140


12 Seiten

Tillas Sommermärchen

Romane/Serien · Sommer/Urlaub/Reise · Für Kinder
Sommermärchen

Tillas Fantasie II

MIT TILLA UND SEPPI IN DEN BERGEN


"Tilla, komm endlich, mach schneller", rief Tillas Mutti ihr zum wiederholten Male hektisch zu. "Trödel nicht so, Tilla, gleich schließen die Geschäfte. Kommmmm. Tilla, kommmmmm. Wir müssen neue Wanderschuhe kaufen. Tilla, was machst du denn, hörst du mir nicht zu? Komm, komm - mach hinne, schnell, Tilla!"
"Doch, Mutti, ich habe dich gehört und dir auch zugehört, aber ich überlege gerade wieder, wieso ich Wanderschuhe brauche? Ich möchte doch gar nicht wandern gehen! Und deshalb brauche ich logischerweise auch keine Wanderschuhe, Mutti. Stimmt doch! Oder?"
"Ach Tilla, muss ich dir das wieder erklären. Ich denke du hast es verstanden. Du möchtest es aber vielleicht absichtlich nicht verstehen!"
"Doch!"
"Aber ich diskutiere jetzt nicht weiter mit dir, Tilla. Komm, mach schon einen Schritt schneller."
Da konnte Tilla noch so mürrisch dreinschauen, da half ihr kein Murren und kein Herumtrödeln mehr. Tilla wurde zum Schuhgeschäft geschleift, ob sie wollte oder nicht.
Die Wanderschuhe waren wohl beschlossene Sache! Einseitig beschlossene Sache!
Denn Tilla wollte keine neuen Wanderschuhe. Sie hatte da schon seit Wochen auf dem Nachhauseweg ein paar pinkfarbene Ballerinas ins Visier genommen.
Die oder keine. Das stand für Tilla fest.Da rückte sie von ihrer Einstellung in Bezug Schuhe kaufen keinen Millllllimeter davon ab. Das war sicher.
Und wer Tilla kannte, wusste, dass es noch einiger Überredungskunst bedurfte, um sie umzustimmen, um die Wanderschuhe anzuprobieren und auch zu kaufen.
"Mutti, ich mag keine Wanderschuhe", ein letzter Versuch von Tilla direkt vor der Ladentür des Schuhgeschäftes."Guck mal, Mutti, die mag ich haben! Mit ihrem kleinen Zeigefinger zeigte die Sechsjährige freudestrahlend auf die von ihr schon lange gewünschten und ersehnten pinkfarbenen Ballerinas.
"Nein, Tilla, wir sind von meiner Freundin Bea zum Wochenendurlaub in die Schweiz eingeladen. Da musst du Wanderschuhe haben, keine Ballerinas …
Sie möchte uns gerne ihre Almhütte zeigen und hat zum Wandern eingeladen.
Freu dich doch ein klein wenig, Tilla. Zieh nicht so eine Schnute, Tilla!"
Tilla hatte ihre Unterlippe ärgerlich nach vorne über ihre Oberlippe vorgeschoben und sah ein klein wenig wie eine kleine Schnatterente aus.Und ihr Geschnatter, dass sie keine Wanderschuhe haben möchte, nahm kein Ende …
Tilla wurde sanft, aber bestimmt, von ihrer Mutti ins Schuhgeschäft geschoben. Missmutig schaute sie sich um, ihr Blick blieb sogleich an den, für sie wunderschönen, pinkfarbenen Ballerinas hängen.
Mit einem Seufzer setzte sie sich, gelangweilt dreinschauend, auf einen Hocker.

*

Geschäftig kam eine Verkäuferin herangeeilt und bot ihr Fachwissen über Kinderschuhe an, ohne dass Tilla dies wollte. Das Fachchinesisch wollte Tilla nicht hören, sie hatte ja längst entschieden. Sie wusste ja schließlich schon lange, was sie wollte.
"Zuerst wollen wir mal dein Füßchen vermessen, damit wir die richtigen Schuhe für dich finden", sagte die Verkäuferin mit einem süßen, eigens für Tilla aufgesetzten Lächeln.
Und schon stand sie wie eine Schweizer Gebirgsfront, wie ein Felsmassiv, mit ihrem Messgerät für Füße vor Tilla, noch ein gutes Geschäft abschließen wollend.
"Das brauche ich nicht", sagte Tilla störrisch, als sich die Verkäuferin mit ihrem Messgerät für Füße vor Tilla aufgebaut hatte.
"Dann eben nicht, kleines Fräulein, dann muss es eben so gehen, ohne vorher zu messen."
Tillas Mutter bemerkte natürlich, wie Tilla immer störrischer wurde.
Sie ermahnte Tilla mit den Worten: "Auch kleine Prinzessinnen sollten die Geduld ihrer Mitmenschen nicht überstrapazieren! Das Maß, mein „Geduldsmaß“, ist bald voll, Tilla.

*

In Tillas Ohren hallte der Satz ihrer Mutti „Wir möchten uns nach Wanderschuhe umsehen!“
wie ein Echo nach und das hörte sich für Tilla in diesem Moment „wieder“ nicht gut an, da Tilla ja keine neuen Wanderschuhe haben wollte.
Also war folglich das Wort WIR hier falsch, dachte Tilla noch immer schmollend.
Mutti möchte welche – ich nicht, dachte Tilla bei sich.
Wir, wir, wir, äffte Tilla hinter der Verkäuferin her.„Mutti möchte welche, ich nicht!“,
stellte sie wiederholt klar.
Ja, die lieben Kleinen, säuselte die Verkäuferin übereifrig und sie setzte sich schnurstracks in Richtung Wanderschuhregal in Bewegung. "Was darf es sein?", fragte die Verkäuferin, die schon ein gutes Geschäft, so kurz vor Feierabend noch, witterte.
Doch Tilla hatte wohl vor, ihr da einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Etwas ungehalten sah die Verkäuferin Tilla an.
Doch Tilla machte das rein gar nichts.
Schnell waren die Wanderschuhe für Tillas Mutti gefunden und standen auf dem Tresen neben der Kasse. Jetzt sollte auch Tilla sich ihre Wanderschuhe aussuchen. Doch wie hätte es anders sein können, ihr gefiel absolut nichts, was in den Regalen mit Wanderschuhen stand.
Wie sollte es auch, Tilla hatte noch immer die Hoffnung, dass ihre Mutti Verständnis für ihre ersehnten Ballerinas hätte.
Vorbei, mit bestimmender Stimme sprach Tillas Mutti zu Tilla: "So, jetzt du, Tilla. Ich bin fertig."

Die Verkäuferin versuchte besonders freundlich, fast überfreundlich auf Tillas Wünsche einzugehen. Doch Tilla bockte wie ein kleines Zicklein.
Ein Blick in die Augen ihrer Mutti signalisierte ihr, dass der Spaß gleich vorbei war …
"Na, dann eben Wanderschuhe", maulte Tilla unwirsch vor sich hin.
"Guck mal hier, kleines Fräulein, sind die nicht schön", sagte die Verkäuferin zu Tilla und hielt ihr ein paar derbe hartlederne Wanderschuhe unter die Nase.
„Nein, sind sie nicht!“, gab Tilla beleidigt zur Antwort.
"Tilla, Tilla, beeile dich, du siehst doch, dass das Geschäft gleicht schließt."
Nun stellte die Verkäuferin ein paar beigefarbene Schnürwanderschuhe vor Tillas Füße. Wie angewurzelt blieb Tilla unbeweglich auf dem Hocker sitzen.
Sie versteckte ihre Füße hinter dem Hocker und sagte leise: "Meine Füße mögen die Schuhe nicht haben."

Tilla wurde von ihrer Mutti jetzt strafend angesehen. Und als ob Tilla es nicht geahnt hätte, folgte sofort erneut eine Ermahnung.
"Ja, wenn es denn sein muss, können meine Füße die Schuhe ja mal kurz probieren und testen."
"Schön Tilla, dass deine Füße endlich dazu bereit sind, in die Schuhe zu schlüpfen", sagte ihre Mutti jetzt versöhnlich. "Ich verspreche dir, dass deine Füße anschließend auch noch eine kleine Überraschung von mir erhalten werden!"
Tilla stutze und fügte sich endlich nach den versöhnlichen Worten ihrer Mutti und dem Gedanken an die Überraschung. "Da hast du aber Glück, Mutti, dass meine Füße so schnell mit deiner Schuhwahl einverstanden waren. Ich hätte sie nicht so schnell überreden können, wie du das getan hast."
Tilla grinste spitzbübisch, mit dem Schalk im Nacken tänzelte sie vor ihrer Mutti her - mit den pinkfarbenen Ballerinas.
"Ist nur Probetanzen, Mutti …
Ich hätte ja wirklich lieber die pinkfarbenen Ballerinas gehabt und nicht so scheußlich kackfarbene Wanderschuhe." Im gleichen Augenblick schlug sich Tilla mit der Hand auf den Mund und sagte: "Entschuldige Mutti, das wollte ich nicht sagen, aber irgendwie stimmt das mit der Farbe … oder?"
Die Verkäuferin nestelte noch ungeduldig an den Schnürsenkeln der Schuhe herum und verstaute sie wieder im dem dazugehörigen Kinder-kunterbunten, gemusterten Schuhkarton. Doch Tilla war es leid mit der Anprobe, sie packte alle Schuhe kurzerhand zurück in die Regale und stellte die Schuhe, ihre nicht gewollten Schuhe, die ihre Mutti für sich und sie ausgesucht hatte, neben die Kasse.
"So, das wär’s dann wohl," kam die spitze Frage von der „Tilla“ gestresster Verkäuferin. Sie verließen Hand in Hand, die Mutti glücklich und Tilla weniger glücklich, mit den Schuhkartons unterm Arm den Laden.

*
"Und jetzt, Mutti, meine Überraschung,die du mir versprochen hast!"
Tilla baute sich vor ihrer Mutti auf und sah sie erwartungsvoll mit großen Augen an.
"Ach, Tilla, sei nicht so ungeduldig,du musst noch etwas warten!
Mit einem Augenzwinkern lächelte sie jetzt Tilla versöhnlich, liebevoll an.
Wie lange muss ich noch warten?", fragte Tilla natürlich wieder sofort.
Na, bis wir zu Hause sind! -
Tilla: Was, so lange noch?
Und erneut war Tillas Stimmung vorbei.
Vom überschwänglichen Überraschungs-Hoch in ein Wartenmüssen-Tief, wie bei einem Wettereinbruch abstürzend, war auch Tillas Gutwetterbarometer schlagartig gesunken und spontan vorbei.
In Tillas Gesicht, in ihrer Mimik konnte man jede Stimmung unschwer sofort ablesen.
Endlich, nach für Tillas Empfinden viel zu langer Zeit kamen sie daheim an.
Mutti, meine Überraschung, jetzt kann ich sie aber haben, oder?
Tilla sah ihre Mutti fragend und lauernd an.
Na, dann setzt dich auf den Stuhl und habe mal die nächsten drei Minuten etwas Geduld.
Ja, gut Mutti, aber beeile dich, du weißt,
Warten ist nicht so meine Stärke.
Zappelig schaukelte Tilla auf dem Stuhl vor und zurück. Erwartungsvoll, wie ein Flitzebogen gespannt, wartete Tilla ungeduldig.
Und endlich wurde sie gerufen, wie ein Blitz schnellte Tilla zu ihrer Mutti.
„So, aber jetzt meine Überraschung!“, rief Tilla lautstark und tänzelte auf den Zehenspitzen durch die Wohnung.

Und da war sie nun, ihre Überraschung.
Tilla hielt urplötzlich wieder die Kinder-kunterbunte Schuhschachtel in Händen, die sie noch vor knapp einer Stunde im Schuhladen in Händen gehalten hatte.
„Was soll das, Mutti?“, sagte Tilla,
„das ist doch keine Überraschung, das sind die blöden Wanderschuhe, die du mir gegen meinen Willen aufgezwungen hast!!!!“
Tillas Mutti stand lächelnd vor Tilla und sagte leise: „Öffne den Schuhkarton,
meine kleine Prinzessin.“
Tilla folgte der Aufforderung, den Karton zu öffnen.
Einen spitzen, grellen Schrei stieß Tilla durch die Zähne hervor und starrte in Richtung Schuhkarton,
in den Schuhkarton.
Staunend stand Tilla mit offenem Mund da.
Ach, Mutti, sind die schööööööööööööööööön …!

Tillas Mutti freute sich über den Gefühlsausbruch ihrer kleinen Prinzessin.
Na, endlich geschafft!
Die Wanderschuhe sind akzeptiert!

*

Tilla hielt natürlich dieselben neu gekauften Wanderschuhe im Schuhkarton in ihren Händen,
doch diese hatten in der kurzen Zeit eine echte Wandlung erfahren. Die vormals, Tillas Meinung nach, kackgelben Schuhe waren oh’ Wunder - Simsalabim – wie durch Zauberhand jetzt pinkfarben und mit funkelnden Strass- und Glittersteinen besetzt.
Die hässlichen Schnürsenkel waren in weiße Seidenschleifen verzaubert worden.
Pia hatte für Tilla neue Wanderschuhe kreiert und sie aufgepeppt.
Sie kannte schließlich ihre Tochter.
Ja, Mutti Pia kannte ihre Tochter und hatte nicht vor, sich das ganze Wochenende Tillas Herumgemaule und Herumgenörgle wegen der nicht gewollten Wanderschuhe anzuhören.
Tilla hüpfte mit den neu gestalteten Schuhen freudestrahlend durch sämtliche Zimmer.

*

Tilla, aufstehen wir fahren gleich los …
hörte Tilla ihre Mutti im Halbschlaf rufen.
Aufstehennnnnnnnn, Tilla.

Nur wenige Minuten später stand Tillas Mutti vor Tillas Bett und zog ihr die Decke weg.
Nur mit Unterwäsche bekleidet, jedoch mit ihren neuen Wanderschuhen an den Füßen, blickte Tilla ihre Mutti Pia lachend an.
Na,Tilla, wie schläft es sich mit den neuen Schuhen, sind sie auch gut zum Schlafen.
Ja, sind sie - traumecht? Äh, traumhaft!
Tilla stutze und bemerkte erst jetzt, dass sie mit den Schuhen an den Füßen eingeschlafen war. Sie konnten sich halt nicht von ihnen trennen …, die Füße, meinte Tilla erklärend.

*

Nach kurzer Autofahrt kamen Tilla und ihre Mutti noch am Vormittag in Kitzrot auf der Alm an.
Sofort wollte Tilla wissen, wann es denn auf den Berg ginge, um ihre neuen, wunderschönen Schuhe auf Laufechtheit am Berge prüfen und testen zu können.
Am Nachmittag, Tilla, lass uns doch zuerst einmal richtig ankommen.
Und wirklich, am Nachmittag, als auch Bea zur Alm kam, packten sie Proviant in den Rucksack und machten sich auf den Weg zum Berggipfel, auf dem kindgerechten Weg, den auch Tilla bewältigen konnte.
Tilla plapperte und plapperte, so dass Pia und Bea kein einziges Wort, was sie sprachen, verstanden.
Und Tilla plapperte und plapperte unaufhaltsam weiter.
Deine kleine Prinzessin ist ganz schön anstrengend, meinte Bea zu Pia.
Ja, manchmal schon,
doch ich möchte sie nicht missssssen …
sprach Pia mit einem zärtlichen Blick zurück auf Plappermäulchen-Tilla.
Nach einiger Zeit war es kein Problem mehr, sich in normaler Lautstärke zu verständigen.
Pia und Bea stiegen weiter den Berg hinauf.
Tilla hatte sehr viel zu entdecken und fiel immer weiter auf dem Wanderweg zurück.
Plötzlich, an einer Weggabelung stehend,
wusste Tilla nicht, ob sie nach rechts oder doch nach links den Weg einschlagen und fortsetzen sollte.
Sie entschied sich für rechts und ging durch die ganzen Natureindrücke beflügelt singend und plappernd weiter. Plötzlich sah Tilla einen herrlichen Schmetterling, den sie aus ihrem Naturbuch aus der Schule kannte.
Den muss ich mir unbedingt genauer ansehen …,
dachte Tilla sofort.
Sie hüpfte dem Schmetterling beseelt von ihrer großen Entdeckung begeistert hinter her.
Nach reiflicher Überlegung konnte sie ihn auch zuordnen, es war ein Schwalbenschwanz.
Sie sprang und sang.
Doch plötzlich rutsche sie ab.
Tillas Fuß blieb in einem Erdloch hängen.
Ei der Daus, sagte Tilla, da habe ich aber Glück gehabt, dass ich nicht weiter abgerutscht bin.
Vor und hinter sich blickend und ihre Mutti suchend, erkannte Tilla schnell, dass sie wohl den falschen Weg eingeschlagen hatte.

*

Sie versuchte ihren Fuß aus der kleinen Felsspalte zu ziehen, doch es gelang ihr nicht. Plötzlich bemerkte Tilla, dass ihr Fuß genau in die entgegengesetzte Richtung, also nach unten, gezogen und hin und her bewegt wurde.
Was ist denn das, fragte Tilla, ich kann meinen Fuß nicht herausziehen, noch schlimmer, der will weiter in die Felsspalte gehen…? Tilla saß verdutzt auf dem Boden.
Doch da - plötzlich lautes aufgeregtes Gemurmel!
Was ist denn das? Was – wo – wer - hier!?
Hörte Tilla ein lautes Gemurmel aus der Felsspalte. Tilla fing an, an ihrem Fuß zu zerren, um ihn aus der Spalte wieder herauszuziehen.
Da hörte sie wieder dieses komische Gemurmel.
Sie versuchte, einen Blick in die Felsspalte zu werfen. Und da sah Tilla, dass eine aufgebrachte Gruppe kleiner brauner Tierchen um ihren Fuß herumstand und sich ständig gegenseitig anmurmelte.
Hallo, rief Tilla, wer seid ihr denn?“
„Wir?“, wurde zurückgemurmelt, „wir sind die Murmels! Die Murmels, fragte Tilla erstaunt.
Ja, die Murmels, das ist Mama, Helly Murmels,
und ich bin Melly Murmels und das, auf die Kleinste in der Gruppe zeigend, ist Nelly Murmels und alle zusammen sind wir die Murmeltierfamilie Murmels.
Ach so, sagte Tilla, schön, euch alle anzutreffen,
es freut mich, euch kennenzulernen.
Ich bin Tilla.
Ach, das freut uns aber weniger, sagten da die Murmels. Wieso, fragte Tilla sofort.
Na, du hast uns unsere Vorratsstube demoliert.
Du hast die Decke unserer Vorratskammer eingetreten, sagten sie wild gestikulierend und murmelnd diskutierend. Und sie berieten sich, wie denn der entstandene Schaden nun zu beheben sei.
Ach, das macht nichts, Mutti hat für mich eine Privathaftdingsbumsda abgeschlossen, falls ich mal was kaputt mache.
Was - so was hast du, murmelten sie aufgeregt durcheinander.
Ja, sagte Tilla stolz, so was habe ich.
Mutti sagt immer, dass sie wichtig sei, diese Dingsdaversicherung, bei so einem aufgeweckten Kind wie mir …
Da meldete sich Melly Murmels zu Wort und meinte,
die Vorratskammer sei eh zu klein gewesen. Jetzt hat Tilla uns die Kammer zwar unfreiwillig vergrößert, aber wir können ungemein froh sein, da wir selbst nun nicht mehr schwer arbeiten müssen.
Da hat Melly Recht, murmelten alle zeitgleich erneut durcheinander.
Du musst wissen, Tilla, der letzte Winter war sooooooo lang und soooo kalt, sprach Mama Helly,
da hatte die kleine, gut gefüllte Vorratskammer nicht ausgereicht, um einigermaßen gut überwintern zu können. Da mussten wir uns ganz schön nach der Winterfutterdecke strecken. Glaube mir, da hat der Magen tief gehangen und laut vor Hunger gebrummelt, dass man nicht ruhig schlafen konnte. Ja, ja, war man sich in Erinnerung an diese Erfahrung einig.
Das war wirklich schlimm gewesen, guck, ich konnte da gar nicht viel wachsen, mummelte Nelly, und zeigte spontan auf ihr kleines Bäuchlein.
Das war aber auch wirklich schlimm, meinte Tilla,
ich gehe im Winter immer an den Vorratsschrank und Kühlschrank, da ist immer was zum Essen drinnnnne …
und der füllt sich immer wieder selber auf.
Wenn meine Milchschokokinderschnitten alle sind, sind am nächsten Tag, auch im Winter, „immer“ gleich wieder welche drin!
Da hast du es aber gut Tilla, waren sich alle Murmels einig, ohne sich an der Vorratsbeschaffung beteiligen zu müssen und doch den ganzen Winter gut versorgt zu sein. Die Murmels waren fast schon neidisch auf Tillas Vorratsschrank.
Unsere Vorratskammer ist jetzt auch größer, wir können dank Tilla mehr für den Winter einlagern, meinte Mutter Murmels.
Da du, Tilla, uns hier so schön geholfen, unsere Vorratskammer sozusagen mit einem Fußeinsatz erweitert hast, helfen wir dir, deinen Fuß aus der Felsspalte herauszubuddeln.

*

Alle Murmels halfen Tilla tatkräftig, den Fuß aus der Felsspalte herauszubekommen, auch wenn diese Arbeit
von den Murmeltieren einen erheblichen Kraftakt erforderte.

Plötzlich blinkte oder vielmehr blitzen seltsame kleine Lichter bzw. Lichtstrahlen zwischen den Murmeltieren hervor.
Was ist denn das, fragte Tilla neugierig.
Ach das, das sind unseren Rettungsmurmeln.
„Was ist denn das? Eine Rettungsmurmel?“, fragte Tilla verdutzt. Na, eben eine Rettungsmurmel. Antwortete Nelly und schob mit einer kleinen Bewegung ihr Bauchfell etwas zur Seite. Tilla staunte nicht schlecht, als sie auf Nellys Bauch eine kleine durchsichtige Murmel hängen sah. Ist die am Bauch angewachsen oder vielleicht sogar heraus gewachsen. Das musste Tilla nun genau wissen. Vielleicht könnte sie dieses Wissen eines Tages in der Schule gut gebrauchen können, durchfuhr sie ein Gedankenblitz.
Da erklärte Melly und Mama Murmels, dass die Murmel mit einer selbst geflochtenen Halterung aus einem kleinen Haselnusszweig um den Bauch gebunden sei.
Ach so, sagte Tilla lakonisch dahin, nichts verstehend.
Das würde Tilla aber nicht zugeben.
Dann fügte Melly für Tilla weiter erklärend hinzu. Wenn wir zum Beispiel in Not sind, kommen unsere Murmeln in Einsatz, daher Rettungsmurmeln.
Das leuchtete selbst Tilla jetzt ein, logisch, Rettungsmurmel, dachte Tilla für sich. Obwohl sie noch immer nicht zugeben wollte, dass sie es letztendlich nicht verstand, das komische Rettungs-System der Murmeltiere und ihren Rettungsmurmeln.
Jetzt war es endlich soweit, die Murmels hatten gemeinsam Tillas Fuß aus der Felsspalte und ihrer darunter liegenden Vorratskammer, die nur geringen Schaden genommen und eigentlich nur durch Tillas Fuß etwas vergrößert worden war, befreit. Ich muss jetzt Mutti suchen, Lebt wohl, ihr lieben Murmels, Helly, Melly und Nelly. Tilla beugte sich zu ihnen herunter und streichelte ihnen zart über die Köpfchen.
Da kam noch die zögerliche Frage von Melly: „Tilla, darf ich einen deiner Rettungssteinchen von deinen Schuhen haben?“
Tilla blickte irritiert auf ihre neuen mit Glitter- und Strasssteinen besetzten, glänzenden Schuhe, und sagte dann zu Melly, die in Höhe ihres großen Zehs dastand,
klar, Melly, kannst du welche haben, versuche einige abzubekommen, zieh feste, dann wirst du schon einen oder gar mehrere abziehen können. Melly zog so fest sie nur konnte und hatte gleich drei Strasssteinchen in ihren Pfötchen. Danke, Danke murmelte Melly begeistert und strahlte Tilla an.

*

In diesem Moment kamen Pia und Bea völlig außer Puste angelaufen und riefen zeitgleich aus einem Munde: Tilla, wo bleibst du denn, wieso bist du rechts abgebogen ...?
Tilla zeigte ihren verletzten, jetzt jedoch etwas schmerzenden Fuß und sagte, ich dachte ihr seid rechts abgebogen und nicht links. Etwas schuldbewusst, dass sie nicht bemerkt hatten, dass Tilla nicht mehr hinter ihnen war, da sie das Geplappere von Tilla noch in den Ohren hatten,
obwohl diese gar nicht mehr ihnen gefolgt war, schimpften sie Tilla nicht aus.
Pia und Bea trugen Tilla abwechselnd auf dem Arm zur Almhütte herunter. Tilla schaute sich noch einmal um und prägte sich die Lage der Behausung und der Vorratskammer unter der Felsspalte von Mama Murmels und ihren Kindern auf der Bergwiese ein.
Die besuche ich mal wieder, dachte Tilla,
vielleicht schon morgen.
Tilla machte sich sofort daran, Pia auszufragen,
wie Pia und Bea denn sie so schnell ausfindig hätten machen können. Sie hätte doch überall am Berg sein können, bohrte sie nochmals fragend nach …
Eigentlich sind wir nur den blinkenden, in der Sonne blitzenden „Leuchtsignalen“, die deine neuen Wanderschuhe ausgestrahlt haben, gefolgt,
antwortete Pia.
Tilla staunte nicht schlecht.
Da hatte Melly, das Murmeltier,
mit den Rettungsglittersteinen an Tillas Schuhen ja Recht behalten.
Tilla drehte sich noch einmal heimlich winkend zu den Murmels um, die auch ihr winkend und lächelnd nachschauten.
An der Almhütte angekommen wurde Tillas Fuß sofort untersucht und man beschloss, ihn mit Salbe einzureiben und mit einem Verband einen Tag ruhig zu stellen.
Am Abend klickte Tilla, wie „Heidi“ in dem besagten Film, aus ihrem Heubett unterm Dach hoch zum Berg.
Ein Lichterwirrwar - oder vielleicht doch ein gekonnt inszeniertes Lichterspiel konnte Tilla am Berg ganz deutlich erkennen. Mit dem Gedanken an die Murmels und ihren Murmeln, die wohl vom Mondschein angestrahlt wurden, schlief Tilla beseelt ein.

*

Mir ist laaaaaangweilig, hörte man am nächsten Tag schon vorm ersten Sonnenstrahl Tilla herummaulen. Ach, das wird schon, sprach Bea zu Tilla,
nachher kommt Seppi, mein Neffe, zu uns auf die Alm, dann hast du einen Spielgefährten.
Seppi, was für ein komischer Namen, dachte Tilla laut. Den ermahnenden Blick ihrer Mutti hatte sie leider zu spät gesehen. Denn in dem Moment des Nachsprechens von Seppis Namen, stand Seppi schon neben ihr.
Aber er verschwand sofort wieder.
Selber Schuld, sagte Pia nun zu Tilla.
Ist wohl nix mit Spielen, wenn man seinen Spielgefährten so vergrault!
Tilla starrte ins Dorf unterhalb der Alm und zählte die Dächer, bis ihr plötzlich abgelutschte Kirchkerne um die Ohren flogen.
Hör auf, ich weiß, wer da Kirchkernsteine spuckt!
Hör auf!
Seppi rächte sich mit Kirchkernsteinspucken für die abfällige Bemerkung über seinen Namen.
Da mischen wir uns nicht ein, das sollen die beiden selber klären, sprachen Pia und Bea wie aus einem Munde, da war man sich einig, und sie gingen ins Dorf, um frische Brötchen zu besorgen.

Nach einer von Tilla empfundenen, unendlich langen Ewigkeit der Langeweile hüpfte und polterte eine kleine Murmel vom Berg kommend vor Tillas Füße.
Gleichzeitig sprang Seppi hinter dem Feuerholzstapel hervor und rief: „Bei den Murmels muss etwas passiert sein! Das ist eine Rettungsmurmel! Wenn so eine Murmel den Berg herunter gerollt wird, ist jemand von den Murmels in Gefahr.
Da waren sich Tilla und Seppi sofort einig,
sie stürmten den Berg hastig hoch.
Endlich oben angekommen, wo im hellen Sonnenschein die Sonnenstrahlen auf die Rettungsmurmeln der restlichen Familiemitgliedern der Murmels schienen, erkannten sie nicht gleich die Situation. Doch dann murmelten alle drauf los und sie erfuhren, dass ein Adler die kleine Nelly beim Spielen von der Bergwiese entführt habe.
Da sahen sich Tilla und Seppi außer Stande, den Murmels irgendwie helfen zu können.
Melly murmelte immer wieder, ihr müsst Nelly helfen, ihr müsst etwas tun!
In diesem Augenblick hörte man Nellys ängstliches, leises Rufen, das aus Richtung der alten
Kiefer kam: „Hier bin ich, mir geht es gut, ich habe den Adler an seinen Füßen gekitzelt, da hat er mich fallen lassen und ich bin in dieses Astloch geplumpst.
Holt mich hier raus! Ich bin nicht schwindelfrei.“
Nelly lugte weinend aus dem Astloch hervor.
Seppi, mach schnell, mach eine Spitzbubenleiter! Tilla kletterte gekonnt über Seppi am verwitterten Kiefernstamm hoch, griff ins Astloch und holte Nelly vorsichtig aus dem Astloch heraus.

Geschafft, riefen Tilla und Seppi, wir haben es geschafft! Und sie überreichten Mama Murmels ihre Kleinste.
Überglücklich murmelten die Murmels drauflos und bedankten sich überschwänglich bei Tilla und Seppi. Das war eine tolle, ja eine völlig abgefahrene Aktion, meinte Seppi und bewunderte die mutige Tilla.
Ach das ist gar nichts Besonderes gewesen, das gehört sich doch einfach, Seppi. Gestern haben mir die Murmels geholfen und heute konnte ich mich eben revanchieren.
Ja - …, und mir haben sie im letzten Sommer am Berg geholfen und ich bin froh, dass auch ich ihnen jetzt helfen konnte.
Sich an den Händen haltend spazierten Tilla und Seppi gemeinsam zur Almhütte zurück. Es war der Beginn einer wunderschönen Kinderfreundschaft …


Jahre später noch waren kratzspurenartige Einkerbungen an der Kiefer von der Rettung zu sehen.
Die Murmels hatte den Schriftzug …
-DANKE TILLA UND SEPPI- hineingekratz ...
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

@ Jochen, ich danke dir für deinen kommentar und freue mich, dass die geschichte mit Tilla auch erwachsenen wie dir gefällt. Nächste woche geht es mit Tilla weiter. Ich hoffe Jochen, du kommst dann wieder lesen ...
LG Elisabetha


Elisabetha (11.08.2010)

Wirklich bezaubernd. Ein süßes Real-märchen nicht nur für die Kleinen.

Jochen (05.08.2010)

@doska, ich freue mich, dass dir diese kleine Reisegeschichte von TILLA gefallen hat.
Für deinen kommentar hier bei TILLA und SEPPI möchte ich mich noch herzlich bedanken. LG Elisabetha


Elisabetha (02.08.2010)

Sehr süß. Eine kleine Reisegeschichte für Kinder. Fantastisch aber zum Teil auch lebensecht. Ist dir prima gelungen.

doska (28.07.2010)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Tillas Sommermärchen - Inhaltsangabe  
Tilla träumt  
Tillas Fantasien   
Tillas Fantasien   
Tillas Fantasien  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De