Arm zu nehmen, danke zu sagen für alles, für jede Kleinigkeit und für jedes vertraute Gefühl.
Ich drehte mich nach links. In der Hand hielt ich mein Schwert. Das Schwert aus Kindertagen, das mich so oft beschützt hatte. Es zeigte mir den Weg und leuchtete.

Die drei liefen nach oben, nahmen die quietschenden Stufen der alten Holztreppe und rannten ins Bad. Das Schleifen folgte ihnen.

Ich ging weiter und weiter. Spürte die Gefahr in der Lea, Sophie und Heiko waren und ging schneller aber es wehrte sich. Es spürte mich. Es musste an zwei Fronten kämpfen, wie wir es geplant hatten und ich hatte gehofft, ich könnte den Höllenhund überraschen aber ich hatte mich getäuscht.

Das Schleifen war wieder überall. Sophie drückte sich die Hände auf die Ohren. Lea sah sich um, was konnte sie tun? Sie ging zu Oma. „Du musst mir helfen! Ich schaffe es nicht alleine. Ich weiß du hast Angst. Dieses Monster hat deine Angst gefunden aber ich brauche dich!“ Sophie sah sie an und ein Lächeln entstand auf ihrem Gesicht. „Du hast so viel von ihr. Lass uns kämpfen und deinem Vater helfen!“
Sophie stand auf und sah zur Decke. Da waren schöne alte Holzdielen. „Es ist okay. Papa und ich werden sie wieder neu machen.“

Ich lief schneller. Spürte Lea und Sophie. Es musste jetzt passieren! Und dann sah ich das Gitter am Ende des Ganges.

Heiko riss die Holzdielen von der Decke. Er brach sie in lange Stücke und schnappte sich das Haarspray und sein Feuerzeug. Sie standen Rücken an Rücken und die Schlangen kamen.

Ich spürte die Angst der beiden und ihre Hoffnung in mich. Und dann spürte ich Es. Nahm den Geruch wieder wahr. Es war in der Nähe. Ich öffnete das Gitter und betrat seine Höhle…

Sie waren überall und die drei schlugen mit ihren Fackeln auf sie ein. Sie waren lang und glitschig aber das Feuer tat ihnen weh, sehr weh und trotzdem ging das Schleifen weiter und weiter und es kamen mehr und mehr.

Der Höllenhund war direkt vor mir. Ich sah seinen Schwanz der größer war als ich. Ich spürte seine Bosheit und seine Gier. Ich hob das Schwert und rannte los.

Sophie fiel und sofort waren die Schlangen an ihren Beinen. Heiko zog sie weiter zurück und Lea stellte sich schützend und zuschlagend vor ihre Oma. „Lea du hast die Gabe deines Vaters und dein Vater konnte mit ihr alles. Alles was er wollte. Er hatte ein geheimes Versteck. Ein Versteck nur für ihn. Aber es war nicht nur ein Versteck sondern auch seine Waffenkammer, seine Ideenschmiede, sein Ort Lösungen zu finden und sich selbst zu finden.“
Lea hörte die Worte und sie sah, dass die Schlangen so nicht aufzuhalten waren. Sie würden es nicht schaffen.

Ich sprang hoch und das Schwert verformte sich. Es wurde länger, glänzender und ein blauweißes Licht durchdrang die Dunkelheit. Ich schlug zu und ein gewaltiges Kreischen erfüllte die Höhle.

Lea schloss die Augen. Sie spürte ihren Vater, spürte seine Kraft, sah seinen Raum… aber sie brauchte eine Idee – eine eigene Idee. Sie sah die Schlangen und sah das Bad…
Hinter Sophie und Heiko bewegten sich die Schläuche der Dusche und Badewanne. Sie stellten sich auf, wie die Schlangen vor ihnen und dann spritzte das Wasser los. Aber es war kein Wasser. Es war Säure“ Ein ohrenbetäubendes Schreien war zu hören und Lea und Sophie fielen zu Boden.

Es sprang auf und drehte sich um. Der Höllenhund sah mich mit seinen funkelnden toten Augen an und das nächste Kreischen schallte durch die Höhle. Und wieder sprang ich und das Schwert bohrte sich tief in die Brust der Kreatur. Das dritte Kreischen und wieder gab es nicht auf. Es schlug nach mir und bekam mein rechtes Bein zu fassen und zog mich zu sich.

Heiko schnappte Lea und zog sie zurück zu Sophie. Wieder ein Schreien und Heiko hatte das Gefühl, dass sein Kopf einfach zerplatzen wollte.

Es zog weiter an mir und ich brachte meinen Körper in eine sitzende Stellung und schlug zu. Das Ziehen hörte auf und ich setzte nach. Sprang wieder und schlug zu und schlug zu und schlug zu.
Es wollte nicht sterben! Der Ort. Mein Ort. Ohne Staub ohne Vergessen. Hier ist alles was ich brauche! Die lange Kette, Gewehre, der Panzer, Schwerter, Messer aber das alles war nicht richtig…
„Es muss leuchten, dieses Ding muss für immer in der Hölle verschwinden!“ hallte Leas Stimme durch meinen Kopf.
Ich stand über ihm und hob das Schwert. „Verschwinde für immer. Das ist unser Zuhause. Wir werden nicht weichen und für dich ist kein Platz an diesem Ort. Dämon. Verschwinde in der Hölle für immer. Hier ist nur Platz für Gutes, für Liebe und Ehrlichkeit, für Erinnerungen an liebe Menschen, für Wahres und Helles – für Licht. Aus dem Schwert schoss wieder das blauweiße Licht und die Höhle erstrahlte heller als die Sonne nach einem Gewitter auf einer nassen Straße. Gleißend hell!

Als ich die Augen wieder öffnete war der Höllenhund verschwunden und dann spürte ich wieder die Angst. Leas Angst. Sophie!

Heiko versuchte immer wieder Sophie aufzuwecken aber ihre Augen blieben geschlossen. „Was ist mir ihr?“, schrie Lea. Heiko begann mit der Herzmassage und Lea weinte…

Die weißen Rosen lagen auf ihrem Platz. Ich nahm Lea an der Hand und wir machten uns auf den Weg zu Sophie. Sie war im Garten und sah wieder besser aus. Sie hatte nur einen Schwächeanfall erlitten und nach zwei Tagen hatten man sie aus dem Krankenhaus entlassen. Dieser schlimme Tag war jetzt genau eine Woche her. Wir wohnten zurzeit bei ihr. Es waren noch nicht alle Dielen zurück an ihrem Platz und vom Keller nicht mehr viel da aber das war nicht weiter tragisch. Es waren nur materielle Dinge. Wir hatten uns, das zählte.
„Lea rannte ins Haus und ich ging zu ihr. „Mama können wir heute Abend reden? Ich hab so viele Fragen. Vieles kommt langsam zurück aber nicht alles. Und ich hab so viele Fragen zu Papa.“
„Natürlich reden wir. Und ich werde deinem Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge helfen.“ Sie sah zum Haus. „Möchtest du sie dabei haben?“ Auch ich sah hinüber. Sie kam langsam auf uns zu, unsere Lea und ich musste Sophie nicht antworten.
 
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