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Organmafia

Schauriges · Kurzgeschichten
„Ja, hallo?“ Henning meldete sich am Telefon.
Eine heisere, offensichtlich verstellte Stimme zischte in den Hörer
„Wenn du die Serie nicht sofort stoppst, bist du dran. Wir wissen, wo du wohnst. Freu dich schon mal auf unseren Besuch.“

Dann legte er auf. Seit Henning die Artikelserie über die Organmafia angefangen hatte, bekam er seltsame Anrufe. Meistens waren die Botschaften mit subtilen Drohungen verbunden, die jedes Mal massiver wurden.

Morgen würde Henning die grauenhafte Tatsache enthüllen, was mit den Menschen passierte, wenn man ihnen die Organe entnommen hatte. Aus sicherer Quelle hatte er erfahren, das es in diesem ehemaligen Ostblockland eine Anlage gab, indem die Körper der ausgeweideten Opfer fachgerecht zerlegt, das Fleisch dann von Veterinären als Schweinefleisch deklariert und Portionsweise eingefroren wurde. Das tiefgekühlte Fleisch wurde Containerweise in Kühltransportern von Speditionen, die der Mafia nahe standen oder verpflichtet waren, an ausgesuchte von der Mafia kontrollierte Restaurants in Westeuropa geliefert. Diese Lieferungen erfolgten nach Hennings Kenntnissen im Wochenrhythmus. Kein Zöllner konnte erkennen, dass es sich dabei nicht um Schweinefleisch handelte. Dazu brauchte man ausgefeilte, langwierige Untersuchungsmethoden. Das Fleisch wurde eingeweihten Gourmets von Spitzenköchen zubereitet serviert und konnte gar nicht so schnell geliefert werden, so groß war die Nachfrage. Menschliche Organe brachten exorbitant hohe Gewinne, menschliches Fleisch holte schnell auf.

Die Opfer waren nicht nur unfreiwillige Organspender, sondern auch in Ungnade gefallenen Prostituierte und vor allem Jugendliche und Kinder. Jedes Jahr verschwanden allein in Deutschland Tausende von Jugendlichen spurlos, nur wenige tauchten wieder auf.

Vor kurzem war ein Restaurant bei einer Razzia in Belgien aufgeflogen. Entsetzte Beamte hatten zuerst menschliche Hände in einem Abfallbehälter gefunden. In mehreren Kühltruhen fanden sie dann menschliche Arme und drei Oberschenkel. Ein verängstigter Küchenhelfer gestand, dass andere Schenkel bereits zu Steaks verarbeitet und zum Teil im Restaurant serviert worden waren.

In Berlin hatte das Gesundheitsamt nach einem anonymen Hinweis in einer Nacht- und Nebel Aktion aus mehreren Supermärkten abgepackten Kochschinken beschlagnahmt. Der Verdacht, dass es sich um Menschenfleisch handelt, bestätigte sich nach einer Untersuchung. Offensichtlich hatte ein Fleischgroßhändler größere Mengen menschlicher Hinterbacken unter anderem zu Kochschinken verarbeitet und auch an einige Pizzerien geliefert, die der Mafia nahe standen.
Er gab an, eine Palette davon als tiefgefrorenen Schinken ohne Speck und Schwarte, gekauft zu haben. An den Lieferanten wollte er sich zuerst nicht erinnern. Dann gab er zu, durch eine Email auf eine Internetseite geführt worden zu sein. Alles schien legal zu sein.

Der zuständige Veterinär bestätigte hinterher, dass man weder mit bloßem Auge, noch durch Geruch oder Geschmack einen Unterschied zu Schweinefleisch bemerken würde.
Er hatte sich auf die Frachtpapiere verlassen, das Fleisch einer sensorischen Kontrolle unterworfen und freigegeben.

Er äußerte ferner, dass in keinem Falle gesundheitliche Risiken durch den Verzehr von Menschenfleisch entstehen würden.

Das etwa stand in dem Artikel, der morgen erscheinen würde.

Hennings Telefon klingelte. Er saß im Büro und redigierte die Folge, die morgen erscheinen sollte.
„Du hast den Bogen überspannt mein Freund, leider hast du auf unsere Warnung nicht reagiert. Jetzt musst du die Konsequenzen tragen.“

Dieselbe heisere Stimme wie schon die Male zuvor, stieß diese Drohung aus. Dann legte er auf.

Der Artikel war heute Morgen erschienen, jetzt war es kurz vor der Mittagszeit. Henning war verunsichert. Jetzt riefen sie schon in der Redaktion an. Sie schienen ihn wirklich genau zu beobachten.

Außer Henning war niemand im Büro. Er fuhr seinen Computer herunter und beschloss heute früher zum Essen zu gehen. Ein Kollege hatte Henning auf einen Geheimtipp in der Stadt aufmerksam gemacht.

Das Lokal befand sich in einem finsteren Hinterhof in der Altstadt. Von außen wirkte es unscheinbar. Henning betrat das Lokal, niemand schien anwesend zu sein. Plötzlich spürte er eine innere Unruhe, das Gefühl in eine Falle gegangen zu sein.

Henning wollte wieder umkehren, da verspürte er einen heftigen Schlag, der ihn sofort ins Reich der Träume schickte.

Als Henning wieder zu sich kam brummte sein Schädel, der Nacken schmerzte und er hatte ein seltsames Gefühl im Magen. Henning wollte sich aufrichten, doch er konnte sich kaum bewegen, alles war taub. Henning lag in einem kalten steril wirkenden Raum. Es sah aus, wie eine große Restaurantküche. Er fror. Als Henning seinen Kopf leicht anhob, sah er dass er splitternackt auf dem gefliesten Boden lag.
Ein südländisch wirkender Typ mit Pferdeschwanz beugte sich über Henning und grinste ihn an.

„Was soll das? Binden sie mich sofort los, das ist Freiheitsberaubung“ krächzte Henning mit rauer Kehle, dabei musste er sich mehrfach räuspern.

„Sachte, sachte mein Freund, wir haben dich gewarnt. Leider wolltest du nicht auf uns hören.“
Dabei kniff er Henning grob in die Hüfte. Er erkannte zu seinem Entsetzen die heisere Stimme vom Telefon.

„Du weißt einfach zu viel, das ist sehr ungesund für dich. Was fangen wir nur mit dir an?“ Er schüttelte seufzend seinen Kopf.

Dann ging er neben Henning in die Hocke und musterte ihn eindringlich. Er fuhr mit der Hand über Hennings Bauch und befühlte sein Fleisch mit spitzen Fingern. Henning hielt unwillkürlich die Luft an. Die Hand grub sich in Hennings Fleisch und formte Rollen aus der etwas zu üppigen Speckschicht, die dessen Bauch polsterte. Dann überzog ein breites Grinsen sein Gesicht.

„Auch missliebige Journalisten verschwinden immer wieder. Das hast du in deinem Artikel vergessen. Dein Kollege hat dich gut beschrieben, bei der Schreibtischarbeit setzt der Körper Fett an. Dein Fleisch wird eine Bereicherung für unsere Speisekarte sein. Dein Kollege hat sich eine Belohnung verdient, er wird unser Gast sein, wenn wir dich servieren. Auch wenn er nicht weiß, was für einen Leckerbissen er vorgesetzt bekommt.

Dann rollte er Henning auf den Bauch und fuhr mit den Händen über seine Rückseite. Er betastete prüfend Hennings Schenkel und griff ihm dann mit beiden Händen ins Gesäß.

„Du bist gut gemästet, das sind richtige pralle Büroschinken, die sind zwar schon etwas fett, aber überaus delikat. Höchste Zeit, deinen Körper einer angemessenen Verwertung zuzuführen. Don Luigis Salami ist heißbegehrt“

Dann stieß er Henning eine Spritze ins Gesäß und es wurde wieder dunkel um ihn.
 
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Kommentare  

Ja, Sommerliebe hat auch mir sehr viel Freude gemacht. Hierbei muss ich allerdings Jochen Recht geben. Trotzdem ist diese Geschichte hier gut geschrieben und spannend.

Petra (27.12.2009)

Demnächst kommen andere Themen und Sommerliebe war doch auch etwas Anderes, oder?

Ein schönes Restjahr noch an alle Leser und Schreiber


Wolfgang scrittore (26.12.2009)

Mafia hin Mafia her. Natürlich kann alles Mögliche möglich sein. Aber ist das Schlachten nicht auch dein "Lieblingsthema"? Ich meine, ich habe jetzt schon mehrmals so etwas Ähnliches von dir gelesen. Ich will dir nicht zu nahe treten, aber irgendwie hast du dich bei diesem Thema festgefressen, richtig? Ansonsten schöner Schreibstil. Aber wie gesagt, immer das Gleiche!

Jochen (25.12.2009)

Jedes Jahr verschwinden in Deutschland zehntausende Menschen. Einige von ihnen tauchen wieder auf, die meisten bleiben spurlos verschwunden. Viele, besonders junge Menschen werden Opfer der Organmafia. Ob die Mafia die neue Geldquelle schon entdeckt hat? Sonst läßt sie sich doch keinen profitablen Handel entgehen.

Wolfgang scrittore (25.12.2009)

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