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5 Seiten

Ein völlig verrückter Montag -3-

Romane/Serien · Fantastisches
In der falschen Bahn


Du bist immer noch verwirrt und sprachlos, aber zumindest kannst du dich nun wieder bewegen. Vorsichtig suchst du dir in der vollen Bahn einen Platz und hast tatsächlich mal ein wenig Glück, denn du findest wirklich einen Sitzplatz. Froh lässt du dich darauf nieder und runzelst dann beim Blick aus dem Fenster die Stirn. Denn das ist nicht der übliche Weg zu deiner Arbeitstelle.
Schlagartig wird dir klar, dass du wohl in die falsche Bahn gestiegen bist. Du hast nicht darauf geachtet, als du eingestiegen bist, da du noch immer so von dieser “Furie” abgelenkt warst und hast einfach angenommen, das es die richtige Bahn ist.
Du stehst also wieder auf, reckst dich und streckst dich und stellst dich ganz auf die Zehenspitzen um nach vorne zu sehen und herauszufinden welche Nummer diese Bahn hat. Endlich erhascht du einen Blick und erkennst, ja du bist in die Sieben gestiegen, hättest aber in die Neun müssen. Die Linie Sieben fährt ins Zentrum, du aber müsstest Richtung Gewerbegebiet.
Gerade noch unterdrückst du einen ärgerlichen Aufschrei, verdrehst nur genervt die Augen und setzt dich wieder hin. Tun kannst du jetzt sowieso nichts, außer vielleicht die Notbremse ziehen und das wäre wohl eher nicht ratsam. Also überlegst du ob du an der nächsten Station aussteigst und versucht von dort eine andere Linie zum Gewerbegebiet zu finden oder du fährst bis ins Zentrum und nimmst dort die Dreizehner, von der du weißt, dass sie dahin fährt, wohin du willst. Schließlich hast du diese Linie schon öfters bei langen Mittagspausen genutzt um im Zentrum Kaffeetrinken zu gehen.
Während du also darüber nachdenkst füllt sich die Bahn immer mehr und mehr und scheint bald aus allen Nähten platzen zu wollen.
Ja, denkst du, du fährst besser bis zum Zentrum und dann von dort weiter.
Vielleicht hat sich dann auch das momentane Gedränge hier ein wenig gegeben.

Eine endlose halbe Stunde später drängst du dich endlich aus der völlig überfüllten Bahn. Froh bist du, dass du der Enge und der stickigen Luft entflohen bist und ziehst mit gierigen Zügen die kalte und frische Winterluft in deine Lungen. Und nicht nur du fühlst so, auch anderen scheint es so zu gehen. Dein Blick fällt auf eine junge Frau. Sie ist klein, zierlich und hat kurze, hellblonde Haare. Eigentlich ist sie ganz hübsch, denkst du. Sie wirkt ein wenig wie eine dieser neumodischen Elfen auf dich. Doch die rotgeweinten Augen und die ebenso rote Nase haben eine vernichtende Wirkung auf das niedliche Gesicht der anderen.
Weil sie dir ein wenig leid tut, wie sie da so frierend und offensichtlich verheult dasteht, trittst du vorsichtig näher, kramst eine Packung Papiertaschentücher aus deiner Handtasche und bietest ihr eines davon an. Der Blick, den sie dir zuwirft erinnert dich an ein verschrecktes Reh und du fragst dich, was dem Mädchen wohl passiert ist.
“Ist alles in Ordnung?” fragst du noch pflichtschuldig und erwartest eigentlich keine ehrliche Antwort.
Aber du hast dich schon wieder verschätzt.
“Nein,” heult das Mädchen sofort los, “nix is in Ordnung.”
Mit diesen Worten wirft sie sich beinnahe in deine Arme und kriegt so deinen völlig verblüfften und erschrockenen Gesichtsausdruck gar nicht mit. Etwas ungelenk tätschelst du ihr den Rücken und murmelst das üblich “Oh” und “Ach”, während dir die Frau zwischen Schluchzen und Schniefen erzählt was ihr heut Morgen alles passiert ist. Dir kommt sie doch etwas hysterisch vor, aber sie scheint nicht gefährlich zu sein. Tatsächlich empfindest du sie sogar sympathisch, insbesondere als du erfährst dass ihr Morgen sogar noch schlimmer war, als dein eigener.
Ihr wurde gestern erst die geliebte Katze angefahren, die nun schon sicher beim Tierarzt aufgehoben ist und bald wieder gesund sein wird. Jedoch hat sie in der Aufregung vergessen, ihren Arbeitgeber anzurufen und hat zudem ihre Schicht verpasst. Nun hat sie der Chef heute, als sie angerufen hat, das sie zu spät käme, ganz einfach gefeuert, weil sie ständig zu spät kommen würde. Das war schon schrecklich, so die Frau, aber dann hat sie ihr Freund nicht nur für eine andere, mit der er sie schon seit zwei Wochen betrügt, verlassen, sondern sie auch gleich noch aus der gemeinsamen Wohnung geworfen und nun wüsste sie nicht, wohin sie solle und das alles bei diesem schrecklichem Wetter. Was mit ihrem Kätzchen nun würde, dass weiß sie auch nicht.
Während diesem Redeschwall betrachtest du sie soweit es geht und dir wird auf einmal ganz anders, was aber nicht an der Geschichte liegt, sondern einen anderen Grund hat. Auch diese Frau scheint sich vor deinen Augen zu verändern.
Ihre Züge scheinen noch feiner zu werden, ihre schönen grünen Augen bekommen einen katzenhaften Schwung und ihre Ohren werden etwas spitz. Jetzt sieht sie wirklich wie eine kleine, neumodische Elfe aus. Du machst große Augen und fragst dich, was nur los ist mit dir.
Vielleicht war ja wirklich etwas mit dem Kaffee nicht in Ordnung, oder waren es die Müsliriegel?
Langsam machst du dir wirklich etwas Sorgen um deine geistige Gesundheit.
Die Tatsache, dass sich die junge Frau, die dir eben noch den Mantel nassgeweint hat, von dir löst und dich aus neugierigen, grünen Katzenaugen mustert reißt dich aus deinen Gedanken. Sie sieht immer noch reichlich zerknittert aus und du selbst wirst wohl kaum besser aussehen.
Da kommt dir eine Idee, denn ein Blick auf die Uhr zeigt dir, dass du sowieso völlig zu spät kommen wirst und die Bahn, die dich zu deinem Arbeitsplatz bringen sollte, nun die ist auch immer noch nicht da. Hier in der Nähe gibt es ein kleines Cafe und du weißt, dass es schon geöffnet hat. Der Inhaber wird dich sicher bei deinem Chef anrufen lassen, schließlich kennt ihr euch gut, ist es doch dein Lieblingscafe und dementsprechend oft bist du dort.
Genau, du wirst deinen Chef anrufen und ihn darauf vorbereiten, dass du wohl sehr zu spät kommen wirst und hoffen, dass er das versteht. Andererseits bist du ja sonst immer fast schon überpünktlich, da wird ja wohl einmal eine Ausnahme drin sein.
Und anschließend wirst du dein versäumtes Frühstück nachholen und bei einem guten Kaffee und einem kleinem Frühstück kannst du auch gleich deine neue Bekanntschaft mit der kleinen, etwas hysterischen Elfe vor dir vertiefen. Da fällt dir etwas ein.
“Entschuldige,” meinst du jetzt zu ihr, “aber wir haben uns noch gar nicht vorgestellt. Wie heißt du denn?”
Jetzt lächelt sie dich an und das vertieft noch ihre Elfenähnlichkeit. Langsam gewöhnst du dich allerdings an dieses Phänomen und auch daran, dass es nun scheinbar nicht einfach so vorübergehen wird. Du merkst dir vor, dass du so bald wie möglich zu einem Arzt gehen solltest. Jetzt aber konzentrierst du dich erst mal auf dein Gegenüber.
“Anna,” stellt sie sich lächelnd vor, “ mein Name ist Anna Busch und du?”
Jetzt musst du auch lächeln. Busch, na wenn das nicht zu einer Elfe passt. Du stellst dich nun auch vor und erzählst deiner neuen Freundin von deinem Plan um an ein anständiges Frühstück zu kommen. Erfreut willigt sie ein dich zu begleiten und zusammen verlasst ihr die zugige Bahnstation, wo deine Bahn immer noch nicht aufgetaucht ist.

Im Cafe angekommen darfst du auch tatsächlich telefonieren und erfährst, dass dein Chef sich schon Sorgen um dich gemacht hat. Der hatte nämlich bereits bei dir Zuhause angerufen, aber nicht um zu fragen wo du bleibst, sondern um dir mitzuteilen, dass du daheim bleiben könntest. Denn tatsächlich hatte die Kälte der Nacht eine verheerende Wirkung auf das alte Rohrsystem in dem Gebäude, wo sich das Büro in dem du arbeitest befindet und es gab einen Rohbruch. Das halbe Büro steht unter Wasser und der Chef gibt allen erst einmal frei, bis dass der Schaden einigermaßen behoben ist. Du dankst deinem Chef und versprichst, dich morgen noch mal zu melden.
Kopfschüttelnd beendest du das Gespräch und musst dann lachen. Verdammtes Pflichtbewusstsein, denkst du, denn hättest du das nicht, dann wärst du sicher noch daheim gewesen, als dein Chef angerufen hat. So aber….
Egal, denkst du, dann musst du das beste draus machen und eine neue Bekanntschaft hast du auch schon, auch wenn die wie eine Elfe aussieht. Vielleicht könntest du ja sogar noch heute zu einem Arzt gehen, doch zuerst einmal willst du jetzt Frühstücken und jetzt kannst du dir sogar ein großes Frühstück gönnen, mit großer Tasse Kaffee, Saft, gekochtem Ei, Vollkornbrötchen und süßen Teilchen.
Genau, das braucht es jetzt!
Deutlich besser gelaunt kehrst du zu Anna zurück und bestellst dein großes Frühstück.
Zu deiner Freude ist diese seltsame Wahrnehmung auch wieder vergangen und die blonde Frau sieht wieder weniger Elfenhaft aus. Allerdings hattest du dich schon fast daran gewöhnt.

Zwei Stunden später trennst du dich frohgemut von Anna, mit der du dich richtig gut verstehst. Sie ist sehr tierlieb und hatte nun auch endlich über das Handy ihre Schwester erreicht, bei der sie erst einmal inklusive Kätzchen unterkommen konnte. Du hast ihr deine Telefonnummer gegeben, sie dir ihre Handynummer und ihr wollt euch bald wieder treffen.
Als ihr euch trennt lächelt dich Anna an.
“Wenn dich das Zweite Gesicht häufiger heimsucht, “ meint sie plötzlich grinsend, “dann musst du dir aber eine Sonnenbrille zulegen. Man kann es nämlich an den Augen sehen.”
Sie zwinkert dir zu, dann dreht sie sich mit einem kleinem winken um und geht die Straße hinunter, während du ihr völlig verblüfft hinterher siehst.
Das Zweite Gesicht??? Ist das nicht so ein mystisches Ding, oder wie war das? Ach ja, es hat etwas mit Hellsehern und Hellsicht zu tun.
Staunend starrst du deiner neuen Freundin hinterher und dein Mund bildet ein nettes kleines O. Dann wird dir klar, dass Anna Busch ja vielleicht dann auch wirklich eine Elfe ist und das wütende Subjekt an der Bahnstation mit ihren Markenschuhen auch etwas anderes als ein Mensch gewesen sein könnte.
Jetzt wird dir wieder etwas unheimlich zumute, denn was zum Donnerwetter bist dann DU!?
Dann jedoch wird dir klar, dass du ja Anna, wenn ihr demnächst miteinander telefoniert, einfach fragen kannst, was sie mit der letzten Bemerkung gemeint hat.

Jetzt findet doch wieder ein kleines Lächeln den Weg in dein Gesicht und obwohl es wieder anfängt zu schneien, bist du nun guter Laune. Immerhin hast du eine neue, interessante Freundschaft begonnenen und außerdem vermutlich die nächsten Tage ganz unverhofft frei.
Übermütig beschließt du dir jetzt warme Schuhe und eine warme Jacke zu kaufen und dann noch etwas durch die Stadt zu bummeln. Immerhin bist du ja schon im Zentrum und du hast jetzt richtig viel Zeit.

Wenn du wüsstest was dir da heute noch alles passieren wird, dann wärst du jetzt wohl nicht so frohgemut. Doch du weißt es nicht und so begibst du dich zum nächsten Schuhgeschäft…..


©Anariel 09.02.2010
 
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Kommentare  

Freut mich, dass es euch immer noch gefällt.
Hmm...ja da muss man eben sehen, was da noch so kommt und ich, ich muss es erst mal schreiben....aber ich kann jetzt schon sagen, es wird wohl turbulent werden.

Liebe Grüße
an euch


Tis-Anariel (12.02.2010)

Mächtig geheimnisvoll. Erst die hexische Furie und dann eine Elfe. Na, da muss ich wohl abwarten, was das nächste Kapitel bringen wird.

doska (10.02.2010)

hallo, anariel, lach. vielleicht taucht dort ja wieder die furie auf. viel spaß dann weiterhin.
grüß dich


rosmarin (10.02.2010)

diese anna ist mir jetzt richtig sympatisch, egal ob sie eine elfe ist oder nicht. ;)
hmmm, das zweite gesicht? das würde vieles erklären, aber wir werden ja sehen...
lieben gruß


Ingrid Alias I (10.02.2010)

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