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6 Seiten

Die Walpurgisnacht mal anders

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten · Frühling/Ostern
Die Dämmerung war über das Land gefallen. Es wehte ein schwacher und warmer Wind, der an einigen Stellen das restliche Laub am Boden spiralförmig aufwirbelte. Er hatte an diesem Tag eine seltsame innere Kraft, welche die Menschen und besonders die Tiere im Stall unruhig machte. Der Mond stand als eine übergroße, blaßrosa Scheibe über dem Horizont, in die ein mächtiger Nachtvogel mit bedächtigem Flügelschlag hineinflog.

Die Hexe lief geschäftig und kichernd um ihre Waldhütte herum, schlug mit ihrem Stock mal gegen diesen oder jenen Baum, oder fuchtelte mit ihm in der Luft herum. Dann schoß sie plötzlich in ihre Hütte, wo sie einen Heidenlärm veranstaltete. Töpfe fielen zu Boden und Stühle fielen um. Sie inszenierte ein solches geräuschvolles Durcheinander, daß selbst ihr ansonsten eher phlegmatischer Uhu durch die offenstehende Tür Reißaus nahm und aus sicherem Abstand von einer nahen Fichte aus dieses unerklärliche Treiben verfolgte. Auch der Kolkrabe, der ansonsten seinen Platz auf der linken Schulter der Hexe hatte, flüchtete auf eine Stuhllehne und fragte sich verwundert nach dem Grund all dieser ungewohnten Hektik.

Die Hexe hatte derweil aus allen Ecken ihrer Behausung ihre Kleidungsstücke zusammengetragen, die allesamt schon bessere Tage gesehen hatten. Jedes einzelne hielt sie prüfend gegen den Schein des spärlich flackernden Kaminfeuers und kicherte dabei in einem fort. Und als sie dann ein ehemals weißes Hochzeitskleid aus dem Kleiderberg herauszog und es prüfend begutachtete, da verfiel sie in ein geradezu hysterisch schrilles Lachen, das so durchdringend war, daß sich selbst der Uhu draußen auf der Fichte die Ohren mit seinen Flügeln zuhalten mußte.
Eine Maus hatte es dabei besonders übel erwischt. Sie war vor lauter Schreck von einem Regal heruntergefallen und in einem großen Glas mit einem grünlichen und übelriechendem Sud gelandet, woraus sie sich selbst nicht befreien konnte, so daß sie mit ihrer kläglich wispernden Stimme die Hexe um Hilfe rufen mußte. Diese war gerade mit der Anprobe des Hochzeitskleides beschäftigt und hätte beinahe bei ihrem eigenen Lärm die Hilferufe der Maus überhört. So langte sie mit ihrer runzeligen Hand in das Glas, und zog mit ihren zentimeterlangen Fingernägeln die Maus an ihrem dünnen Schwänzchen heraus. Die Maus war völlig mit der öligen Schmiere verklebt und gab ein erbärm-liches, grün schimmerndes Bild ab. Die Hexe schaute mit blitzenden und sprühenden Augen auf die Maus und fragte diese hell auflachend: „Mäuserich, hast Du davon getrunken, hast Du etwa davon getrunken?“ Der Mäuserich schlüpfte jedoch ohne zu antworten von ihrer Hand, wobei er den Weg über den Arm der Hexe nahm und sodann an deren Kleid nach unten gelangte, sorgsam darauf achtend, nicht gar noch in ihr faltiges, doch immer noch beachtliches Dekolleté abzurutschen und somit noch zu guter Letzt den Erstickungstod zu erleiden.
Auf dem Boden angekommen, sauste der Mäuserich unter einen Holzstapel am Kaminfeuer und begann sich sauberzulecken. Doch damit kam er nicht weit. Er hatte noch nicht einmal seinen Bauch von der grünlichen Schmiere befreit, als ihn ein so heftiges Verlangen überkam, daß er nur noch in den alten hölzernen Brotkasten flitzen konnte, wo seine Frau gerade das Abendessen zubereitete. Diese kam gar nicht dazu, ihn zu fragen, wo er so lange gesteckt habe, da hatte er es ihr schon dergestalt heftig besorgt, daß sie noch lange Zeit danach augenverdrehend und sehnsuchtsvoll daran denken mußte.

Die Hexe indes stand vor einem längst verblichenen Spiegel und rieb sich roten Gerbsaft auf die zerfurchten Wangen. Und ihre schmalen Lippen vergrößerte sie, indem sie diese mit halbgetrocknetem Ochsenblut großzügig bemalte. Sodann flocht sie ihre strähnigen, langen schwarzen Haare zu einem mageren Zopf zusammen, der aber immerhin bis an die Rundungen ihres gewaltigen Hintern heranreichte. Fast zufrieden mit ihrem Erscheinungsbild umfaßte sie ihre Riesenbrüste und schob sie so lange hin und her, rauf und runter, bis sie endlich in dem etwas knappen Mieder des Brautkleides doch mehr schlecht als recht Platz gefunden hatten. Nur der üppige Bauch wollte sich nicht hinter der vorderen Schnürung des Kleides verstecken. Da half auch kein heftiges Zerren an den Schnüren. Denn die Schnürung gab dennoch klaffend den Blick auf den Bauch mit seiner finsteren Höhle von Bauchnabel frei, in dem ein Vogel, wie etwa ein Specht beispielsweise, bequem hätte nisten können. Die Hexe schaute an sich herunter und beschloß, daß ihre rußgeschwärzten – in jedem Fall ungewaschenen – Füße im Freien bleiben sollten, denn sie fand, daß sie schon entschieden zuviel eingepfercht hatte.

Da es für die Jahreszeit ohnehin zu warm war, und ein wollender Schlüpfer heute Nacht ohnehin nur stören würde, dieses Ding darüber hinaus immer an den empfindlichsten Stellen kratzte und scheuerte, entschied sie sich gegen ihn. Zumal sich ihre Schwestern auch schon immer über diesen lustig gemacht hatten. Wenn diese sogar ohne Umstände im Stehen pinkelten, was bei ihren weiten Röcken vorzüglich funktionierte, so mußte sich dabei unsere Hexe in der kalten Jahreszeit immer erst diesen wollenen Schlüpfer ausziehen, was, wie gesagt, jedes Mal zu Heiterkeitsausbrüchen bei ihren Schwestern führte. Was diese allerdings nicht wis-sen konnten, war der Umstand, daß unsere Hexe an einer erkältungsfreudigen Blase litt. Und kein noch so verfeinertes Elixier hatte bislang eine Besserung eingeleitet.

Etwas erschöpft, doch immer noch überaus erregt, ließ sie sich sodann zufrieden kichernd in einen hohen Ohrensessel nahe dem Kaminfeuer fallen, das tagein, tagaus zu jeder Jahreszeit schon des-halb brennen mußte, weil sie darüber so manche zwischen Tod und Freuden bringende Suppe köchelte.

Ihr Kolkrabe hatte derweil oben auf dem Ohren-sessel Platz genommen, denn mit seinen scharfen Krallen wagte er sich nicht auf die nunmehr entblößte Schulter seiner Herrin. Man kann sagen, daß es nicht übertrieben ist festzustellen, daß er über das bislang noch nie gesehene Outfit seiner Herrin nicht nur über alle Maßen überrascht, son-dern nahezu verwirrt war. Hatte er sie bislang doch nur immer in diesem hochgeschlossenen, strengen, ja fast feierlichen Schwarz erlebt. Und dann dieses alberne, ständige Gekicher von ihr. Er trat von einem Bein aufs andere und stellte dabei den Kopf schief, was immer dafür sprach, daß er vermehrt und angestrengt nachdachte. Aber es fiel im nichts Plausibles für das sonderbare Gebaren seiner Herrin ein. Auch als er ein wenig auf dem Sessel zur Seite rückte, um stärkere Erdstrahlen aufzu-spüren, die sonst immer in solchen Fällen geholfen hatten, wollte ihm nichts Erklärendes in den Sinn kommen.

So mußte sich dann der Kolkrabe sein Gefieder hinterm Kopf kratzen, was immer ein untrügliches Zeichen seiner Ratlosigkeit, wenn nicht gar seiner Verlegenheit war. Doch dann faßte er sich ein Herz, seine Herrin nach dem Grund ihres sonderbaren Verhaltens zu fragen. Mehr als unwirsch von seinem Platz verscheucht zu werden, drohte ihm in diesem Fall kaum.
Die Hexe reagierte zuerst nur mit einem unverständlichen Gebrummel auf die gekrächzte Frage des Kolkraben. Doch dann verführte sie ihr dominantes Ego, unter dem auch Hexen und besonders Hexen zu leiden haben, zu einer Antwort, nämlich, daß sich heute Nacht – in dieser besonderen Nacht – immerhin der Boss angemeldet habe, um, wie er sich ausgedrückt habe, mal wieder bei ihr nach dem Rechten zu schauen. Deshalb habe sie auch das alljährliche Treffen mit ihren Schwestern auf dem Blocksberg absagen müssen.

Der Uhu, der sich wieder auf seinem Stammplatz auf dem Querbalken der Hütte eingefunden hatte, ließ daraufhin ein langgezogenes und anerkennendes Uhuu vernehmen. Und beide, der Kolkrabe und der Uhu sahen sich vielsagend an. Denn da bahnte sich ganz zweifelsohne in dieser Nacht ein Happening ganz besonderer Art an.

Die Hexe, die ihre innere Unruhe kaum verbergen konnte, erhob sich ein ums andere Mal aus ihrem Sessel, zupfte an ihrem Kleid hier und dort, kicherte dabei wie gewohnt, besah sich in dem ver-blaßten Spiegel, lächelte dabei zufrieden vor sich hin, oder prüfte die grell grüne Brühe, in die der Mäuserich gefallen war, roch an ihr, grinste dabei vielsagend, rührte in der Brühe noch mal rum und murmelte etwas Unverständliches. Dabei konnte es sich zweifelsohne nur um einen Zauberspruch handeln, denn die Brühe fing im kalten Zustand sofort an zu brodeln.

Man hatte noch Zeit, denn der Boss würde nicht vor Mitternacht auftauchen. Da fiel der Hexe ein, daß er bestimmt ein wenig verführerischen Körperduft an ihr zu schätzen wisse. Also kramte sie in allen Schachteln, Ecken und Winkeln ihrer Behausung rum, bis sich ihrer großen spitzen Nase das Versteck des gesuchten Duftes kundtat. Sie fand das kleine schwarze Stückchen eingetrockneten Moschus, den auch die Menschenfrauen in schon schier aussichtslos erscheinenden Situationen erfolgreich einzusetzen pflegten. Die Hexe schnitt ein Stückchen davon ab und zerstampfte es in einem Mörser unter Hinzugabe von Ziegenbockschmalz. Diese Emulsion brachte sie dann in den dichten Haarbüscheln unter ihren Achseln und sonstwo an, kichernd und sich ihrer Sache völlig sicher, während der Kolkrabe und der Uhu fasziniert aber auch sprachlos zusahen.

Danach nahm die Hexe wieder in ihrem Sessel Platz und wartete auf die zwölf Schläge der weit entfernten Turmuhr. Als diese schließlich von Ferne erklangen, als der Mond, nunmehr zu seiner normalen Größe geschrumpft, hoch über dem Wald stand, wo die Hexe wohnte, und die Natur in kaltes, silbriges Licht tauchte, und als der letzte Glockenschlag sodann verklungen war, da wurde just in diesem Augenblick die Tür krachend aufgestoßen, und der Boss stand im Raum. Er zog prüfend und geräuschvoll die Luft durch seine Nase, nickte anerkennend und ging auf die Hexe zu, die sich zu seiner Begrüßung erhoben hatte und vor ihm die Andeutung eines Knickses machte, weil mehr wegen ihrer Arthritis nicht drin war. Der Boss machte ihr gegenüber eine knappe Verbeugung, wobei er mit seinem rechten Paarhuf einen Kratzfuß vollführte, was sich auf dem Holzfußboden widerlich anhörte.

Dem Kolkraben war es auf dem Ohrensessel mittlerweile etwas mulmig geworden, und er flatterte deshalb neben den Uhu, wo er sich schon sicherer fühlte.

Schließlich bedeutete der Boss der Hexe Platz zu nehmen und ging vor ihr in die Hocke, wobei er seinen langen Schwanz hinten etwas zur Seite biegen mußte, da dieser durch einen momentanen starken Blutandrang etwas von seiner Flexibilität eingebüßt hatte. Und als er sodann mit seinen kleinen Hörnern den Kleidsaum der Hexe anzuheben begann und dabei schnaubend die eingeatmete Luft ausstieß, bot diese ihm schnell von dem giftig grünen Gebräu an, wobei sich in den großen Pupillen ihrer Augen die züngelnden Flammen des Kaminfeuers zu spiegeln schienen. Oder waren es etwa gar nicht diese Flammen?

Sobald aber der Boss von der Brühe gekostet hatte, sprang er wie elektrisiert auf seine beiden Beine und brüllte lautstark wie ein Bulle. Er griff nach der Hexe, doch verfehlte er sie. Denn diese war flugs seitlich aus dem Sessel gesprungen, ohne auf ihre Arthritis Rücksicht nehmen zu können, hatte sich ihren Besen geschnappt und ganz fest zwischen die Beine geklemmt, und war mit einem schrillen Gekicher durch den Kamin nach oben gefahren, ohne daß die Flammen nach ihr gegriffen hatten. Der Kolkrabe und der Uhu waren in die entlegenste Ecke der Hütte geflüchtet, und der Boss war – immer noch brüllend – ins Freie gestürmt, wobei die Eingangstüre unreparabel zu Bruch gegangen war.

Draußen angekommen starrte er in den Himmel und erblickte die besenreitende Hexe, wie sie johlend und kichernd um den Mond kurvte. Von Ferne vernahm diese sodann jedoch den Befehl sofort runterzukommen, denn der Boss selbst war fluguntauglich. Die Hexe kam im Sturzflug auf ihn zu und machte über ihm einen lupenreinen Looping. Danach ging sie noch tiefer. Und als sie genau über ihm war, schaltete sie den Rückwärtsgang ein, so daß ihr Kleid gegen die Luftströmung ihre weißen, gewaltigen Arschbacken entblößte. Mit diesem gewagten Flugmanöver aber noch nicht zufrieden, ließ sie einen dröhnenden Furz entweichen, der den Sand aufwirbelte und die Sterne zum Zittern brachte. Und damit nicht genug. Es entwickelte sich danach nämlich ein solch bestialischer Gestank nach Schwefel, daß ein unschuldiges Eichhörnchen bewußtlos aus einem Baum fiel.

Bei diesem urgewaltigen Striptease war dem Boss der hintere Schwanz so stark angeschwollen, daß dieser mit seinem Haarbüschel an der Spitze steil in die Höhe ragte. Aber auch sein Glied war in der Erregung so gewachsen, daß er es krampfhaft und gewaltig stöhnend mit beiden Händen festhalten mußte.

Die Hexe, die dies beobachtet hatte, bekam doch mittlerweile Bedenken, ob sie nicht etwas übertrieben habe, und es überfiel sie wohl auch vor den möglichen Folgen eine gewisse Angst. Sie visierte also das unübersehbare Glied vom Boss an und plazierte darauf eine millimeterexakte Landung und genau zwischen ihren Schenkeln, wobei ihr nun der Umstand zugute kam, daß sie sich vorsorglich gegen den wollenen Schlüpfer entschieden hatte. Beide, so vereint, wälzten sich sodann bis zum ersten Morgengrauen derart wollüstig auf dem Waldboden, daß noch im fernen Dorf ein leichtes Beben registriert wurde, und die Erdhöhlenbewohner im Umkreis, wie etwa die Mäuse, Kaninchen oder auch Füchse panikartig eine Evakuierung einleiteten.

Danach wurde berichtet, daß sich der Boss für ein Jahrhundert lang habe krank schreiben lassen müssen, was die Menschheit dann später als das goldene bezeichnet hat.
 
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Kommentare  

Das...das ist ja ein Porno!

Ein softer Hexenporno. Lustige Idee, leider ist die Geschichte etwas "flach".
Allerdings witzige Einlagen, zB. das Eichhörnchen, welches betäubt vom Baum fällt etc.
Die Geschichte ist kein wirklicher Brüller, aber gut geschrieben. Prima Mittelmaß.


Dr. Ell (09.02.2004)

Die Idee gefällt mir, doch hätte man sie besser umsetzten können, denke ich. Das Sprachniveau der Geschichte passt teilweise nicht zur Handlung.
Der Anfang sowie eigentlich auch der Hauptteil ist gut gelungen, aber ich denke das Ende ist verbesserungswürdig, noch zu billig.

Mittel.


Redfrettchen (30.11.2003)

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