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Das Geschlecht der Proctoren

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches
Die meisten Bewohner der großen galaktischen Kooperative kennen den berühmten Helden Proctor Silex, seines Zeichens universelles Genie und Auffinder von Dingen, die noch nicht verloren wurden, doch die wenigsten wissen, dass das Geschlecht der Proctoren schon eine bedeutende Rolle spielte, bevor die ersten Vorfahren unseres Proctor Silex die schöne blaue Erde verließen, um das Universum zu durchstreifen. Wir wollen hier nun beispielhaft einige Episoden aus der glorreichen Vergangenheit dieses wichtigen Geschlechtes erzählen.

Die Geschichte der Proctoren beginnt in einem Paralleluniversum vor langer, langer Zeit.
Dort wurden zwei technische Angestellte eines internationalen Konzerns in das Land der unbegrenzten Dummheiten geschickt.
Ohne Automobil war man dort aufgeschmissen und so hockten sie eines schönen Sonntags in ihrem Hotel vor dem Fernsehapparat. Es gab zwar Tausend Programme, aber auf keinem spielte es irgendetwas (Werbung, Talkshows und Reality-Müll ausgenommen).
Doch genau vor ihrer Nase stand auf dem Tisch ein Toaster. Auf diesem Haushaltsgerät war in großen Lettern geschrieben: „PROCTOR SILEX“ und in kleinen Buchstaben darunter: „Wenn Sie ihre Hand hier reinstecken, dann werden Sie sich verbrennen!“.
Dieser Name wirkte äußerst faszinierend auf die beiden einsamen Reisenden. Nach einiger Überlegung meinte der eine, dass diese Bezeichnung eigentlich viel zu schade für einen Brotröster sei, dieser Name hätte irgendetwas, soviel Energie, so eine richtige Power, dass ist der Name eines Weltraumhelden!
Genau in diesem Moment entstand mit einem gewaltigen Urknall das Universum der Proctoren und die Geschichte beginnt...

Im Jahre 34288 vor Christi Geburt am Vierten Juni um 08:30, bei einem Ort, der später Willendorf in der Wachau in einem Land namens Österreich genannt wurde, hockte ein Haufen, in Fellen gekleideter Kinder in einer Höhle und bearbeiteten munter Steine. Der Lehrer, ein großer Mann, gehüllt in Mammuthaut stapfte herum und ging von Schüler zu Schüler. Er leitete die erste Kunstschule der Weltgeschichte und war sehr zufrieden mit seinen Schützlingen, sie stellten gerade kleine Frauenfiguren her und er konnte schon jetzt erkennen, dass sie wunderbar werden würden, schön schlank, so wie sie sein sollten, mit einer tollen Figur eben!
Doch da stutze er und traute seinen Augen nicht, ganz hinten hockte sein missratenster Schüler. Er schrie: „Proctor Lapislazuzi, was machst du da!?! Gib das sofort her, du Mammutfurz!“
Danach nahm er das gerade fertig gewordene Kunstwerk seines Schülers ging nach vorne, hielt die Frauenfigur in die Höhe und sprach zu seiner Steinzeitkunstklasse: „Schaut euch an, was dieser Depp gemacht hat, so eine fette Frauenfigur, die schmeißen wir gleich weg, zum Schluss glauben unsere Nachkommen in der fernen Zukunft, wir wären auf so dicke Weiber abgefahren oder das so eine dralle Person von uns als Muttergottheit verehrt worden wäre, schrecklich, Proctor, du Riesenfaultier, kannst du nicht so wie alle anderen eine schlanke, schöne weibliche Gestalt aus den Steinen schlagen!“
Damals erkannte der armer Proctor Lapislazuzi, dass er mit der Kunst nicht viel am Mamutfellhut hat, seine Domäne sei eher die Naturwissenschaft und genauso beschloss er seine Kinder zu erziehen.

Schon immer wollte das Geschlecht der Proctoren Richtung Himmel durchstarten, doch im Jahre 2481 vor Christi Geburt im alten Sumer gab es nur architektonische Möglichkeiten in den Weltraum zu gelangen.
Ein Proctor Hatschi überredete einen gewissen König Hammurabi einen Turm zu bauen, der in die Wolken bis zu den Wohnorten der Götter reichen sollte. Was aus dem Projekt wurde, lässt sich nur mehr bruchstückhaft rekonstruieren. Viel wichtiger war, dass um dieses gigantische Vorhaben realisieren zu können, diverse Vorraussetzungen von Proctor Hatschi geschaffen werden mussten.
Da wäre zum Ersten einmal die Bürokratie zu erwähnen, dieser Segen der Menschheit, welcher von Proctor Hatschi unbarmherzig eingeführt wurde!
Zweites musste der Baumeister eine Unmenge neuer Fachbegriffe für die Projektabwicklung erfinden (ROI, TPM, KVP, FMEA, FMECA, SOP, OEE, SBK…), leider verstanden viele sumerische Zeitgenossen diese Sprache nicht und dichteten ihm den Zorn Gottes an, sie behaupteten doch glatt, er sei schuld an einer Sprachverwirrung!

Ein paar Jährchen später, so um 377 vor Christi Geburt, wieder am Vierten Juni kniete ein junger Proctor namens Ramadama in Indien auf dem Boden und in der Hand hielt er eine Tontafel. Das ganze war in einer Schule für Handelsrechnen. Der gestrenge Lehrer, ein Brahmane mit langen weißen Bart, beaufsichtigte die Schüler beim Addieren der Gewinne reicher, fetter Händler.
Er kam in die letzte Reihe und blickte verduzt auf die Tontafel, mit einer merkwürdigen Symbolik, welche sein missratener Schüler Proctor Ramadama mit einem Schilfhalm gegriffelt hatte.
„Was ist das für ein merkwürdiges Ding, da auf deiner Tafel?“ fragte er nach ein paar stutzigen Augenblicken seinen Schützling. Dieser schaute auf und antwortete: „Das ist ein Symbol für das Nichts, ich habe es „Null“ getauft, sehr praktisch!“
Der Lehrer riss die Augen auf und tobte los: „Du Depp, was soll man den mit so einem Symbol anfangen, ein Symbol für NIX, sollen wir etwa aufschreiben, wie viel ein reicher Händler NICHT hat, die wollen wissen, was in ihrem Lager rumliegt und nicht wie viel NICHT rumliegt, na Moment, das Symbol ist doch zu was nutzte, natürlich, als Bezeichnung für dich, du NULL du!“

Wiederrum einige Jahrhundertchen später, im Jahre 344 nach Christi Geburt, diesmal nicht an einem vierten Juni, sondern am elften November im antiken Rom diskutierten einige Gelehrte vor einem großen Publikum über die Gestalt der Erde. Ein gewisser Kosmas Indikopleustes erklärte seinen Schüler, die Erde sei flach und schwimme in einem großen Ozeanus. Aus den hinteren Reihen der Zuhörer meldete sich ein junger Gelehrter namens Proctor Plubus und meinte lautstark: „Nein, die Erde ist eine Kugel! Man erkennt das deutlich am Schatten, bei einer Mondfinsternis oder bei Schiffen, die immer mit dem Kiel oben, über den Horizont auftauchen!“.
Sofort entgegnete ein weiterer Gelehrter, sein Name war Lactantius in Richtung des Kugelgestaltanhängers: „Du Trottulus schon wieder, wie oft soll ich dir noch sagen, daß die Erde flach ist oder wie kannst du mir erklären, dass die Bewohner auf der ‚anderen Seite’ nicht hinunterfallen, etwa mit deiner komischen Anziehungskraft?“
Unter großen Gelächter musste dieser Proctor das Weite suchen, denn einige Zuhörer begannen mit Dreck und Eiern nach ihm zu werfen.

Nachdem die Erfindungen und Entdeckungen der Proctoren bei den dummen Zeitgenossen nicht gerade gut ankamen, entwickelte ein gewisser Proctor Nostradummos eine tolle Methode mit der jede Generation von Proctoren zu viel Geld kommen könnte. Er verkündete nichts geringeres, als den Weltuntergang in seinen Schriften!
Die Vorhersage des Armageddons erfreute sich großer Beliebtheit bei einer großen Leserschaft, es war ein Bestseller und die Kassa klingelte sehr laut.
Jede folgende Generation sagte nun einmal das Ende der Welt vorher und somit hatte jede Generation ihren Kassenschlager und ein sicheres Einkommen. Die Nachfahren des Nostradummos entwickelten auch noch eine Methode um den Gewinn zu maximieren indem sie den Weltuntergang immer in zirka zehn Jahren prophezeiten, denn dann war noch Zeit für eine zweite oder gar dritte Auflage ihrer Schriften und damit verbunden natürlich eine deutliche Steigerung des Gewinnes.
So finanziell abgesichert konnten sich die Proctoren endlich der Naturwissenschaft und Technik widmen, so wie es das Universum für dieses Geschlecht vorhergesehen hatte!

Im Jahre 1753 vermutete ein Proctor Electronos, dass das merkwürdige Zucken von zum Trocknen aufgehängten Froschschenkeln an heißen, schwülen Tagen möglicherweise den selben Ursprung hat, wie die hellen Blitze bei den Gewittern und er beschloss daher kurzerhand einen einzufangen, indem er eine lange Eisenstange auf dem Dach einer Universität in St. Petersburg aufstellte und das ganze mit einer großen eisernen Kugel in einem Labor im Inneren des Gebäudes verband.
Sein Professor, ein gewisser Hr. Richmann wunderte sich über dieses komische Ding, leider tobte draußen gerade ein Gewitter und es kam, wie es kommen musste, ein Kugelblitz, welcher plötzlich aus der eisernen Sphäre hüpfte, tötete den armen Gelehrten auf der Stelle und daher dauerte es noch einige Jährchen, bis die Elektrizität endlich technisch genutzt werden konnte.

Danach wurde es einige Zeit ruhig um das Geschlecht der Proctoren, lediglich am Vierten Juni 1804 nach Christi Geburt wollte Proctor Trevithick eine Dampfmaschine dazu benutzen, um ein Gefährt auf zwei eisernen Stangen fortzubewegen und zwar ganz ohne rossknödellegende Pferde!
Das funktionierte recht gut, allerdings behaupteten die restlichen Gelehrten, dass es NIE möglich sein werde Leute damit zu transportieren, da jeder vernünftig denkende Mensch weiß, dass einem Mann der Kopf platzt, wenn man schneller als 30km/h fährt, daher soll er seine Dampfmaschine wieder nehmen und in einem Bergwerk zum Wasserpumpen benutzen, denn ausschließlich dafür sei ja diese Maschine erfunden worden!
Die minderbemittelten Zeitgenossen sind in keiner Epoche daran interessiert einem Genie zu helfen oder es gar aufkommen zu lassen, denn dadurch würden sie ja tagtäglich an ihre Mittelmäßigkeit erinnert werden und wer will das schon.

Ein eher unbekannter Vertreter der Proctoren, sein Name war Professor Astrolügus, versuchte verzweifelt zu beweisen, dass es sich bei der Astrologie um eine exakte Wissenschaft handelt und nicht, wie viele gemeine Zeitgenossen behaupteten, nur um Hirngespinste.
Er versuchte einen bisher unbekannten Planeten dadurch zu finden, dass er die Horoskope mit dem tatsächlichen Schicksal einer Vielzahl von Testpersonen verglich. Seine These lautete, dass die Prognosen deshalb nicht stimmen, weil ein noch unentdeckter Planet in irgendwelchen Sternbildern steht und natürlich nicht berücksichtigt wird. Indem er nun also die erstellten Horoskope mit dem tatsächlichen Lauf des Schicksals seiner Testpersonen verglich, versuchte er aus der Abweichung die Position dieses unbekannten Gestirns zu berechnen. Leider wurde kurze Zeit vor dem Ende seiner Versuchsreihe der Planet Neptun entdeckt und zwar aus den Abweichungen der Bahn des Planeten Uranus. Wie heißt es so schön? Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!

So ging das weiter, Generation um Generation, so musste sich ein Proctor Lufticus anhören als er gerade dabei war das erste Himmelsfahrzeug schwerer als Luft zu bauen, dass wenn Gott gewollt hätte, das der Mensch fliegt, er ihm zwei Flügel hätte wachsen. Zwei Generationen später, um das Jahr 1990 behauptete zum Beispiel ein gewisser Bill Gates, dass man garantiert niemals mehr als ein Megabyte Speicher in einem Personal Computer benötigen wird und so wurde der nächste Proctor, sein Name war Memus, gezwungen seine innovativen Entwicklungen in der Computertechnik anzubrechen.

Es gab auch Vertreter des Geschlechtes, welche eher unbedeutende, fast unbemerkt gebliebene Geniestücke lieferten, die aber trotzdem nicht dem Vergessen anfallen sollen.
In Europa zu Beginn des Zweiten Jahrtausends gab es eine Fernsehshow namens „Wetten Dass!“. Hier konnte jedermann alles mögliche Wetten und dabei Preise gewinnen.
Einem Proctor Flatus gelang es dabei, Hundert Menschen nur an Hand des Duftes und Geräusches ihrer Fürze zu erkennen. Er wurde mit diesem Wagnis Wettkönig und für kurze Zeit berühmt.
Was jedoch die wenigsten wissen ist, dass genau dieser Proctor Flatus auch eine aufsehenerregende Theorie zu dem merkwürdigem Problem der versinkenden Vor- und Kleinstädte aufgestellt hatte. Jahrtausende lang wuchsen Städte immer in die Höhe, sehr eindrucksvoll ist das im Zweistromland zu sehen, wo viele Hügeln aus der ebenen Landschaft ragen, das waren einmal alte Metropolen, welche im Laufe der Jahrhunderte Schicht für Schicht auf ihrem eigenen Bauschutt in die Höhe wuchsen, sozusagen eine Generation auf der andern.
Irgendwann im Zwanzigsten und Einundzwanzigsten Jahrhundert terranischer Zeitrechnung begann sich dieser Trend jedoch umzukehren, vor allem Vor- und Kleinstädte mit vielen Einfamilienhäusern waren davon betroffen, nach Jahrzehnten verschwanden schon einige regelrecht in riesigen Löchern.
Proctor Flatus stellte nun die Theorie auf, dass das weit verbreitete Spießbürgertum für dieses Einsinken verantwortlich wäre, denn die konservativen Bewohner dieser Idyllen mähten brav jede Woche ihren Rasen und schnitten auch schön artig ihre Hecken, immerhin handelte es sich dabei auch meistens um ihren geistigen Horizont!
Das abfallende, organische Material musste dabei immer wieder abtransportiert werden und so entstand im Laufe der Jahrzehnte ein schleichender Masseverlust, welcher deutlich im Absinken der Provinzstädte zu erkennen war und ist.

Viele Jahrhunderte später lebte ein Proctor namens Hyperlux, dieser behauptete eine Möglichkeit gefunden zu haben, schneller als das Licht zu reisen. Sofort versammelten sich sämtliche Physikprofessoren des Solarsystems, staubten ihre Einsteinstatuen ab und brüllten im Chor: „Nichts bewegt sich schneller als das Licht!“. Proctor Hyperlux antwortete daraufhin: „Stimmt, darum muss man ja auch das Licht beschleunigen, nennen wir das ganze VLS, Theorie der Variablen Lichtgeschwindigkeit! Vorläufer meiner Theorie gibt es schon seit dem Ende des Zwanzigsten Jahrhunderts!“.
Alle Physikdoktoren lachten ihn schallend aus und die Theorie verschwand in den Speicherbänken der Universitäten. Doch als diese Generation Wissenschaftler endlich alle tot waren, konnte schließlich der erste sogenannte „Hyperantrieb“, gemäß der Theorie des Proctor Hyperlux gebaut werden.

Mit Hilfe dieses Triebwerkes begann die Menschheit das All zu durchstreifen und entdeckte die große galaktische, leicht konfuse Kooperative mit ihrer Hauptstadt Galactoproz und Millionen von Alienrassen, die um keinen Deut intelligenter sind als die haarlosen Affen des Planeten Erde.
Hier beginnen die Abenteuer unseres wohlbekannten Proctor Silex, der stolz zurückblickt auf eine lange Ahnenreihe voller Genies, aber doch immer in die Zukunft Richtung Sterne strebt um seine Altvorderen zu übertreffen an Erfindungsreichtum und Innovation immer auf der Suche nach Dingen, die noch gar nicht verloren wurden!
 
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