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Die Gesundheit eine Frage der Kosten
Marco Frohberger,
31.03.2004 |
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Wegweiser für unsere Zukunft
Bevor ich aus dem Haus gehe, muss ich einen Blick in den Geldbeutel werfen, ob ich auch genug bei mir habe, um mir mein Leben zu leisten, um das ich bemüht bin. Einigermaßen über die Runden kommen, scheint die Parole in unserer heutigen modernen Zeit zu sein. Denn einen anderen Blickwinkel erkenne ich in einem Deutschland nicht mehr, dass in seiner Entwicklung, in seiner Wirtschaft, in seiner sozialen Verantwortlichkeit stagniert. Rückschritt, ein Wort, dass sich die Bürger dieses Landes, dass einst noch mit den führenden Nationen dieser Welt konkurrierte, sollte man sich merken. Früher dachte man sich noch, dass die Zukunft ungewiss sei, wohin sie uns alle führen wird, aber heute sind wir eines besseren belehrt. Unser Geldbeutel wird immer dünner, wir werden immer ärmer, wir werden immer kränker und die Gesundheit eine Frage der Kosten. Da frage ich mich heute schon, ob ich mir einen Arztbesuch von morgen leisten kann. 10 Euro Praxisgebühr, ist doch kein Problem, ist sie doch nur einmal im Quartal zu entrichten. Überweisung, ist doch kein Problem, mit einem Überweisungsschein brauchen sie keine weitere Praxisgebühr bezahlen. Aber der Blickwinkel ist nicht immer derselbe, wie ein Beispiel aus naher Zukunft beweist:
Nachdem die Schmerzen nicht zu lindern waren, mit welchen Medikamenten auch immer, so entschloss sich Marco F. zum Zahnarzt zu gehen. „Leider müssen wir auch bei Ihnen die Praxisgebühr erheben“, ließ die Zahnarzthelferin verlauten. Griesgrämig zog er den Schein aus der Hosentasche und fühlte sich ein Stück weit besser, gleich behandelt zu werden. Die Diagnose: eine Wurzelbehandlung an zwei Zähnen. „Aber laut der Gesundheitsreform, die ab dem 1.1.2004 in Kraft getreten ist, zahlt die Krankenkasse den einen betreffenden Zahn nicht mehr und so würde die Wurzelbehandlung 300 Euro kosten“, berichtete der Zahnarzt mit steinerner Miene. Wahnsinn, dachte sich der junge Kerl, der eigentlich damit beschäftigt ist, mit dem wenigen Gehalt, dass er verdient, im Monat über die Runden zu kommen. Aber nichts da, die Schmerzen müssen weg und ein Lebensinhalt wieder her. So geschehen – die Wurzelbehandlung durchgeführt und die nächste Behandlung im nächsten Monat terminiert, aber zu Dumm, dass dieser Termin gerade in einem neuen Quartal sitzt. Wieder zehn Euro bezahlen, für die Gesundheit. Vielleicht ein kleiner Lichtblick, denn die Schmerzen sind ja jetzt weg.
Nicht lange hielt die Schmerzlosigkeit an, als ein dummer Zufall Schicksal spielt. Da quetscht sich Marco F. den Ringfinger beim arbeiten – Arbeitsunfall. Also zum Unfallarzt – erstmal aufatmen, keine Praxisgebühr nötig. Mit einer Überweisung zum Hausarzt wäre das auch erledigt – wieder ein erleichterter Blick, weil die Überweisung keine Praxisgebühr verlangt. Schön und gut, als der Dr. mit eine Impfauffrischung anbietet – ich willige ein, schließlich soll es an der Gesundheit nicht scheitern. „Aber einen weiteren Untersuchungstermin sollten wir ausmachen, da ich mir den Finger noch einmal ansehen will, ob keine weiteren Komplikationen auftreten, Entzündungen und so weiter“, erklärt der Arzt. Als ich den Termin ausmache, muss ich erstmal schlucken, als mir die Dame an der Rezeption erklärt, dass dann beim Nachuntersuchungstermin eine Praxisgebühr fällig ist. Zu früh gefreut, wieder müssen zehn Euro herhalten, ist ja immerhin meine Gesundheit. Irgendwo in seinen Gedanken stellt er das System in Frage. Irgendwo macht sich Ungerechtigkeit breit. Nur irgendwo…
Dann in den letzten Tagen ein Rückschlag. Seit zwei Tagen hat Marco F. wieder schmerzen an den Zähnen. Aber am letzten Tag besonders starke, dass er sich entschließt, in die Kieferklinik in die Notambulanz zu fahren. Immerhin sind die Schmerzen unerträglich geworden. Alles schön und gut, bis ihm am Schalter ein Schriftstück in die Hand gedrückt wird, wo er die Praxisgebühr zu überweisen hat. Da muss er erstmal schwer schlucken und setzt sich mit starken Schmerzen in den Wartebereich. Durch seinen Kopf gehen nicht nur mehr die Schmerzen, sondern Gedanken an das System, dass in Deutschland die Gesundheit vom Geld abhängig macht. „Was wäre, wenn ich nicht das Geld hätte, um mir die Praxisgebühr zu leisten?“, fragt er sich und sieht nur kopfschüttelnd in die dunkle Leere vor sich. Enttäuscht sinkt sein Kopf zu Boden und er wünschte sich, dass sich in diesem Land etwas ändern würde, welches das soziale System wieder erträglicher gestalten könnte. Er wird aufgerufen und behandelt. Die Schmerzen werden stetig weniger, ein kurzes Lächeln ziert seine Lippen, als er zu seinem Vater in den Wartebereich tritt, der ihn hier her gebracht hatte. Nachdenklich betrachtet er den Zettel und lässt sich durch den Kopf gehen, was die Ärztin ihm gesagt hatte. „Eine weitere Behandlung ist erforderlich, um sie abzuschließen und den Zahn wieder aufzufüllen. Daher sollten Sie morgen Vormittag wieder herkommen“, erklärt die Ärztin konzentriert. Als ich auf den Zettel starre, wird mir klar, dass das Datum einen entscheidenden Ruck in mir auslöst: 31.3.2004. „Das ist der letzte Tag in diesem Quartal“, denkt Marco F. laut und flucht innerlich. Am liebsten hätte er das Blatt Papier zerrissen. Denn die morgige Behandlung zieht eine weitere Praxisgebühr von zehn Euro nach sich. „Herzlichen Glückwunsch“, denkt sich Marco F. und gratuliert sich zu dem Land, in dem er lebt und auf das er schon lange nicht mehr stolz ist. Ein Land, dass den Rückschritt garantiert und den Menschen die Hoffnung nimmt, ein gerechtes Leben zu führen, während Ungerechtigkeit den Tag beherrscht und Politiker sich Tagegeld reservieren, was sie gar nicht verdient haben. Da fragt man sich, in was für einem Land wir leben, in dem es funktioniert, dass sich so genannte Größen das Recht herausnehmen, das zu tun, was sie für das Richtige halten?
Es kann nicht sein, dass die Gesundheit von dem Geld abhängt, dass der Mensch in seinem Geldbeutel trägt. Wohin soll das führen, in die Armut, die in Deutschland auf dem Vormarsch ist oder in eine schwele Krankheit des Deutschen, weil er der Praxisgebühr aus dem Weg gehen will? Wohin soll uns dieses Deutschland führen, für das ich mich als Deutscher schäme? Selbst ich habe den Gedanken fertig gedacht, die Chance zu ergreifen, wenn sie sich mir erbietet, dieses Land für immer zu verlassen und ein neues, ein bestimmt besseres Leben in einem anderen Land zu beginnen.
Ungefähr 160 Euro fließen monatlich von meinem Konto an die Krankenkasse ab. 320 wohlgemerkte Deutsche Mark, für die ich gearbeitet habe. Jahre davon, in denen ich nicht krank war, kassierte die Krankenkasse dieses Geld. Und jetzt, wo ich die medizinischen Einrichtungen wegen Notfällen in Anspruch nehme, muss ich mit 60 Euro Praxisgebühr in nur wenigen Tagen leben? Das kann nicht das Ziel unserer Gesellschaft sein. Das ist nicht das Ziel meines Lebens.
Es ist traurig, wie der Rückschritt unseren Tagesablauf beherrscht, aber es ist erschreckender, dass nichts geschieht, was das verhindern könnte.
Nach einer wahren Begebenheit
Copyright 2004-03-31
Marco Frohberger |
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Es kommt noch besser!
Mach das Beste draus, Herr F.
Lieber Marco
Dann...
ach
Stefan @ Lies
Test erfolgreich