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Radtour nach Colle di Val d` Elsa (Unser italienischer Sommer Teil 12)

Romane/Serien · Romantisches
und ein paar andere Erlebnisse

Wir waren startbereit und standen mit unseren blitzblank geputzten Rädern in Radlerhose und Shirt bekleidet vor der Garage. Während ich ganz in schwarz gewandet war, trug Eva zu ihrem schwarzen Höschen ein pinkfarbenes Shirt.
Dottor Faletti hatte keine Bedenken gehabt, dass Eva während der Schwangerschaft eine Radtour unternahm.
„La gravidanza non è una malattia, Schwangerschaft ist keine Krankheit”, hatte er lächelnd auf Evas Frage erwidert.
Da hörten wir Paola und Brunos Auto, dann sahen wir es auf der Zypressenallee, den Hügel hinaufkommen. Die beiden Rennräder standen hinten auf dem Fahrradträger. Das Auto hielt, die Beiden stiegen aus, und stahlen uns die Show.
Beide trugen leuchtendblaue einteilige Anzüge, die mit dem Emblem eines bekannten Rennstalls bedruckt waren.
„Ihr schaut ganz schön rasant aus, wollt ihr den Giro gewinnen? Wo habt ihr denn dieses geile Outfit her?“
„Ich habe letztes Jahr während des Giros ein paar Offizielle transportiert und dabei diese Trikots für Paola und mich ergattert.“
Eva hatte beide umrundet und meinte bewundernd „Das kann man aber nur tragen, wenn man so beneidenswert schlank ist wie ihr. Das sieht toll aus, geil, was sagst du Peterl?“
Ich nickte anerkennend, das würde mir auch gefallen.
„Lass uns losfahren.“
Eva zwickte mich in den Hintern. „Ich schenke dir eins. In Siena, der große Radladen , gleich bei uns gegenüber, da schaue ich am Montag. Lass dich nur überraschen.“
„Warte“ , rief Bruno „sag einfach, du kommst von Bruno Collini, da bekommst du sconto. Ich habe mit dem Sohn zusammen Fußball gespielt.“


Paola saß schon startbereit auf dem Rad und fuhr langsam den Hügel hinunter. Wir saßen ebenfalls auf und folgten ihr. Unsere Zufahrtstraße, eine Strada Bianca, hatte ihre Tücken. Unten bogen wir auf die Verbindungsstraße nach Colle di Val d`Elsa ein und steigerten unser Tempo. Bruno machte die Führung und ich fuhr am Ende. Wir hatten noch ausgemacht die Steigung nach Casa Verniano hinauf, gleich zu Anfang in Angriff zu nehmen. Wer weiß, ob wir heute Nachmittag noch die Kräfte dazu hatten. Jetzt war ich mit der Führungsarbeit dran und hielt vorerst das Tempo, wir wollten ja nicht gleich außer Atem kommen. An der Abzweigung schalteten wir die Gänge und gingen die Steigungen mit dem idealen Gang an. Oh das ging gleich gehörig in die Schenkel und Waden. Gott sei Dank war die Straße gewalzt worden, so dass wir nicht ins Rutschen kamen. Paola stieg aus dem Sattel, Mann hatte die Frau eine Energie, mit rhythmischem Wiegetritt bezwang sie die lange Steigung. Ich schaute mich um, Bruno und Eva waren unmittelbar hinter mir. Ihnen stand die Anstrengung ins Gesicht geschrieben.
„Allora ragazzi, su per il culo, o perdiamo la pendenza. So Kinder, hoch mit dem Arsch, sonst schaffen wir die Steigung nicht.“
Ich war ja schon längst aus dem Sattel und trat kräftig in die Pedale. Bruno hatte mich bei der Ehre gepackt. Kurz vorm „Gipfel“, als der Weg breiter und flacher wurde, überholte mich Eva.
Es war nicht zu verkennen, Paola hatte uns abgehängt. Sie saß auf der Bank und lächelte uns zu. Ich hatte den Verdacht, dass Bruno absichtlich hinten geblieben war, um uns nicht allzu alt aussehen zu lassen.
„Wo bleibt ihr, schaut nur diese wunderbare Aussicht. Da drüben am Hang, das ist Casole.“
Ich musste schnaufen. Eva stichelte noch ein wenig „Wenn Peterl seinen Hintern eher aus dem Sattel gehoben hätte, wären wir auch eher da gewesen.“ Sie kicherte und legte ihre Hand auf meinen Oberschenkel.
„Deine Muskeln zucken ganz schön, meine aber auch. Das war eine Tortur für uns untrainierte Hobbyradler.“
„Das war auch unsere Bergankunft. Ihr seid doch bisher nur im flachen Land geradelt, da ist es kein Wunder. Wir radeln seit Kindesbeinen hier in den Hügeln und Bergen. Und ich bin bis vor ein par Jahren bei den Amateuren mitgeradelt, das macht sich natürlich bemerkbar.“ Paola tröstete uns.
„Ach und Peter, ich habe dich beobachtet. Du fährst viel mit der Kraft deiner Oberschenkel. Mach es dir leichter und schalte ein zwei Gänge herunter. Dann übersäuern die Muskeln nicht so schnell.“
„So lasst uns weiterfahren, passt auf bis unten, dann biegen wir links ab Richtung Colle.“ Paola ließ uns vorfahren, dann ging es mit ganz schönem Tempo den Berg hinunter. Unten bremsten wir ab, ein paar Autos hatten den gleichen Weg.

Die Sonne hatte schon Kraft und brachte uns ins schwitzen. Immer wieder musste ich meine Brille anheben und den Schweiß aus den Augenrändern wischen.
Die Fahrt ging hügelauf, hügelab und wir kamen zügig vorwärts. Ich hatte Paolas Tipp beherzigt und schaltete häufiger. Wahrscheinlich war ich wirklich ein wenig schaltfaul gewesen.
Die Landschaft flog an uns vorüber, wir fuhren an dem kleinen Weiler San Chimento vorbei. Dann schob sich der Wald von beiden Seiten an die Straße heran, es wurde schlagartig angenehmer. Ein leichter Wind fächelte uns Kühlung zu. Rechts zeigte der Wegweiser zur Tenuta di Bichi Borghesi, einem kleinen Weingut. Kurz dahinter bog die Strada di Scorgiano links ab. Immer noch umhüllte uns der dichte Wald.
„Hier gibt es bestimmt leckere Pilze Peterl.“
„Wenn ihr Lust habt gehen wir in der Saison mal her, dann können wir in der Tenuta einkehren. Wir essen Pilze für unser Leben gern, non è vero Bruno?“
An einer Kreuzung fuhren wir geradeaus weiter. Der Wald hatte aufgehört, wir fuhren zwischen Wiesen und Feldern entlang. Der leichte Wind fechelte uns die Aromen der Kräuter zu.
Jetzt mussten wir aufpassen, wir hatten die Hauptstraße nach Poggibonsi erreicht, die SS 541 und bald erreichten wir die Vororte von Colle di Val d`Elsa. Jetzt lag die Piazza Arnulfo, das Zentrum der Unterstadt vor uns. Wir waren am Ziel. Die Pizzeria Chiccho hatte schattige Markisen und wir fanden einen freien Tisch. Ein großes Wasser löschte den ersten Durst. Dann bestellten wir jeder einen Eisbecher, extra groß und schleckten uns durch die Köstlichkeiten. Wir erregten mit unserem rasanten Outfit einige Aufmerksamkeit und ernteten abschätzige, aber auch anerkennende Blicke.
„Di dove sei?“ wollte die Bedienung wissen.
„Wir kommen aus Pievescola“, antwortete ich. „Ach welch ein Zufall. Meine Cousine hat dort einen Gemüseladen, Frutta e Verdura“.
Wir unterhielten uns noch ein paar Augenblicke über Marisa und ihren Bruder.

„Wenn wir nicht bald aufbrechen mag ich nicht mehr. Das sitzen macht träge“ sagte Eva.

Ein paar Minuten später schoben wir unsere Räder über die Piazza. Jugendliche pfiffen Paola und Eva hinterher. Paola zeigte ihnen den Finger, was die Gruppe zu Gelächter veranlasste. Dann machten wir uns am Brunnen noch etwas frisch, hockten uns in die Sättel und fuhren heim.
Auf der Rückfahrt waren wir etwas schweigsamer und hingen unseren Gedanken nach.
Wir wechselten ab und an die Führung. Mich faszinierten die präzise auf- und abtretenden Beine und natürlich waren Evas und Paolas Rückansicht immer auch mehrere Blicke wert.
Eine besondere Tortur war der letzte Kilometer bei uns den Hügel hinauf. Außer Atem kamen wir oben an.
„Wir setzten uns auf die Bank und schnauften durch.
„Was haltet ihr davon? Wir gehen hoch und duschen, dann ziehen wir unsere Badeanzüge an und lassen uns in den Pool fallen.“ Damit waren wir alle einverstanden. Paola beugte sich zu Eva und flüsterte ihr, so dass wir es auch verstanden, zu „Du hattest gesagt, es darf auch etwas nicht jugendfreies sein?“ Eva kicherte und nickte.
Wir duschten gemeinsam und wuschen uns den Staub vom Körper. Dann liefen wir ins Schlafzimmer und suchten unsere Badesachen heraus. Ich zog eine knappe schwarze Badehose aus der Schublade und zeigte sie Eva. Eva schüttelte den Kopf und meinte „Wenn Bruno die Erlaubnis hat einen Badestring anzuziehen, darfst du das auch Peterl. Wir binden uns die Handtücher um, bis wir unten sind.“ Also war ich brav und folgsam und verstaute mich so gut es ging. Eva hatte ihren pinkfarbenen String angezogen und umkreiste mich mit provozierend wiegenden Hüften.
„Du weckst meinen Appetit Mann. Bind dir auf der Stelle das Handtuch um deine Hüften.“ Vorher musste ich mich aber noch, eitel wie ich war, im großen Spiegel bewundern, dafür bekam ich sofort einen Klaps auf den nackten Hintern.
Aus Paolas und Brunos Zimmer ertönte Gelächter, sicher veranstalteten die Beiden auch eine Modenschau.
Paolas nichts von einem Bikinihöschen erregte natürlich starke männliche Bewunderung als sie herauskam. Bruno hatte ebenso wie ich auch ein Handtuch umgebunden.
„Runter mit den Handtüchern Männer, oder seid ihr so modestamente, so schamhaft. Wir haben Appetit auf Männerfleisch.“ Paola zog an Brunos Handtuch , er trug auch nicht mehr Stoff als ich., einen hellblauen an den Seiten geknöpften String. Er war genauso braungebrannt. Wir mussten uns wie auf einem Laufsteg drehen.
„Findest du nicht, dass unsere Männer beide so einen verlockenden Po haben wie der Davide. Ich liebe diese prallen muskulösen Sahnestücke, a mordere, solo per mordere, zum anbeißen.“
Dann durften sich unsere Frauen präsentieren, einfach vollendet diese Kurven. Warum schnappten wir sie uns nicht einfach, die Betten lockten durch die geöffneten Schlafzimmertüren.
Bruno und ich bekamen jeder einen Klaps auf den Hintern und dann liefen wir die Treppe hinunter.
„He, eure Handtücher, sollen wir sie schleppen?“
Ich fing sie auf und gab Bruno eins.
Die Treppenstufen zum Pool hinunter hatten den ganzen Tag in der Sonne gelegen und waren heiß. Die Frauen waren schlauer gewesen und hatten Badelatschen mitgenommen. Wir breiteten unsere Handtücher aus, dann stürzten wir uns ins Wasser und spritzten uns erst einmal gegenseitig nass.
Wir schwammen noch ein wenig hin und her, dann machten wir es uns auf den Handtüchern bequem.
Wir cremten uns gegenseitig ein und heizten dabei ein wenig die erotische Stimmung auf. Doch wir blieben standhaft, auch wenn es schwer fiel
Irgendwie waren wir erschöpft, aber es war ein wohliges erschöpft sein.

Ich verabredete mich für den kommenden Freitag mit Bruno zum Fußballtraining.
„Dann kommt doch Freitagmittag zu uns. Ich mache eine große Salatschüssel. Und während die Männer bei den Giallorossi Fußball spielen, machen wir einen Weibernachmittag und abends schauen wir mal.“

„Komm lass uns noch mal ins Wasser gehen, mir wird langsam heiß in der Sonne.“ Bruno stand auf und sprang elegant in den Pool. Wir anderen folgten. Die Sonne hatte uns leicht angebraten. Aber das Wasser hatte uns erfrischt und Müdigkeit und Muskelkater waren vergessen.
„Kommt wir ziehen uns an und gehen hinunter ins Dorf zu Matteo. Ich könnte eine Auffrischung meines Koffeinspiegels vertragen.“
Evas Vorschlag fand unseren Beifall.
„Ihr Männer geht vor“ lachten Paola und Eva noch.

Luftig bekleidet, wir Männer in weißen Bermudas und offenen Hemden, unsere Frauen in leichten Sommerkleidern, schlenderten wir den Hügel hinab und auf der Landstraße weiter ins Dorf.
Marisa schloss gerade die Fensterläden von Frutta e Verdura und freute sich über die Grüße, die ihre Cousine in Colle uns mitgegeben hatte. Dann seufzte sie und verschwand im Laden. Sie hatte wohl immer noch keinen Liebsten gefunden. Wir überquerten die Piazza und nahmen bei Matteo einen Tisch in Beschlag. Langsam kamen die Menschen wieder aus ihren Häusern und promenierten auf der Piazza.
Bruno musste morgen nach Rom, Gäste für Giancarlo abholen.
„Warum bleibt ihr nicht über Nacht? Von hier aus ist es dichter nach Rom und Paola, ich kann dich morgen mitnehmen nach Siena. Wir könnten noch einen schönen Abend miteinander genießen.“ Paola und Bruno waren uns wirklich sehr gute Freunde geworden.
„Zahnbürsten haben wir.“ Eva lachte.
„Mehr brauchen wir nicht.“ Bruno küsste seine Paola.

„Cosa c'è di nuovo in paese, was sagt der Dorfklatsch Matteo?”
Matteo hatte uns drei Gläser Campari Orange gebracht und für Eva Zitronenwasser.
Matteo lachte dröhnend „Beh, per esempio, che tua moglie è mamma.”
Er gratulierte Eva mit Küssen auf beide Wangen.
„He du stachelst, du bist nicht rasiert“, schimpfte Eva und lachte dann auch.
„Woher wisst ihr das denn schon wieder?“ Ich schüttelte den Kopf.
„Du kennst doch Gina, meine Bedienung. Sie ist heute nicht da. Ihre Schwester ist auch schwanger und war im Nebenraum, als Dottor Faletti dich untersucht hat Eva. Und dann wusste es bald das ganze Dorf. Sie drücken dir alle die Daumen.“

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Der Verkäufer im Radlerladen hatte Eva überzeugt, dass ich die Montur unbedingt selbst anprobieren müsste. Zu weit wäre nicht gut, und wie in einer Wurstpelle wollte ich mich auch nicht fühlen.
Die Verkäuferin, die uns beriet, zeigte mir ein paar einteilige Anzüge. Die Farben gefielen mir noch nicht. Ich hielt eine schwarze Montur in der Hand.
„Schwarz würde ich ihnen nicht empfehlen, das ist doch langweilig. Sie sind jung und sie können Farbe vertragen.“ Gelb und grün mochte ich nicht, ich wollte nicht als Papagei herumlaufen. Dann zeigte mir die junge Frau einen weißen Anzug mit breiten schwarzen Seitenstreifen.
„Ziehen sie den mal an, der unterstreicht ihre athletische Figur.“
In der Umkleidekabine zwängte ich mich zuerst in die Hose, dann streifte ich mir die Träger über die Schultern. Ich kam mir nackt vor, als ich mich im Spiegel musterte, man sah jedes Gramm zuviel.
„Hm, dreh dich mal um, der schaut schick aus und richtig sexy. Gefällt er dir?“, meinte Eva und zupfte noch ein wenig an meinem Anzug herum.
„In weiß komme ich mir nackt vor und es trägt auf.“ Ich schaute mich im Spiegel noch einmal von hinten an, ich war nicht begeistert.
Die junge Frau musterte mich noch einmal von allen Seiten und meinte dann zu Eva „Also wenn mein Freund so eine Figur hätte wie ihr Mann, würde ich ihm den Anzug glatt selber kaufen. Aber Paolo ist recht schmächtig und hat nicht den richtigen Hintern dafür, schade.“
Eva lachte und tätschelte mir den Po. „Sei doch froh, dass du so schöne stramme Muskeln hast und sie zeigen kannst. Aber du hast recht, weiß schmuddelt zu schnell. Haben sie den Anzug noch in einer anderen Farbe?“
Die junge Frau kramte im Regal und zeigte uns eine Kombination in Silber mit schwarzem Seitenstreifen und eine in Gelbschwarz.“
„Zieh den silbernen noch einmal an.“
Also noch einmal mühsam in die Pelle gezwängt, was sollte ich dagegen tun?
„Der schaut auch sehr gut aus, lass dich bewundern Peterl. Geh mal die Reihe hinunter und komm wieder zurück.“
Ich hatte das Gefühl mich auf dem Laufsteg zu bewegen.
Der sitzt wie angegossen. Den nehmen wir, du darfst dich wieder ausziehen.“

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Freitagnachmittag parkten Bruno und ich am Sportplatz in Poggibonsi. Ich hatte Eva bei Paola abgesetzt und wir waren zum Training gefahren.
Wie lange hatte ich jetzt nicht gespielt, drei Jahre? Ich hatte etwas Bammel, doch Bruno tröstete mich. Wir sind ein lustiger Haufen, der alles nicht zu ernst nimmt. Ganz zum Leidwesen des Trainers. Du wirst sehen, du kannst gut mithalten.
Der Trainer begrüßte mich und stellte mich als ehemaligen Spieler der berühmten Vienna aus Wien vor. Der Zeugwart kramte in einer Kiste und zog ein paar Hosen, Trikots und Stutzen hervor. Such dir etwas aus, meinte er. Ich probierte, bis eine Hose und ein Trikot so leidlich passten. Bei den Schuhen vertraute ich für dieses Mal meinen Nike`s. Dann musterte ich mich im Spiegel. So grell rotgelb gestreift mit schwarzer Hose kam ich mir vor, wie ein bunter Vogel. Aber was solls. Der Zeugwart grinste auch. Er hatte mich beobachtet. Gib mir deine Größe, dann hast du das nächste Mal etwas passendes.
Ich lief auf den Rasen, wo die Mannschaft schon Lockerungsübungen absolvierte. Ich reihte mich ein, dann wurden wir eingeteilt, fünf gegen fünf lautete die Anweisung des Trainers. Ein großer bulliger Spieler lief mich gleich über den Haufen, doch ich rappelte mich schnell wieder auf. Beim nächsten Spielzug trickste ich ihn elegant aus und meine Mannschaftskameraden applaudierten. Jetzt war ich wieder drin. Ich führte den Ball übers halbe Feld, passte dann auf Bruno, der Volley abzog und den Ball im Kasten versenkte.
„Du warst gut“, meinte Bruno auf der Rückfahrt und wie du Enzo hast aussteigen lassen, alle Achtung.“
Dann fuhr Bruno den Wagen auf den Hof und wir stiegen die Treppen zur Wohnung hinauf. Doch unsere Frauen waren nicht da. Nur einen Zettel hatten sie hinterlassen. Wir sind Eis essen, hieß es.

Schon als wir aus dem Haus traten und die Gasse hinuntergingen, hörten wir die Musik und Gesangsstimmen. Auf der Piazza del Duomo, auf der Treppe von Santa Maria Assunta, stand ein Chor und sang inbrünstig „Va Pensiero“. Die Piazza war voller Menschen, die andächtig lauschten.
Wie wir später erfuhren, war es ein Chor aus Deutschland der eine Tournee durch die Toscana unternahm und hier spontan ein Gratiskonzert unter freiem Himmel gegeben hatte. Wir klatschten begeistert, als die Sänger ihre Notenständer wieder einsammelte und zum Busparkplatz hinunter gingen.
„Habt ihr das gehört?“, fragten später unsere Schönen.
„Ich würde gern einmal wieder in die Oper oder ein Konzert gehen.“ Eva schwärmte.
„Da hätte ich einen Tipp für euch. Im August findet in Massa Marittima ein Festival statt – Lirica in Piazza – verschiedene Opernaufführungen unter freiem Himmel. Wenn ihr Lust habt, besorg ich für euch auch zwei Karten. Ein Erlebnis für die Sinne, sage ich euch.“
Mir ging die Melodie nicht aus dem Kopf, ich summte sie die ganze Zeit vor mich hin.

Va, pensiero, sull'ali dorate;
va, ti posa sui clivi, sui colli,
ove olezzano tepide e molli
l'aure dolci del suolo natal!

Die ersten Zeilen kannte ich auswendig. Als wir in der Schlange vor dem Eisladen standen, drehten sich Leute nach mir um.
„Sei still Peterl, hör auf zu singen, sonst gehe ich mit dem Hut herum.“
Die Gelateria di Piazza warb weiterhin mit dem Slogan, dass es hier das beste Eis der Welt gäbe. Wir ließen uns jeder drei Kugeln in einem Hörnchen geben, liefen über die Piazza delle Erbe und stiegen die steile Gasse zur Rocca empor.
Was für ein schöner Ausblick über diese wunderbare Landschaft. In der Ferne verschwanden die Hügel im Dunst.
„Gibt es etwas Schöneres?“ Bruno legte mir und Eva die Hände auf die Schulter.
Wir setzten uns auf eine Bank und genossen die Sonne . Zwei, drei andere Paare hatten die gleiche Idee gehabt wie wir.

Auf dem Rückweg zu ihrer Wohnung bog Paola plötzlich ab. Von der Via Castello zweigte eine kleine Gasse, der Vicolo Santa Fina, ab. Vor einem unscheinbaren Haus blieb sie stehen. Nur ein buntes Schild zierte es.
„Das ist das Haus der Santa Fina. Hier wurde sie geboren und hat ihr kurzes Leben verbracht. Jedes Jahr, an ihrem Jahrestag am 12. März, kann man die kleine Kapelle besichtigen. Santa Fina ist die Schutzheilige unserer Stadt. Und sie hat euch doch Glück gebracht. Wir pflücken einen Strauß Veilchen, die Viole di Santa Fina, und denken an sie. Die Blumen wachsen dann überall auf den Türmen und auf der Stadtmauer.“
Eva wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und nahm meine Hand.
„Ich bin so glücklich und freue mich so.“
„Wir bringen euch noch zum Parkplatz“ meinte Paola. „Bruno muss früh aus den Federn. Eva, wir können doch morgen Mittag zusammen einen Kaffee trinken.“
Wir bummelten die Via Santo Stefano hinunter, an Brunos und Paolas Haus vorbei, liefen durch das alte Tor der Stadtmauer und bogen in die Via Pandornella ein. Hier stand unsere Giulia. Wir verabschiedeten uns noch herzlich von unseren beiden Freunden.
„Schauen wir noch bei Matteo vorbei?“ „Aber erst stellen wir das Auto oben ab. Ein schöner Abendspaziergang nachher wird uns gut tun.“
Wir nahmen uns noch zwei leichte Strickjacken für den Rückweg mit. Dann schlenderten wir Hand in Hand unseren Hügel hinunter. Es war noch sehr warm und ich ließ mein Hemd offen. Die Reben standen gut. Die Steine knirschten leicht unter unseren Füssen. Vor uns verschwand eine kleine Eidechse im Gras. Das Dorf lag unter uns im Sonnenschein, kaum ein Wölkchen stand am Himmel, nur ab und an ein leichter Luftzug brachte etwas Kühlung. Eva hatte ihre hellblauen Short angezogen. Ein erotischer Kontrast zu ihren gebräunten Beinen. Das kurze fliederfarbene Hemdchen mit den Spaghettiträgern ließ den Bauch frei. Noch aber war nichts von einem Babybäuchlein zu sehen.
„Das wird eine harte Woche“, meinte ich. „Gianfranco hat eine große Aufgabenliste notiert. Ich werde abends ganz schön platt sein.“
„Ich werde mein Peterl schon wieder munter machen.“ Eva drehte sich zu mir legte ihre Arme um meine Schultern und presste sich eng an mich. Dann küssten wir uns intensiv. Meine Hände glitten Evas Rücken herunter und legten sich auf ihren Po.
Hier, wo uns jeder sehen konnte, ich hatte doch etwas Respekt vor etwaigen Schlangen und das Gras war ziemlich trocken. Schweren Herzens lösten wir uns wieder voneinander, aber unsere Augen hatten sich ein Versprechen gegeben, heute Nacht.
Ein paar halbwüchsige Burschen mit ihren Vespas machten die Piazza unsicher, sie wollten den flanierenden jungen Schönheiten imponieren. Nicht nur verliebte Vögel balzen.

Die Menschen waren herzlich, das hatten wir schon nach kurzer Zeit bemerkt und sie nahmen uns in die Dorfgemeinschaft auf. Don Fulvio der Pfarrer grüßte uns, dann blieb er stehen und wollte wissen, wie wir über eine Heirat dächten, da doch ein junges Menschenkind, wie er sich ausdrückte, auf dem Wege war.
„Kommt die Woche ins Pfarrbüro, dann machen wir einen Termin fest. Nach der Weinlese, sagt ihr? Was haltet ihr vom letzten Septemberwochenende? Vorher die beiden Wochenenden findet ja die Sagra del Fungo, das Pilzfest statt.“
„Wir kommen die Woche vorbei Don Fulvio.“
Dann schüttelte er uns herzlich die Hände und verschwand eilig in der nächsten Gasse. Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Don Camillo.

„Setzt euch zu uns, oder wollt ihr lieber allein sitzen?“ Gianfranco saß mit Beppe vor Matteos Bar und rief uns zu.
Die beiden alten Herrn ließen es sich nicht nehmen, sich zu erheben und Eva mit Wangenküssen zu begrüßen.
„Was wollt ihr trinken?“ Matteos sonore Stimme war nicht zu überhören, er hatte uns erspäht und kam nach draußen.
„Es sollte mal wieder regnen“ er deutete nach oben. „Die Zisterne ist noch voll. Wenn die jungen Leute“ Beppe deutete auf uns „nicht zu viel für den Pool verbrauchen.“
„Ich glaube nicht, dass wir wieder so einen heißen Sommer bekommen wie letztes Jahr. Die Quelle ist in den letzten zehn Jahren nur einmal vorübergehend versiegt, letzten Sommer. Im Winter hat es reichlich geregnet.“
Nach einer halben Stunde verabschiedeten Gianfranco und Beppe sich von uns und liefen gemeinsam über die Piazza, hinüber in eine Seitengasse, wo Beppe wohnte. Sie wollten mit ihren Cousins noch Karten spielen.
„Wir treffen uns morgen früh um Acht auf der oberen Terrasse“, hatte Gianfranco mir noch über die Schulter zugeworfen.
Eva nippte an ihrem Zitronenwasser während ich langsam an einem Campari Orange trank.
Eva lächelte und schaute mich verträumt an.
„Was ist meine Schöne?“
„Ich liebe dich und ich bin glücklich hier zu sein und ich freue mich auf unser Baby.“
Wir schauten uns lange an.
„Come è bella l'amore. Mögt ihr noch was trinken?”
„Portarci ancora una volta, das gleiche noch einmal.”
„Mittwoch habe ich meinen Termin beim Gynäkologen für die Ultraschalluntersuchung. Kommst du mit?“ Eva griff über den Tisch und fasste meine Hand.
„Na klar, ich will doch wissen, ob man schon etwas sehen kann, ob es ein Mädchen oder ein Junge wird. Ich wundere mich sowieso, dass man das schon unterscheiden kann, ob da ein winziges Zipfelchen dran ist oder nicht.“
„Und, was wünscht du dir, einen Sohn?“
Ich schüttelte meinen Kopf
„Ein süßes Mädchen wie dich, oder einen Jungen, am liebsten Beides. Da ist der oder die Eine eben später dran. Vielleicht in zwei Jahren.“

„So und nun geh mit mir nach Hause. Ich habe Sehnsucht nach meinem Bären, mein liebes Peterl.“

Ich zahlte und wir gingen engumschlungen die Straße herunter durchs Dorf und dann den Hügel hinauf. Wir nahmen nichts mehr von der Umgebung wahr, wir hatten nur noch uns.
 
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Kommentare  

Romatisch und schön ist auch dieses Kapitel. Eva braucht sich wegen des zu erwartenden Babys nicht zu schonen und kann weiterhin eine schöne Zeit an der Seite ihres heißgeliebten Peters und mit ihren Freunden verbringen. Hat mir wieder sehr gut gefallen.

doska (01.02.2012)

Nicht nur die Landschaft wird wunderbar beschrieben auch das harmonische Verhältnis zwischen Eva und Peter. Man verfolgt gerne ihre ihre kleinen Erlebnisse.

Jochen (31.01.2012)

wieder eine kleine Episode aus dem Leben von Eva und Peter. Sie unternehmen mit Paola und Bruno eine Radtour, erfrischen sich im Pool, bummeln durch San Gimgnano, Peter sucht seine Fußballschuhe wieder heraus. Doch lest selbst

Wolfgang scrittore (31.01.2012)

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