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Es war im Herbst. --- Teil VI

Romane/Serien · Herbst/Halloween · Romantisches
Sarah zog die Tür zu und schloss ab. Von hinten betrachtet verschmolz sie fast vollkommen mit der Tür, so dunkel war es bereits und ihre dunkle Kleidung und Haare trugen den Rest dazu bei. Sie drehte sich nach unten blickend um, und steckte den Schlüssel in ihre Umhängetasche. Noah sah ihr dabei zu.
„Ist es denn eigentlich weit von hier? Weil wir ja schon was trinken wollen.“ fragte er sie.
„Ach i wo, es sind 20 Minuten zu Fuß. Zum Glück ist es nicht so frisch heute Abend, da können wir eine Weile draußen sitzen. Es wird dir bestimmt gefallen.“ Sie schritt voraus zum Tor.
Noah fand es wunderlich, wie sie denn wissen will, was er mag. Oft lag sie bei ihrer Beurteilung über ihn daneben und er fragte sich, ob sie sich vielleicht nicht eher wünschte, er sei so wie sie ihn einschätzte.
Er ging ihr nach. 20 Minuten, dachte er, wie sollen wir die wieder füllen? Schweigen? Über den Rückweg machte er sich keine Sorgen, denn er wusste, betrunken waren das oftmals gefühlte 5 Minuten. Noah vergrub seine Hände in die Taschen seiner Jacke und schob sein Kinn in seinen Schal. Er blickte auf die Straße. Sarah ging neben ihm her und war ebenso vermummt wie er.
Es langweilte ihn. Sie langweilte ihn. Ihr Schweigen langweilte ihn.
Würde er sie darauf ansprechen, würde sie ihm sagen, das miteinander schweigen auch schön sein kann. Er fragte sich, wer diese Behauptung erfunden hatte. Sie sei so sinnlos wie eine Warze am Arsch und nur eine gut gefundene Ausrede für viele solch dummer Situationen und mundfaule Menschen. Miteinander schweigen, oder nur durch Augenkontakt zu kommunizieren, ja, das schaffen nur wirklich wenig Paare! Aber dafür braucht es auch einer speziellen Basis. Eine Grundbasis, damit man den anderen auch einschätzen kann. Den anderen irgendwie kennt. Aber er wusste nicht, ob er sie wirklich kennt und ob sie ihn denn kennt.
Sie hatte ihn bisher nur selten was gefragt. Ebenso wenig hatte er nie den Eindruck, sie mochte ihn, weil er ist wer er ist. Sondern weil er sie mochte. Und ja, er mochte sie. Doch auch die Gründe dafür waren schleierhaft für ihn. Alles was er von ihr wusste, hatte er sich in seinem Kopf zusammen gepuzzelt. Sie hatte es ihm sehr schwer gemacht. Und er wusste nicht, ob er dem trauen konnte, was er sich im Grunde selbst ausgedacht hatte. Sie jedenfalls sagte ihm, er kenne sie gut.
Das Schlimme an dieser Sache war aber auch, dass er ihr natürlich nur die guten Dinge sagte, die er so dachte über sie. Wie er sie wahrnahm in all ihrer Verschlossenheit. Zwischen den Zeilen lesen, das konnte er gut. Aber all das schlechte, das er über sie dachte, das behielt er für sich.
Niemand will sowas hören.
Aber genau diese Dinge waren es, die ihn bissen. Wenn das Gute alles stimmte, wieso sollte das Schlechte dann falsch sein? Und wie er wieder an diesen anderen Kerl dachte, der Sarah den Kopf verdreht hatte und den sie als jenen benannte, der für sie immer derjenige war, den sie wollte – war ihm klar, es wäre wirklich Zeit, am nächsten Tag nach Hause zu fahren.
Am liebsten hätte er ein lautes „Pah!“ über seine Lippen geworfen, so ärgerte ihn im Moment seine Naivität. „Was hast du denn erwartet?“, schoss es ihm durch den Kopf „Hatte sie dir denn nicht mal deutlich genug gesagt, wie unpassend du für sie seist? Wieso sollte es nun anders sein, wenn sie in Bezug darauf noch gar nichts gesagt hatte? Nie hatte sie ihm gesagt, wieso er etwas Besonderes für sie sei.
Wieso wollte sie dich? Weil ich sie will? Weil grad niemand anderes da ist?“ Er schoss einen Stein mit seinem Fuß weg, ziemlich fest und war etwas erschrocken, als er sah, wie dieser fast ein Auto getroffen hätte.
Sarah blickte ihn an und fragte:“Alles okay bei dir?“ Noah sagte nichts und sah sie nur mal kurz an. Ihm fiel wieder ein, was sie über diesen Kerl gesagt hatte. Wie ein fader Geschmack im Mund breiteten sich diese Sätze in seinem Kopf aus.
„.. für mich gibt es keinen anderen als ihn. Das gab’s irgendwie noch nie und wird es auch nicht…“
Und Noah wusste nicht mehr, wieso er eigentlich da war. Dies war so sinnlos. Es erschien ihm, als sei er der einzige Antrieb für all die Magie dieses romantischen Märchens. Er war der Schreiber, der Erzähler, jener, der lebte, in diesem Stück. Sie war wie eine agagierte Darstellerin. Sie spielte mit. Doch nicht mal den Text las sie. Sie schwieg. Sie war einfach nur da.
Er verfluchte diese 20 Minuten Fußweg und ihr Schweigen. Ihre Schuld, dass er wieder an alles denken musste, dachte er bissig. Er war ja nicht dieser Kerl. Dieser wollte sie ja nicht. Vielleicht wäre es auch besser für ihn, sie nicht zu wollen.
Der Drang, sich umzudrehen und zurück zu gehen, und direkt heim zu fahren breitete sich in ihm aus, wie eine hässliche Blutlache.

Doch sie standen schon vor der besagten Bar und Sarah zog die Türe auf, und das Licht umflutete sie. Sie traten tiefer hinein und Sarah bahnte sich zielbewusst einen Weg hindurch. Sie ging über altes Holz. Er glaubt es knarren zu hören, wobei die Musik alles übertönt. Es wirkte alles sehr gemütlich und urig. Einige junge Leute saßen zusammen, aber nur wenige. Sie traten hinaus auf eine kleine Terrasse, die den Blick auf das Meer freigibt.
„Oh, das ist schön.“, wollte Noah sagen, doch er wollte seine Gedanken nicht teilen. Sarah ließ sich auf ein gepolstertes Sofa fallen. Noah setzte sich in den Sessel. Neben ihr zu sitzen wollte er im Moment ebenso wenig, wie auch nur daran zu denken.
„Gefällt es dir hier?“ fragte Sarah ihn, mit einer gemütlich eingestimmten Stimme. Sarkasmus antwortete ihr in seinem Kopf „Oh? Meinst du mich? Du willst wissen was ich denke?“ – doch er sagte stattdessen „Ja, es ist schön.“
Er zündete sich eine an und in der nächsten Stunde machten sie nichts anderes als eine nach der anderen zu rauchen, aufs Meer zu blicken und zu trinken.
„Trinken wir eine Flasche Jacky zusammen?“ fragte Noah sie. Sarah sah ihn überrascht an „Ja, okay.“ Und die Flasche wurde schnell leer. Dafür wärmte sie sie auch von innen.
„Wie fühlst du dich?“ fragte Noah sie, als er merkte, dass das Licht flimmerte in seinen Augen und dies gefiel ihm so gut. Er steckte sich gleich wieder eine an. Sarah rutschte auf dem Sofa in seine Richtung und lachte „Ja, wieso fragen sie Mister?“
„Gott bin ich angetrunken.“, lachte Noah.
„Verträgst wohl nichts, alter Mann!“, lachte ihn Sarah an.
„Wenn du mehr schaffst, dann bestell ich dir noch eine Flasche, Madame Neunmalklug.“, grinste er zu ihr hinüber und verschluckte sich dabei fast an seinem Rauch. Er hustete und dies dröhnte in seinem Kopf, dass er glaubte, er platzt.
„Das hast du nun davon!“ lachte Sarah.
„Hab mal ein wenig Mitleid…“, hustete Noah unter Tränen und einem Grinsen auf den Lippen „Ich könnte hier sterben und du würdest immer wieder nur sagen `Oh das hast du nun davon!´“ Noah ließ es sich nicht nehmen sie übertrieben nachzuäffen.
„Nein, das würde ich nicht. Ich würde dich sicherlich retten.“, meinte Sarah und sah ihn lieb an.
„Wie wäre denn dein Masterplan für solch eine Situation?“, forderte Noah sie heraus.
„Komm mal her zu mir.“, sagte sie sanft.
 
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Kommentare  

Du beschreibst sehr gut, wie schwierig es ist sich wirklich einander zu nähern. Ich bin sehr gespannt, wann sie so weit sein werden, sich gegenseitig zu vertrauen.

Petra (21.09.2010)

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