286


2 Seiten

Ein tragischer Fall von Schweinegrippe

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
Seit Heinz aus Mexiko zurückgekommen war, fühlte er sich nicht wohl. Sein Hausarzt hatte ihn nach gründlicher Untersuchung ins Krankenhaus eingewiesen.
Diagnose Schweinegrippe, eine schwere Verlaufsform. Sie hatten ihn sofort dagegen geimpft. Mehrere Untersuchungen folgten, Blut wurde ihm abgezapft. Die Mediziner schienen ratlos.
Später hatte ihn der Arzt mit betrübter Miene darüber aufgeklärt, dass man ihm eine neue Leber einsetzen müsse. Das alte Organ stände kurz davor zu versagen.
Heinz hatte sich die ganze Nacht herumgewälzt, das reißen und ziehen im Körper war immer heftiger geworden.
Am Morgen wurde er dann operiert.

Als Heinz benommen erwachte war ihm komisch, ja richtig seltsam zumute. Er öffnete die Augen, schaute an seinem Körper herunter und erschrak. Sein Fleisch hatte eine seltsam rosige Färbung, sein Bauch war wie aufgequollen und wölbte sich dramatisch vor. Auch war er von dicken Borsten überwuchert. Er wälzte sich aus dem Bett und stand auf wackeligen Beinen. Seine Schenkel sahen aus wie Keulen und als er sich umdrehte um seine Rückseite in Augenschein zu nehmen, sah er erschrocken zwei feiste, pralle Backen, die bei jeder Bewegung zitterten. Und was ihn am meisten entsetzte, am oberen Rand der beiden fülligen Backen wuchs ein rosa Schwänzchen heraus. Panisch wackelte Heinz, ja rennen konnte er nicht mehr, zum nächsten Spiegel. Er riskierte ein Auge und starrte in das Gesicht eines Schweines.


„Ja, das ist bedauerlich, aber bei jeder Transplantation kann es zu Nebenwirkungen kommen, zumal nach einer Impfung. Sie lagen zwei Wochen im Koma. Ich bin wirklich froh, dass sie noch am Leben sind.“ Ein Mann im weißen Kittel war unbemerkt an Heinz herangetreten.
„Wir wissen davon, diese Komplikation kann bei sehr wenigen Fällen vorkommen. Sie sind der erste Fall, den ich in Natura sehe, wirklich sehr interessant. Aber da das Risiko im Vergleich zur Schwere ihrer Erkrankung sehr gering war, mussten wir handeln. Die Infektion hat ihre Leber zersetzt. Wir mussten ihnen die Leber eines Schweines transplantieren, das kommt noch dazu. Sonst wäre das nicht passiert. Und dazu die vorherige Impfung. Wir haben schnell gehandelt, um ihr Leben zu retten.“

„Ihr Körper nimmt langsam die Gestalt eines Schweines an. Wussten sie, dass Mensch und Schwein sich physiologisch gesehen sehr ähnlich sind?“
Der Arzt klatschte ihm auf die rosige Backe.
„Dummerweise hat das Tier vorher Wachstumshormone bekommen, um es zu mästen.“
Er unterbrach, „Sie wissen, dass Schweine mit menschlichen Wachstumshormonen gemästet werden, ja?“
Heinz stand noch unter Schock und nickte teilnahmslos
„Nun, das setzt sich bedauerlicherweise bei ihnen fort. Ihr Körper setzt überraschend schnell Muskelmasse und Fett an. Normalerweise wäre das nicht passiert. Wie gesagt, bei ihnen ist es irgendwie dumm gelaufen.“
Er umrundete Heinz und musterte seinen Körper interessiert.


„Schon bald müssen wir sie leider umklassifizieren, ihr Genpool besteht dann mehrheitlich aus Schweinegenen. Ein interessanter Fall aus medizinischer Sicht. Sie verstehen? Sie sind dann bei allem Wohlwollen nicht mehr als Mensch zu betrachten.“
Heinz starrte den Arzt entsetzt an.
„Aber wir werden sie natürlich hinterher gründlich untersuchen, um den bedauerlichen Fehler zu finden.“
„Wie hinterher?“ stotterte Heinz?
„Nun wir fühlen uns verpflichtet, das Versehen aufzuklären, damit das in Zukunft nicht mehr passiert. Ich denke, dass wir in ihrer Hirn DNA den Fehler isolieren können.“
„Wie? In meinem Gehirn, aber sie können doch nicht!“ Heinz wurde bleich.

„Da sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als Mensch gelten, kommen natürlich auch die Menschenrechte nicht mehr für sie infrage. Wir werden ihr Gehirn entnehmen und es gründlich analysieren. In den Dünnschnitten werden wir das Geheimnis ergründen. Wie gesagt, für sie bedauerlich. Aber wir müssen auch an den medizinischen Fortschritt denken.“

Er trat an Heinz heran, drückte einen Finger in dessen weichen Bauch, formte eine Speckrolle und lachte. „Und hinterher, dann werden wir das angenehme mit dem nützlichen verbinden, sie verstehen? Sie wissen doch, was die Bestimmung eines Schweines ist?“
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Hallo Wolfgang,
da ist dir aber auf die Schnelle etwas sehr Gutes geglückt. Makaber zwar, aber saugut.


doska (09.11.2009)

Ich kann nur lobend mit einstimmen. Sehr gute Satire. Zum Grunzen komisch, trotz aller Dramatik. Und so sollte eine Satire auch sein, dass man all das Schreckliche auch mal weglachen kann.

Jochen (07.11.2009)

Boah, der reinste Horror. Dieser Mensch ist wirklich ein armes Schwein und dass -diesmal - in ganz wörtlichem Sinne. Sehr gelungen und obwohl es eigentlich fürchterlich makaber ist, irgendwie doch zum Schmunzeln.

Petra (07.11.2009)

man könnte hier ja so einiges hinein interpretieren - der missbrauch beginnt mit der unnatürlichen tierhaltung zum zwecke des verzehrs, das tier, in diesem falle das schwein, rächt sich mit der krankheit, obwohl der name schweinegrippe ja in echt nicht den kern trifft, weil sie nicht durch das schwein übertragen wird. die krankheit zerstört die leber, die leber des schweins wird dem menschen transplantiert, mit nebenwirkungen, er wird zum schwein, und weil der mensch kein schwein ist, sein sollte, lach, wird er geschlachtet und so wieder dem menschen als fraß vor die füße, äh, in den magen geworfen. so beginnt ein ewiger kreislauf, bis der mensch sich selbst aufgefressen hat. schön makaber mit einem ernsten hintergrund.
gruß von


rosmarin (06.11.2009)

Wir können ja eine H1nX-Spalte aufmachen, da sammeln wir alle "Seuchengeschichten". H1N1 und H1N5 haben wir jetzt ja bereits auf dieser Seite vertreten. :-)

Hätte nach meinem Geschmack noch mehr auf die Spitze getrieben werden können, doch das ist subjektiv.


Killing Joke (06.11.2009)

Die Story wurde angeregt durch die stattfindende Diskussion. Wenn man dazu noch etwas den Hang zum Makaberen hat, kommt so etwas heraus.

Ich habe dazu eine etwas ältere Geschichte noch einmal generalüberholt und angepaßt.


Wolfgang scrittore (06.11.2009)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Ausschnitte und Abstecher nach Wien (In den Hügeln der Montagnola)  
Es geht weiter In den Hügeln der Montagnola)  
Eine weitere Episode aus der Toscana  
eine anstrengende Tour und relaxen in Bagno Vignoni (In den Hügeln der Montagnola)  
Kleiner Auszug mit meinen Protas  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De