131


2 Seiten

Letzter Abschied

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
© Middel
Letzter Abschied

Ich liege neben dir, versuche mich zu konzentrieren. Es ist schwer nicht durchzudrehen. Warum? Weil mir so vieles durch den Kopf geht. Meine Gedanken schwirren umher und ich hab alle Mühe damit sie wieder einzufangen. Ich umarme dich, vielleicht ist es das letzte Mal, dass wir hier so ungestört liegen. Vielleicht werden wir die Versprechen, die wir uns gegeben haben nicht einlösen können. Es macht mich traurig, dass wir uns scheinbar auseinandergelebt haben. Du hast mich doch mal geliebt und nun soll alles aus sein? Ich kann nicht verstehen, dass du alles so einfach vergessen willst. Ich kann nicht begreifen, wie man so schnell an ein anderes Leben denken kann. Ich hab bis zuletzt gehofft, alles wird gut. Ich hab doch an uns geglaubt. Eigentlich tue ich es immer noch. Ich möchte ein Leben mit dir.

Ohne dich? Das kann ich mir einfach nicht vorstellen, hörst du? Ich brauche dich doch so sehr. Und du? ... du brauchst mich doch auch! Ich hab dir was mitgebracht, ein Gedicht. Ich würde es dir gern vortragen zum Abschied. Darf ich?

Liebesbrücke

Du machst aus Stürmen sanfte Wogen,
und deine Augen funkeln pur.
Du malst mir einen Regenbogen,
allein mit diesen Augen nur.

Ich folge langsam deinem Blick
spüre unsere Herzen beben
für mich gibt es jetzt kein Zurück
du musst mir einfach nur vergeben.

Und? Verstehst du es? Ich habe es für dich geschrieben, für uns! Gibst du mir einen Kuss zum Abschied, ja? Das ist lieb. Ich muss jetzt gehen, denn ich höre sie kommen. Jemand muss uns gehört haben. Wir waren zu laut. Aber nein, das macht nichts. Sollen sie doch kommen. Es ist zu spät. Sie werden es nicht ungeschehen machen können. Auch wenn sie es nicht verstehen, so bleibt es dabei. Ich habe dich geliebt und deshalb habe ich es getan. Nur deshalb. Das weißt du doch, nicht wahr? Eines Tages werden wir uns wieder sehen in einer anderen Welt, in einer besseren Welt...

Ein lauter Knall. Die Tür wird eingetreten. Mindestens 5 Beamte stürmen in die kleine, völlig verwüstete Wohnung. Sie schauen auf das Bett. Blutend liegen da zwei Körper. Ein Mann und eine Frau. Den Beamten ist sofort klar, was hier geschehen ist. Sie befreien die gefesselte Frau und lassen sie von den heraneilenden Notärzten verpflegen.

Drei Tage später ist sie vernehmungsfähig. Im Krankenhaus, an ihrem Bett steht ein Beamter von der Kripo und nimmt das Protokoll auf. Ein weiterer sitzt ihr direkt gegenüber, während sie erzählt.

Vor einiger Zeit hab ich jemanden kennen gelernt. Mein Mann wusste nichts davon ... anfangs. Er ist, bzw. war sehr eifersüchtig. Sie beginnt zu weinen. Als er dahinter kam, stellte er mich vor die Wahl. Er oder ich, hat er gesagt. Und ich traf meine Entscheidung. Ich bat ihn auszuziehen, mich mein neues Leben anfangen zu lassen ... Es fällt ihr sichtlich schwer die Fassung zu wahren. Ein paar Tage später kam er dann vorbei. Ein letztes klärendes Gespräch wollte er. Als ich seine bettelnden Versuche mich zurückzubekommen verneinte, wurde er aggressiv. Er schlug mich. Zuvor hat er mich in all den Jahren nicht mal wirklich angeschrieen. Doch jetzt schienen alle Dämme gebrochen. Er schlug mich fast bewusstlos. Er war wie im Rausch. Als ich am Boden lag, fesselte und knebelte er mich und legte mich aufs Bett. Er legte sich dazu, umarmte mich... Sie unterbricht, um sich mit einem Taschentuch das Gesicht zu trocknen. Also er umarmte mich und begann mir von seiner Liebe zu erzählen. Wie wir uns kennen gelernt haben, unsere erste gemeinsame Nacht, alles Mögliche. Dabei betonte er immer wie sehr er mich noch lieben würde. Ich hatte todesangst, dachte er bringt mich um. Aber tatsächlich hatte er sich die Pulsadern aufgeschnitten. Ich muss wohl doch einige Zeit ohnmächtig gewesen sein... Wieder stockt sie ... Oder ich bin zwischendurch eingenickt, ich weiß es nicht ... Sie atmet tief durch. Ich musste mit ansehen, wie er allmählich verblutete. Wie ihn ganz langsam seine Kräfte verließen. So hat er mich bestraft. Ich werde nie mehr ein normales Leben führen können...

Die beiden Männer schauen sich an. Sie würden gerne trösten, aber was sollen sie sagen? Es gibt Sitautionen im Leben, da fehlen einfach die passenden Worte. Da sie nun alles gehört haben, entscheiden sie sich zu gehen.

Begeleitet von starren, fassungslosen Augen verlassen die Beamten das Zimmer. Die Frau, die da so apathisch auf dem Bett liegt, ist jetzt nicht mehr ansprechbar. Sie ist tief in sich gefangen und lässt alles wieder und wieder Revue passieren. Dabei ist es ein Gedanke, der sich immer stärker in ihr meldet ...
Ja, ich vergebe dir!
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

*schluchtz*

 (11.07.2006)

Und nochmal 5 Punkte, das gefällt mir auch sehr gut! Traurig aber doch irgendwie wunderschön.

Lena N. (18.01.2005)

Auch wieder eine gelungene Sache,

allerdings fällt mir langsam eine Affinität zu gewaltsam endenden Liebesgeschichten bei Dir auf. Ne Genre neugründung?
In diesem Sinne

Blood, Sweat n' Tears!!!!!


Svette (10.02.2003)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Alea  
Einmal umschulen, bitte!  
"Pete" oder Revanchieren mal anders  
Becker (Teil 7)  
Becker (Teil 6)  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De