Ich hab gelernt,
wir sind entfernt
verwandt mit wilden Tieren.
Ist dem auch so?
Ich geh zum Zoo,
um das zu kontrollieren.
Zum Beispiel hier:
ein wilder Stier,
mit Hörnern, riesengroßen,
wie'n Präsident.
(Der hat dezent
die Hörner abgestoßen.)
Ein Lama duckt
sich leicht und spuckt,
schielt hämisch wie ein Räuber,
worauf es flieht
in Richtung Süd.
Warum denk ich an Stoiber?
Ein Känguru
hüpft auf mich zu.
Sein Beutel? - Offen ist er.
Ich seh's und kann
nur denken an
den Herrn Finanzminister.
Im Holzverhau
'ne wilde Sau,
dran saugen grad zwei Ferkel,
gelb-schwarz gestreift -
man balgt und keift
wie Philipp mit Frau Merkel.
Ein Hamster sitzt
im Bau und schwitzt,
doch bald hat er's bequemer.
Er hat's geschafft,
genug gerafft,
fast wie ein Unternehmer.
Ein eitler Pfau
macht seine Schau
und dreht sich auf der Stelle,
so bunt beschwänzt.
Er strahlt und glänzt
fast wie Herr Westerwelle.
Auch das ist schön:
Zwei Hähne krähn,
sich steigernd bis zur Ohnmacht.
Es kräht Gregor
dem Oskar vor,
wie man Revolution macht.
Ein roter Fuchs
erschleicht sich flugs
viel Geld für Referate.
Mir träumt, ich wär
so reich wie Peer
und gern der Chef im Staate.
Auf meiner Pirsch
röhrt auch ein Hirsch,
stolz – mit Geweihverzierung.
Das Rudel um
den Hirsch bleibt stumm
und lauscht seiner Regierung.
Auch das hat Charme:
Ein Gänseschwarm,
dazwischen manche Ente.
Ein wüstes Bild:
Sie schnattern wild,
fast wie im Parlamente.
Ein Krokodil,
schon leicht senil,
liegt starr – wie ohne Leben.
Einst war es grün
und kämpfte kühn.
Das hat sich längst gegeben.
Steht dort nicht am
Gehölz ein Lamm,
so fromm wie aus der Bibel?
Es ist ganz schwarz
und riecht nach Har(t)z,
doch keiner nimmt das übel.
Auch das ist gut:
Ein Rindsvieh muht
inmitten seiner Kälber.
Es steht so rum
und guckt so dumm,
genauso wie ich selber.
Jetzt reicht es mir
mit dem Getier!
Mein Rundgang – was beweist er?
Der Mensch lebt wie
das liebe Vieh,
nur noch ein bisschen dreister.
www.wolfgang-reuter.com, 04. 07. 2006, aktualisiert im November 2012