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Wenn du deine Augen schließt, was hörst du dann?
Nichts!
Wenn du in die Nacht hinein blickst, was siehst du dann?
Alles!
Und wenn du deine Nase in den Wind streckst, was riechst du dann?
Blut!
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Der kühle Wind wehte sanft die Böschung herab und ließ das feuchte Gras tanzen. Der Mond stand hoch am Himmel und durch die sternenklare Nacht konnte man mit viel Fantasie seltsame Schatten darauf entdecken. Es roch noch immer nach Regen. Als würde die Welt begierig darauf warten, von Neuem begossen zu werden.
Das Knirschen der Dielen, auf denen sie hin und her lief durchbrach, die Stille der Nacht.
Immer wieder sah sie aus dem Fenster. Sie war nervös. Schon viel zu lange wartete sie auf ihn, doch er kam einfach nicht.
Ihr Name war Sibylla. Sie war in dieser Nacht aus dem Haus geschlichen, um sich einem Mann anzuschließen, ihm blind zu folgen. Für alle war er ein Fremder, doch für sie war er die Welt. Ein Mann, von dem ihre Eltern nichts wissen durften, der ganz und gar nicht ihrem Stand entsprach. Seine Kleidung war edel, sein Auftreten nobel. Er konnte lesen, schreiben und sprach mit ihr so offen und frei, dass er sie schlichtweg in seinen Bann zog.
Seit Wochen trafen sie sich heimlich in diesem alten, leer stehenden Haus. Nichts geschah zwischen ihnen, er rührte sie nicht an. Er redete nur. Erzählte ihr fantastische Geschichten und machte ihr Versprechungen, die ihre Wangen zum Glühen brachten und ihre Hoffnungen schürten.
[I]