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3 Seiten

Der Feind in mir (Teil 1)

Romane/Serien · Spannendes
Arnold Morgan saß auf einer fremden Couch. Die Füße auf einem Tisch abgelegt, der ihm nicht gehörte. Zitternd strich er sich durch sein langes schwarzes verschwitztes Haar. Seine eisblauen Augen blickten suchend umher und blieben an der Leiche haften. Das weibliche Wesen war grässlich entstellt. Dort wo ihr linkes Ohr gewesen war, befand sich nur noch ein blutiges Loch. Zwei abgetrennte Finger lagen auf dem Tisch zwischen seinen Füßen. In der rechten Hand hielt er das Ohr. Er betrachtete es von allen Seiten und führte es schließlich zu seinem Mund. Zögernd glitt seine Zungenspitze über das daran klebende Blut. „Diese schmeckt sogar noch besser als die letzte“, dachte er im stillen und legte das Ohr zu den Fingern. Drei Minuten hatte er noch Zeit um sein Werk zu vollenden. Dann musste er verschwinden. Zielsicher griff eine Hand nach dem Schlachtermesser, was neben ihm lag. Arnold ging vor der Leiche auf die Knie und ergriff einen Fuß. Spielerisch lies er die Klinge über den großen Zeh gleiten, um ihn im nächsten Moment mit einem wuchtigen Schlag abzutrennen. Satanisch grinsend nahm er das Körperteil auf und legte es zu den schon auf dem Tisch liegenden. „Und wieder eine gute Tat...“, murmelte er. Während er in der Küche das Messer abwusch und wieder neben die Leiche legte, fummelte eine Hand umständlich ein Handy zu Tage. Er schaltete es ein. Drei Tasten brauchte er nur drücken und in wenigen Sekunden würde er mit seinem alten Freund sprechen...

Im Polizeirevier war es ruhig. Mehrere Beamte tippten auf ihren Computern und stellten längst fällige Berichte fertig. Lieutenant Sam Dickerson tat dies ebenfalls. Er hatte gerade seinen Arbeitsmotor angeworfen und war bereit für die „Bürokratenscheiße“ wie er immer sagte, als das Telefon klingelte. Murrend glitt sein Blick über das Display und hob sofort ab, als er die Nummer sah. „Lieutenant Dickerson“, meldete er sich und griff zu einer losen Zigarette. „Hallo Sam...“, flüsterte eine ihm bekannte Stimme. „Arnold. Wie ich mich freue von ihnen zu hören“, log er und schnipste seinem Partner Detektiv Luke Prowder zu. Dieser schaute auf. Dickerson machte ihm mit ein paar Handzeichen deutlich, dass er die „Anlage“ einschalten sollte. Mit einem nicken betätigte der Detektiv einen Schalter und sofort versuchte das kleine High-Tech Teil den Standort des Anrufers zu lokalisieren. „Ihre Lügen werden auch immer schlechter, Sam.“, antwortete der Anrufer. Ungewollt musste der Lieutenant kichern. „Ich gebe mir Mühe, Arnold. Was haben sie jetzt wieder angestellt?“, fragte er obwohl er die Antwort schon kannte. Es gehörte halt zum Spiel. „Sie war süß Sam. Ende zwanzig schätze ich“, gab Arnold bereitwillig Antwort. Dickerson wollte gerade antworten, als die „Anlage“ piepte. Prowder schrieb schnell den Namen der Stadt auf und zeigte ihn seinem Partner „Oslo?“, formulierte der Lieutenant lautlos mit den Lippen. Prowder zuckte nur mit den Schultern. „Sind sie noch dran, Sam?“, flüsterte ihm Morgan ins Ohr. „Ja. Ja ich bin noch dran. Ende zwanzig sagte sie? Wie war ihr Name?“, fragte Dickerson, nur um seinen persönlichen Feind länger an der Strippe zu halten. „Alisha Bairos. Sie hat sich kaum gewehrt Sam. Es war so leicht.“, säuselte Arnold und schnalzte dann mit dem Mund. Seit Monaten schon war Dickerson hinter diesem kranken her und noch nie hatten sie eine wirkliche Spur gehabt. Arnold rief an und erzählte von seiner Tat, dass war es. „Sie kennen doch unsere Spielregeln. Sagen sie mir die Adresse“, forderte Dickerson. „Baton Rouge Avenue. Das Haus müssen sie schon selbst finden, mein Freund.“, antwortete Arnold und legte kurz danach auf. Dickerson stützte das Kinn auf die zur Faust geballten Hand. Prowder sah seinen Partner an und versuchte seine Gedankengänge zu erraten. „Was hast du jetzt vor Sam?“, fragte er nach einem kurzen Moment des Schweigens. „Na was wohl? Was ich jedes mal tue. Hinfahren, die Beweisstücke einsammeln, über Arnold fluchen und mich am Abend zu Hause übergeben“, antwortete der Lieutenant und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Das ist das zwölfte Opfer. Und noch immer steckt kein erkennbares Motiv dahinter!“, warf Prowder hitzig dazwischen und hieb mit der Faust auf den Tisch. Ihn wurmte dieser Fall. Er war von der Akademie hier her versetzt worden. Prowder war froh Lieutenant Dickerson zugeteilt worden zu sein. Bei ihm konnte man noch lernen, was es heißt auf der Straße zu arbeiten. Jetzt schaute er von oben auf seinen Partner herab und konnte nur die Hilflosigkeit in seiner Miene sehen. „Kein Motiv? Geben sie alle Daten in den Computer ein und lassen sie ihn nach Gemeinsamkeiten suchen. Irgendetwas muss diese Frauen verbinden“, sagte Dickerson schließlich. Wäre doch gelacht wenn ihnen dieser Typ nicht in die Finger käme. „Am Ende gewinnt immer die Bank...“, dachte er, erhob sich und verließ das Büro. Lieutenant Dickerson musste noch mit dem Captain sprechen bevor es losgehen konnte...

*** Zwanzig Jahre in der Vergangenheit ***

Das Wohnzimmer war in einem hellblauem Ton gehalten. Weiße Gardinen hingen vor den Fenstern und versperrten den Blick auf die Straße. Auf einer der beiden Ledercouchen saß ein kleiner Junge und schaute sich Cartoons im Fernsehen an. „Arnold?“, rief eine Frauenstimme aus der Küche. Vom Fernsehen ganz schläfrig schaute der Junge in die Richtung. „Ja Mum. Was ist?“, rief der Kleine zurück. Martha Morgan, eine gutaussehende mittdreißigerin mit blondem Haar kam ins Wohnzimmer. Ihr schwarzes Kleid raschelte unheilvoll. „Dein Daddy und ich fahren jetzt weg. Olivia wird auf die aufpassen“, erklärte sie und schaute in den Spiegel. Arnold schauderte es. Bei Olivia durfte er kein Fernsehen gucken, keine Musik hören, nicht reden, nicht essen, nichts trinken. Ruhig sein... ja ruhig sein war das einzige was er durfte. Er hatte seinen Eltern des öfteren schon davon erzählt. Niemand glaubte ihm. „Nicht Olivia, Mum. Bitte nicht.”, flehte er, doch seine Mutter schüttelte den Kopf. „Fang nicht wieder damit an. Olivia hat immer auf dich aufgepasst. Sie ist zuverlässig.“, antwortete sie und ging zur Tür als es klingelte. „Ah. Olivia, schön das du pünktlich bist. Schatz? Kommst du?“, rief sie nach oben und sah dann ihren Sohn lächelnd an. Olivia grinste auch. Es war eines jener Grinsen, welches Arnold in Mark und Bein überging. Total eingeschüchtert tat er das einzige, was er tun konnte... er grinste zurück.

- Ende von Teil 1 -

© 2003 by Daniel Lohmeyer
 
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Kommentare  

Es ist offensichtlich, dass du auch Patrick Robinson liest. Das hat der gute Arnie nicht verdient!

 (28.03.2007)

...hast mich ehrlich neugierig gemacht, wie's wohl weitergeht........

Becci (15.07.2003)

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