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5 Seiten

Schneeloses Treiben

Kurzgeschichten · Winter/Weihnachten/Silvester · Für Kinder
© Amazone
Besorgt schaute der Weihnachtsmann zu den schweren Wolken hinauf, die über ihm hinweg zogen. Warum schneite es nicht? fragte er sich und schüttelte den Kopf. Er ließ sich in seinen Schlitten plumpsen und mit einem Schnalzen trieb er seine Rentiere an. Doch wie sie auch zogen und zerrten, der Schlitten bewegte sich nicht. Selbst als der Weihnachtsmann seinen Rentieren Mut zusprach, scheiterten sie. Die Kufen glitten einfach nicht ohne Schnee und es würde ihnen niemals gelingen, mit einem vollbeladenem Schlitten zu fliegen.
Wenn morgen kein Schnee fiel, konnte er die Kinder nicht beschenken und sie wären traurig und ihr Glaube an ihn würde verschwinden. Er musste unbedingt mit Frau Holle sprechen. Doch wie sollte er zu ihr gelangen, da sie weit im Westen über den Wolken wohnte?

Dancer, sein stärkstes Rentier schnaubte, als der Weihnachtsmann versuchte sich auf seinen Rücken zu setzen. Er gab es schnell auf, denn Dancer knickte schon beim Versuch mit den Beinen ein, als er sich an ihn lehnte. Das hat keinen Zweck, dachte der alte Mann und ging traurig in sein Schloss wo ihn fröhlich, singende Wichtel empfingen, die dabei waren Geschenke zu verpacken. Bedrückt ging er in sein Arbeitszimmer, schloss die Tür und setzte sich nachdenklich in seinen Schaukelstuhl am Kamin.

Ein paar grübelnde Stunden später hörte der Weihnachtsmann Stimmen vor seiner Tür. Ein Schaben und Poltern erklang, wobei die Schreie noch lauter wurden, etwas zerbrach und das Einzige was er zwischen den Rufen verstand war: "Fliegen im Flur ist nicht erlaubt!". Mit einem Grummeln öffnete der Weihnachtsmann die Tür und prompt verdeckte dicker Stoff sein Gesicht. Fransen streiften an seinem Ohr entlang, als das Ding wieder von seinem Gesicht glitt und hinter ihm im Zimmer verschwand. Verdutzt betrachtete der Weihnachtsmann einen kleinen Kerl, den er plötzlich vor sich stehen sah und schmunzelte.
Dieser war in weiten, weißen Hosen gekleidet und ein Umhang aus goldener Seide umhüllte seinen Körper. Unter einem zu großem, etwas verrutschtem Turban musterten ihn zwei kleine braune Augen misstrauisch.
"Äh..Hallo" sagte dieser wundersame Knabe und der Weihnachtsmann bat ihn mit einem Kopfnicken hinein. Der Weihnachtsmann schloss die Tür und als er sich umdrehte, erkannte er, was ihn am Kopf getroffen hatte. Ein edler Perserteppich schwebte über seinem Schreibtisch und dem aufgeschlagenen Buch. Es sah aus, als ob er darin lesen würde, indem die Fransen Zeile um Zeile verfolgten.
Der Weihnachtsmann räusperte sich, der Teppich schreckte hoch, schwebte sogleich zu dem Jungen, rollte sich geschwind in der Luft zusammen und quetschte sich, mit bebenden Fransen, unter dessen Arm.
Zitternd stand der Junge da und schließlich fragte ihn der Weihnachtsmann freundlich:
"Nun, was kann ich für Dich tun? Du musst von sehr weit herkommen."
"Ich bin Aladdin und komme aus dem Orient." antwortete der Junge und verschränkte die Arme vor seiner Brust um das Zittern zu verbergen, während der Teppich zu Boden rutschte.
"Das ist aber wirklich sehr weit, Aladdin. Was wünscht du von mir?" fragte der alte Mann weiter.
"Ich...ich wollte wissen, ob es den Weihnachtsmann wirklich gibt" stotterte Aladdin.
"Ja, den gibt es und der bin ich. Und nur um dies zu erfahren, bist du so weit geflogen?"
"Ja", antwortete Aladdin nun mutiger." Und außerdem wollte ich Schnee sehen. Aber hier gibt es keinen, oder?"
"Doch, den gibt es eigentlich schon", murmelte der Weihnachtsmann "Doch dieses Jahr wird es wohl nichts damit".
"Warum?" fragte Aladdin neugierig.
"Nun ja, eine alte Freundin von mir ist für das Schneien zuständig und es gibt wohl Probleme. Leider kann ich sie nicht besuchen, da meine Rentiere den Schlitten ohne Schnee nicht ziehen können und sie lebt weit im Westen.“Mh, da kommt mir eine Idee", sprach der Weihnachtsmann lächelnd, mit einem bedeutsamen Blick auf den Teppich.
"Meinst Du, dein Teppich würde mich tragen wollen? Dann könnten wir Frau Holle besuchen, erfahren was los ist und du könntest Schnee erleben", sagte er und der Junge schaute seinen Teppich fragend an.
"Ja, wir könnten es versuchen", antwortete Aladdin, nachdem der Teppich vom Boden abgehoben war, sich ausrollte und schließlich vor den Beiden auffordernd schwebte.
"Phantastisch" rief der Weihnachtsmann erleichtert und ließ sich vorsichtig auf dem Teppich nieder.
Aladdin sprang auf den Teppich, gab ein paar geheimnisvolle Laute von sich und die drei flogen durch das Fenster hinaus in den Wolkenhimmel nach Westen.

Das Häuschen wirkte alt und gebrechlich, wie die Frau die in der Tür stand.
„Kommt herein", rief Frau Holle und eilte in die Küche wo der Teekessel unmusikalisch vor sich hin pfiff.
"Sie hält nicht viel von Begrüßungszeremonien" beruhigte der Weihnachtsmann den ängstlich dreinblickenden Jungen und folgten ihr.
"Der Teppich bleibt bitte draußen", sagte Frau Holle bestimmt. "Ich habe gerade Staub gewischt und wer weiß, was sich alles in seinem Gewebe tummelt."
Beleidigt schwenkte der Teppich herum und flog wieder hinaus, legte sich auf die Fußmatte und blieb trotzig liegen.
"Ach, Holly", seufzte der Weihnachtsmann und ließ sich auf die Sitzbank neben Aladdin nieder.
"Nix da", rief die alte Frau "Ordnung muss sein!" und setzte ihnen eine Tasse Tee vor die Nase.
"Apropo Ordnung", fing der Weihnachtsmann vorsichtig an. "Du weißt, morgen ist Weihnachten. Meine Rentiere haben Schwierigkeiten den Schlitten zu ziehen, wenn kein Schnee liegt."
"Ja", antwortete Frau Holle" Ich hatte schon gehofft, das bald jemand kommt. Es tut mir auch furchtbar leid, aber seitdem die Pechmarie hier war, habe ich Probleme es schneien zu lassen."
"Wieso, was ist passiert?" hakte der Weihnachtsmann nach.
"Nun ja, das Mädchen war wirklich nicht zu ertragen. Sie hat die Betten nicht ausgeschüttelt und war frech und faul. Nun sind die Öffnungen in der Bettdecke verstopft, weil sie sich immer wieder mit Zauberfedern auffüllt, Ich habe in meinem Alter auch nicht mehr die Kraft, sie so zu schütteln, das wieder genug Schnee fällt". seufzte die alte Frau und setzte sich zu den Beiden.
"Es tut mir leid. Dieses Jahr wird nichts mit Schnee." meinte sie bedrückt und dicke Tränen rannen ihr die Wangen hinab.
"Wir werden schon eine Lösung finden", tröstete der Weihnachtsmann und legte eine Hand auf die ihre.
"Wie wäre es, wenn wir das tapfere Schneiderlein holen? Er bekommt doch alles wieder hin. Und so eine Bettdecke gewiss auch, mh?"
"Nein, das Schneiderlein war schon da und erzählte mir, dass Ali Baba und die 40 Räuber ihm seinen Zauberstoff gestohlen haben. Und meine Zauberkraft reicht einfach nicht mehr, für eine neue Decke und den Schnee, der noch mindestens 200 Jahre fallen muss." schluchzte die Frau und vergrub den Kopf in ihren Händen.
"Sei nicht traurig“, sprach Aladdin.“ Ich glaube, ich habe da eine Idee."
Ruhig erklärte er den Beiden seinen Plan und sie blickten erstaunt drein.
"So könnte es gehen“, freute sich Frau Holle und die drei gingen in das angrenzende Arbeitszimmer, wo sie auf einem Bett eine große Bettdecke erblickten. Sie trennten vorsichtig die Nähte auf und die hervorquellenden Federn verwandelten sich in glitzernde Flocken, sobald sie an die Luft kamen. Aladdin fing sie in einem riesigen Bottich auf und Frau Holle schüttete sieben seltsame Kräuter hinein. Schließlich ging sie hinaus, sprach ein wenig mit dem Teppich und bat ihn um ein paar seiner Fäden, zog vorsichtig drei Goldene aus ihm heraus, schnitt sie klein und gab es dem Flockenbrei hinzu. *Fertig*, seufzte Frau Holle, rührte noch einmal kräftig um und goss den Inhalt in einen Krug. "Hoffen wir, dass es funktionier", sagte sie und drückte zum Abschied Aladdin, den Weihnachtsmann und sogar den Teppich.

Aladdin und der alte Mann ließen sich auf dem Teppich nieder und winkten der Frau Holle zum Abschied.
Sie flogen hoch über den Wolken und der alte Mann nickte dem Jungen zu. Aladdin griff unter seinen Umhang und der wunderschöne, verzierter Krug von Frau Holle, kam zum Vorschein. Viele Ornamente schmückten den Behälter und sie veränderten sich je nach Einfall des Lichts.
Aladdin schaute den Runen ein wenig zu, bevor er mit einem „Plopp“ den goldenen Verschluss öffnete. Sie schwebten gerade über einer kleinen Wolke und als Aladdin ein wenig des Inhaltes über der Wolke goss, glitzerte der Schneestaub kurz auf, sank auf die Wolke nieder und verschwand. Die Wolke wurde dicker und dicker und schließlich brach sie auf und Schnee rieselte zur Erde hinab.
Mit einem Freudenschrei trieb Aladdin den Teppich an und sie flogen von Wolke zu Wolke bis es über dem ganzen Land schneite.

Rufe wurden laut, als der Schnee die Erde erreichte. Kinder jubelten und holten ihre Schlitten hervor und einige fingen an Schneemänner zu bauen. Glücklich lächelnd saßen Aladdin und der Weihnachtsmann auf dem Teppich und genossen es, ihnen zuzusehen.
Schließlich sagte Aladdin verzückt:" Wie schön dieser Schnee doch ist...ich wünschte, ich könnte das meinen Freunden zeigen."
"Das dürfte kein Problem sein, mein Junge", brummte der Weihnachtsmann.
"Frau Holle hat mir für dich als Dankeschön etwas gegeben." und er reichte Aladdin ein Kissen das geformt war, wie eine Schäfchenwolke. "Wann immer du magst kannst du die Zauberformeln auf der Rückseite sprechen und es wird schneien."
"Aber es ist nie so kalt wie hier", sagte Aladdin bedrückt.
"Keine Sorge auch daran haben wir gedacht. Es sind verzauberte Schneeflocken. Sie werden dort fallen wo du stehst." beruhigte ihn der alte Mann. "Außerdem würden wir uns alle freuen, wenn du jedes Jahr zu uns kommen würdest um die Wolken zu verzaubern. Du kannst gerne Deine Freunde mitbringen", fügte der Weihnachtsmann lächelnd hinzu.
Freudestrahlend drückte Aladdin das Kissen an sich und dankte dem Weihnachtsmann und sagte ihm zu, nächstes Jahr wieder zu kommen.
Die drei flogen zurück zum Schloss des Weihnachtsmannes und dieser setzte sich sogleich in sein Rentierschlitten. Vollbeladen hoben sie ab und flogen der Erde entgegen.
Ein wenig blieb Aladdin noch über dem Schloss schweben, prägte sich das Bild der Schneelandschaft ein und freute sich, bald seinen Freunden den verzauberten Schnee zeigen zu können und ihnen zu erzählen, das es den Weihnachtsmann wirklich gibt.
Aladdin legte seinen Kopf auf das Weiche Kissen und während der Teppich ihn nach Hause trug, schlief er tief und fest und träumte von Schneemännern im Orient.
 
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Kommentare  

Auch von mir ein dickes Lob.
lg
holdriander


holdriander (02.12.2009)

Danke schön- das freut mich...!!

Amazone (14.10.2009)

Was für eine süsse und so phantasievolle Geschichte - auch in sehr schöner Schreib- und Ausdrucksweise verfasst. Da wird einem ja schon richtig weihnachtlich. Ich wünsch mir doch auch immer zu dieser Zeit viel Schnee. Mal schauen, ob der Zauber bei uns dieses Jahr wirkt.

Fan-Tasia (30.09.2009)

Wow, echt süßes Märchen.

Evi Apfel (27.09.2009)

Vielen Dank für Eure netten Komentare :)

Amazone (27.09.2009)

Hallo Amazone, auch von mir ein ganz dickes Lob für dieses bezaubernde Märchen.

Jochen (26.09.2009)

Wirklich ganz allerliebst. Habe selten so eine süße Völker verbindende Weihnachtsgeschichte gelesen.

Petra (26.09.2009)

Aaach, war das schön, dieses weihnachtliche Märchen zu lesen. Zwar haben wir gerade Herbstanfang und der ist auch noch recht sommerlich( befürchte leider, dass sich das bald ändern wird) aber die Schokoweihnachtsmänner sieht man ja schon überall. Warum also auch nicht schon jetzt eine süße Weihnachtsgeschichte? Hat mir überaus gut gefallen. Sehr gelungen. Ich fühlte mich während des Lesens ganz in meine Kindheit zurück versetzt.

doska (26.09.2009)

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