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8 Seiten

Der Gefangene

Romane/Serien · Schauriges
Der Raum ist dunkel und kalt, ein Keller vielleicht. Es riecht auch wie in einem Keller, modrig, alt und feucht. Wie Bücher die man am Flohmarkt zu kaufen bekommt, die zuvor jahrelang in einem Keller vergessen worden waren. Genau wie diese Bücher riecht es auch in diesem Raum. Ein Raum in dem Kinder Angst bekommen, weil es dunkel ist und in dem die Damen der Bourgeoisie keinen Schritt hinein tun, da die Feuchtigkeit ihre Dauerwellen zusammenfallen lässt und der alte, furchendurchzogene Boden der Feind jeder Absätze ist. Es war ein Raum, in dem selbst die Holzfäller, die am Rande von Hoover wohnen, ein mulmiges Gefühl verspüren. Jeder Hund und jeder Landstreicher würde Regen und Sturm, Kälte und Schnee, selbst den Tod vorziehen, anstatt eine Nacht in diesem Raum verbringen zu müssen.
Das alles würde auch nie geschehen, da niemand von diesem Raum weiß, er seit Jahrzehnten - Jahrhunderten vielleicht - verlassen ist und hätte irgendjemand von diesem Raum gewusst, so hätte er alles daran gesetzt, diesen wieder zu vergessen. Niemand würde diesen Raum je betreten. Nicht freiwillig jedenfalls.
Und genau das ist das Problem des Mannes, der in diesem Raum gefangen gehalten wird. Er ist gefesselt, geknebelt, seine Ohren sind mit Ohropax verschlossen, seine Augen mit einem schwarzen Tuch verbunden. Er ist nackt, seine Glieder schmerzen bei jeder Bewegung, die Kälte hat sie zerstört. Seine Wunden wollen nicht heilen, wahrscheinlich eitern sie schon, er weiß es nicht.
Doch die Schmerzen sind nicht so schlimm. Schmerzen sind zu ertragen. Man kann sie wegdenken, wie diese Mönche es tun. Schmerzen sind nicht das Problem. Auch nicht der wenige Sauerstoff, der Hunger, das Wasser am Boden, gemischt mit seinem eigenen Urin, das er trinken muss. Nichts ist so schlimm, dass man es nicht ertragen konnte.
Schlimm ist allein der Zustand, nichts wahrnehmen zu können. Nichts zu hören und nichts zu sehen. Das ist schlimm. Manchmal vernimmt seine Nase eine Ahnung eines Geruches, manchmal schmeckt er etwas aus dem Wasser-Urin-Gemisch heraus, das anders schmeckt. Doch das war das einzige. Er weiß nicht einmal mehr, zwischen Traum und Realität zu unterscheiden. Als Kind hat er oft geträumt, er sei eingesperrt, doch dann hatte
er festgestellt, als er aufwachte, das es nicht so war. Jetzt träumt er vom Alltag, und Gefangensein ist Realität.
Doch er träumt nicht mehr so oft vom Leben außerhalb der Wände. Er träumt nicht mehr so oft davon, dass er befreit wird, dass ihm vergeben wird, dass er fliehen kann. Jetzt träumt er davon, dass er Gefangen war, Urin trank und fror und wenn er aufwachte, dann tat er es tatsächlich.
Nur manchmal, da denkt er an das Mädchen - seinen Schatz - mit dem alles angefangen hat...


Tränen flossen Jeanny über die Wangen, als sie versuchte eine Straße zu finden. Sie hetzte durch den Wald, sprang über Böschungen, rannte auf jede Lichtung zu, in der Hoffnung, eine Straße würde ihr beiwohnen. Doch sie konnte keine finden. Jede Lichtung war umgeben von noch mehr Wald und sie konnte nicht sagen, ob sie auf eine Straße zu, oder nur noch tiefer in den Wald hinein lief. Sie hatte jede Orientierung verloren. Sie war erschöpft und verzweifelt, doch sie konnte nicht aufhören zu laufen. Denn das Monster war hinter ihr her. Und es schnaufte.
„Bleib stehen!“, hörte sie seine Stimme hinter sich. Manchmal weiter weg, manchmal näher, „Wenn ich dich erwische...!“
Das Monster hatte ihr die Kleider vom Leib gerissen, hatte sie dort angegriffen, wo es ihr selbst manchmal ekelte, hatte sie dort verletzt, wo sie noch nie etwas verspürt hatte. Jede Berührung hatte das Monster noch hässlicher und grauenhafter gemacht. Geschwüre waren dem Monster aus dem Körper gewachsen und es hatte zu schnaufen begonnen. Ein Schlag hatte sie befreit. Doch für wie lange?
Jetzt wird es mich kriegen, dachte Jeanny und stürzte entkräftet zu Boden...


Nichts ist wirklich schlimm oder wirklich von Bedeutung wenn man ohne Sinneseindrücke dahinvegetieren muss. Manchmal denkt er sich, dass Pflanzen so empfinden müssen. Ohne etwas zu sehen, ohne etwas zu hören, immer nur am selben Fleck zu sein und zu warten. Warten darauf, dass der Wind kommt und man bewegt wird. Warten darauf, dass Bienen kommen, die den süßen Nektar trinken. Warten darauf, dass man gepflückt wird, um ein Gelüst eines anderen zu befriedigen und dann nachzuwachsen, nur um dann noch einmal gepflückt zu werden. Vielleicht hoffen manche Blumen, dass sie aufhören zu wachsen um nie wieder gepflückt zu werden. Aber der unbarmherzige Gott lässt sie weiter wachsen, lässt sie weiter leben und sie werden weiter gequält.
Doch auch das ist nicht schlimm. Irgendwann hofft man darauf, dass der jenige kommt
(der unbarmherzige Gott)
und man gepflückt wird. Dass der jenige kommt und man gequält wird. Auch wenn es verrückt klingt, aber irgendwann siegt der Wahn und man ist froh, wenn man irgendetwas hat, das einem von seinem Schicksal ablenkt. Auch wenn es Schmerzen sind.
Wirklich schlimm ist nur, dass man nicht strukturieren kann, denkt er. Er weiß nicht, wo er ist, er weiß nicht wie spät es ist. Er kann Zeit nicht mehr wahrnehmen. Das einzige was er zu Beginn versuchte, war, dass er die Sekunden zählte, die während den einzelnen Attacken vergingen.
Doch das hat nichts geholfen. Der, der ihn gefangen hielt, - (der unbarmherzige Gott, er ist es!) - hat keinen Plan, keine Methode, keine Einteilung. Er wird geschlagen, wann Er es will, wird gewürgt, wann Er es will, er wird verbrannt, wann Er es will. Manchmal vergehen nur Stunden, und manchmal vergehen Tage. Manchmal, so scheint es für den Gefangenen, vergehen Wochen zwischen den Attacken. Diese Unregelmäßigkeit ist unerträglich.
Dann, wenn die Unerträglichkeit am Größten ist, denkt er wieder an seinen Schatz und an damals, als sie noch gelebt hatte...


Es war ein Bild des Grauen, dass der Holzfäller John an diesem Sonntag Morgen zu sehen bekam. Es war schrecklich. Er kannte Jeanny vom Sehen, aus der Kirche und von den Stadtfesten, die Hoover einige Male im Jahr veranstaltet. Einmal war er auch bei ihrer Familie zum Abendessen eingeladen gewesen, als er ihr einen Extra-Rabatt auf die Winterlieferung Holz gegeben hatte. Freilich kannte er sie.
Doch an diesem Morgen hätte er sie nicht wieder erkannt. Er hätte das, was unter diesem Mann lag, beinahe nicht als Menschen erkennen können. Die Beine und Arme waren derart verbogen, dass man eher an eine dieser Kunststoffpuppen aus den Kleidergeschäften denken musste. Aber dann hörte er die Schreie, und die waren mehr als menschlich.
„Hey!“, schrie er. Im Nachhinein dachte er sich, dass er vielleicht etwas anderes sagen hätte können. Aber in der Bibel steht, dass es nicht auf Worte ankommt, Taten sind es die zählen. Und getan hatte er das Richtige.
Er nahm seine Axt in die Hand und ging auf das grausame Geschehen zu. Er zögerte etwas. Er hörte das Schnaufen des Mannes und das Stöhnen von dem Mädchen. Erst jetzt erkannte er sie als Jeanny. Es war ein erbärmliches Stöhnen, er glaubte, dass wahrscheinlich nicht einmal mehr ganz bei Bewusstsein war, dass sie sich in ihre Welt gerettet hatte, in der es keine bösen Menschen gab. Doch obwohl er vor Entsetzen beinahe zu weinen begonnen hatte, fühlte sich irgendetwas in ihm erregt. Irgendetwas konnte das Monster verstehen, das sich da auf dem Mädchen vergnügte, irgendetwas wollte sogar...
Holzfäller John wurde wütend. Er nahm die Axt und schlug mit der Flachen Seite dem Monster in die Rippen. Es löste sich von dem Mädchen, fiel auf die Seite und jauchzte. Dann sah er Jeanny. Sogar bewusstlos war sie schön.
Wieder wurde er wütend. Hätte der Holzfäller Berni den Vorfall nicht mitbekommen, wer weiß, vielleicht hätte John das Monster getötet. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das steht schon in der Bibel...

Es ist wirklich ein Grauen wenn man auf den Tod wartet und er sich nicht blicken lässt, denkt sich der Gefangene. Er wünscht sich den Tod, wünscht ihn sich beinahe mehr als alles andere. Sogar mehr, als wieder frei zu kommen. Doch Gottes Wege sind unergründlich. Er lässt ihn weiter wachsen.
Oft denkt er sich das und wenn er diesen Gedanken gedacht hat, dann denkt er weiter. Denkt daran, was er in seinem Leben hätte ändern müssen, um nun nicht hier sein. Er denkt oft zurück, weit zurück, bis in seine Kindheit. Jede einzelne Entscheidung zweifelt dann er an. Hatte er die richtige Schule gewählt? Hatte er den richtigen Freunden geholfen? Hatte er sich um die falschen Leute gesorgt? Wäre er nun wo anders, wenn er Fliegen die Flügel ausgerissen hätte, so wie viele Kinder es tun, anstatt verletzte Hunde zum Tierarzt zu bringen? Hätte er für die Kirche gespendet, hätte ihn Gott dann einen anderen Weg gehen lassen? Was wäre wenn...
Gibt es denn eine Entscheidung, die kausal für sein Schicksal zuständig ist? Oder ist es ein Haufen, eine Ansammlung von Entscheidungen?
Aber es hat keinen Sinn darüber zu sinnieren, er weiß das. Er ist hier und das zählt.
Manchmal, da stellt er sich vor, jemand anderer zu sein. Sein Schatz vielleicht. Ein Mädchen, das vergnügt die Straße entlang geht. Oder ihr Vater, der stolz war, eine schöne Tochter zu haben. Ihr Freund, der sich an ihrem Lustschreien vergnügen darf.
Fantasie hat er und Fantasie braucht er. Er braucht sie sogar so sehr wie die Schmerzen. Und beide tragen ihn unaufhaltsam auf das gleiche Schicksal zu: Den Verlust seiner Identität. Es geschieht manchmal wirklich, dass er nicht weiß wer er ist.
Ein Mal glaubt er, er sei Holzfäller John, der Held der Stadt. Er fühlt auch den Jähzorn in seiner Brust. Holzfäller von Beruf, jeden Tag Bäume fällen, die Bibel lesen und Gutes tun. Jeden schmutzigen Gedanken verdrängen. Jeden hassen, der seine Gedanken auslebt.
Dann glaubt er wieder, er sei der Vergewaltiger, Henri „Das Monster“ Goppelstein. Er spürte die Lust in ihm, unzähmbares Verlangen, unzüchtige Gedanken, die jedes andere Denken unmöglich machten. Zerstörerische Gedanken.
Oft weiß er lange Zeit nicht, wer er nun ist. Es ist schlimm. Er hat nur eine Ablenkung. Er denkt sich, er sei sein Schatz, unschuldig und rein. Wie eine Elfe, doch mit der Angst eines Riesen...

Holzfäller John ging in seiner Wohnung auf und ab. Er konnte den Gedanken an die Vergewaltigung nicht verdrängen. Es war so schlimm gewesen. Wie konnte ein Mensch nur so etwas tun. Wie konnte etwas so schönes nur so schrecklich sein?
Hast du nicht auch etwas gespürt? fragte ihn eine kleine, leise Stimme tief in ihm drinnen. Natürlich nicht! dachte er sich die Stimme tot.
Er spürte solche Wut in seinem Herzen, er konnte es nicht in Worte fassen. Wenn er dieses Monster nur in die Finger bekommen würde. Er war bei der Polizei in sicheren Händen, das wusste er. Aber sie würden ihn nicht gerecht behandeln. Nichts war gerecht für dieses Monster. Die Welt ist nicht gerecht. Oder ist es etwa gerecht, dass ein kleines Mädchen bei einer Vergewaltigung stirbt?
Viele Stunden dachte er nach, bis er drauf kam, dass es keinen Sinn hatte zu denken. Zu handeln auch nicht. Er müsse sein Schicksal in Gottes Hand legen. Die Bösen sterben früh, dachte er sich und legte sich schlafen.
Trotz all dem schlief er tief und fest, so dass es fast verwunderlich war, dass er hörte, wie jemand in sein Haus einbrach. Aber er hörte es deutlich, wie den Sturm der draußen wütete und das Holz das unter seinen Füßen leise knarrte, als er sich aus dem Schlafzimmer schlich. Er hörte seinen Atem und das Pochen seines Herzens. Wer wagt es, in meinen Stall einzubrechen?
Er schlich sich in den Flur. Das Geräusch musste aus dem Keller gekommen sein, dachte er. Er kannte keine Angst. Wut ja, aber keine Angst.
Zum Glück kannte er sich in seinem Keller gut aus. Es war stockdunkel, er konnte fast nichts sehen. Er hockte sich hinter einen Schemel und war ruhig. Niemand konnte ihn hier sehen, dachte er. Er allerdings hatte einen Guten Blick über alles. Er würde auf ein Geräusch warten, einen Schatten der sich bewegt und dann den Schatten oder das Geräusch zusammenschlagen. Ordentlich zusammenschlagen, so dass...
Weiter kam er nicht mit seinen Gedanken, jemand hatte ihm in die Rippen geschlagen...

Es ist eine Qual, sich nicht sicher zu sein, wer man ist. Der Gefangene überlegt, hätte er den letzten Kampf gegen seinen Gegner gewonnen, dann wäre er nicht hier. Egal, welcher von beiden er war.
Er sieht den Kampf vor sich, jedoch nicht aus der Perspektive eines Beteiligten, sondern wie ein Zuschauer, der mit einer Tüte Popcorn auf einen Schemel sitzt und einen beliebigen Kampf beobachtet. Dazu hört er die Stimme eines Sportreporters.
Es ist verrückt, diese Stimme zu hören, aber es kommt den Gefangenen vor, als wäre diese Stimme das normalste in seinem Kopf. Alle anderen Gedanken sind oft so wirr und zusammenhangslos. Der Sportreporter ist rhetorisch gewandt und sein Gedankengang ist logisch.
Und noch einen Vorteil hat die Stimme. Er muss die Werbung nicht abwarten, er weiß, wer er ist.
Plötzlich fühlt er etwas. Seine Haut vernimmt eine Ahnung eines Windstoßes, eine Idee einer Luftbewegung. Er kennt diese Situation genau. Er ist es. Der unbarmherzige Gott.
Seine Hände werden genommen, er spürt den Schmerz deutlich, als seine Handgelenke verbogen werden. Sein Kopf wird plötzlich ganz klar. Er steht auf.
Seine Wangen brennen von den Ohrfeigen, seine Kopfhaut schmerzt, als er an den Haaren gezogen wird.
Er kann nichts sehen, aber er weiß genau was als nächstes geschieht. Es ist immer das Gleiche. Er wird hoch gezerrt, er bekommt Ohrfeigen, er wird an den Haaren gerissen und in den Bauch geschlagen. Und erst dann beginnt die eigentliche Folter. Bis dahin ist es nur eine Art krankes Vorspiel, die Overture eines Wahnsinnigen. Der Hauptakt beginnt danach.
Eine Faust trifft ihn in den Magen. Er bekommt keine Luft und fällt zu Boden. Nun steigt die Spannung. Was würde es wohl heute werden?

Anfangs musste er geschrieen haben. Musste gebettelt haben. Er weiß es nicht mehr so genau. Nun ließ er all das ohne ein Wort zu sagen über sich ergehen. Es war sein stiller Triumph.
Es ist seltsam, wenn man gar nichts wahrnimmt, außer Schmerzen. Der Körper ist es nicht gewohnt, so zu empfinden. Mann sieht immer irgendetwas, oder hört es. Das Gehirn ist es nicht gewohnt, nur Schmerz zu verarbeiten. Und so geschieht es, dass er halluziniert. Anfangs wurde jeder Schmerz von einem grellen Blitz begleitet. Jeder Schlag tauchte in einem stummen Gewitter vor ihm auf. Danach begann er zu hören. Er hörte, wie sein Fleisch brutzelte, als er verbrannt wurde. Er hörte ein Rauschen, wie von einem Wasserfall, als ein Stück seines Ohres abgeschnitten wurde.
Diese Fantasien wurden mit der Zeit immer komplexer. Er begann Menschen zu sehen, einmal sprach er mit seiner Großmutter, die aus versehen kochendes Wasser über ihn vergoss. Einmal tauchte er in einer anderen Welt auf. Er war der Held von Hoover, einer kleinen Stadt in einer anderen Welt. Er hatte sie vor einem Drachen gerettet, der ihm im laufe des Kampfes eine Zehe abgebissen hatte. Er erschuf sich in seinem Unterbewusstsein Welten, die ihm halfen, die Schmerzen zu ertragen.
Schmerzen die bald kommen werden. Er spürt den unbarmherzigen Gott. Er spürt seine Gegenwart. Er umkreist ihn, betrachtet ihn, denkt sich weitere Torturen aus.
Doch da ist noch irgendetwas anderes. Er spürt die Gegenwart einer zweiten Person, ganz leicht spürt er sie. Aber deutlich. Er ist nicht allein, denkt sich der Gefangene, der unbarmherzige Gott ist nicht allein. Er hat den Tod mitgebracht!
Eine Stange trifft seine Kniekehle. Vor seinen Augen wird es hell. Jetzt kommt der Tod, denkt er.
Weiters geschieht nichts. Es folgte kein zweiter Schlag, keine weitere Tortur. Es war ruhig. Der unbarmherzige Gott ist noch hier, er ist nicht verschwunden, aber er bewegt sich nicht mehr. Dafür kommt die zweite Person näher. Der Tod. Nimm mich! schreit der Gefangene, nimm mich zu dir.
Er wird unter den Achseln gepackt und angehoben. Eine zweite Person kommt herein.
Wer bist du? fragt der Gefangene. Die beiden Gestalten tragen ihn herum. Sie tragen ihn weg. Ist es nicht wunderbar? Endlich ist der Tod gekommen und hat ihn befreit. Keine Qualen mehr, kein Warten mehr. Nur noch tot sein, für immer. Es wird heiß. Seine Haut brennt. Ich bin in der Hölle, denkt sich der Gefangene.
Dann wird ihm das Tuch, mit dem seine Augen verbunden waren weggerissen. Licht durchflutet sein Denken. Es sticht in seinen Augen und es brennt auf seiner Haut. Der Schmerz dringt vor bis zu seinen Hirn. Die Fesseln werden ihm abgenommen. Er ist zu schwach um zu stehen, er bricht zusammen. Schließlich werden ihm auch die Ohropax entfernt.
Die Welt bricht auf ihn herein und er wünscht sich wieder nichts wahrnehmen zu müssen. Das zwitschern der Vögel dringt in sein Gehirn wie eine Flutwelle in ein Dorf und spült alle Gedanken weg. Er hört Menschen flüstern die hunderte von Metern entfernt stehen. „Henri Goppelstein!“ flüstern sie immer und immer wieder. Wie kann der eigene Name nur solche Schmerzen bereiten.
Durch das grell weiße Licht kann er mehrere Polizisten erkennen. Sie sehen ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Verachtung an. Eine Rettungssirene entreißt ihm den Blick. Wieder wird er hochgehoben. Seine Wunden schmerzen, doch sie waren bei weitem nicht so schlimm, wie das Licht der Sonne oder das Zwitschern der Vögel.
Wie kann etwas so schönes, nur solche Schmerzen bereiten, denkt er, bevor er das Bewusstsein verliert.
 
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Kommentare  

Also das geht über meinen Horizont. Klingt für mich irgendwie drogengeschädigt.
Aber macht ja nix, man muß ja nicht alles verstehen.


Angela (10.09.2002)

Hat mir gefallen die Geschichte.
Vor allem die Neugier die aufkommt, man will ja wissen warum der Typ Im Keller ist.
Unklar ist mir aber ob John und Henri dieselbe Person ist. Leidet J.oder H. an Bewußtseinsspaltung ? Ausserdem wird John im Haus niedergeschlagen. Von wem und wie kommt Henri in den Keller ? Doch das Verwirrende um die zwei Männer ändert nichts an dem Gesamteindruck, ausser das ich Dir anstatt 5 nur 4 Punkte gebe.


Wolzenburg (31.08.2002)

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