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6 Seiten

ILLUNIS - Kapitel 3

Romane/Serien · Fantastisches
© Angy
Kapitel 3 – Neue Bekanntschaft

Nach diesem 'Anfall', den ich in der Nacht hatte, fühlte ich mich verändert. Es war wirklich so, als hätte ich gebrannt. Es war, als wäre ich ausgebrannt. Das Feuer hatte die Unruhe, die in mir tobte, ausgelöscht. Ja.. Ich fühlte mich jetzt irgendwie ruhiger. Ich sammelte mich. Ich hatte nicht mehr den Drang, etwas waghalsiges zu tun. Wie lange das wohl anhalten würde?
Aber anstelle der Unruhe war nun ein anderes Gefühl da. Ein neues, noch nie gefühltes. Es zu definieren fiel mir jedoch schwer. Mein Kopf war frei. Frei, damit ich ihn nun mit den Erlebnissen von gestern und den vergangenen Tagen füllen konnte, damit ich über sie nachdenken konnte, damit ich sie analysieren konnte, damit ich die Antwort auf meine Frage, die mir niemand beantworten wollte, finden konnte.
Während ich noch in meinem Bett lag, ließ ich alles Revue passieren. Nur einen Bruchteil einer Sekunde dachte ich darüber nach, dann wurde ich plötzlich aus meinen Gedanken gerissen, denn es klopfte an der Tür. Das Klopfen hämmerte nur so in meinem Kopf, es kam mir unglaublich laut vor. Ich kroch aus dem Bett, schlich zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Mit müden Augen blickte ich auf die kleine Person, die vor der Tür stand, hinab. Sie seufzte.
„Gut, du bist also noch nach Hause gekommen. Dachte schon, die Wölfe haben dich verzerrt.“
Aurora grinste leicht.
„Ja, nach einigen Stunden herumirren im Wald, habe ich dann doch noch den Weg gefunden. Danke übrigens, dass du mich einfach so stehen gelassen hast“, erwiderte ich ihr.
Abermals seufzte sie.
„Es tut mir leid.“
„Ja... Dafür ist es zu spät.“
Sie hob eine Augenbraue.
„Aber.. Schon in Ordnung“, beschwichtigte ich sie schnell.
Dann lächelte sie wieder leicht.
„Du hast dein Zimmer anscheinend gleich gefunden, ohne zuerst in ein anders hinein zu stolpern. Scheint so, als könntest du dich noch an früher erinnern.“
„Nein... Eigentlich nicht..“, musste ich zugeben.
Sie drängte sich an mir vorbei und ging einfach so ins Zimmer.
„Nun ja. Weißt du noch.. Du warst doch früher oft hier. Ich glaube, du warst hier sogar öfter, als du bei deinen Eltern warst. Und das war dein Zimmer. Es ist unverändert, seit du es das letzte mal betreten hast“, währen sie dies erzählte, lies sie sich auf meinen ungemachten Bett nieder und blickte umher.
„Ich weiß nicht, aber...“
Ich wurde unterbrochen. Aurora entdeckte das Lederband, dass ich mir mittlerweile wieder um den Arm gebunden hatte. Ihr Gesicht begann plötzlich zu strahlen.
„Du hast es dir ja wieder umgebunden!“, sagte sie erfreut.
Dann zeigte sie mir ihren Arm, auf dem ebenfalls ein ähnliches Band hing. Nur hatte ihres das Symbol der Sonne. Sie lächelte mich an.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, doch sie sah mich so erwartungsvoll an. Das einzige, dass aus mir raus kam, war ein unbeholfenes Stammeln. Da verschwand das Lächeln in ihrem Gesicht wieder und sie zuckte mit den Schultern.
„Heute ist Sonntag. Das heißt, morgen beginnt auch für dich wieder die Schule. Bereite dich schon mal darauf vor.“
Mit diesen Worten stand sie auf und verließ das Zimmer. Ich nickte und sah ihr nach. Ich hatte eigentlich gar keine Lust auf Schule, doch wenn ich hier irgendwann wieder weg kommen wollte, musste ich mich zusammenreißen und für kurze Zeit zu einer Art Musterschüler werden. Jetzt, da mein Kopf frei war, fiel mir das auch gar nicht so schwer.
Als Aurora aus dem Zimmer war, bemerkte ich wieder diesen Geruch. Sie roch genau so...


Der Nachmittag brach schnell heran. Der Tag machte einen depressiv, denn es war grau draußen. Die Sonne schaffte es nicht, durch die Wolken zu brechen und so blieb es die ganze Zeit trübe und finster. Später fing es auch noch an zu regnen. Nach dem Essen wurde ich von den anderen alleine gelassen. Carmen und Lucian meinten, sie seien bei Freunden in der Nachbarschaft zu einer Runde Poker eingeladen worden und Aurora wollte sich hier mit irgendwelchen Freunden treffen. Sie meinte, ich könne ja gerne mitkommen, schließlich musste ich die Leute hier früher oder später sowieso kennen lernen, doch ich lehnte dankend ab. Ich hatte keine Lust auf neue Bekanntschaften. Doch im Moment überlegte ich mir, ob es nicht vielleicht doch besser gewesen wäre, wenn ich mich ihr angeschlossen hätte. Denn alleine hier in meinem Zimmer zu sitzen, aus dem Fenster zu starren und den Regentropfen beim Aufprallen auf meinem Fensterbrett zuzusehen war auch nicht gerade spannender. Die Tropfen zersprangen in tausend andere, wenn sie auf das Brett schlugen und die Sonne, die genau im richtigen Winkel stand, ließ diese Tropfen in tausend Farben aufleuchten. Dieses Schauspiel hörte sich wahrscheinlich spannender an, als es in Wirklichkeit war. Irgendwann beschloss ich, dass ich keine Lust mehr hatte, hier zu versauern, quälte mich aus dem Stuhl und verließ mein Zimmer. Ich zog mir meine schwarze Jacke an und ging aus dem Haus. Mein Plan war es, nachzusehen, ob ich Aurora und ihre Freunde irgendwo auffand. Dann würde ich so tun, als käme ich nur zufällig vorbei. Sie würde mich bestimmt fragen, ob ich mich nicht zu ihnen gesellen möge. Und somit ist mein Tag gerettet. Mehr oder minder. Aber das war wahrscheinlich ein dummer Plan. Denn warum sollten sie bei strömenden Regen im freien sein? Aber einen Versuch war es wert.
Ich steckte meine Hände in meine Hosentasche, setzte mir meine Kapuze auf und wanderte um den See herum. Es war ziemlich ruhig, bis auf das plätschern des Regens. Man hörte hier keine vorbeifahrenden Autos und keine anderen Geräusche, die irgendwie auf eine Welt außerhalb von diesem Ort hindeuten könnten.
Ich war schon ziemlich Gedanken verloren als ich mir einbildete, dass ich Auroras Stimme gehört hatte. Ich hob meinen Kopf, drehte ihn hin und her und da entdeckte ich sie. Sie war am anderen Ufer mit eine paar Jungen und ein paar Mädchen, ungefähr in meinem und ihren Alter. Sie sprangen in den See und schienen daran große Freude zu haben. Ein Stück von ihnen entfernt saß ein Junge unter dem schützenden Dach der Veranda, des Hauses, dass nur wenige Meter von dem See entfernt war und rauchte. Er beobachtete die anderen ständig, als ob er auf sie aufpassen müsse. Er war in eine schwarze Lederjacke eingepackt und hatte wie ich eine Kapuze am Kopf. Mehr konnte ich von hier nicht erkennen. Ich hatte zwar ein etwas mulmiges Gefühl, wegen den ganzen Fremden, doch ich beschloss trotzdem hinüberzugehen. Aurora war gerade dabei mit vollen Anlauf ins Wasser zu springen, als ich auf der anderen Seite ankam. Ich hörte ihr schallendes, klares Lachen und da huschte mir ein Lächeln über das Gesicht.
„Damon... Ich habe schon auf dich gewartet“, hörte ich aus der Richtung, wo der Junge von vorhin sitzen musste.
Meine Augen folgten den Klang dieser Stimme und es war tatsächlich er, der mich angesprochen hatte.
Nun konnte ich ihn genauer betrachten. Seine Haare hatten ein sattes braun, seine Augen waren grün, sein Gesicht wurde von einigen Piercings geziert, die Schuhe, die er trug, wirkten schon ziemlich abgetragen. Irgendwie hatte er Ähnlichkeit mit mir...
Sein Gesicht umspielte ein fieses Grinsen, als er mich ansah.
„Hast du das?“, fragte ich kühl, denn ich war distanziert. Ich wusste noch nicht recht, was ich von ihm halten sollte.
„Ja“, erwiderte er. Er zerdrückte den Stiel seiner Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger und machte einen tiefen Zug. Er lehnte seinen Kopf gegen das Haus, das ebenfalls aus Holz, legte seinen Kopf in den Nacken, schloss die Augen und dann qualmte der Rauch aus seiner Nase und seinem Mund.
Langsam öffnete er seine Augen wieder, welche mich gezielt durchbohrten. Wieder erschien dieses fiese Grinsen.
„Worauf wartest du? Auf eine Sondereinladung? Setzt dich. Oder willst du dich vom Regen gießen lassen, in der Hoffnung, dass du noch wächst?“
Seine Stimme hatte einen spöttischen Klang.
Ich zuckte mit den Schultern, tat aber, was er sagte, schließlich wollte ich wirklich nicht im Regen rumstehen. Sobald ich neben ihm saß, packte er seine Zigarettenschachtel aus und hielt sie mir vor die Nase. Ich hob die Hand, und lehnte somit dankend ab.
Er nickte kurz, dann steckte er die Schachtel wieder in seine Jackentasche ein. Schweigend rauchte er seine Zigarette weiter. Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass er nun etwas sagen wurde, schließlich klang dieses 'Ich habe schon auf dich gewartet' wie ein 'Komm, ich muss mit dir über etwas reden'. Aber sagte einfach nichts und war anscheinend voll und ganz auf das Rauchen und die Anderen, die sich beim See tummelten, konzentriert. Er würde wohl nicht der erste sein, der sein Wort erhob, also musste ich das wohl oder übel tun.
„Du hast auf mich gewartet – nun bin ich hier“, sagte ich und schaute ihn erwartungsvoll an.
„Du hast aber auch ziemlich lange gebraucht“, war die Antwort, die ich bekam.
Ich musste aussehen, wie ein Vollidiot. Denn mit entglitten die Gesichtszüge etwas. Ich verstand – wieder einmal, wer hätte sich das gedacht – nicht. Oder besser.. Ich verstand nichts. Denn in letzter Zeit war mir sowieso alle ein Rätsel.
„Tut mir leid?“, sagte ich, und wollte seinen spöttischen Ton von vorhin nachahmen, doch es klang eher wie eine Frage.
Er lachte leise und es klang, als würde er mich auslachen.
'Na toll', dachte ich.
Er machte mich irgendwie wütend. Die Ruhe, die ich heute Früh in mir spürte, verließ mich plötzlich wieder. Ich spürte, wie das Lodern und Brennen wieder in meinem Körper war. Ich war wieder so gut wie unkontrollierbar. Am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte ihm eine aufs Maul gegeben... Und im nächsten Moment kam mir das ganze schon wieder dumm vor. Warum ließ ich mich so leicht provozieren? Das war doch völlig übertrieben. Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Dann wandte ich meinen Blick wieder zu ihm. Er nahm gerade seinen letzten Zug und da entdeckte ich an seinem Arm auch so eine Lederband, dass meinem und dem von Aurora ähnelte. Nur hing an seinem ein Kreuz und ein Yin Yang. Diese Bänder trugen wohl alle hier.
„Brennst du schon?“, fragte er schließlich.
Und wie ich das tat.
„Sehe ich so aus?“
„Ja“
Okay?
„Ich verstehe nicht ganz...“
„Es ist schon ein unglaubliches Gefühl, oder? Dieses Brennen in der Brust. Da fühlt man sich unglaublich lebendig. Und wenn es sich so anfühlt, als würde irgendetwas in einem gleich explodieren... Es treibt einen vorwärts... Dieses Gefühl ist so einzigartig. Du brennst schon. Ich weiß es!“ Jetzt zierte sein Gesicht ein zynisches Grinsen.
Er sprach also tatsächlich von dem gleichen Brennen wie ich. Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte.
„Der Countdown hat begonnen. Dein Countdown hat begonnen. Dann sind wir vollzählig“, fuhr er fort. Anscheinend hatte er gar nicht auf eine Antwort von mir gewartet.
Ich war genervt. Ich war richtig genervt! Ich hatte die Nase voll! Denn auch er sprach in Rätseln, wie alle anderen und dass nagte an meinen Nerven! Ich wollte am liebsten schreien.
Doch stattdessen grummelte ich einfach.
Ich entlockte dem Jungen neben mir damit wieder ein Lachen.
„Du bist nun 17, Damon, nicht wahr?“
Ich nickte. Dann überlegte ich, wie alt er wohl sein möge. Ich schätzte ihn auf 19 oder 20. Auf keinen Fall jünger.
„Hmm... Aurora hat uns gesichtet... Sie denkt wahrscheinlich gerade 'Was zum Teufel machst du denn auf einmal hier'.“ Bei den Worten 'auf einmal' deutete er auf mich.
Ich zuckte einfach nur mit den Schultern. Ich hatte keine Lust mehr, mit ihm zu sprechen. Er hatte meine Laune nur noch schlimmer gemacht, mit seinem Gerede.
„Sie kommen“, er grinste, „Sie wollen dich wohl endlich kennen lernen.“
Mein Blick wanderte zum See und tatsächlich kamen alle, die vorhin dort unten waren, in Handtücher gewickelt auf uns zu.
Na toll! Wo ist hier der Notausgang?
 
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Kommentare  

Damon beginnt immer mehr von dem zu verstehen, was eingentlich mit ihm geschieht. Da muss ich doch gleich weiterlesen.

doska (04.09.2011)

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