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Kaufhallenbericht

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten · Experimentelles
© Feldulme
War gerade einkaufen. Bei Gott, auch ich muß einkaufen. Muß meinen Magen mit Essen füllen. Flüssigkeit in meinen Hals verfrachten. Ich kaufe immer am Sonnabend ein. Es ist zwar voll aber wenn man eine gute Zeit nimmt dann geht alles. Einen Parkplatz wird man finden und wenn da keiner ist fährt man einfach weiter. Im Osten gab es ja gar keine Parkplätze. Hat sich ja gar nicht gelohnt, für die wenigen Kisten. Ja genau Kisten. Die hatten ja nich mal elektronische Fensterheber. Ein Westler der meine Familie mal besuchte verarschte mich indem er das Lenkrad seines Mercedes losließ und verkündete, daß der Wagen alleine fahre. Ich war damals so blöd und erzählte das in der Schule. Ein wahnsinniges Gerücht machte den Umlauf. Nun 13 Jahre danach erfuhren irgendwelche Wissenschaftler davon und bauen den ersten Mercedes ohne Lenkrad. Toll.
Doch ich war beim einkaufen. Natürlich hatte ich wieder meine Frau mit. Zum einen hat sie das Auto und einen Führerschein und außerdem Geld. Nein ausnutzen tue ich nicht, hab nur keinen Bock am Samstag zur Bank zu laufen. Die hat nämlich zu und ich habe meine Karte beim Kanufahren verloren. Aber dazu ein anderes mal mehr. Es reicht zu wissen, daß meine Frau mitgekommen ist. Bekommt sie keinen Parkplatz kann es schon mal passieren, daß sie einen Herzinfarkt bekommt. Wenn dicke Menschen oder Ausländer kommen, höre ich nur ein Gemurmel wie „Scheiß Ausländer nehmen uns das Obst und Gemüse weg“ oder „Ohh guck mal wie fett die ist“. Ich reagiere schon wie ein Roboter, sage nur noch „Ja“ und „Amen“ . Nehme auch gar nicht wahr, was sie nun genau sagt. Der erste Halt in einem Kaufhaus sind meist die Zeitungen. Wie immer suche ich zuerst nach der PM, bemerke, daß ich sie schon habe und kaufe GEO. Lese im Vorbeigehen noch die Titel irgendwelcher Frauenzeitungen "100 Berichte junger Eltern“, „Messen sie seinen IQ und erfahren Sie wie er zu Ihnen steht“,
„KDH= kotz die Hälfte“ und „Durch Yoga ein Superorgasmus für die Seele“ und all so Sachen eben. Nebenbei wunder ich mich wieder, daß so viele Heftchen über nackte „Dickerchen“ zum Verkauf stehen und das sie auch wirklich gekauft werden. Ist ja schon peinlich ne „Coupe“ oder so zu kaufen aber eine „Dickerchen total“ auf so einem Laufband wäre doch echt die Härte. Wäre aber sicher ein Spaß 10 verschiedene Fettenzeitungen zu kaufen und ganz selbstbewußt zu bezahlen. Beim bezahlen könnte man ja noch sagen „Ja, muß schon was zum anpacken sein“. Mittlerweile hängen in den Regionen der Zeitungen auch immer viele Kinder rum, die sich mit Pokemonheften zujunken. Kaufen tun die nichts aber Hauptsache sie kennen, die neuesten Viecher. Arme Eltern, da kommt ein Kind nach Hause und redet nur wirres Zeug von komischen Tieren die wachsen und kämpfen. Dann werden sie auch noch dazu gedrängt den Scheiß zu kaufen. Wenn ich mal Kinder habe und Gott hat meinen Samen sicher gut gemacht, dann gibt es sicher viele Verbote von mir. Besuche kein Spielzeuggeschäft, habe neben Deinem Vater keine Freunde, schon gar keine Kinder und so weiter.
Neben den Zeitschriften hängen „Non Food „- Artikel und oft kommt durch die Lautsprecher „Non Food bitte an die 6“. Die 6 ist dann eine Kasse an der eine Kundin steht, die wissen will ob es noch die Bälle für 5,90 DM gibt.
Aus den Lautsprechern dringt auch das tolle Einkaufsradio mit eigenem Horoskop, Wetter, Klatsch und Tratsch und natürlich Musik und Werbung. Eine Werbung habe ich noch im Kopf und wer oft und lange in einem Markt verweilt, der kennt sie. Ich kenn sie so genau, weil der Radiostützpunkt in Kiel ist und Freunde von mir da arbeiten. Also los.
„Die Tiefkühltruhe“
„Der Tiefkühltruhe“
„Die“
„Der“
„Die“
„Der“
„Schiebn sie dem einen leckeren Eisriegel vor.
Mars leckeres Eis aus...“
„Der Tiefkühltruhe“
Die Werbung läuft dann 20 mal am Tag. Nebenher läuft gute Musik und das Horoskop wird von ner Bildzeitung abgelesen. Der Anfangsjingle geht übrigens so: „Guten Morgen Guten Morgen Gut einkaufen mit Einkaufsradio“. Is natürlich ein Singen.
Wir waren bei „Non food“, weil ich aber nicht einkaufen fahr um Batterien zu holen, gehe ich weiter. Bis zur Fleischtheke und bereue schon, daß ich Hack brauche. Ja Hack für Chili con usw eben. Die Fleischthekenfrau hat Plastikhandschuhe an ihren Händen und ist gut bei Stimme. Sie ist vielleicht 22 Jahre alt und ich glaube nicht, daß es ihr Freude macht totes Tier zu bearbeiten. „Gut“ , denke ich, daß das nicht meine Frau ist und ich Freunden nicht erzählen muß „Meine Frau ist Fleischerin“. Wär mir peinlich, weiß auch nicht warum.
„Guten Tag“
„Tag“
„250 gramm Hack, halb und halb“
„Bitte“
„Danke“
„Noch was?“
„Nein danke“
„Tschüß“
„Ja ja tschüß“
Bin nun in der Mopro. Molkereiprodukteabteilung. Suche meinen Karamelpudding und wunder mich, daß die Ecke des Monats auch schon vor 2 Monaten die Ecke des Monats war. Gebe in das schon volle Mal meines Einkaufskorbes einen Schokopudding und laufe dann hinaus. Unterwegs, so im laufen, wird dann noch Bier in den Wagen gegeben und an der Kasse fällt mir wieder ein, daß das ja alles doch was kostet.
 
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Kommentare  

Schon lustig, aber nur bis zu dem Punkt wo die Werbedurchsagen beginnen. Die Idee den Warenhaustrubel mal auf den Spaten zu nehmen war nicht schlecht. Mit Witz und Humor hast Du das gut beschrieben.
Danach flacht die Storie stark ab und enttäuscht.
3 Punkte (...hätten mehr werden können.)


Wolzenburg (23.09.2002)

*prust*
Jaja, wer kennt ihn nicht, den Einkaufsfrust. Eingeklemmt in eine Herde gleichermaßen Wochenendfixierter, umdudelt von diesem schrecklichen Gute-Laune-Radio und umgeben von Verkäuferinnen, die so finster dreinschauen, als würden sie am liebsten jeden Kunden persönlich aus den Kleidern schlagen. Wirklich schön beobachtet und gut umgesetzt.
Was das leidige Parkplatzproblem betrifft: Lieber Protagonist, lass Deine Gattin doch demnächst einen freien Parkplatz beim Universum bestellen. Nee, das gibt's, ohne Scheiß. Noch nie Bärbel Mohr gelesen? Wer sich esoterische Zeitschriften antut, kennt die ganz sicher...
Und: Auch füllige Menschen können schön sein. Hat man halt ein paar Gramm mehr zum Liebhaben.
Nette kleine Alltagsgeschichte.


Heike Sanda (21.06.2002)

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