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6 Seiten

ILLUNIS - Vorwort & Kapitel 1

Romane/Serien · Fantastisches
© Angy
Vorwort


Das Leben ist ein ewiger Kreislauf, in dem man immer wieder scheitert, Leid erlebt und Fehler macht. Doch aus Fehlern lernt man, nach schlechten Zeiten kommen gute Zeiten und irgendwann finden wir alle unser vollkommenes Glück.

-Ja, genau, erzähl mir keine Märchen.



Kapitel 1 – Entwicklung?

Man zog mich nach den folgenden Prinzipien auf: Sei immer nett und freundlich, höflich zu Mädchen, verberge nicht deine Gefühle, denn das zeigt, dass du menschlich bist, sei fleißig, lerne viel für die Schule und du wirst ein großer, starker, erfolgreicher Mann werden, mit einer schönen Frau an deiner Seite, die deine Kinder zu wohlgesonnenen Geschöpfen erzieht.
Doch ich hatte im Leben meine eigenen Prinzipien aufgestellt: Gefühle zu zeigen bedeutet Schwäche, 'Schule? Wer braucht das schon' und Frauen bringen einen bloß ins Grab.
Es lebte sich ganz gut so. Ich hatte so meine ganzen Probleme aus dem Weg geschafft, denn ich ignorierte sie einfach, sie waren nicht da und fertig. Es funktionierte.
Noch nicht lange lebe ich so, es begann erst vor einigen Monaten. Kurz nach meinem 17ten Geburtstag, wenn ich mich recht entsinne. Es war fast so, als würde etwas in mir geweckt werden. Es war ein ganz neues Gefühl, dass ich damals so unerklärlich und plötzlich bekam. Es war schweißtreibend, glühend, brennend. Es machte mich abenteuerlustig, fast wie eine Sucht nach Adrenalin. Ich wollte meine Grenzen austesten, immer aufs Ganze gehen. Es war fast so, als ob mich mein Körper prüfen wollte, ob ich bereit war. Bereit für eine großer Veränderung. Doch was für eine? Mein Vater schüttelte immer den Kopf, über mein Benehmen und meine hirnrissigen Taten und meinte, ich sei in der rebellischen Phase meiner Entwicklung zum Erwachsenwerden angekommen und hoffte, dass diese sobald wie möglich enden würde. Doch ich fühlte, dass es etwas anderes war. Es war etwas, dass tief in mir schlummerte. Fast, als würde dies in meinen Genen liegen. Erzählte ich das jemanden genau so, wurde ich bloß belächelt, oder man zeigte mir gar den Vogel.
„Damon!“, hörte ich es in der Küche rufen. „Ja, Vater?“, erwiderte ich genervt.
„Komm sofort her!“ Ich verdrehte die Augen. Was wollte er denn nun schon wieder? Widerwillig erhob ich mich aus meinem Bett, indem ich gerade so gemütlich gelegen hatte und in Gedanken schweifte, und begab mich aus meinem Zimmer, zu der alten Holzstufe, welche knirschte, als ich auf ihr runter in die Küche schlich. Mein Vater stand am Herd und war gerade dabei, das Abendessen zu zu bereiten. Normalerweise machte so etwas die Mutter – doch meine war nicht da. Sie war abgehauen, als ich noch ziemlich klein war, zu ihrem Lover. Oder so etwas in der Art. Immer wenn jemand davon erfährt, will man mich gleich bemitleiden, aber ich brauche kein Mitleid. Ich vermisse meine Mutter nicht. Warum? Ganz einfach – Ich kenne es nicht anders. Ich weiß nicht, wie es ist, eine Mutter zu haben, also warum sollte ich dann auch traurig sein?
Mein Vater ersetze meine Mutter ganz gut, soweit ich darüber urteilen konnte. Es war also kein Problem, auch wenn ich früher die anderen Kinder beneidet hatte, die von Mutter und Vater von der Schule abgeholt wurden. Doch darüber bin ich hinweg.
Ich lehnte mich an die Theke, die direkt vor dem Herd stand und warf meinem Vater einen fragenden und gleichzeitig desinteressierten Blick zu.
Er verstand meine Aufforderung und begann zu sprechen: „Du warst heute schon wieder nicht in der Schule.“
„Sicher war ich, du hast doch gesehen, wie ich-“, weiter kam ich nicht.
„Das war keine Frage, das war eine Feststellung.“, erwiderte er forsch.
Dies tangierte mich nicht. Ich hob eine Augenbraue und sah ihn herausfordernd an.
„Ach ja?“
„Damon! Lass das! Verstehst du den Ernst der Lage nicht? Junge, du bist 17, schön langsam solltest du etwas reifer sein! Willst du von der Schule fliegen und dir dein Leben verbauen? Du machst mich echt wahnsinnig..“, schrie er schon fast.
Ich nahm mir einen Apfel aus dem Obstkorb und biss hinein. Ich schenkte meinem Vater keine weitere Beachtung mehr. Er hatte mir diesen Vortrag schon dutzende Male gehalten, es langweilte mich. Ich zuckte einfach mit den Schultern und wollte die Küche wieder verlassen. Doch wieder hörte ich seine aufgebrachte Stimme, drehte mich aber nicht um.
„Stehen bleiben, junger Mann! Ich bin noch gar nicht zum wesentlichen Punkt gekommen. Du packst jetzt deine Koffer und verschwindest für eine Zeit lang zu deinem Onkel und deiner Tante... Die werden dich schon wieder auf den richtigen Weg leiten.“
Ich blieb sofort stehen und drehte mich wieder zu ihm um,
„Was?!“, stöhnte ich.
„Die Formulare für die Schule dort sind schon ausgefüllt – das heißt, du wirst dort zur Schule gehen, ob du willst oder nicht.. Deine Tante und dein Onkel haben extra das Gästezimmer für dich neu eingerichtet. Sie freuen sich schon auf dich“, sagte Vater nun etwas ruhiger.
„Wieso?! Was soll der Mist?! Weißt du was... Vergiss es! Ich gehe bestimmt nicht zu der alten Schreckschraube und dem Psychopathen!“, wehrte ich mich.
Darüber konnte mein Vater wieder mal nur den Kopf schütteln.
„Wie redest du über deine Verwandtschaft? Nun... Übermorgen holen sie dich von hier ab. Ich sehe keine andere Lösung mehr – denn ich bin wirklich am Ende mit dir.“
„Für wie lange?“
„Solange es nötig ist. Mögen es zwei Jahre sein, mag es ein halbes Jahr sein oder ein paar Monate. Bis du dich besserst und zur Vernunft kommst. Und nun ab ins Zimmer und Koffer packen!“, die letzten Worte sagte er in solch einem befehlenden Ton, dass ich mich ihm kaum widersetzen konnte. Er zeigte mit seiner Hand auf die Tür, was bedeutete, dass ich wirklich jetzt gehen sollte.
Ich spürte, wie es in mir zu brodeln begann. Ich biss die Zähne zusammen, denn es fiel mir nicht leicht, mich im Griff zu haben, ich war so etwas, wie eine tickende Zeitbombe, die gerne in die Luft ging.
„Du bist... Waaah!!“, knurrte ich und schlug mit diesen Worten die Tür mit der Faust auf, stampfte aufgebracht in mein Zimmer und ließ mich wieder in mein Bett fallen. Ich atmete einige male tief durch, um mich wieder zu beruhigen. Ich verschlug die Hände über dem Kopf, schloss die Augen und kehrte wieder in meine Gedankenwelt.
Wieso ausgerechnet zu meiner Tante und zu meinem Onkel? Ich konnte mich noch erinnern, dass ich als kleines Kind immer Angst vor ihnen hatte. Die... Die waren irgendwie nicht ganz normal, kamen wir vor, als hätten sie nicht mehr alle Deckel auf den Töpfen. Die Art wie sie lebten, kam mir immer so... seltsam vor. Unheimlich... Als ob sie ein Geheimnis hatten, dass sie verbergen wollten. Und nicht zu vergessen – meine Cousine Aurora. Ich sah sie zwar das letzte Mal, als wir beide noch in den Kindergarten gingen, aber sie war.. echt brutal. Sie hat mich immer gebissen, gekratzt und geschlagen, ich musste tun was sie sagte, sonst brach sie in Tränen aus. Und wenn ich es einmal wagte, mich zu wehren, in dem ich an ihren goldbraunen Haaren zog, ging sie petzen und ich bekam Ärger. Sie müsste jetzt ungefähr so alt sein wie ich... Ein halbes Jahr jünger eventuell... Ich frage mich, ob sie auch jetzt noch so eine Bestie ist. Hoffentlich nicht... Wenn doch – ich pack mir lieber Pfefferspray ein.
Mir wurde ein wenig mulmig, bei dem Gedanken, für eine Weile meine Heimatstadt zu verlassen und bei Leuten zu leben, die ich schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen habe. Und dazu kommt, dass ich auf eine neue Schule gehen muss, wo ich dann 'der Neue' bin. Ich ging sowieso nicht gerne Schule, dass machte es bestimmt nicht besser.
Je mehr ich darüber nachdachte, desto wütender wurde ich. Auf meinen Vater.... Aber auch auf mich selbst.
Ich schlief irgendwann während meiner Gedankengänge ein, vergaß ganz darauf, meine Koffer zu packen, doch darüber machte ich mir keine Sorgen, schließlich hatte ich ja noch einen Tag Zeit.

„Damon“, sagte jemand und rüttelte mich dabei.
Ich richtete mich schnell und schlug die Augen auf.
„Was?“, stieß ich verschlafen hervor und prallte im nächsten Moment mit meinem Kopf gegen etwas hartes. Ich spürte sofort einen kurzen, stechenden Schmerz.
Ich legte mir die Hand auf die Stirn und machte ein genervtes Geräusch. Mein Vater, der vor mir auf dem Bett saß, klagte ebenfalls und hatte seine Hand ebenfalls auf seiner Stirn platziert. Er war anscheinend gekommen, um mich zu wecken und ich war so schnell aufgefahren, dass ich mit meinem Kopf gegen seinen gestoßen war.
„Tut mir leid..“, sagte ich leise.
„Deine Koffer sind immer noch nicht gepackt, wie ich sehe. Erledige das jetzt - es ist schon Mittag. Ich war heute am Vormittag in der Schule und habe deine Sachen geholt.“
Er deutete auf einen großen Sack, vollgestopft mit Büchern, Heften und irgendwelchen Zetteln.
„Ich habe dir ebenfalls eine neue Federschachtel inklusive Inhalt besorgt. Deine Alte sah aus, als hättest du sie absichtlich mit der Schere zerschnitten und dann die Schnitte mit Uhu zugeklebt.“
Ich musste leicht grinsen, als er dies sagte, denn so war es auch gewesen.
„So, packe dann deine Sachen und vergiss deine Schultasche nicht. Essen steht unten bereit und ich würde dir raten, heute früher schlafen zu gehen. Du wirst morgen schon sehr früh abgeholt werden. Ich muss jetzt weg – Geschäftsreise. Wir werden uns also nicht mehr sehen, bevor du abreißt. Also dann...“
Er streckte mir seine Hand entgegen und lächelte schwach. Ich sah ihn an und zog die Augenbrauen nach oben. Sollte man sich jetzt nicht eigentlich umarmen? Schließlich wusste er ja nicht, wie lange ich weg sein werde. Aber na gut... Ich nahm schließlich seine Hand und drückte sie kurz.
„Mach's gut, Damon. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.“ Mit diesen Worten stand er auf und ging aus dem Zimmer.
„Du auch, Dad..“, flüsterte ich fast.
Ich ließ mich wieder zurück ins Bett fallen. Diese Verabschiedung war so auf Distanz gewesen.. Es kam mir schon fast merkwürdig vor, wenn ich daran dachte, wie gut unser Verhältnis früher war. Ich fragte mich, ob es vielleicht meine Schuld war. Vielleicht habe ich mit meinem Verhalten unsere Beziehung zueinander in Trümmer gelegt... Er hatte schon oft Kummer wegen mir, es war sicher nicht leicht für ihn... Schnell schüttelte ich den Kopf, ich wollte nicht mehr darüber nachdenken. Ich schob das Argument vor, dass sich zwischen mir und meiner Schwester auch nichts verändert hatte und damit war die Sache für mich auch schon wieder vergessen.

Ich befolgte den Rat meines Vaters und ging früh ins Bett und stand am nächsten Morgen früh wieder auf. Die Koffer waren gepackt, meine Schwester hatte mir dabei geholfen. Ich zog mich schnell an, ging ins Bad und verrichtete meine übliche Morgentoilette. Danach trug ich die beiden großen Koffer nach unten, was mir nicht schwer fiel, da ich sehr muskulös war. Auch meine Schultasche vergaß ich nicht und ich war über mich selbst verwundert, wie artig ich plötzlich war. Ich wollte mir noch ein Frühstück zubereiten, doch dazu kam ich gar nicht mehr, denn ich hörte, wie ein Wagen vorfuhr und gleich darauf ein aufdringliches Hupen.
„Na super“, seufzte ich, nahm meine Koffer und begab mich Richtung Ausgang.
„Damon!“, rief meine Schwester Ayleen von oben und kam die Treppen herunter gesaust.
Sie fiel mir um den Hals, drückte mir einen Kuss auf die linke, dann auf die rechte Wange und schenkte mir ein Lächeln.
„Pass auf dich auf...“, sagte sie und ließ mich mit diesen Worten wieder los.
Ich nickte, zwang mich zu einem Lächelnd und verließ das Haus, verstaute die Koffer im Kofferraum des Autos, stieg ein und setzte mich auf den Beifahrersitz, wo mich mein seltsamer Onkel bereits mit einem warmen Lächeln begrüßte. Nur er saß in dem Wagen, die anderen waren nicht dabei.
„Bereit?“, fragte er mit einem breiten Grinsen und es hörte sich so an, als meinte er nicht nur die Fahrt.
Ich nickte zaghaft. „Bereit.“
Er fuhr los, schielte zu mir.
„Keine Angst, Damon.. Wir wissen, was los ist.. Die Entwicklung hat begonnen“, sagte mein Onkel mit einer warmen Stimme.
Ich verstand überhaupt nicht, von was er sprach. Er meinte mit 'Entwicklung' eindeutig nicht die Pubertät, wie mein Vater es immer tat.
„Was?“, fragte ich verständnislos.
Er drehte seinen Kopf zu mir und lächelte.
„Du wirst es erfahren, wir meinen, dass du bereit dafür bist.“ Dann konzentrierte er sich wieder auf die Straße.
Ich sah in an und hob eine Augenbraue. Dann wandte ich meinen Blick wieder von ihm ab und starrte aus dem Fenster.
Ich sagte doch.. Nicht alle Deckel auf den Töpfen...
 
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Kommentare  

Da muss ich Jingizu zustimmen. Sehr lebendig und authentisch geschrieben. Bin gespannt, was sich da Mystriöses anbahnen wird.

doska (04.09.2011)

Dankeschön für deinen Kommentar! Ja, du hast
recht, das passiert mir manchmal gegen Schluss,
hab aber daran gearbeitet und denke, dass das
jetzt besser ist (:


Angy (01.09.2011)

Netter, jugendlicher Text mit einer kleinen mystischen Note. Zum Schluss hin wirkt er etwas gehetzt, aber die trotzig jugendliche Grundstimmung deines Protagonisten kommt gut rüber.

Jingizu (01.09.2011)

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