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5 Seiten

Lichtnetz (Part 15)

Romane/Serien · Fantastisches
© Metevelis
Ein mächtiges Gewitter tobte über dem Palast von Caylan, obwohl der Himmel über Cendore von strahlendem Blau war.
„Was soll das heißen, ihr habt ihn noch nicht gefunden? Ich habe euch den verdammten Auftrag gegeben, diesen Attentäter zu finden und ihn mir vor die Füße zu werfen! Bei den Göttern, ich dachte, ihr sollt der beste Fänger sein! Wie habt ihr es nur geschafft, euch solch einen Ruf aufzubauen, wenn ihr nicht einmal diese Aufgabe schafft? Erwartet ihr etwa, dass ich euch dafür Gold gebe? Ich sollte EUCH einkerkern, weil ihr so unfähig seid!“
Der Fänger, ein bulliger Mann mit harten Gesichtszügen kniete vor der Königin und wagte nicht, seinen Blick zu heben. Neben ihm stand der Haushofmeister und knetete nervös seine Hände. Wenn die Königin anfing zu fluchen, stand es nicht gut für sie.

„Majestät, ich versichere euch, wir werden den Attentäter finden. Dieser Mann hier hat nicht umsonst den besten Ruf. Es kann nicht mehr lange dauern, bis wir ihn gefunden haben. Jede Stadt und jedes Dorf hat die Nachricht erhalten, nach dem Mann Ausschau zu halten. Es kann nicht mehr lange dauern.“
Die Königin lief mit langen Schritten auf und ab und blieb dann plötzlich stehen. Ihre grünen Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, als sie sich vor ihrem Haushofmeister aufstellte.

„So? Ihr versichert mir das? Werdet Ihr mit eurem Leben dafür bürgen, Haaron? Wird Kiram, der Fänger, mit seinem Leben dafür bürgen, dass dieser Abschaum hier vor meinen Füßen knieen wird und um sein Leben bettelt? Werdet Ihr das? Denn wenn Ihr das tut und Ihr findet diesen Mann nicht, werden EURE Köpfe rollen!“

Ihre Stimme und ihre Miene waren eiskalt. In dieser Stimmung konnte es leicht passieren, dass sie impulsiv ihre Drohung wahr machte. Auch der Fänger erkannte dies, er erbleichte und fing das Zittern an.
„Majestät, ich werde mein Bestes tun, um euch den Mann in Ketten vor die Füße zu legen. Wenn ihr erlaubt, werde ich mich sofort wieder auf den Weg machen, um ihn zu finden. Ich verspreche, ich werde nicht eher zurückkehren, bis ich ihn gefunden habe.“
Die Königin wandte ihren Blick von Haaron ab, zu ihm und tat dann etwas vollkommen Unübliches. Sie kniete neben ihm nieder und lächelte ihn an. Der Fänger war erleichtert. Doch dann beugte sie sich vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
„Wenn ihr nicht mehr zurückkehrt, weil ihr ihn nicht finden könnt und ihr euch in der Ferne vor mir sicher wähnt, seid versichert, IHR werdet gefunden werden. Und dann wird man euch wieder zu mir bringen. Glaubt nicht, dass ich euch vergessen würde. Das werde ich nicht. Und ihr werdet nicht vergessen, was ich dann mit euch machen werde. Denkt daran, wenn ihr nach diesem Attentäter sucht.“

Sie stand langsam auf, noch immer dieses feine Lächeln in ihrem Gesicht und strich die Falten in ihrem Gewand glatt. Als Haaron ihm ein Zeichen gab sich zu entfernen, würdigte sie ihn schon keines Blickes mehr. Kiram erhob sich schnell und verließ eilig den Saal, bevor die Königin es sich anders überlegte.

Vor der Tür ließ er sich gegen die gegenüberliegende Wand sinken, nicht auf die Blicke der Wachen achtend. Doch man musste ihm angesehen haben, wie er sich fühlte, denn einer von ihnen ging neben ihm in die Knie und tätschelte ihm beruhigend die Schulter. Eine hölzerne Flasche erschien in seinem Blickfeld und wurde in seine Hand gedrückt. Er hob sie an und nahm einen tiefen Schluck. Der Branntwein erzeugte ein sanftes, beruhigendes Glühen in seinem Magen.
„Geht es jetzt besser, Freund? Du solltest dich besser gleich auf den Weg machen, mit unserer Königin ist nicht zu spaßen, wenn sie zornig ist. Du mußt wissen, sie ist sehr in ihrer Ehre verletzt worden, als jemand unter ihrem Dach fast getötet wurde. Deshalb solltest diesen Attentäter bald finden, das rate ich dir.“

**********

Sandro öffnete leise die Tür und trat in das Gemach. Der Heiler erhob sich eben. Offenbar hatte er seine Untersuchung soeben beendet. Sandro sah ihn fragend an. Er schüttelte den Kopf.
„Noch keine Besserung seines Zustandes, Hoheit. Das Fieber wütet noch immer in seinem Körper, wir konnten offenbar nicht genug des Giftes neutralisieren. Er hat seine klaren Momente, aber meist ist er ohne Bewusstsein. Der Dame geht es nicht anders. Wären wir nur ein wenig später gekommen, hätten wir sie beide nicht mehr retten können. Wir sind zuversichtlich, dass sich eine Besserung letztendlich einstellen wird, aber zuerst muss der Körper erst dieses unbekannte Gift komplett ausschwemmen. Ich werde nun nach der Lady sehen.“
Er verbeugte sich vor Sandro und trat leise aus dem Raum. Dieser näherte sich dem Bett und sank auf einem Stuhl daneben. Eric warf sich unruhig herum. Die Wunde an seiner Schulter war verbunden worden und dennoch konnte er die Rötung erkennen, die sich darum ausgebreitet hatte. Plötzlich wurde Eric ruhig und wenige Augenblicke später öffnete er die Augen. Sie waren verhangen und glänzten vom Fieber.

Sein Blick fand Sandro. Er leckte sich über die gesprungenen Lippen und versuchte zu sprechen, vermochte es aber nicht. Seine Augen irrten zum Nachttisch, auf dem eine Karaffe mit Wasser stand. Sandro verstand und schenkte ihm einen Kelch ein. Eric trank mit gierigen, tiefen Zügen und sank dann erleichtert in die Kissen zurück. Er sah wieder zu Sandro.
„Kess?“ fragte er mit rauer Stimme.
„Noch keine Besserung. Genau wie bei dir kämpft sie mit dem Fieber. Aber der Heiler sagte mir, er sei zuversichtlich, dass ihr dieses Fieber überwinden werdet. Leider konnten sie nicht feststellen, welches Gift der Attentäter an seiner Klinge hatte, sonst hätten sie dieses Fieber mit Sicherheit schneller eindämmen können.“
Eric starrte zur Decke hinauf. Nach einer langen Weile sah er Sandro an. Die grauen Augen wirkten stumpf und resigniert.
„Ich werde euch verlassen, sobald die Heiler mich frei geben. Ich hätte euch nie in diese Sache mit hinein ziehen dürfen. Jetzt haben mich Areas Attentäter hier, im Palast deiner Mutter, aufgespürt. Jetzt wird mein Onkel auch gegen sie angehen. Und sie haben Kess verletzt, eine Unschuldige, die nichts damit zu tun hatte. Das ist alles meine Schuld. Ich kann diese Gefahr für euch nicht länger verantworten. Ich werde gehen.“

Sandro versuchte ihn umzustimmen und redete auf ihn ein, doch Eric wandte den Blick ab und antwortete ihm nicht mehr. Resigniert verstummte Sandro und verließ das Zimmer.


****************

Meilen vom Palast entfernt und einige Stunden später lag Lyssa im Sand und erfreute sich an einem atemberaubenden Sonnenuntergang in der Wüste. Heute hatte es keine Übungskämpfe gegeben, keine Lektionen, denn heute wurde ein Fest gefeiert. Ein Fest das in jeder Gilde gefeiert wurde, nur unter einem anderen Namen. Hier war es der Tag an dem der Phönix sich aus seiner eigenen Asche erhob, um neu aufzuerstehen. Ihre Leute feierten diese Erneuerung jährlich. Sie waren aus dem Gildenhaus in die Wüste gegangen, hatten Feuer entzündet, es gab reichlich Essen und auch reichlich Alkohol. Während der Ausbildung durften sie selten trinken, denn es schwächte ihre Reflexe, auch wenn Nomika Andeutungen gemacht hatte, dass es zu einem späteren Zeitpunkt in ihrer Ausbildung anders käme.

Auch Deya und Mairi waren rechtzeitig zu diesem Fest zurück gekehrt. Lyssa hatte sie freudig begrüßt, denn trotz ihrer kurzen gemeinsamen Zeit hatte sie doch ein festes Band zu diesen beiden geknüpft.
Sie hatte sich bereits mit Deya und Mairi unterhalten, ihnen jedoch verschwiegen, welchen Kummer sie darüber hatte, daß Saekra so hart zu ihr war. Denn sie wollte ihr Mitleid nicht, aber schlimmer wäre es gewesen, wenn die beiden sie verachtet hätten, weil sie so schwach war und sich beklagte.
Sie konnte die beiden in einiger Entfernung an einem der anderen Feuer sehen, in eine fröhliche Unterhaltung mit Mairis Mutter und Golas vertieft.

Hjalmar stupste sie sanft an und sie lehnte sich gemütlich an seine Schulter.
„Gefällt es dir?“
Sie lächelte zufrieden. Ihr Bauch war voll, sie hatte dem vorzüglichen Wein zugesprochen und langsam blinkten schon die ersten Sterne über ihr.
„Ja, sehr. Es ist schön, mal nicht angeschrieen zu werden und bis zur Erschöpfung zu trainieren und zu lernen. Einfach nur miteinander zu reden und zu lachen. Und endlich mal Ruhe vor dir zu haben.“
Sie piekste ihn spielerisch in die Seite. Hjalmar lachte nur und nahm sie in den Arm. Nomika kam und ließ sich neben ihnen auf die Decke fallen. Sie hatte ein Stück gegrilltes Fleisch dabei, der verführerische Duft der Gewürze stieg Lyssa in die Nase und ihr Magen knurrte leise. Nomika lachte.

„Na, du wirst doch wohl nicht immer noch Hunger haben? Ich habe doch genau gesehen, dass du dir vorhin den Bauch voll geschlagen hast. Du bist wohl gierig auf mein hart erkämpftes Essen?“

Lyssa stöhnte und hielt sich den Bauch.
„Nein, ich bekomme nichts mehr runter, auch wenn es noch so lecker riecht. Wenn ich nicht aufpasse, werde ich noch so langsam, dass selbst du mich besiegen kannst.“
Sie lachte und duckte sich, als Nomika sich auf sie stürzen wollte. Hjalmar kam ihr zu Hilfe und hielt schützend seine Arme um sie. Nomika gab schließlich auf und warf würdevoll ihren blonden Zopf über die Schulter.
„Nun, da du so eine gute Meinung von mir hast, werde ich den Kuchen, den ich für uns zurückgelegt habe, eben nicht mit dir teilen. Das hast du jetzt von deiner Frechheit.“
Sie streckte ihr die Zunge raus und grinste dann. Als Nomika ihr Fleisch verspeist hatte, lehnte sie sich zurück und sah zufrieden und verträumt in die Feuer.
Nach einer Weile fing sie leise an zu summen. Lyssa kannte das, sie summte ein Lied aus ihrer Heimat, immer dann, wenn sie Sehnsucht nach ihrem Zuhause hatte. Sie streichelte ihrer sonst so fröhlichen Zimmerkameradin tröstend über den Rücken. Nomika sah überrascht auf und lächelte sie dann wehmütig an.
Jemand rief ihr etwas zu und ihre Stimmung änderte sich schlagartig. Sie antwortete lachend und erhob sich, um mit ihm zu reden. Hjalmar und Lyssa blieben allein zurück.

Lyssa lehnte nun an seiner Brust. Hjalmar streichelte über ihr lose gebundenes Haar. Die behaglichen Feuer, die leisen Gespräche in ihrer Umgebung, sie sah zu den funkelnden Sternen in der samtenen Schwärze über ihr und war überrascht, wie schön dieser Augenblick ihr schien. Das sagte sie auch zu Hjalmar. Er sah sanft lächelnd auf sie herab.
"Das bist du auch."
Dann beugte er sich vor, zögerte und gab ihr dann einen zarten Kuss.
 
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Kommentare  

Hallo Metevelis,

ist ja schon ne Weile her, dass Du dieses Kapitel eingestellt hast. Warum geht es denn nicht weiter?
Ich muss sagen, trotz meiner anfänglichen Kritik, gefällt mit Deine Story recht gut. Ich würde gerne mehr davon lesen.... BITTE

Gruß
UweB


anonym (20.11.2008)

Sorry, dass es etwas länger mit meinem Kommentar gedauert hat, aber besser spät als nie.
Heute habe ich die zweite Hälfte deiner Story samt neuem Kapitel in einem Rutsch durchgelesen und ich will dich hiermit (und mit den Punkten) motivieren, weiterzumachen.
Die letzten paar Kapitel waren leider etwas kurz, aber wenigstens ging es weiter.
Dein Schreibstil ist flüssig und bildreich, wodurch sich die guten Ideen und Ansätze in der Story für den Leser entfalten können. Den Orden der Kriegerinnen, dem Lyssa nun angehört, finde ich prima, damit entkommst du dem typischen Fantasy-Klischee 'starker Held, süßschwache Prinzessin'.
Lyssas Charakter hast du ohnehin am besten von allen entwickelt, m.M. nach jedoch könntest du Sandros und Erics Charakter noch ein bißchen weiter entwickeln, für mich persönlich kommen die beiden zu ähnlich herüber, verglichen mit den weiblichen Protagonisten bleiben die männlichen im Hintergrund. Ich würde auch gern mehr über den Fiesling der Geschichte erfahren, ich hoffe, er hat mehr zu bieten als pures Bösesein ;)
Ich weiß, wenn man einen Job hat oder studiert, bleibt nicht viel Zeit zum Schreiben ... ich hoffe dennoch, dass du weitermachst. Die Geschichte ist trotz des typischen Mittelalter-Ambiente interessant, vorallem auch durch die erotischen oder gefühlsmäßigen Verstrickungen der Figuren. Und jetzt scheint sich in diesem neuen Kapitel auch noch etwas zischen Lyssa und Hjalmar anzubahnen ...
LG
ISA


ISA (17.05.2007)

Hallo Metevelis!
Schön, dass du wieder da bist.
Ich habe mir noch einmal die vorherigen Teile ausgedruckt, weil ich ehrlich gesagt etwas den Faden bei deiner Story verloren habe. Aber da meine Busfahrt hin- und zurück zur Arbeit so lange dauert, kann ich ihn in Ruhe wieder aufnehmen. Ich schreibe dir dann noch meinen Eindruck vom neuen Teil :)


ISA (08.03.2007)

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