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3 Seiten

Schnüffeljoscha

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
© Feldulme
Heute möcht ich mal von Joscha erzählen. Einem kleinen Jungen, vielleicht 8 Jahre alt, aus Bukarest. Mit 6 klaute er seiner armen Mutter Fünf Mark aus der Brieftasche oder aus einem großen Geldtopf unterm Bett. Man muß nur wissen, daß er seine Mutter bestahl. Die Mutter war arm und merkte den Klau natürlich und prügelte Joscha bis in den Stadtpark 3 Kilometer entfernt vom Tatort und Wohnhaus. Ab da blieb Joscha immer im Park und fand andere tolle Freunde, die ihm die Zähne ausschlugen, wenn er etwas hatte was begehrt war. Ganz oben auf der Wunschliste der Kids stand ein warmer Schlafplatz und Essen.

Geld bekam er vom Klau, das konnte er ja und wurde er geschnappt freute er sich über einen warmen Schlafplatz. Leider meist nur für eine Nacht, denn er war ein Kind und Kinder gehörten nicht verurteilt. Jedenfalls nicht in Bukarest. Man beneidete ihm im Park wegen seiner Klaukunst und mit ganzen 8 Jahren unterrichtete er schon zwischen Bäumen und Sträuchern andere Kinder, meist älter, in dieser Kunst. Dafür bekam er dann mal ein Bissen Rübe oder einen geschnitzten Stock. Ganz nach Lust und Laune der Schenkenden. Meist hatten die aber schlechte Laune und so gab es nur wenig. Seine tägliche Abwechslung, die andere in seinem Alter sich mit einer guten Playstation verschafft hätten, bestand aus einer Plastetüte und Farblack. Nein, er bemalte keine Tüten mit Lack um sie dann zu verkaufen. Nein, er war viel cleverer. Er hatte als Erster in Bukarest die billigste Droge gefunden, die es gab. Lackschnüffeln. Man schüttete den Lack in die Tüte und blies dann Luft hinein, die man wieder einatmete. Dann ein paar Minuten gewartet und schon war man toll drauf. Und all das für nicht mal 5 Mark. Wobei eine Dose Lack für ca. 20 Kicks reichte. Irgendwann beobachteten andere Parkjungs sein zügelloses Schnüffeln und in seinem Rausch gab er ab und bald war der ganze Park auf den Geschmack gekommen. Überall sah man Kinder, die Tüten schwangen und dann in irgendwelchen Büschen hingen und sabberten.

Normale Passanten, die eine Wohnung hatten, hatten den Park schon lange abgeschrieben und die Polizei war mit anderen Sachen beschäftigt. Mit härteren Drogen und älteren Ganoven. Joscha fiel bei einem Kick mal um und als er erwachte war seine Nase Schrott. Zuerst dachte er noch daran, daß sie ihm vom Kopf gefressen wurde von irgendeinem highen Schnüffeljunkie aber dann sah er daß sie regelrecht auf seinem Kopf zerflossen war. Es brauchte keinen besonderen Geist um von der Nase auf den Lack zu schließen und so ließ Joscha Lack Lack sein und experimentierte mit ganz anderen Stoffen. Da wurde Benzin, Kot, Weihrauch und sogar Wasserdampf geschnüffelt. Nichts war wie Lack, bis er in einem Mülleimer neben seiner Bank eine Tube Alleskleber fand und sich in die noch vorhandenen Nasenlöcher steckte. Das war es. Er fühlte es sofort und sofort bekam er in diesem Zustand eine Idee.

Am nächsten Tag, es war früh am Morgen, stand er mit matten Kopf auf, entfernte die Tube aus seiner "Nase" und versteckte sie schnell unter seinem schmutzigen Hemd. Die anderen Parkkids hatten natürlich Joschas Nase gesehen und nahmen nun, wie Joscha selber, keinen Lack mehr in die Nase auf. Die Angst war viel zu groß. Und diese Angst und die noch vorhandene Sucht wollte sich Joscha nun zu Nutze machen. Er war zwar ein Parkkind aber eben kein dummes. Aus umherstehenden Ulmen baute er sich einen Verkaufsstand und rief dann über den Park "Stoff mit Nasenichtabfaulgarantie".

Im Nu standen um seinen Stand alle Parkkinder des Parks. Manche hatten durch die Entzugserscheinungen sowieso nicht geschlafen und die die geschlafen hatten, waren im Nu wach gewesen. Ihr Unterbewußtsein hatte nur Stoff gehört und hatte sofort den Körper angeschleppt. Auf dem Ulmentisch hatte Joscha in aller Windeseile aus der einen Tube Klebe viele kleine Tropfen gepreßt die er jetzt zum Kauf anbot. Natürlich verriet er nicht was es ist und pro Klebetropfen verlangte er einen Bukarester Dollar oder einmal Eiertreten. Er trat viele Eier. Die Tropfen waren ein Renner und bald verging Joscha das Eiertretten, denn meist war da nichts mehr zu treten. Man wird sich vieleicht fragen, warum er gerade Eiertreten verlangte. Es war als Ausgleich gedacht, denn als er noch keinen Klauunterricht gab und auch noch nicht Lackschnüffelerfinder war, trat man seine Eier und machte noch ganz andere Sachen mit ihm. Als ihm also das Eiertreten zu fad geworden war nahm er nur noch Geld und mußte höllisch aufpassen, daß die ohne Geld ihm nicht die Tropfen von der Theke stahlen. Sie waren gute Diebe, denn sie waren ja von ihm ausgebildet worden. Doch er sah die schnellen dreckigen Hände und war dann doch wieder am Eiertreten.

Das Geschäft florierte bis der erste zum Ulmentisch kam, auf seine nicht vorhandene Nase deutete und sein Eiertreten wieder haben wollte. Kurzum Joscha verließ den Park, die Stadt und verdient sich nun in Köln sein Geld durch das klauen von Omataschen. Schüler hat er bis jetzt nicht gefunden aber dafür einen schönen Park.

 
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Kommentare  

Schräg, nicht besonders realistisch, am Limit zur Geschmackslosigkeit, aber irgendwie auch satirisch gut (aber wo spielte die Geschichte jetzt in Deutschland oder Bukarest -unklar!)

Pascal (24.03.2002)

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