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Fischer geht baden (Teil 3)

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches
© Mork
7 Das McTürkisch
Das McTürkisch nennt sich die Kneipe, in der ich sitze, wenn ich Asram im Türken gegenüber beobachte. Der Laden wurde während den nächsten Wochen zu einer Art zweiten Heimat für mich. Das McTürkisch besitzt etwa achtzig Quadratmeter Lokalfläche. Hinter der gläsernen Theke steht meistens der Chef und Besitzer des Ladens, Babül Huludi. Babül ist 56 Jahre alt und hat lange Zeit in der Schweizer Industrie gearbeitet, bevor er irgendwann sein eigenes Geschäft eröffnet hat. Babül besteht darauf, dass er einer der ersten Kebabbudenbesitzer der Schweiz sei. Natürlich bietet das McTürkisch nicht nur Kebabs an, sondern auch Falafel, Fritten, Hot Dogs, Hamburger, Pizzen und allerlei sonstige fettige Fleischwaren türkischer oder amerikanischer Herkunft.
Von Anfang an kamen mir Zweifel darüber, ob Babül das Wort Hygiene überhaupt kennt, geschweige denn aussprechen kann. Immerhin sah es hinter der Theke nicht gerade danach aus. Ein Anruf bei der Lebensmittelinspektion und ich bin mir sicher, das McTürkisch wäre innerhalb kürzester Zeit nur noch Geschichte. Doch wenigstens sind die Preise hier niedrig.

Im McTürkisch gibt es zwei Bistrotische mit je vier Stühlen darum herum und eine kleine Bartheke der linken, blau gestrichenen Wand entlang. Das Geschäft ist meistens gegen außen hin geöffnet, so dass man reinkommen, sich was geben lassen und gleich wieder verschwinden kann. Die paar Wenigen, die sich mal mit was zu trinken und zu essen hinsetzen, sind Stammgäste, unter denen es natürlich keine Schweizer zu finden gibt. Eine schwangere Muslimin sitzt schier immer an der Theke, wenn ich hier bin. Sie sitzt da, versteckt unter ihrem langen violett-blauen Gewand und dem Kopftuch bis ins Gesicht gezogen, pickt Salatblätter aus einem Teller und blättert in ihren Büchern und Zeitschriften, die sie von allen neugierigen Blicken versteckt hält. Mit Zora, der Serviererin redet sie nur in ihrer eigenen Sprache, welche ich nicht verstehen kann. Ich glaube, es sind immer etwa die gleichen Sätze, welche die beiden miteinander austauschen. Ich habe keine Ahnung, was diese Frau da immer liest, wahrscheinlich etwas Perverses. Möglicherweise eine Anleitung mit dem Titel: „Wie ich mich am gewinnbringendsten selber in die Luft jage“ oder so was in der Art. Mir egal, auf alle Fälle scheint sie nichts Besseres zu tun zu haben, als den ganzen Tag hier rumzulungern und ein bisschen zu lesen. Was anderes verlangt ja auch bestimmt niemand von ihr.

Doch das wirklich Außergewöhnlichste am McTürkisch ist die Serviererin Zora. Die Albanerin ist Mitte zwanzig, groß, schlank und hat ein Mundwerk, das jedem SVP-Politiker den Rang ablaufen würde. Vornehmlich trägt sie Jeans, sowie ein schwarzes Spaghettiträgeroberteil, obwohl ich häufig mitanhören konnte, wie Babül sie immer wieder zum Anziehen eines Rock überreden wollte.
„Ich bin nicht Deine Nutte, sondern Deine Serviererin.“, pflegte sie zu antworten.
Oft setzt sich Zora zu mir und versucht ein Gespräch mit mir zu beginnen. Dass ich, als Deutschschweizer, gerade Stammgast in ihrem schäbigen Lokal geworden bin, scheint sie einfach nicht verstehen zu wollen. Sie ahnt, dass ich ein Geheimnis verberge und sie will es lüften.
Sie temperamentvoll zu nennen, käme einer schamlosen Untertreibung gleich. Es kommt schon mal vor, dass sie auf einem der kleinen Tische einen kurzen, spontanen Tanz aufführt oder einen Gast wutentbrannt aus dem Lokal jagt, weil er ihr unschicklich auf den Hintern geglotzt hat.

Einmal war ich im Lokal, als sie gerade zu ihrem Schichtanfang eintraf. Sie brauste energisch hinter die Theke, gab Barbül einen Kuss auf die Wange und schnallte sich ihre Schürze um.
Daraufhin steckte sie sich aufgeregt eine Zigarette an, kam zu mir, stemmte sich die Arme in die Hüfte, musterte mich streng und fragte:
„Hast Du was gegen Ausländer?“
Ich schaute sie erschrocken an. Ich konnte ja schlecht „ja“ sagen, wenn ich hier noch weiter ein und ausgehen wollte.
„Nein, ich…“
„Jetzt mal ganz ehrlich, das geht mir langsam an meinem süßen Popo vorbei. Weißt Du, was heute passiert ist?“, sie wedelte nervös mit ihrer Zigarette herum, „Zwei kleine Bälger haben mir „Yugoschlampe“ nachgerufen Stell Dir vor, „Yugoschlampe“! Ich hätte zu ihnen gehen und beiden in die im Wachstum befindlichen Eier treten sollen. Die kleinen Saukerle waren noch nicht mal im Primarschulalter! Zwei ältere Kerle saßen die Strasse gegenüber und haben nur dumm gegrinst, das gibt’s doch nicht, oder. Und weißt Du, was das Beste daran ist? Ich bin nicht mal ne Ausländerin. Ich bin zwar Albanerin, aber ich habe auch den Schweizer Pass. Denn meine Mutter hat mich hier zur Welt gebracht. Soll ich Dir meinen Pass zeigen?“
„Wo hast Du denn deutsch gelernt?“, rutschte es mir unüberlegt, ab ihrem starken Akzent über die Lippen.
„Hallo! Was war denn das eben? Hey, das ist kein albanischer Dialekt. Ich bin im Ticino aufgewachsen. Meine Eltern sind von Locarno nach Ibach gezogen, da bin ich siebzehn gewesen!“
„Tut mir leid, ich…“
Schnaufend hob sie ihre Hand zum Zeichen, dass ich ruhig sein sollte, hoch.
„Nein. Schon gut. Man sollte offen miteinander reden. Nur sowas macht mich einfach garstig. Und dann dieser blöde Blochertyp und seine Armee von rassistischen Naziwichsern!“
So langsam wurde es mir zu bunt mit ihr und ich musste meine Lippen fest zusammenpressen, um nicht loszubrüllen.
„Immer sind es die Ausländer. Die Verbrecher, die Drogensüchtigen, die Dealer, die Störenfriede in der Schule, die Arbeitslosen, die Verkehrssünder, die Unfreundlichen, die Frauenfeinde, die Terroristen, die Scheininvaliden – das sind alles immer die Ausländer! Ausschaffen will man uns alle, ob eingebürgert oder nicht! Wir sind ja eh alles Islamisten, welche die Gesellschaft stören und Euch das Geld wegnehmen! Ich hab die Schnauze langsam so voll! Gestrichen voll, bis zum Hals! Weißt Du, dass mein Vater schier die Hälfte all Eurer Strassen gebaut hat! Meine Mutter hat Euren Schweizer Großmüttern die Ärschchen geputzt und sie zu Bett gebracht und ihnen Gutenachtgeschichten vorgelesen und sich bei dem Heimleiterehepaar, das übrigens zwei Schweizer waren, für bessere Bedingungen für Eure Großeltern und ihre Rechte eingesetzt. Weißt Du was? Dafür hat man sie entlassen! Und dann kommt dieser Blocher und schimpft Ausländer wie meine Eltern Schmarotzer, Betrüger und Kriminelle!“, endlich war ihr für einen Moment die Luft ausgegangen und sie musste durchatmen. Ich fragte mich, wie es überhaupt möglich war, dass zwischen zwei Menschen ein solch riesiger Unterschied bestehen kann. Sabrina und Zora sind wie Tag und Nacht.
Zoras Augen musterten mich. Sie wurden groß und größer und schienen von mir zu erwarten, dass ich was sagte, mich für mein Volk rechtfertigte.
„Ihr seid ja gar nicht gemeint.“, sagte ich, „Die SVP redet von den Ausländern, die sich nicht integrieren lassen wollen.“
„Oh nicht integrieren!“, schrie sie mich an, „Was heißt da, nicht integrieren. Meinst Du, ich wollte mich integrieren? Ich bin die Schlimmste gewesen. Ich hab mich in der Schule mit allen geprügelt, da konnten meine Eltern noch so auf mich einreden. Ich wollte nichts von der Schule und nichts von all diesen kleinen Arschlöchern wissen, die mit mir den Pausenplatz teilten. Die hatten doch alle eh keine Ahnung. Die lebten schön behütet in ihren Häusern und Wohnungen. Ich hab ja nicht mal gewusst, wer ich eigentlich wirklich bin. Auf der einen Seite bin ich eine Schweizerin mit Pass gewesen, auf der anderen Seite aber eben doch Albanerin. Wenn ich nach Hause gekommen bin, ist es immer nur um meine Verwandten gegangen, die noch dort unten waren und einfach nicht wegkamen. Meine Mutter hat dauernd geweint, weil jemand von unserer Familie oder unseren Freunden seit Tagen vermisst wurde oder im besseren Fall offiziell für tot erklärt worden ist. Mein Vater hat hingegen verbissen für unsere Existenz in diesem Land hier gekämpft und dafür, dass wir Kinder uns als Teil der Schweiz fühlen sollten. Doch weißt DU, wie oft ich heimlich dabei zugesehen habe, wenn sie im Fernsehen eine Sendung geguckt haben, in der wieder darüber debattiert wurde, wie gefährlich all diese Yugos für die Schweiz seien und wie sehr sie alles kaputt machen täten. Meine Eltern haben immer gemeint, wir Kinder seien im Bett. Aber in Wahrheit hab ich mich hinter der Tür versteckt und mir durch den offenen Türspalt die Sendungen mitangesehen. Ich hab dabei ganz genau hören können, was alle in diesem Land von mir denken. Es hat so gewirkt, als ob jeder Schweizer das gleiche von mir hält, nämlich, dass ich und meinesgleichen schlecht sind. Später, als ich lesen konnte, habe ich dann dasselbe auch noch gelesen, was ich zuvor nur im Fernsehen habe sehen können. Ausländer raus! Ausländer sind kriminell und so weiter.
Oh nein, an diesem Ort wollte ich mich keinesfalls integrieren, nicht hier, wo alle gegen mich sind, mich alle für ein Monster halten. Es hat so verdammt lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass ich mit meinem Verhalten nur meiner eigenen Familie geschadet habe.
Dann sind wir nach Ibach gezogen, weil meine Eltern dort neue Arbeit gefunden haben und für uns Kinder sollte das ein Neustart werden.
Aber in Wahrheit sollte es noch eine kleine Ewigkeit dauern, bis ich meinen Widerstand aufgab.“
Zora ließ sich mir gegenüber auf den Stuhl sinken. Ich warf einen Blick hinter die Theke, von wo aus uns Babül beobachtete.
„Schau mich nicht so an!“, sagte er zu mir, „Wenn sie erst mal loslegt, bin ich der Letzte, der sie stoppen kann.“
Es hat mir immer einiges an Selbstbeherrschung abverlangt, nicht laut loszubrüllen, wenn sie wieder einmal auf den Rassismus des Landes schimpfte, das ihre Eltern aufgenommen hat. Aus irgendeinem Grund wollte sie einfach nicht verstehen, warum die Schweiz gerne das saubere Land bleiben möchte, das es ist. Für Zora und die anderen Gäste, die ihr Recht gaben, war es eine Selbstverständlichkeit, dass sie hier herkommen und sofort Anspruch auf das Land haben. Es scheint ihnen ganz egal zu sein, dass wir Schweizer und unsere Vorfahren dieses Land aufgebaut und zudem gemacht haben, was es heute ist. Für die Ausländer zählt nur ihr eigener Vorteil.
Trotzdem habe ich mich damals nicht aus der Reserve locken lassen. Ich habe es als eine Chance gesehen, einen tieferen Einblick in die Psyche dieser Ausländer bekommen zu können. Sie haben mich wie einen der Ihren behandelt und ließen mich an all ihren Gedanken Teil haben. So hab ich Dinge zu hören bekommen, die mir bisher verschlossen gewesen sind.

8 Der eidgenössische Prophet
In einem sind Roland und ich uns immer einig gewesen. Der richtige Weg für die Schweiz, ist der Weg der SVP. Die Linke musste mit allen Mitteln zerschlagen werden. Das linke Lager hatte sich die Gutmenschlichkeit, die Emotionalisierung und vor allem die Hetze gegen die bürgerlichen Parteien zur Waffe gemacht. Ihre hinterhältigen Kampagnen hatten meistens nur ein einziges Ziel, die schweizerische Volkspartei sollte als rassistisch und fremdenfeindlich hingestellt werden. Doch unsere Partei war, ist und wird nie rassistisch sein. Wir sind nur realistisch. Es ist nicht möglich, dass sich jeder krank schreiben lässt und alle Armen und Benachteiligten der Welt zu uns kommen. Der Topf ist bald leer und das Boot mehr als voll. Was passiert denn, wenn ein Boot überfüllt ist? Es säuft ab. Und auf genau diesem Weg befinden wir uns seit Jahren und die Linken spielen sich dabei als Gutmenschen auf. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Die Linken führen uns in den Ruin. Sie tun alles, damit die Schweiz nicht nur ihren Wohlstand, sondern auch ihre Identität verliert.
Natürlich wäre es der angenehmste Weg, jedem, der bettelt, etwas zu geben. Im ersten Moment verschafft es einem Genugtuung und ein besseres Gewissen. Doch hie und da muss man für was einstehen und den härteren, schwierigeren Weg gehen. Der Weg der Voraussicht ist meist der Steilere. Aber nur er führt sicher zum Gipfel.

Es gibt einen Mann, der hat das womöglich besser als alle anderen verstanden. Und er schafft es wie kein Zweiter, die Aspekte der bürgerlichen Politik den Menschen näher zu bringen und sie für den richtigen Weg zu begeistern. Als Politiker sieht er, was den Schweizer Bürgern zu schaffen macht, was den sogenannt kleinen Mann, also den Wähler plagt und er spricht es an, selbst wenn es unangenehm ist, er schreckt nicht davor zurück, weil er es zu seiner Aufgabe gemacht hat und den Bürgern dieses Landes treu bleibt. Unehrlichkeit ist zu einem Merkmal der Politik geworden, er setzt sich als erster dem entgegen. Er treibt keinen ständigen Wahlkampf mit leeren Versprechungen, die nicht gehalten werden können. Er setzt sich für die Menschen ein und steht zu seinen Worten. Es gibt keine wichtigere Person in der Schweizer Politik. Die Linken zittern vor ihm, wir sehen zu ihm auf. Churchill ist sein Vorbild, sagt er, wenn Ihr mich fragt, hätte es umgekehrt sein müssen. Denn er steht dem früheren Staatsmann in nichts nach. Größe und Tapferkeit sind seine Attribute und selbst seine Gegner müssen ihm zugestehen, dass er ein Meister der Rhetorik ist. Im direkten Rededuell mit ihm zieht jeder andere den Kürzeren.

Der Mann, von dem ich da rede, heißt Christoph Blocher. Die Linken tun seit jeher alles, um ihn zu deformieren. Sie drehen ihm die Worte im Mund um, manipulieren seine Aussagen, sie unterstellen ihm in ausgeweiteten, aufwendigen Hetzkampagnen, ein Nazifreund und Judenhasser zu sein, ja man schreckte nicht einmal davor zurück, seinen Namen bis ins Ausland hinaus zu verunglimpfen.
Als er Bundesrat geworden ist, titelte eine französische Zeitung, man hätte einen Nazimilliardär in die Schweizer Regierung gewählt. Die Linken schrecken wirklich vor keinem verleumderischen Mittel zurück.
Doch Blocher hat sich noch nie beirren, geschweige denn stoppen lassen. Er räumte mit Bürokratien und leeren Versprechungen knallhart auf. Er leistete etwas und veränderte in seiner bisherigen Amtszeit mehr, als viele seiner Gegner zusammen.

Ich und Roland sahen schon zu Blocher auf, als dieser noch kein Bundesrat gewesen ist. Für uns waren seine Auftritte so wichtig und angesehen, wie für andere Jugendliche die ihrer großen Popstars.
Nicht nur Blochers Aussagen, die Worte, welche er für seine Reden wählt, sind von außergewöhnlicher Brillanz, Schlagkraft und universeller Verständlichkeit, sondern seine ganze Mimik, die Charisma und Entschlossenheit ausstrahlt, und sein Gestus mit dem er seine Auftritte unterlegt. Gezielte Bewegungen, pointiertes Lachen, selbstsicheres Auftreten und scharfzüngige Worte. Er ist und bleibt ein herausragendes Beispiel für einen starken, charismatischen Redner, der die Maßen ansteckt und begeistern kann. Wir Schweizer stehen hinter unserem Führer, wie es die Menschen in der vergangenen Geschichte nur bei den Allergrößten der Weltpolitik getan haben.
Wenn Blocher auf dem Podium steht, hat man das Gefühl, dass jemand für einen ganz persönlich die Stimme ergreift und sagt, was einen im Herzen drin beschäftigt. Blocher ist die Stimme jedes einzelnen von uns. Wenn er vor einem steht und zur Rede ausholt, spürt man, dass dieser Mann dafür geboren worden ist. Es sind keine hohlen Phrasen, die einem entgegengeschmettert werden, sondern die Worte einer hochintelligenten Führungsnatur.
Nicht nur ich glaube daran, läge die Führung der Schweiz alleine in seiner Hand, könnte unser Land wieder zu dem Staat werden, der einst mit der Neutralität und der direkten Demokratie ein Zeichen gesetzt hat.
Keine verwaschenen Gesetze und Initiativen mehr und nicht immer der gebeugte Gang vor den anderen Staaten. Wir würden uns wieder in die geschlossene Eidgenossenschaft verwandeln, die mit Stolz ihren Weg geht und sich seinen Feinden Tapfer zur Wehr setzt.

Man könnte über mich und Roland sagen, für uns war Christoph Blocher damals der Popstar schlechthin. Roland und ich himmelten ihn beide geradezu an und unser größter Wunsch war es, den Führer einmal persönlich zu treffen. Ihm die Hand zu schütteln und ein paar Worte mit ihm wechseln zu können.
Nach Blochers Wechsel in den Bundesrat büßte die Partei allerdings klar an Qualität ein. Zu den wichtigsten Mannen im Stall gehörten jetzt Hans Fehr, den ich persönlich nie habe leiden können. In meinen Augen ist dieses schnauzbärtige Großmaul ein Wichtigtuer, der mit seinen Auftritten nichts anderes als eine schlechte Blocherimitation vorlegt.
Gleichfalls stärker in den Medien vertreten war auf einmal Ulrich Schlüer. Ein unsäglich unsympathischer Vogel, der unter seinen paar letzten, roten Härchen vielleicht dieselbe Linie wie Blocher fährt, allerdings nicht mal ansatzweise dessen rhetorische Fähigkeiten besitzt. Ganz oben an der Parteispitze steht aber doch ein anderer, einer der seit Jahren im Schatten Blochers hat leben müssen und nun endlich mehr in den Mittelpunkt rückte. Der Arbeiter, der Blocher mit den Weg geebnet hatte, heißt Ueli Murer. Allerdings besitzt Ueli Murer, der so aussieht, als sei er aus der unnatürlichen Paarung eines Teletubbies mit einem Nagetier hervorgegangen, gerade mal so viel Charisma wie ein Meteorologe, dem die Wetterkarte abhanden gekommen ist. In TV-Auftritten wirkt er jedes Mal wie ein pubertierendes, trotziges Kind, das aus Prinzip einfach gegen irgendwas oder irgendwen sein will. So als könne er sich jetzt endlich dafür rächen, dass ihn als Kind niemand gemocht und ernst genommen hat.
Der einzige, der noch ein bisschen was von Blochers Qualitäten aufweisen kann, ist Christoph Mörgeli. Auch er wird von allen als Rassist beschimpft, dabei tut er nichts anderes, als die unschöne Wahrheit offen aussprechen. Dass Ausländer halt von natur aus gewaltbereiter und für den größten Teil der Kriminalität der Schweiz verantwortlich sind. Und Mörgeli macht das auf eine solch bissige Art, dass er sich den Übernahmen „Blochers Bluthund“ redlich verdient hat.

Mit meiner Mutter konnte man sich natürlich nur sehr schlecht über Christoph Blocher unterhalten. Für sie war und blieb er ein Rassist und Volksaufhetzer. Sie ging sogar soweit, ihn und seinen Bluthund Mörgeli mit hochrangigen Nazis zu vergleichen.
Solche Momente, wie im Juli 2002, als die Rundschau im Schweizer Fernsehen behauptete, Dokumente zu besitzen, die beweisen, dass Blocher das Apartheid-Regime nicht nur ideell unterstützt, sondern auch Rüstungsgeschäfte mit den südafrikanischen Militärs abgeschlossen und somit gegen das Weltweite Waffenembargo verstoßen habe, muss für meine Mutter wie verfrühte Weihnachten gewesen sein.

Doch im Januar 1999 sollte erst mal der große Tag kommen, an dem ich Christoph Blocher persönlich würde kennen lernen dürfen.
„Wie hast Du denn das, verdammt noch mal hingekriegt?“, wollte ich von Roland wissen, als er mir an meinem 18. Geburtstag im Dezember 1998 verriet, dass wir nach der allseits berüchtigten Albisgüetlirede an der jährlichen Veranstaltung der Zürcher SVP, Christoph Blocher persönlich treffen würden.
„Das ist sozusagen mein Geburtstagsgeschenk an Dich. Du bist jetzt 18, stimmberechtigt und Du hast es Dir mehr als verdient, den Maximoleader der Schweizer Politik kennen zu lernen.“

Natürlich war Roland insgeheim genau so aus dem Häuschen wie ich. Wir beide waren inzwischen so etwas wie beste Freunde geworden und Sabrina befand sich immer noch an seiner Seite und sie lud mich immer noch weiterhin regelmäßig zu gemeinsamen Shoppintouren mitein.
Inzwischen war ich für Sabrina zu so etwas wie dem Ersatz für den kleinen Bruder geworden, den sie nie gehabt hatte und mich brachte das schier um den Verstand. Immer wieder kämpfte ich mit mir darum, ihnen beiden meine wahren Gefühle offen zu legen. Doch mein Verstand sagte mir, dass das nur eins zu Folge haben würde, nämlich, dass sie den Kontakt zu mir abbrechen würden.
Meine Mutter kannte inzwischen meine politische Gesinnung und machte sich regelmäßig Selbstvorwürfe, weil sie einen kleinen Rassisten gezeugt und großgezogen habe. Tatsächlich schaffte sie es damit, so etwas wie Mitleid und Schuldgefühle in mir zu wecken, weshalb ich versuchte ihr gegenüber besonders rücksichtsvoll zu sein.
Doch die meiste Zeit über sah ich sie sowieso nicht. Weil ich kaum noch zu Hause war, und wenn doch, war da sowieso immer irgendein Mann an ihrer Seite, der eine echte Unterhaltung zwischen uns verunmöglichte.

Die Zeit bis zur Albisgüetli-Tagung schien einfach nicht vergehen zu wollen. Die Wochen zogen sich schwerfällig dahin. Ich versuchte mich vor allem mit Lernen zu beschäftigen. Mein Ziel war es inzwischen, studieren zu gehen. Und zwar Politik.
Und bevor es soweit war, wollte ich meinen Militärdienst im Sommer 1999 beginnen und freute mich bereits auf die Rekrutierung im folgenden Juli.
Am 17. Januar nahm das lange Warten endlich ein Ende. Es war der Tag von Blochers großen Albisgüetli-Rede, an die ich und Roland anschließend mit ihm was trinken würden.
Ich hatte mich für jenen Tag besonders schick gemacht. Beim Friseur ließ ich mir die Haare zu einer edlen Frisur zurechtstutzen. Der Anzug, den ich trug, hatte ich mir im Globus für knapp vierhundert Franken gekauft und mit der Swatch-Uhr und dem Taschenmesser am Hosenbund wollte ich meine Verbundenheit zu meinem Land unterstreichen.
Roland holte mich mit dem Familienkombi seiner Eltern ab. Er hatte sich ebenfalls herausgeputzt. Im Gegensatz zu mir hatte er sich mehr für den ländlichen Stil entschieden und trug daher eine klassische Zimmermannstracht.
„Gut, siehst Du aus. Schick, schick.“, sagte er, nachdem er mich intensiv in Augenschein genommen hatte.
„Steht Dir auch gut.“, meinte ich.
„Die ist von meinem Großvater. Damit ist er früher durch die Städte von Haus zu Haus gezogen.“
Im Radio lief irgendeine Sendung mit deutschen Schlagerhits und wir versuchten unsere Nervosität damit runterzuspielen, indem wir lauthals mitsangen.
Die Luft ging uns allerdings bald aus.

„Und nervös?“, fragte ich.
„Ein bisschen, und Du?“
„Total.“, ich seufzte.
„Weißt Du was, ich finde, wir sollten unsere Fragen mal durchgehen und absprechen. Wer was sagt und so. Ich meine, Vorbereitung ist das A und O in der Politik.“
„Hast Du Dir denn schon Fragen ausgedacht.“, wollte ich erstaunt wissen.
„Hier.“, er öffnete das Handschuhfach vor mir. Ein ganzes Bündel Blätter kam darin zum Vorschein.
„Ich hab alles aufgeschrieben. Themen und konkrete Fragen. Ich meine, ich will nicht plötzlich stumm vor Angst Blocher gegenüber sitzen und mich blamieren.“
Ich nickte schweigend.
„Guck sie Dir mal an. Komm schon!“
Während ich die Liste überflog, erzählte er:
„Es ist wichtig, dass wir einen guten Eindruck hinterlassen. Wenn er uns mag, kann er dafür sorgen, das wir in der Partei vorankommen. Sie brauchen junge, überzeugte Denker. Und wir müssen beweisen, dass wir welche sind.“
„Ich dachte eigentlich, es soll mehr so ein gemütliches Zusammensitzen sein.“, meinte ich kleinlaut.
„Klar. Ich will ja die Liste nicht mitnehmen. Ich hab alles auswendig gelernt. Das muss unbedingt ganz natürlich rüberkommen.“, er tippte sich an die Stirn, „Alles gespeichert. Jetzt ist es wichtig, dass Du ebenfalls vorbereitet ins Rennen gehst.“

Wir waren gerade bei Frage Nummer 33, da klingelte überraschend mein Handy.
„Ja?“, fragte ich.
„Rolf, ich bin’s.“, ich erkannte Sabrinas Stimme auf Anhieb.
Allerdings trübte der besorgte Klang ihrer Stimme meine Freude beträchtlich.
„Sitzt Roland bei Dir?“
„Ja, er…“
„Nein, warte. Er darf nicht wissen, dass ich es bin. Hör zu, Rolf. Ich brauche unbedingt Deine Hilfe. Seit Ihr schon am Albisgüetli? Es ist wirklich dringend. Roland darf nichts wissen.“, ich hörte sie laut schniefen, so als habe sie eben bis vor kurzem geweint, „Ich weiß, dass dieser Tag sehr wichtig für Dich ist. Aber ich brauche Dich, sofort.“
Mein Blick wanderte rüber zu Roland, der mir hie und da einen kurzen Blick durch die Augwinkel zuwarf.
„Was soll ich denn machen?“
„Sag ihm, Du hättest einen dringenden Notfall. Lass Dich beim nächsten Bahnhof absetzen und komm nach Zürich. Es ist wirklich wichtig.“
„Aber wir…“
„Ich kann mich nur an Dich wenden, Rolf. Es ist verdammt dringend und Roland darf nichts erfahren. Heute…es muss einfach heute sein…Ich …… ach vergiss es…“
„Nein, warte, Ok. Warte am Bahnhof auf mich, ja, ich komme, so schnell ich kann.“

„Was war denn?“, fragte mich Roland, nachdem ich das Handy zurückgesteckt hatte.
„Meine Mutter.“, log ich, „Sie hat einen Unfall gehabt. Ich muss zu ihr. Kannst Du mich beim nächsten Bahnhof rauslassen?“
„Ach komm schon, Rolf, das kann doch sicher noch ein paar Stunden warten. Ich meine, wir treffen heute…“
„Nein.“, sagte ich harsch, „Es ist wirklich ein Notfall.“
„Was ist den passiert, Mensch?“
„Tut mir leid, ich darf's Dir nicht sagen.“
„Ok.“, meinte er, „Aber dann komme ich mit. Ich meine, ich fahr doch nicht alleine…“
„Klar, tust Du das! Und keine Widerrede. Hinterlass ja einen guten Eindruck!“
Er lächelte und schließlich setzte mich Roland beim nächsten Bahnhof ab.

Sabrina wartete beim Treffpunkt auf mich. Sie trug eine große Sonnenbrille im Gesicht und hatte sich auch noch eine Kapuze übergezogen. Man hätte meinen können, sie wolle ne Bank ausrauben oder so etwas.
„Hey, was ist denn los?“, wollte ich wissen.
Ihr Gesicht war gerötet. Ohne was zu sagen, zog sie mich an meiner Jacke abseits. Sie setzte sich auf eine der Steinbänke und legte ihren Kopf auf meine Schultern. Sie flüsterte:
„Ich kann das niemand anderem als Dir anvertrauen, Rolf. Ich weiß, dass Du mich magst und wenn ich Dich bitte, mir zu helfen und alles für Dich zu behalten, wirst Du es doch tun, oder?“
Ich zögerte und fragte dann: „Aber was ist mit Roland?“
„Er darf keinesfalls was davon erfahren!“
„Warum, worum geht’s denn?“, sie umarmte mich plötzlich, ihr feuchtes Gesicht lag an meiner Wange.
„Ich bin schwanger, Rolf.“
Mein Herz blieb für einen kurzen Moment einfach so stehen. Ich glaubte, dass das die schlimmste Nachricht meines Lebens sei.
„Aber warum…“
„Ich will es weg haben.“
Und auf einmal wusste ich nicht, ob ich enttäuscht oder glücklich sein sollte.
Die Überzeugung von mir und der Partei waren im Bezug auf Abtreibung genau so klar, wie die der Kirche. Abtreibung war Mord, der Mord an einem ungeborenen Kind.
„Warum denn?“; fragte ich, „Roland und Du, Ihr wärt…“
„Sag’s nicht.“, flüsterte mir Sabrina ins Ohr, „Ich kann noch kein Kind großziehen, ich bin nicht bereit dafür.“
„Und Roland?“
„Er darf nichts davon wissen. Du kennst seine Ansicht.“
„Aber ich teile diese Ansicht doch mit ihm.“, sagte ich vehement.
„Ist Deine Ablehnung wirklich stark genug, damit Du mich im Stich lassen würdest?“, sie löste sich von mir und musterte mich durch die dunklen Gläser ihrer Brille.
„Warum jetzt? Warum grade heute?“, fragte ich mit heiserer Stimme.
„Ich weiß nicht.“, sie seufzte, klang plötzlich matt, ihre Schultern sackten ab und sie schaute zur Rolltreppe, „Ich weiß es seit zwei Wochen. Ich hab mir vorgenommen, es durchzuziehen. Das Kind zu bekommen. Aber…ich will es einfach nicht. Es geht nicht. Nicht jetzt.“
„Und Adoption?“
Sie warf mir einen hämischen Blick zu.
„Roland würde zwangsläufig von meinem Zustand erfahren. Er würde niemals zulassen, dass ich unser Baby weggebe.“
Ich wusste, dass sie damit Recht hat.
„Ich hasse dieses Kind, Rolf. Ich hasse es wirklich. Und wenn es sein müsste, würde ich es selber wegmachen. Ich weiß nicht, wieso, aber es muss einfach heute sein. Heute oder nie!“
„Dann lieber nie!“, wäre mir schier über die Lippen gekommen. Aber ich wusste genau, dass sich Sabrina entschieden hatte. Und wenn sie sich mal für etwas entschied, brachte sie niemand mehr davon ab.

Aber warum kam sie gerade zu mir? Sie hatte so viele Freunde. Ältere Freunde als mich. Sie kannte genug Menschen, die Abtreibung als Recht jeder Frau verstanden. Warum also ich? Fühlte sie etwa doch mehr für mich, als ich es je zu hoffen gewagt habe? Liebte sie mich sogar? Wollte sie vielleicht darum das Kind wegmachen, weil sie wusste, dass sie Roland nicht mehr liebt?

„Ich brauche jemanden an meiner Seite, wenn ich das mache.“, sagte sie und schaute mich erwartungsvoll an.
„Ok.“, sagte ich, „Ich lass Dich nicht im Stich.“
Und selbst, wenn sie mich nicht liebte, von heute an würden wir etwas Einzigartiges miteinander teilen. Ich konnte ihr helfen und niemand würde das je wieder ungeschehen machen können.

Wir fuhren zu einem Arzt. Ich begleitete sie hinein und sie wollte sogar, dass ich neben ihr sitze, wenn der Arzt seine Arbeit vollzog. Ich sollte ihre Hand halten. Dabei habe ich mich nackter und verletzlicher gefühlt, als je zuvor. Ich hatte keine Ahnung, was ich tat oder was ich hätte sagen sollen. Ich bin eben kein Blocher, der immer eine Antwort weiß.
Danach begleitete ich Sabrina nach Hause und half ihr ins Bett, wo sie sofort einschlief.

Auf dem Sofa sitzend schaltete ich den Fernseher ein und sah eine Wiederholung von Blochers Albisgüetlirede. In der Rede blickte Blocher in die Zukunft des 21. Jahrhunderts. Der Staat sei heute zu teuer, er müsse entschlackt und die Staats- und Steuerquoten gesenkt werden, sagte er. Der Sozialismus führe durch seine beabsichtigte Gleichmacherei und Umverteilung nur zu noch mehr Egoismus. Dagegen sei Eigenverantwortung wahrhaft soziales Verhalten. Er forderte die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, für sich selber zu sorgen und anderen dabei nicht zur Last zu fallen. Die Zukunft gehöre dem wahrhaft liberalen Staat und nicht etwa der Erlösung durch die EU, welche er mit Zentralismus und staatlicher Allmacht gleichsetzte. Blocher appellierte dabei auch an die Wähler der FDP und CVP, sich der Selbst-Verantwortungs-Partei, der SVP anzuschließen.
Kaum war die Rede vorbei, öffnete sich hinter mir die Wohnungstür. Roland kam herein und blieb überrascht stehen, als er mich auf dem Sofa sitzen sah.
„Rolf.“, sagte er, „Was machst Du denn hier?“
„Oh, ich…ich brauchte ein wenig Ablenkung. Es war ziemlich stressig mit Mutter und da hab ich mich kurzerhand bei Euch einquartiert. Sabrina liegt im Bett.“
„Schon? Ok.“
„Ja, ihr war schlecht. Und wie war’s?“
Auf einmal grinste er übers ganze Gesicht und setzte sich neben mich.
„Klasse. Mein Gott, Du hast was verpasst!“
„Ja, ich hab die Rede grad…“
„Ach vergiss diese Rede! Ich meine, ich bin ihm gegenüber gesessen. Hab ein Bier mit ihm getrunken und geschwatzt. Einfach so, wie mit nem guten Kumpel.“
„Und was hat er so erzählt?“
„Er hat mir auf die Schultern geklopft und gesagt, dass dieses Land stramme, junge Männer mit Verstand, Mut und Selbstverantwortungsgefühl brauche. Es war einfach zu verrückt.“
„Und hast Du Deine Fragen stellen können?“
„Ach vergiss die Fragen! Da ging’s um viel mehr. Da war so ne Art, ne Verbindung zwischen uns, weißt Du. Ich hab’s gleich gemerkt. Wir sind beide aus demselben Holz geschnitzt, Blocher und ich. Da herrschte eine Vertrautheit zwischen uns, wie bei zwei guten alten Freunden. Wir haben über die Wahlen geredet und er hat mich gefragt, was ich beruflich mache und wir haben die ganze Zeit gelacht…“
„Toll.“, meinte ich leise und fragte mich währenddessen insgeheim, ob ihm meine Anwesenheit hier nicht verdächtig vorkommen musste.
„Mann, Du.“, er legte mir seinen Arm um den Nacken, „Das war ja so schade, dass Du nicht dabei gewesen bist. Aber ich hab ihm von Dir erzählt und er lässt Dich grüßen und wünscht Deiner Mutter gute Besserung.“
Ich sagte danke und stand zum Gehen auf.
„Warte. Ich hab hier noch was für Dich!“, er grinste bis über beide Ohren und wedelte mit einer Karte in der Luft rum.
„Ein Autogramm.“, sang er enthusiastisch.
„Wow.“, entgegnete ich leicht bedrückt und schaute auf das Bild, „Wirklich super.“, Blocher griente mich an und ich fühlte mich auf einmal schrecklich schuldig.
Ich könnte ihm hier sofort alles beichten, dachte ich zu mir.
„Und wie geht’s Deiner Mama?“, fragte Roland derweil.
„Gut. Sie hat wirklich überreagiert.“
„Was war denn?“
Die folgende Geschichte handelte von meiner Mutter, die umgefallen und sich das Bein verstaucht habe. Ich erzählte Roland, dass sie geglaubt habe, es sei gebrochen und darum Alarm geläutet hat. Roland lachte amüsiert.

Im folgenden Jahr erreichte die Anti-Blocher-Kampagne ihren vorzeitigen Höhepunkt. Nachdem Blocher eine Kundgebung zur Klarstellung der Geschichte der Schweiz im zweiten Weltkrieg abgehalten hatte, wurde ihm vorgeworfen, während der Rede die antisemitischen Phantasien seiner Zuhörer bedient zu haben. Ein Zürcher Jude behauptete später sogar, im Saal hätten die Zuhörer Sachen gesagt wie: „Auf den Friedhof mit dem Gold, die Juden sind sowieso alle tot“, oder „Man hätte noch viel mehr vergasen sollen.“. Blocher selber sagte einzig und alleine, dass es den Juden schlussendlich sowieso nur ums Geld ginge. Daraufhin wurden sogar mehrere Sammelklagen gegen ihn eingereicht.

Doch der Höhepunkt des Ganzen folgte eine Woche vor den Wahlen 1999, als die Sonntagspresse Ausschnitte aus einem Schreiben Blochers an einen Herrliberger Unternehmer im März 1997 veröffentlichte. Darin bedankte sich Blocher für die Zusendung eines Buches, des als Holocaust-Leugner verurteilten Jürgen Graf. Das Papier war bei der Verhaftung Grafs beschlagnahmt und zu den Prozessakten gelegt worden. Besonderen Wert wurde hierbei auf Blochers Kommentar gelegt, indem er schrieb: „Wie er doch recht hat.“
Blocher allerdings erklärte, er habe das Buch gar nie gelesen und sein Kommentar beziehe sich lediglich auf den Titel „Vom Untergang der Schweizerischen Freiheit“.
Dafür schlug die SVP bei den folgenden, eidgenössischen Wahlen mit voller Kraft zurück und erzielte einen Erdrutschsieg und verwandelte sich –gemessen am Wähleranteil- von der viertgrößten zur stärksten Partei des Landes.

9 Fischer geht baden
Bis zu zwei Stunden verbringt Asram jeweils im Hamam von Zürich.
Die Frage ist, was tut er in diesen zwei Stunden? Badet er tatsächlich nur?
Ich persönlich glaube, dass er das Hamam benutzt, um seine Kontaktmänner, womöglich Al-Kaida-Hintermänner, zu treffen und mit ihnen Pläne zu schmieden.
Darum, betrete ich heute zum ersten Mal in meinem Leben, ein Hamam. Damit ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen kann, wen Asram Meheili hier trifft.

Das Hamam, welches Asram jeden Freitag aufsucht, befindet sich im sogenannten Puls 5 im Fitnesspark Münstergasse von der Migros. Hier warte ich jeweils draußen vor dem Gebäude, während Asram um zwei Uhr den Eingangsbereich betritt.
Auch heute staune ich wieder einmal darüber, wie man so etwas hässliches, wie das Puls 5 Areal, das aus riesigen, hässlichen Betonklötzen besteht, überhaupt hat bauen können.
Nachdem ich ein wenig Zeit habe verstreichen lassen, entscheide ich mich den großen Schritt zu wagen und Asram nachzugehen.
Erst drinnen an der Kasse erfahre ich, dass mich der ganze Spaß sechzig Franken kosten soll.

In den Umkleidekabinen ziehe ich mich splitternackt aus und binde mir einen sogenannten Pestemal, ein Handtuch, um die Hüfte.
Der nächste Raum, den ich betrete, nennt sich Soguluk. An den Wänden befinden sich mehrere Kupferbecken, die man mit warmen oder mit kaltem Wasser füllen kann. Zwei Männer Mitte vierzig, beide mit massigen, stark behaarten Körpern, sind gerade dabei, sich selbstständig mit kaltem Wasser zu übergießen. Ich entscheide mich da lieber für die warme Variante und beträufle meinen Körper vorsichtig mit Wasser. Aus den Augwinkeln beobachte ich die beiden Männer neben mir. Der eine trägt einen dichten Schnurrbart im Gesicht und schiebt eine nicht zu verachtende Wampe vor sich her. Der andere ist zwar ebenfalls mit einem kräftigen Körper beglückt, schneidet aber im direkten Vergleich schlanker ab.
Die starke Körperbehaarung erstreckt sich bei beiden bis über den ganzen Rücken. Beide Männer fokussieren ihre Konzentration ganz auf das Waschritual.
Der ganze Raum wird von mehreren Öfen erhitzt, so dass man sich schier wie in einer Sauna vorkommt. Aus den Öfen steigt Kräuterdampf auf und kitzelt mir in der Nase.
Als die beiden Männer, das Wasser aus ihren jeweiligen Becken ablassen und sich auf die Bänke legen, mache ich es ihnen gleich.
Nach etwa zehn Minuten, während denen ich bereits gefühlte zehn Kilogramm durchs Schwitzen verloren zu haben glaube und vor lauter Kräuterdampf kaum noch atmen kann, folge ich den beiden Herren zum nächsten Raum.
Hier teilen wir uns auf und jeder betritt eine der kleinen Kammern, in der wir unsere Tücher aufhängen und uns den Körper mit dem sogenannten Kese, einem Peelinghandschuh aus Ziegenhaar die Haut kräftig abreiben müssen.
Immer zum Herz hin, mahnt mich der orientalisch angehauchte Bademeister, der den Gästen mit Rat und Tat zur Seite steht.
Nach langem Reiben fühle ich mich tatsächlich sauberer, als ich mich je zuvor gefühlt habe. Vielleicht hat das damit zu tun, dass ich mir eine ganze Hautschicht vom Körper geschmirgelt habe und mich wie eine frisch gehäutete Schlange fühle.

Mein Weg den beiden haarigen Männern nach führt mich nun in eine Art Erholungshalle, die wir bereits vorhin kurz passiert hatten. Dieser Raum ist größer, als die beiden anderen. Hier befindet sich der sogenannte Sicaklik, eine Art kleiner Pool, in den ich und die beiden Männer reinsteigen. Das Wasser hier drin ist so heiß, als wolle man uns gut durchkochen.
Auf einmal entdecke ich Asram Meheili, wie er aus der anderen Richtung zu uns stößt. Reflexartig tauche ich im siedenden Wasser unter. Die beiden Männer neben mir kichern amüsiert, als ich wieder hochkomme.
Asram hat sich derweil außerhalb des Beckens mit geschlossenen Augen hingelegt.
Kurz darauf stehen die beiden behaarten Männer auf, verlassen das Bad und gehen wieder in die Richtung, aus der wir gekommen sind, zurück und biegen dann nach rechts ab.
Ohne mir darüber Gedanken zu machen, was dort wohl auf die beiden wartet, beobachte ich Asram, wie er entspannt daliegt. Sein brauner Körper glänzt vom Schweiß. Er besitzt einen sportlichen, durchtrainierten Körper.

Nach ein paar Minuten betreten drei weitere Männer den Raum. Sie grinsen dümmlich und schauen unbeholfen nach hinten, von wo aus ihnen der Bademeister mit Gesten zu verstehen gibt, dass sie sich hier hinsetzen sollen.
Keiner der Drei ist älter als dreißig. Der eine von ihnen trägt hellblonde, lange Haare, die anderen beiden haben einen Millimeterschnitt.
Die drei Kichern laut und scheinen das ganze sehr lustig zu finden.
Asram steht unerwartet auf und verlässt die Halle mit schnellen Schritten. Für einen kurzen Moment meine ich, sein Blick habe mich gestreift. Allerdings scheint er mich nicht erkannt zu haben.
Ich folge ihm, dabei kreuze ich neuerlich den Weg der beiden behaarten Männer, die in die Halle zurückkehren und mir ein Lächeln zuwerfen.
Asram führt mich in einen Raum gegenüber der Kese. Hier drin müssen wir uns von Kopf bis Fuß einseifen und uns mit einem Peelinghandschuh und Wasser sauber reiben.
Von unten nach oben, sagt der Bademeister zu mir.

Nach dem sogenannten Lif kehren wir wieder in den Sicaklik zurück, wo ich mich dieses Mal außerhalb des Beckens hinlege.
Die beiden Haarigen sind auch noch hier und stehen auf, kaum habe ich mich niedergelegt.
Asram sitzt derweil ein wenig abseits von mir. Ich spüre, dass er mich intensiv mustert. Ich werde nervös. Mein Herz schlägt immer schneller und ich frage mich, ob ich meine Observation nicht besser abbrechen sollte. Doch, noch bevor ich richtig panisch werden kann, steht Asram wieder auf und kehrt zum Vorraum zurück. Ich gehe ihm vorsichtig nach. Im Vorraum wird uns im Tausch für das Handtuch ein Bademantel ausgehändigt.
Darin eingewickelt gehen wir am Hamamempfang, wo ich meine sechzig Franken habe liegen lassen, vorbei und betreten den sogenannten Camekan, den Erholungsraum. In diesem befinden sich bereits acht andere Personen, darunter vier leidlich attraktive Frauen, und schwatzen miteinander.
Mit einer Tasse Tee setzt sich Asram zu zwei Männern, die miteinander eine Partie Schach spielen.
Auch ich nehme mir etwas Tee und Gebäck und setze mich etwas abseits der anderen Gäste hin. Mir scheint es so, als wäre Asram mit den beiden schachspielenden Männern vertraut.

„Hey Sie, sind Sie auch zum ersten Mal hier?“, fragt mich der blonde, junge Mann, der mir vorhin im Sicaklik mit seinen beiden Kollegen begegnet ist.
„Ja.“, sage ich und lächle freundlich.
„Wir auch. Ziemlich lustig das Ganze, was.“, sagt ein anderer und setzt sich zu uns dazu.
„Eigen.“, antworte ich, „Mal was anderes.“
„Kann man wohl sagen.“, sagt der Blonde und seine zwei Kollegen lachen laut.

Schließlich widme ich mich wieder den beiden Schachspielern und bemerke überrascht, dass Asram verschwunden ist.
Postwendend schrecke ich zusammen, als sich Meheili neben mich setzt.
„Na?“, sagt er zu mir und lächelt, „Sie waren doch mal bei mir im Geschäft. In der Migros beim Löwencenter?“, er lacht stolz und seine weißen Zähne schimmern mich an.
„Nein, ich glaube, Sie…“
„Doch, doch.“, er wedelt mit der Hand rum und zeigt schließlich mit dem Zeigefinger auf mich, während er breit grinst, „Tut mir leid, ich will Sie nicht stören. Ich kann mich woandershin setzen, ich war nur so überrascht, Sie hier zu sehen.“
Ich nicke stumm. Asram steht auf und plötzlich frage ich mich, ob das nicht meine Chance wäre, mehr über ihn zu erfahren.
„Nein, bleiben Sie ruhig sitzen.“, sage ich laut, „Ich glaube, Sie haben Recht, ich bin nur etwas durch den Wind.“
„Ja.“, er lacht mit tiefer Stimme und setzt sich wieder hin, „Das sind Sie damals auch gewesen.“
„Kommen Sie oft hierher?“, frage ich.
„Ja, jede Woche. Es ist ein wichtiges Ritual für einen Moslem.“
„Sie sind also Moslem?“
„Ja, schon seit langer Zeit. Und Sie? Zum ersten Mal hier?“
„Kann man sagen. Ich wollte einfach mal sehen, wie es hier so ist.“
„Kein Vergleich zu einem richtigen Hamam. Ich meine, das ist halt nicht…nicht wirklich…“, er gerät ins Stottern, sucht nach dem richtigen Wort.
„Migros.“, sage ich, „Es ist halt ein Migroshamam.“
Er lacht schallend auf und zeigt wieder mit dem Finger auf mich.
„Genau!“, meint er und ruft plötzlich laut, so dass sich alle zu uns umdrehen, „Ein Migroshamam!“
„Vielleicht gibt’s ja Cumuluspunkte.“, füge ich hinzu und wieder lacht er laut, woraufhin ihn ein Hustenanfall übermannt.
Erschöpft durchatmend stellt er sich mir vor.
„Ich bin Asram.“
„Rolf.“, sage ich, ohne zu überlegen.
Musste das jetzt sein, denke ich. Ich hätte ihm einen x-beliebigen Namen nennen können, aber nein, ich sage ihm meinen echten Namen. Ich Idiot.
„Freut mich Rolf.“, sagt er.
Ich bemerke, dass uns die beiden Schachspieler beobachten.
„Kennen Sie die beiden?“, frage ich und erkenne, dass ihm die Frage nicht behagt.
„Man trifft sich natürlich hie und da.“, meint er heiser, „Wie gefällt es Dir denn jetzt, hier im Hamam?“
„Ganz gut. Nur, ich glaube, ich habe einen Durchgang ausgelassen.
Sein lautes Lachen unterbricht mich, er schlägt mir auf die Schultern.
„Zum Glück bist Du kein Gläubiger!“
„Das bin ich. Nur halt katholisch.“
„Katholik?“, fragt er und wieder wünsche ich, das nicht gesagt zu haben.
„Du glaubst, Jesus ist der Messias.“, er nickt und guckt nachdenklich zur Decke hoch, dann benetzt er seine Lippen und sagt, „Euer Glauben ist dem meinen sehr ähnlich. Ihr kennt halt nur Mohammed nicht.“
Ich lächle.
„Ich habe einmal die Bibel gelesen.“, fährt er fort, „Es gibt einige Ähnlichkeiten zum Koran. Die Größte ist: beide Schriften verleiten zu falschen Auslegungen.“
„Was ist denn Ihre Auslegung?“, frage ich neugierig.
„Dass wir einander respektieren sollen.“, sagt er, als habe er das irgendwo auswendig gelernt, „Liebe ist das Allerwichtigste. In Religion geht es nicht um Unterdrückung und Macht. Es geht darum, zu lieben und wertzuschätzen.“
Ich lächle erneut und versuche es nicht zu einem Grinsen werden zu lassen.
„Aber streng islamtreu bin ich ja selber nicht.“, sagt er, „Ich habe mir meine eigenen Gedanken gemacht.“
„Sind sie schon lange hier?“
„Seit neunzig Minuten etwa.“
„Nein.“, ich kichere, „Ich meine, hier in der Schweiz.“
Seine Mine wird ernst. Er mustert mich mit einem misstrauischen Blick. Mir scheint es, ich habe mit dieser Frage seinen Unmut geweckt. Asram lässt seinen Blick eine Weile lang frei durch den Raum schweifen. Dann guckt er wieder zu mir und sagt:
„Fast zwei Jahre.“
„Woher kommen Sie denn, wenn ich fragen darf.“
„Afrika.“
„Krieg?“
„Ja, Bürgerkrieg nennt Ihr es.“
„Haben Sie Familie?“
Eine Pause entsteht. Sein Mund formt sich zu einem unsicheren Lächeln, seine Mundwinkel zucken. Seine rechte Hand geht zu seiner wuchernden Kinnbehaarung und fährt dem Bart entlang. Die rote Zunge leckt über seine Unterlippe, seine Augen schließen sich und als er sie wieder öffnet, wirkt er wach und konzentriert.
„Ich bin verheiratet. Frau und Sohn sind getötet worden. Meine Frau ist schwanger gewesen.“
Meine Bestürzung dieses Mal ist nicht gespielt. Ich entschuldige mich aufrichtig bei ihm für meine Neugier und frage mich innerlich, was mich geritten hat, dass ich so etwas frage, wo ich doch weiß, dass er alleine in der Schweiz lebt. Andererseits, fällt mir ein, könnte man das als Motiv für seine terroristischen Aktivitäten auslegen.
„Es tut mir wirklich sehr, sehr…“
Er hebt seine Hand hoch und ich halte inne.
„Schon gut. Der Tod meiner Familie ist Teil meiner Biografie und jeder muss lernen mit der eigenen Biografie umgehen zu können. Dazu gehört, dass man darüber sprechen kann. Und Sie, Rolf, haben Sie Familie? Eine Freundin? Was machen Sie?“
„Nein, ich bin glücklicher Single, der Politologie studiert.“
„Tatsächlich? Das ist gut. Wir sind alle abhängig von einer guten Politik.“
„Ja. Mal schauen, wo es mich hinführt.“

Ich fühle mich immer weniger wohl in meiner Haut. Mein rechtes Bein wippt nervös auf und ab, mein Blick schweift zum Ausgang.
Ich möchte gehen, kann mich aber gleichzeitig nicht dazu durchringen, das Gespräch mit Asram einfach so zu beenden.
Eine Weile lang schweigen wir uns an. Solange bis Asram aufsteht und sich verabschiedet. Für ihn sei es Zeit, zu gehen, sagt er.

Ich bleibe noch eine Weile. Ich möchte ihm draußen nicht schon wieder begegnen. Die drei jungen Männer sind ebenfalls verschwunden, merke ich. Die beiden Schachspieler verlassen den Erholungsraum nur wenig später. Ich stehe auf und nähere mich dem Brett. Die Partie ist nicht zu Ende gespielt worden, erkenne ich. In meinen Gedanken kann ich sehen, wie sie in der Umkleide auf Asram stoßen und sich draußen miteinander verabreden, um in Ruhe ihr Gespräch nachzuholen, bei dem sie im Hamam von mir gestört worden sind.
In meiner Vorstellung höre ich, wie ihnen Asram erklärt, dass er habe herausfinden wollen, was ich vorhabe. Einer der beiden Schachspieler wirft ein, dass es nicht gut sei, sich draußen zu treffen. Der andere Schachspieler entgegnet, dass das Hamam nun ja auch nicht mehr sicher sei und Asram meint, dass er sich was überlegen würde.

Dann weckt mich auf einmal der Bademeister auf und sagt, ich müsse jetzt gehen. Als ich wieder auf der Strasse bin, ist es halb zehn geworden.
 
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Kommentare  

hallo Mino
danke für deinen Kommentar erstmal.
Du hast schon recht, ungeschickt die Geschichte in dieser Form zu veröffentlichen. Erstens zu lang für so ne website und zweitens sind hier vor allem Deutsche Mitglieder und können mit vielen Figuren aus meiner Geschichte nicht so viel anfangen. Andererseits, wo sonst veröffentlichen, wenn nicht hier?
Den Aufbau habe ich mir schon recht klar überlegt. Der eine Teil zeigt die Vergangenheit, das Werden von Fischer. Da kommt viel Parteipolitisches vor. Der zweite Teil ist die Gegenwart, wo Fischer eben glaubt, ein terroristisches Attentat verhindern zu müssen und durch verschiedene Entwicklungen sein Weltbild ins Wanken gerät.
Zur Sache mit der Parteiwerbung sag ich mal nichts, das wird die Geschichte gegen Schluss, denke ich, für sich alleine sprechen.

Noch mal, vielen Dank für deinen Kommentar Mino

gruess mork


Mork (28.08.2008)

Hmm, dieser Teil der Geschichte hinterläßt einen etwas zwiespältigen Eindruck.
Einerseits ist ein sehr lebendiger, bildhafter und farbiger Schreibstil vorhanden, der den Leser mit in die Geschichte nimmt und somit durchaus Appetit auf weitere Folgen macht.
Andererseits sind 21 Seiten verdammt viel Lesestoff für eine Kurzgeschichte im Internet. Dabei besteht die Gefahr, sich in der Geschichte zu verzetteln und potentielle Leser damit eher abzuschrecken als zum Lesen zu animieren.
Kneipenbesuche, Ausländerprobleme, eigene Jugenderlebnisse und Familienprobleme, politische Gesinnung und Parteiarbeit, persönliche Zwiespältigkeiten und den Besuch im Hamam in einer einzigen Folge zu "verwursten", scheint mir doch etwas viel des Guten zu sein.

Rein gefühlsmäßig würde ich deshalb eher dazu tendieren, die einzelnen Episoden etwas klarer voneinander abzutrennen und nicht allzu viele verschiedene Erlebnisse in eine Folge zu packen. Dabei hattest Du doch bereits eine Gliederung durch einzelne Kapitel vorgenommen, wie man sieht.
Bei dieser Gelegenheit ließe sich durchaus noch ein wenig an der Grammatik feilen.

Was mich ganz persönlich etwas stört, ist die unverhohlene Wahlwerbung für den "Führer" Christoph Blocher und seine Schweizer Nazipartei.
Auch wenn die Geschichte unter der Rubrik "Satire" gepostet wurde und ich dessen Ausgang noch nicht kenne, erscheint mir diese Art von Parteipropaganda doch ein wenig "daneben" zu sein, um es mal etwas vorsichtig zu formulieren. Sogar dann, wenn es sich nur um die persönliche Meinung des Protagonisten und nicht um die Auffassung des Autors handelt.

Gut hingegen finde ich den Umstand, daß der Protagonist immer wieder mit seinen eigenen Vorurteilen und Pauschalierungen in Konflikt kommt und er damit quasi zu eigenständigem und differenziertem Denken animiert wird.
Die Welt ist eben nun mal nicht ganz so schlicht und einfach, wie sie geschickte Populisten wie ein Hitler, Haider, Blocher oder ähnliche Gestalten dem tumben Volk gerne darstellen möchten.

Na gut, jedenfalls bin ich gespannt, wohin der weitere Weg der Geschichte (und des Protagonisten) führen wird.

In der Hoffnung, daß dieser Kommentar nicht länger sein möge als die Geschichte ...

... gespannte, aber liberale Grüße vom Mino.


anonym (27.08.2008)

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