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11 Seiten

Lichtnetz (Part 6)

Romane/Serien · Fantastisches
© Metevelis
Die Reisegruppe war bereits am frühen Morgen aufgestanden und hatte sich auf den Weg gemacht. Nun waren sie kaum noch eine Stunde von Cendore, der Hauptstadt von Caylan entfernt. Sandro wurde mit jeder Meile schweigsamer und nervöser und ließ sich bis ans Ende des Zugs zurückfallen. Irgendwann hielt Eric es nicht mehr aus und zügelte sein Pferd, bis er genau neben Sandro ritt.

"Worum machst du dir Sorgen? Deine Mutter? Sie wird dir doch nicht den Kopf abreißen. Gut, ich bin mir sicher, sie wird nicht begeistert sein, aber es hätte auch schlimmer kommen können." Sandro sah ihn düster an. "Du weißt nicht wovon du redest. Bist du dir sicher, dass du mitkommen willst? Du wirst nicht sonderlich besser davon kommen, wenn sie deine Rolle in den Geschehnissen erfährt."

Eric sah ihn erstaunt an. "Also, wenn ich dich so höre, könnte man glauben, du reitest zu deiner eigenen Hinrichtung. Und ich gleich mit." Sandro schnaubte. "Wenn es nur das wäre." Eric wurde langsam sauer und wollte ihn darauf ansprechen, da kam Marc zu ihnen. Er hatte sich gerade von einer Gruppe junger Ealfin gelöst, die mit ihm über den besten Stahl diskutiert hatten.

"Was meint ihr? Wird es uns gelingen, ein paar gute Söldner für unseren Kampf zu gewinnen? Glaubt ihr wirklich, wir können Fenris san Doj bekommen? Er soll wirklich der beste sein. Und seine Truppe ist nicht minder schlecht." Eric sah nachdenklich aus.

"Wie ich bereits sagte, glaube ich, dass er zur Zeit keinen Kontrakt hat, aber das werden wir bald herausfinden. Wenn nicht, nun, wir werden andere finden. Die Ealfin haben mit ihrem Gold dafür gesorgt. Ich werde noch kurz mit Revyn reden."

Er ritt zu dem Ealfin, der alleine an der Spitze war. Marc sah Sandro schief von der Seite an. "Es tut mir leid, was ich dir und deiner Schwester angetan habe. Ich weiß, du musst dir furchtbare Sorgen gemacht haben." Er lächelte nervös. Sandro nickte nur. "Ich hoffe, du nimmst mir diese Sache nicht allzu übel."

Sandro sah ihn kurz an und sagte dann: "Nein, Eric hat mir erklärt, dass du unter einem Bann standest. Bitte nimm es mir nicht übel, aber ich möchte allein sein, bis wir Cendore erreichen." Marc nickte und ließ sich wieder zurückfallen, um sich weiter mit den Ealfin von vorhin zu unterhalten. Schweigend ritten sie weiter.

Nach etwa einer dreiviertel Stunde erreichten sie Cendores Mauern. Sandro, immer noch düsterer Stimmung, schlug seine Kapuze hoch, so dass sein Gesicht im Schatten lag. Die Wachen an den Toren sahen angesichts der Ealfin etwas überrascht aus, ließen sie aber unbehelligt durch. Eric ritt wieder an Sandros Seite. ?Kannst du uns eine gute Schenke empfehlen? Ich nehme nicht an, dass deine Mutter uns alle in ihrem Stadthaus unterbringen kann.?

Sandro lief rot an. ?Ich?ich werde euch vorläufig in eine gute Schenke in der Nähe des Palastes bringen. Danach sehen wir weiter.? Nun ritt er voran und redete mit Revyn. Zusammen brachten sie die Gruppe zu einer vierstöckigen Schenke, im Herzen der Stadt, die ?Der Königin Frieden? hieß. Eric lächelte und sagte: ?Scheinbar ist eure Königin bei ihrem Volk sehr beliebt.?

Sandro nickte nur. Mit ihm war heute kein Gespräch mehr anzufangen. Seine Kapuze war noch immer tief ins Gesicht gezogen. Er überließ es Revyn, die Angelegenheit mit den Zimmern. Sobald das geregelt war, zog er sich in sein Zimmer zurück. Kurz darauf folgte ihm Eric. ?Nun, wann gehen wir zu deiner Mutter?? Sandro sah ihn finster an. ?Morgen?, sagte er kurz angebunden. ?Nun lass mich bitte allein.? Eric schüttelte den Kopf und ging aus dem Zimmer. Er verstand nicht, weshalb Sandro so schlechter Stimmung war.

*****

Mellina saß in ihrem Zimmer und stickte. Ihre Tochter schlief im Nebengemach. Das arme Kind. Sie gönnte ihr die süßen Träume der Vergangenheit. Besser als in der Gegenwart zu leben.
Die Tür ging auf und der Mann, der ihr ganzes Leben zerstört hatte, trat ein. ?Nun, meine Liebe. Wie geht es dir?? Sie sah ihn verachtend an. ?Das wagst du zu fragen? Du hast meinen Mann getötet, meiner Tochter ihrer Zukunft und ihrem Glück beraubt?von meinen Schmerzen ganz zu schweigen. Du bist ein Ungeheuer!? Er lächelte. ?Ich verstehe, du bist noch immer mitgenommen. Ich muss mich wirklich für meine Schergen entschuldigen. Sie hatten keine Anweisungen dich zu misshandeln. Für deine Tochter kann ich nichts. Sie hätte den Mann eben nicht reizen dürfen. Sie wusste genau, dass er jähzornig ist. Aber auch für sie tut es mir leid. Vergiss nicht, schließlich ist sie meine Nichte.? Zornig sah sie auf ihre Stickarbeit. Sie hatte sich in den Finger gestochen. Das Blut leuchtete rot auf ihrer Haut. Sie starrte den Tropfen an und ballte dann die Faust. ?Geh. Wenn schon nichts anderes, dann tu wenigstens das für mich?für uns.? Sie sah nicht wieder auf, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Dann legte sie die Hände vor das Gesicht und weinte.

*****

Königin Serena lag auf ihrem Ruhebett. Nur eine kurze Pause von den Audienzen. Genug Zeit, um eine Kleinigkeit zu essen. Vielleicht auch kurz zu schlafen. Sie sah auf die Uhr. Noch eine halbe Stunde. Sie seufzte. Ihr Blick glitt zu dem Familienporträt. Wie geht es wohl meiner kleinen Aly? Und meinem Sohn? Seit zwei Monaten waren die beiden auf dem Landgut. Die Ruhepause von den ständigen kleinen Intrigen am Hof hatten die beiden natürlich nötig. Sie wünschte nur manchmal, sie hätte auch Anspruch auf eine solche Pause. Aber sie durfte sich nicht beschweren, diese kurze Ruhepause zwischen ihren Audienzen, hatte sie erst eingeführt. Ihre Mutter hatte dies nie getan. Andererseits hatte ihre Mutter auch eine eiserne Kondition gehabt.

Sie seufzte erneut. Sie blätterte durch die Dokumente, die auf ihre Unterschrift warteten. Die Stahllieferung aus Altane war bereits seit zwei Monaten im Rückstand. Trotz mehrerer Briefe war von ihnen keine Antwort gekommen. Sie musste einen Herold schicken. Außerdem musste sie Nachricht nach den Silberinseln schicken. Der Modetrend ging dieses Jahr eindeutig in Richtung Silber. Die Handwerker benötigten mehr Material. Sie lächelte amüsiert. Natürlich handelte sie auch aus Eigennutz. Es gab viele aus dieser Gilde, die ihr regelmäßig wahre Kunstwerke verehrten.
Unbemerkt hatte sich die Zeit davon geschlichen und ihr Haushofmeister klopfte an die Tür. Er trat ein und verbeugte sich. ?Majestät, die Delegation der Färbergilde wartet vor dem Saal.? Sie stand auf, klopfte ihr Gewand aus und richtete ihr Haar. ?Ich komme schon.?

*****

Lyssa und ihre Gefährtinnen ritten in die Ausläufer der Berge hinein. Langsam wurde Lyssa müde. Sie waren heute den ganzen Tag durchgeritten, bis auf zwei kurze Pausen, in denen sie eine Kleinigkeit gegessen haben. Aber auch Deya und Mairi sahen nicht mehr frisch aus. Nach einer weiteren Stunde waren sie dem Pass nicht mal ansatzweise näher gekommen. ?Wie weit reiten wir noch?, fragte Lyssa müde. ?Es sieht nicht so aus, als wären wir sehr weit gekommen.? Mairi lächelte sie mitleidig an. ?Ich weiß. In den Bergen scheinen Entfernungen anders als auf der Ebene. Keine Sorge, in etwa einer halben Stunde erreichen wir einen geschützten Lagerplatz. Gedulde dich.?

Lyssa nickte und starrte auf die Mähne von Chanoriel. Sie ließ ihre Stute den anderen hinterher trotten. Als es bereits dämmerte, erreichten sie den Lagerplatz, von dem Mairi gesprochen hatte. Unter einer vorspringenden Felsnase war eine Art von Höhle, die scheinbar von vielen Reisenden genützt wurde. Auf dem Boden waren Asche und verkohlte Holzstücke zu sehen. An der Decke sah man einen verrußten Fleck.

Es war genug Platz für sie und ihre Pferde. Müde führte sie ihre Stute an das eine Ende der Höhle und rieb sie mit einem Büschel Stroh aus ihrem Vorrat ab. Deya holte aus ihrer Satteltasche einige Torfklumpen, während Mairi in der Umgebung brennbares Material suchte. Nach einiger Zeit kam sie mit Gestrüpp zurück, dass sich als Unterholz entpuppte. Während Lyssa mit Feuerstein das Feuer entfachte, bereiteten Deya und Mairi das Essen vor. Sie holten einen alten, zerbeulten Topf hervor. Mairi stöpselte den Wasserschlauch auf. Lyssa sah auf. ?Wenn ihr das verbraucht, haben wir nicht genug Wasser für den Rest des Weges!? Mairi ließ sich nicht beirren. Deya erklärte ihr, dass es für heute Abend und auch für das Frühstück noch reichen würde. Denn weiter oben führte ihr Weg sie an einem klaren Gebirgsbach vorbei. Dort könnten sie ihre Wasservorräte auffüllen.

Inzwischen brannte das Feuer schön heiß und hell. Mairi stellte einen Topf mit Wasser auf dem Rost. Deya schnitt währenddessen ein paar Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln klein. ?Kann ich euch helfen??, fragte Lyssa. Mairi schüttelte den Kopf. ?Nein, ruh dich aus. Ich glaube, das schaffen wir alleine.? Sie lachte. Aus einem Fach ihrer Tasche holte sie einen kleinen Beutel. Darin war ein gelbes Pulver. Lyssa sah sie neugierig an. Als Mairi einen großzügigen Teil davon in den Kochtopf kippte, fragte sie: ?Was ist das??

Die junge Frau schnürte den Beutel wieder zu und steckte ihn weg. ?Das sind getrocknete Kartoffeln. Wir kochen sie, zerstampfen sie und lassen sie trocknen. Dann verarbeiten wir es mit Kräutern zu Pulver. Das ist die Grundlage für den Eintopf, den wir heute Abend kochen. Ich mag keine wässrigen Suppen, du etwa??

Sie lächelte fröhlich. ?Ich freue mich darauf, endlich wieder etwas Warmes in den Magen zu kriegen. Das Essen bei dem Bauern war wunderbar, aber dann drei Tage nur Dörrfleisch und Käse ist auf die Dauer eintönig.? Lyssa nickte. ?Ich wollte nichts sagen, ich wollte nicht, dass ihr mich für verweichlicht haltet.? Deya lachte laut auf.

?Verweichlicht? Götter, ich glaube nicht, dass irgendjemand begeistert davon wäre, drei Tage hinter einander immer dasselbe zu essen. Gut, wenn es nicht anders geht, esse ich, ohne mich zu beklagen. Aber wenn es nach mir geht, sorge ich so oft wie möglich für Abwechslung.? Mairi zerkleinerte ein wenig Dörrfleisch zu handlichen Stücken und warf es zusammen mit dem Gemüse in das kochende Wasser.

?O ja, wenn es nach mir geht auch. Wir mussten uns einmal eine ganze Woche von Kaninchen ernähren. Kaninchen zum Frühstück, Kaninchen zum Mittagessen und Kaninchen zum Abendessen. Danach konnte ich monatelang kein Kaninchen mehr sehen.? Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse.

?Ich habe im Ordenshaus jedes Mal gefastet, wenn sie Kaninchen auf den Tisch brachten. Leider hatten wir in dieser Zeit einen Überschuss an Kaninchen. Das heißt, es gab fast jeden zweiten Tag Kaninchen. Ich ging sehr, sehr hungrig zu Bett.? Sie schüttelte sich und lachte dann. Lyssa sah verwirrt drein.

?Kaninchen? In der Wüste? Ich?ich weiß nicht mal, wo ihr euer Essen herbekommt.? Die beiden lächelten. ?Wir handeln natürlich. Außerdem jagen wir. Es gibt sehr schmackhafte Wüstentiere, das wirst du schon sehen. Dann gibt es da noch die Nomaden, die uns für unsere Hilfe Essen schenken. Die Kaninchen bekamen wir von den Händlern. Wir hatten ihre Karawane vor Banditen beschützt, dafür gaben sie uns die Kaninchen. Die waren Teil ihrer Ware, aber die Hälfte war in der Hitze eingegangen. So bekamen wir die?Kaninchen.? Mairi verzog das Gesicht.

Deya hatte in der Zwischenzeit ihre Schlafrollen ausgebreitet. Sie lag auf der einen und zog aus ihrer Tasche eine kleine Rolle. Sie steckte sie in den Mund und zündete sie an einem kleinen Holzspan an. Die Rolle fing an zu rauchen. Lyssa sah sie neugierig und erstaunt an. Der süßliche Duft von Kräutern verbreitete sich. ?Was machst du da? Was ist das?? Deya blies grauen Rauch aus. ?Ich rauche eine Glimmrolle. Das entspannt mich. Möchtest du sie mal versuchen??

Lyssa sah neugierig aus und nickte. Deya reichte ihr die Glimmrolle. Vorsichtig nahm sie sie in den Mund und zog daran. Der Rauch kratzte im Hals, füllte dann ihre Lunge und brachte sie zum Husten. Der Rauch quoll ihr aus Nase und Mund. Sie hustete und warf die Glimmrolle beinahe weg.

?Vorsichtig Mädchen, ganz langsam. Du warst zu voreilig. Du musst nicht gleich den Rauch in die Lunge einziehen. Bei dir reicht es vorerst, wenn du nur daran ziehst, aber den Rauch nicht inhalierst.? Deya klopfte ihr auf den Rücken. ?Geht?s wieder? Na, dann gib mal die Rolle wieder her. Ich glaube, das ist noch nichts für dich.?

Mairi lächelte. ?Mach dir nichts daraus, mir ging es beim ersten Mal genauso. Danach habe ich es noch einige Male versucht, aber ich glaube das ist nichts für mich. Aber ich mag diesen Kräutergeruch. Und es entspannt sie wirklich. Deshalb habe ich nichts dagegen, dass Deya soviel raucht. Aber jetzt kannst du sie wieder ausmachen, das Essen scheint fertig zu sein.? Sie nahm einen Löffel heraus, blies daran und probierte dann.

?Ja, genau richtig. Also holt eure Schüsseln, es gibt was Warmes.? Sie machten es sich mit ihrem Essen auf den Rollen bequem. Schweigend aßen sie ihren Eintopf. Danach spülte Lyssa die Schüsseln und den Topf aus. Deya und Mairi hatten bereits Torfklumpen nachgelegt und es sich in ihren Schlafrollen bequem gemacht. ?Komm, Lyssa, wir müssen morgen früh raus. Leg dich schlafen.? Lyssa zog sich schnell aus und warf sich ein langes Hemd zum Schlafen über. Dann kroch sie in ihre Schlafrolle. Nach einer Weile, lag Ruhe über dem Lager, nur unterbrochen von dem gelegentlichen Schnauben der Pferde.

*****

Sandro erwachte durch lautes Vogelgezwitscher. Er steckte langsam den Kopf unter seiner Decke hervor. Die Sonne schien hell in sein Zimmer, nicht mehr lange, und sie wäre ihm ins Gesicht geschienen. Der Ealfin, mit dem er den Raum teilte, schien schon auf zu sein. Sein Bett war jedenfalls leer. Er hörte immer noch Vögel zwitschern. Verwirrt setzte er sich auf. Hier gibt es kaum Bäume in der Nähe. Wo stecken dann die Vögel? Er steckte erst den einen Fuß, dann den anderen aus dem Bett. Immer noch gähnend fuhr er sich durchs Haar. Langsam stand er auf.

Er tappte zum Fenster hinüber und machte die Läden auf. Das Gezwitscher war jetzt ganz nahe, es klang eher wie Schreien. Er sah hinaus. Nein, keine Bäume. Er hängte sich aus dem Fenster. Nichts zu sehen. Dann sah er nach oben. Da war es. Direkt unter dem Dach. Ein Nest mit Blaufinken. Die Mutter der schreienden Küken zwitscherte ihn böse an und breitete schützend ihre Flügel aus. Er lächelte. ?Du brauchst dir keine Sorgen machen. Ich tue deinen Kleinen nichts.?

Er stellte sich wieder hin und ließ seine Blicke schweifen. Die Straße war schon sehr belebt. Die Händler hatten bereits ihre Stände aufgebaut. Matronen mit durchsichtigen Schleiern schlenderten laut schwatzend mit ihren Töchtern an den Geschäften vorbei. Ein Mädchen sah hinauf und blickte ihn direkt an. Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Unwillkürlich lächelte er zurück.

Sie war sehr hübsch. Blaue Augen und dunkelbraune Haare und ein bezauberndes Grübchen. Ihre Mutter merkte, wohin ihre Tochter sah und sah ihn finster an. Er zog sich eilig von seinem Sichtplatz zurück. Dann sah er wieder hinaus. Das Mädchen drehte sich noch einmal um und lächelte ihm kurz zu. Er lächelte zurück. Doch dann fiel sein Blick auf den Palast, der sich über der Stadt erhob. Das Lächeln verging ihm.

Eric saß mit Marc und Revyn beim Frühstück. Der Wirt hatte ihnen geröstete Brotscheiben, Speck, Käse, Schinken, süße Butter und Milch aufgetischt. Jenyrea gesellte sich zu ihnen. Sie trug einen traurigen Gesichtsausdruck. Revyn sprach sie darauf an. ?Macht dir die Sache mit Lyssa noch zu schaffen??

Jenyrea nickte. ?Du weißt, ich habe seltene Anwandlungen von Voraussicht. Ich hatte das Gefühl, dass sie von sehr großer Bedeutung ist. Auch dass sie in großer Gefahr schwebt.? Eric mischte sich ein. ?Jenyrea, dass solltest du Sandro gegenüber vielleicht nicht erwähnen. Er macht sich auch so Sorgen genug. Wir können nichts mehr daran ändern. Keiner von uns weiß genau, wo dieses Ordenshaus liegt. Ich hoffe nur, dass sie sich selber verteidigen kann, wenn sie in Not ist. Es ist der Weg, denn sie für sich gewählt hat. Das müssen wir akzeptieren.? Jenyrea nickte erneut.

?Ich weiß, ich hoffe nur, es geht ihr gut.? In diesem Moment kam Sandro die Treppe herunter. Seltsamerweise hatte er wieder eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Und dass, obwohl es heute ziemlich warm war. ?Sandro, hast du Hunger? Wir haben dir noch etwas übrig gelassen. Du solltest dich aber beeilen, sonst isst Marc auch noch die letzten Krümel.?

Er grinste Marc an. Dieser schnitt ihm eine Grimasse. ?Ich habe keinen Hunger. Falls du immer noch zu meiner Mutter mitkommen willst, dann mach dich fertig. Ich will jetzt gehen.? Er klang schlechtgelaunt. Eric sah ihn verwundert an und schluckte dann seinen letzten Bissen herunter. ?Ist ja gut. Ich komme ja schon.? Marc wollte schon aufstehen, aber Eric hielt ihn zurück.

?Nein, bleib du hier. Noch besser, sieh zu, ob du Fenris san Doj zu einem Treffen hierher bringen kannst. Wir werden bis Mittag wieder hier sein. Nicht wahr, Sandro?? Dieser sah ihn mit einem finsteren Blick an. ?Vielleicht. Wir werden sehen. Komm, lass uns gehen.?

Eric verabschiedete sich von den anderen und folgte Sandro zur Tür hinaus. ?Sag, Sandro, weshalb bist du so schlecht gelaunt? Haben wir etwas falsch gemacht? Oder ist es wegen Lyssa? Machst du dir Sorgen um sie?? Sandro sah ihn kurz an, dann wandte er den Kopf. ?Es ist besser, wenn du mich ab jetzt an Alessandro nennst. Wenn wir dort angekommen sind, wo wir hinwollen, sag besser kein Wort. Lass mich reden.?

Eric blieb stehen. ?Weshalb tust du nur so geheimnisvoll?? Sandro schüttelte den Kopf. ?Es ist besser so.? Er beschleunigte seinen Schritt. Eric folgte ihm, dabei den Kopf schüttelnd. Ihr Weg führte sie aus dem Schenkenviertel, an den Kaufmannshäusern vorbei, in das Viertel mit den Adelshäusern und weiter. Als sie die letzte Adelsvilla hinter sich gelassen haben, blieb Eric erneut stehen.

?Wohin führst du uns? Jetzt kommt nur noch der Palast.? Sandro nickte, ohne sich umzuschauen. ?Meine Mutter lebt im Palast.? Eric sah einen Augenblick verwirrt aus, dann nickte er. ?Ach, deine Mutter ist wohl eine von den Hofdamen? Nun gut, das konnte ich nicht wissen. Hast du deshalb so geheimnisvoll getan?? Sandro ging weiter, ohne auf seine Fragen zu antworten. ?Komm, es ist nicht mehr weit.?

Als sie an die Tore kamen, ging er allerdings nicht zu dem Torwächter, sondern bog nach links ab, an der Mauer entlang. So wanderten sie eine Weile, bis sie an eine kleine Tür kamen, die halb in dem Efeu verborgen war, der über die Mauer wuchs. Sandro holte aus einer seiner Taschen einen kleinen Schlüssel. Mit einiger Mühe und unter erheblichen Knarren und Knarzen öffnete sich die Tür.

Eric trat hinter Sandro ein und sah sich genau um. Währenddessen schloss Sandro die Tür wieder sorgfältig zu. Sie standen in einem Garten. Ein Kiespfad führte durch ihn hindurch, bis er hinter einer Biegung wieder verschwand. Dies war aber scheinbar nur ein kleiner Teil des Gartens. Kaum zehn Schritte entfernt, war ein Gebäude, dessen Tür offen stand. Eine kleine Bank stand neben der Tür, ebenso wie eine Wasserpumpe. Ein Geruch nach Essen zog durch die Luft. Sein Magen knurrte. Schließlich hatte er sein Frühstück nicht vollenden können.

Sandro sah sich nach allen Seiten um. Dann schritt er geradewegs auf die Küchen zu, denn das waren sie offensichtlich. Eric folgte ihm schnell. ?Sandro, weshalb hast du es so eilig?? Sandro fuhr herum. ?Ich heiße hier Alessandro, vergiss das nicht.? Eric wurde auf einmal unsicher. ?Gut, das habe ich vergessen. Es tut mir leid. Alessandro.? Sandro sagte nichts, sondern ging weiter.

Am Eingang blieb er stehen. Dort herrschte eifriges Gewusel. Die Oberköchin, die an ihrer blütenweißen Schürze zu erkennen war, ging hierhin und dorthin und überwachte ihre Mägde. Als sie die beiden an der Tür bemerkte, blieb sie stehen und stemmte die Hände in die Hüften. ?So, was wollt ihr hier? Hier bekommt ihr nichts zu Naschen. Geht weiter, ihr müsst doch irgendwas zu erledigen haben?!?

Sandro sagte nichts, trat in die Küche hinein und nahm die Kapuze ab. Das Gesicht der Köchin erbleichte schlagartig. ?Ihr? Es tut mir leid?ich wusste nicht?Verzeiht mir.? Sandro winkte ab. ?Lasst nur. Ich will hier nur durch. Macht euch keine Mühen.? Er ging an der Köchin vorbei. Eric folgte ihm rasch. Er sah noch, wie alle in der Küche in einem tiefen Knicks versanken. Langsam wurde ihm das zuviel. ?San?Alessandro?was geht hier vor??

Sandro ging noch schneller. ?Bitte, frag jetzt nicht. Es wird sich alles gleich erklären.? Sie gingen durch verwinkelte Gänge, über Treppen, über Galerien, bis Eric fast schon schwindlig wurde. Sandro schien sich im Palast bestens auszukennen. Plötzlich blieb Sandro vor einer reich verzierten Tür stehen. Er klopfte nicht an, sondern trat einfach ein.

Ein kleiner, nervös wirkender Mann sprang bei ihrem Eintreten auf. Es schien, als würden ihm bei ihrem Anblick die Augen aus dem Kopf zu fallen. ?Bitte?Haaron. Es ist kein Protokoll nötig. Bring mich einfach zu meiner Mutter,? sagte Sandro schnell. Haaron starrte ihn an. Dabei strich er sich ständig über Haare und Kleidung.

?Aber ich kann nicht?Ihr müsst doch verstehen?das ist unmöglich.? Sandro wirkte müde. ?Bitte Haaron. Es ist notwendig. Jetzt. Tut es.? Haaron stammelte und schüttelte den Kopf. ?Aber sie?sie empfängt gerade eine Delegation aus Lindani.? Sandro wurde langsam ungeduldig. ?Dann gehe ich zu ihr nach der Delegation. Sie wird mich sicherlich empfangen, glaubst du nicht?? Sein Tonfall wirkte leicht ironisch.

Haaron nickte nervös. ?Natürlich. Ich werde Euch sofort melden. Ist eure Schwester bei euch?? Sandro schüttelte den Kopf. Haaron erbleichte noch mehr. ?Aber?aber was?was soll ich ihr sagen?? Erneut schüttelte Sandro den Kopf. ?Nichts. Ich werde ihr selbst das Nötigste sagen. Geht jetzt.?

Haaron nickte und stürzte geradezu aus dem Raum. Eric wandte sich Sandro zu. Sein Gesicht wirkte zornig. ?Was spielst du hier, Sandro? Wer bist du? Sag es mir?? Sandro wirkte traurig. ?Ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, aber nachdem Lyssa uns verlassen hat?? In diesem Moment kam Haaron wieder in den Raum.

?Sie möchte euch sofort sprechen. Und bitte, wen soll ich melden?? Er sah Eric an. Dieser sah Sandro hilfesuchend an. Sandro nickte ihm zu. ?Sag die Wahrheit.? Eric atmete durch und sagte: ?Eric von Aldier, Kronprinz von Altane.? Haaron sah aus, als könne ihn nichts mehr erschüttern. Er nickte nur. ?Bitte folgt mir.? Eric sah Sandro fassungslos an. ?Was??? Doch Sandro hörte ihm gar nicht mehr zu. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.

Sie folgten Haaron durch weitere Gänge und blieben vor einer kleinen, aber auch reich verzierten Tür stehen. ?Die Delegation wurde extra weggeschickt. Ihr wisst, das bedeutet, dass die Stimmung ihrer Majestät nicht gut ist.? Der kleine Mann warf rasche Blicke auf die Tür und strich sich schon wieder ständig über die Kleidung. Eric war belustigt über dessen Nervosität.

Sandro wirkte gelassen und konzentriert. ?Ich weiß das, keine Angst, ich weiß, wie ich mit ihr umgehen muss. Ich danke dir, Haaron.? Eric starrte ihn nur ungläubig an. Majestät? Zu weiteren Gedanken hatte er keine Zeit mehr, denn Haaron hatte bereits die Tür geöffnet. Der kleine Mann atmete tief durch und trat ein.
 
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Kommentare  

Tja, Stefan, bin halt ne passionierte Raucherin! *ggg* Ne, diese Fantasie-Welt ist halt auch nicht frei von Lastern! *g*
Freu dich ruhig auf den nächsten Teil, es wird einen Anpfiff und eine große Überraschung geben.


Evi (die Autorin) (07.05.2003)

Hey! Wassn das? Hat da mein Autorenabo versagt? Oder ist die Benachrichtigung in einem Berg von SPAM untergegangen?

Mjamm! Schon wieder feines Fressi-Fressi. Einfach umwerfend: die Primitivo-Form von Pfanni!!!
Aber Werbung für Kippen? Ääh-Bääh! *lach* Ist jedoch ein origineller Einfall.
Sandro und Lyssa sind Königskinder? Deshalb versteckte sich Sandro unter seiner Kapuze?
Auf alle Fälle freue ich mich schon im Vorraus auf den Anpfiff, den er gleich von Muttern erhält. :-)


Stefan Steinmetz (06.05.2003)

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