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Das instabile Haus

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Es war einmal ein großes Haus mit vielen unterschiedlich großen Wohnungen.
In jeder Wohnung lebten Familien. Es gab Wohnungen mit großen Familien und Wohnungen mit kleinen Familien.
Die Familien besuchten sich regelmäßig und auch die Familienoberhäupter pflegten ein freundliches Miteinander. Eines Tages kamen ein paar Familienoberhäupter auf die Idee, die Zwischenwände einzureißen. Nach und nach schlossen sich immer mehr Familienoberhäupter dieser Idee, gegen die Bedenken ihrer Familien, an und rissen die Zwischenwände ab.
Das Haus wurde instabil, doch die Familienoberhäupter waren von ihrer Idee so begeistert, dass sie tagtäglich ihren Familien erzählten, wie toll das Haus nun ohne Zwischenwände sei. Das Einkommen aller Familien wurde in einen gemeinsamen Topf geworfen und die Familienoberhäupter trafen sich regelmäßig um zu beraten, wie es gerecht an alle Familien verteilt werden soll.
Da ging es nicht mehr so freundlich zu und die Beratungen dauerten mitunter sehr lang. Es wurde viel gestritten und auch viele Familien beschimpften die Familienoberhäupter anderer Wohnungen. Nach einiger Zeit hatten alle Familien den gleichen Fußbodenbelag, weil die Familienoberhäupter es so beschlossen hatten.
Eines Tages kam ein Familienoberhaupt auf die Idee, dass es besser sei, die Haustür immer offen zu lassen. Viele Familien waren dagegen und auch unter den Familienoberhäuptern entbrannte ein heftiger Streit. So heftig, dass eine Familie sogar ihre abgerissenen Wände wieder aufbaute.

Das instabile Haus steht noch immer, aber es wackelt bei jedem kleinen Wind.
Noch immer streiten die Familienoberhäupter über die offene Haustür, über Geld, Wandfarben und wie lang ein Docht für Adventskerzen sein darf.

Und keiner der Familienoberhäupter ist ein Statiker.
 
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Kommentare  

Das unselige Konstrukt namens EU in wenigen
Sätzen sehr, sehr treffend beschrieben. Chapeau!


Stefan Steinmetz (30.07.2022)

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