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Mobbing

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
Mobbing
Er zupfte sein großes gepunktetes Taschentuch aus der Tasche seiner ausgebeulten Cordhose und fuhr sich damit über die rosige Glatze. Karl-Heinz
geriet leicht ins Schwitzen, besonders wenn sich seine liebe Bürovorsteherin Karin wieder eine ihrer Bosheiten für ihn hatte einfallen lassen. Dunkle
Schweißflecken zeigten sich auf seinem Hemd. Sein Hosenboden klebte am Bürostuhl. Unruhig rutschte er hin und her. Karl-Heinz hatte Schwierigkeiten
sich auf seine Rechnungen zu konzentrieren.

„SCHREINER! In einer Stunde will ich die Ergebnisse haben“ zerriss ihre schneidende Stimme seine Konzentration.
Wie er das hasste. Warum nannte sie ihn nicht Herr Schreiner? Niemals würde er es wagen, sie nicht mit Frl. Doktor von Hagen anzureden. Nicht einmal in
seinen Träumen käme er auf die Idee, sie Karin zu nennen. Obwohl, manchmal stahl sie sich in seine Träume.

Er bückte sich ungeschickt, um den zu Boden
gefallenen Füllfederhalter wieder aufzuheben. Dabei stieß er mit seinem Hinterteil gegen den Eingangskorb, und die ganze Post ergoss sich über den
grauen Teppichboden.

„Mein Gott Schreiner, sehen sie sich an, was sie wieder angerichtet haben“
keifte Karin. Ihre rote Mähne flog um ihr Gesicht, das sich rosig verfärbt hatte.

„So lassen sie doch die Post. Ich will in fünfzig Minuten eine exakte Aufstellung haben, sonst werde ich ernstlich ungehalten.“ Ihre grünen Augen
blitzten ihn an.

Er schluckte den Kloß herunter, der sich in seinem Hals gebildet hatte, hektische Röte überzog sein Gesicht, sein Magen revoltierte. Er riss einen
Beutel Riopan auf und drückte sich den Inhalt auf die Zunge. Schwer schluckte er daran.

Die Tür flog auf, und Susi der Lehrling wirbelte herein. Grinsend betrachtete sie das Chaos. Sie deutete mit ihrem Zeigefinger auf Karl-Heinz und fragte kichernd.
„Hat Dickerchen das angerichtet?“

Karl-Heinz duckte sich über seine Kontenblätter und füllte pedantisch säuberlich die Kästchen aus. Wie gestochen sahen die Zahlen aus. Mit einigem Stolz betrachtete er sie.
Sein Nacken färbte sich unter dem exakt gestutzten Haaransatz puterrot, als er ihre flüsternd geführte Unterhaltung mithörte.

Karins Gesichtsfarbe, die je nach Stimmungslage wechselte, näherte sich wieder dem normalen. Sie liebte es, ihre vornehme Blässe, wie sie es nannte
mit diversen Utensilien zu unterstreichen. Heute gaben ihr die sorgfältig gemalten schwarzen, langen Wimpern, der beinahe violette Lidschatten, die
dunkelroten Lippen und der lange vor dem Spiegel einstudierte Gesichtsausdruck etwas dämonisches.

„Was dachtest du denn? Der Kerl ist unmöglich. Er braucht jedes Mal Stunden, dann muss ich noch jedes Blatt nachrechnen, und als Höhepunkt wirft er mit
seinem fetten Arsch noch die ganze Post herunter.“

Susi lachte lauthals und rollte sich eine Locke ihrer blonden langen Haare um den Finger.
„Du, Peter würde gern mit dir zusammenarbeiten. Neulich hat er wieder von dir geschwärmt. Du weißt doch, Peter vom Einkauf. Der süße Dunkle mit dem
Knackarsch. Aber da musst du erst noch Heinzi entsorgen.“ Bedauernd zuckte sie ihre schmalen Schultern.

Karin lehnte sich in ihrer ganzen Länge zurück und grinste. Sie genoss die Situation, sie liebte es, ihre Macht auszuspielen.
„Schreiner, sie haben noch fünfunddreißig Minuten Zeit. Um 16.00 Uhr ist die Konferenz. Lassen sie sich schon mal eine plausible Ausrede einfallen.
Ich werde Dr. Martinek berichten müssen, das sie leider etwas überfordert sind.“

Karin erhob sich, reckte ihre schlanken, sportlichen einsfünfundsiebzig, schob ihre feingliedrigen Hände in die Gesäßtaschen ihrer engen blauen Jeans, schlenderte zu Karl-Heinz` Schreibtisch und beugte sich über seine Schulter.

Der Duft ihres Parfüms stieg ihm in die Nase. Aus den Augenwinkeln bot sich ein schneller Blick auf ihren Blusenausschnitt. Sie bemerkte es mit einem leicht süffisanten Kichern.

„Schreiner, Schreiner, ich fürchte, sie werden Überstunden machen. Was wird ihre Mutter nur dazu sagen, wenn sie nicht pünktlich sind?“
 
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Kommentare  

Hi Wolfgang,
ich frage mich, was die Mobbing-Geschichte sagen sollte, wenn sie abgeschlossen war. Wieso hast du Karl-Heinz nicht mal auf die Frage antworten/reagieren lassen?
Ohne Fortsetzung funktioniert sie nicht...

Liebe Grüße Dubliner Tinte


Pia Dublin (09.01.2010)

Da habt ihr ja einen interessanten Vorschlag gemacht. Mal sehen, was daraus wird.

Wolfgang scrittore (06.01.2010)

Ja, eine Fortsetzung würde auch mir gefallen, denn es ist alles flüssig und gut geschrieben.

Petra (06.01.2010)

ja, geht es denn weiter?
wenn nicht, würde ich doch eine pointe am schluss vermissen... ;))
lieben gruß


Ingrid Alias I (06.01.2010)

Ganz kleinlich gesehen: Wenn die Cheffin es macht, ist es Bossing, nicht Mobbing. ;0)

Wird Karl-Heinzi sich wehren oder resignieren? Ich glaube, seine Reaktionen darauf sind das interessante an der Situation.

Wann geht's weiter?

Liebe Grüße Dubliner Tinte


Pia Dublin (05.01.2010)

Tja, aber so ganz klar ist mir nicht, was die Chefin nun mit ihrem Untergeben anstellen wird - denn sie will ja eigentlich den anderen Typ, den sie beim Einkaufen kennen gelernt hat, als Angestellten haben.

Jochen (05.01.2010)

eine ganz alltägliche Bürosituation, oder nicht?

Wolfgang scrittore (05.01.2010)

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