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Die Nymphe im Gartenteich

Fantastisches · Kurzgeschichten
Da war eine Wohnanlage. Viele Privathäuser mit großen Gärten, allesamt gepflegt und akkurat beschnitten. Ganz oben auf dem Berg, am Ende der Anlage, mit einem schönen Blick auf die Stadt, da stand ein Häuschen. Ja anders konnte man es nicht bezeichnen, ein altes, kleines Häuschen mit einem geradezu riesigen Garten. Im Gegensatz zu all den anderen Gärten war dieser nicht so akkurat angeordnet. Dieser Garten wurde nur ganz vorsichtig und wenig zugeschnitten. Die Büsche und Bäume und all die Blumen durften einfach wachsen, wie sie es wollten. Als das kleine Haus, mit dem blauen Fensterläden gebaut wurde, da war es weit außerhalb der Stadt und stand ganz alleine dort oben, ganz oben auf dem Berg. Damals waren große Gärten wichtig um versorgt zu sein und dieser hier wurde ganz liebevoll angepflanzt und nicht strikt unterteilt. Wie es eben üblich war, um schädliche Insekten von bestimmten Pflanzen fernzuhalten, in einer Zeit wo so etwas wie Pestizide, wenn es sie überhaupt schon gab viel zu teuer waren für gewöhnliche Leute. So also stand der Knoblauch zwischen den Rosen und Lavendel und Rosmarin zwischen dem Gemüse. Es gab da in diesem Garten natürlich ein Gemüsebeet und einen eigenen Kräutergarten, der sich nach Südwesten ausgerichtet direkt am Haus befand, gleich neben der Veranda. Wenn man in lauen Abendnächten dann dort saß, im Licht von Öllaternen und die Kräuter und Blumen ihren Duftschleier über den ganzen Garten breiteten und die Nachtigall mit den Grillen wetteiferte, dann konnte man fast glauben, dass sich hier Feen und Märchengestalten verbargen. Wie alt nun aber genau das Häuschen und der Garten waren, das wusste niemand.

Es gab auch verschiedene Blumenbeete. Doch das schöne in diesem Garten war, dass die Beete keine wirklich festumrissene Grenzen hatten. Was außerhalb zu wachsen gedachte, das durfte auch außerhalb wachsen. Und niemand dachte daran es von dort zu entfernen, denn die Pflanzen wussten schon, wo es ihnen gut ging.
Zu diesem Haus gehörte auch ein kleiner Schuppen, der im Osten des Gartens stand. Ganz aus Holz gebaut, gut gepflegt enthielt er Werkzeug und Holz. Das meiste davon Brennholz, doch einige besondere Stücke, die sollten nicht verbrannt werden. Die waren dazu gedacht um sie zu schnitzen und zu bearbeiten und kleine Kunstwerke daraus zu schaffen, die dann später im Garten landeten und dort ihren ganz eigenen Zauber verbreiteten. Gleich neben diesem Schuppen strebte ein schöner Holunderbusch empor. Efeu, Wein und Kletterrosen rankten sich nicht nur an der Seite des Häuschens in die Höhe, nein auch eine Seite des Schuppens war ganz und gar damit überwachsen.
Von außen in den Garten hineinzusehen war nicht einfach, da entlang des alten, hölzernen Gartenzauns eine Vielzahl an verschiedenen Büschen und Heckengewächsen wuchsen. Da waren neben Ginster und Haselbusch, auch Goldregen, Flieder, Johannisbeeren und Holunder zu finden. Zwischen ihnen hatten sich Himbeer- und Brombeersträucher, sowie dichtgewachsene Heckenrosen angesiedelt. Dazwischen stachen Birken und Erlen hervor. Besonders am Nordrand des Gartens, da wo die Zufahrtsstraße vorbeiführte waren die Büsche ganz besonders dicht gewachsen und ließen keinen neugierigen Blick in den Garten dringen.

Doch der schönste und geheimnisvollste Platz in diesem Garten befand sich im Nordwestlichem Eck. Dort befand sich der Gartenteich. Nun eigentlich konnte man nicht wirklich Teich dazu sagen, denn eigentlich war es eine gefasste Quelle, die sich in einer Art künstlichem Minnibachlauf ergoss und dann in einem kleinen Wasserfall in ein Becken aus Natursteinen mündete, das von der Form her entfernt an eine Träne erinnerte. Zwei große Frösche aus Stein spuckten links und rechts des Wasserfalls überschüssiges Wasser in das Becken. Es war auch mit einem schmalen Streifen von Natursteinen eingefasst. Drumherum befand sich sattes, grünes Grass und zarte kleine Wildblumen. Kleine Wasserpflanzen hatten sich an dem künstlichem Bachlauf angesiedelt und zwei schöne Teichrosen und Schilf wuchsen in der Mitte des Beckens. Dieser Ort befand sich, wie schon gesagt, im Nordwestlichem Eck des Gartens und lag immer teilweise im Schatten. Die Büsche und Bäume waren dort an dieser Stelle des Gartenzauns so dicht gewachsen, so dass man, stand man davor, das Gefühl hatte in einen Wald zu blicken. Kleine Kletterrosen wuchsen zwischen den Büschen und Sträuchern. Erstaunlicherweise waren diese Rosenblüten ganz klein und fast schon schlicht. Was aber am meisten verwunderte war, das eine der Rosen schneeweiß blühte und die andere von so einem dunklem rot, das es wie schwarz wirkte.

Es erschien der jungen Frau, die das Becken nun schon geraume Zeit betrachtete , so als wollten die Pflanzen diesen Teich vor jedem Blick von außerhalb des Gartens schützen. Und es stimmte, von draußen konnte man ihn nicht sehen. Irgendwie hatte der Ort eine Ausstrahlung, die sie an etwas Verwunschenes und Geheimes denken lies.
Ja als wäre dieser Gartenteich, das Geheimnis von diesem wundervollem Garten. Er war erstaunlich tief, dieser Teich, über zwei Meter und es gab Fische darin! Kleine blasse, silberfunkelnde Fische, die ab und an aus der Dunkelheit bis an die Oberfläche kamen um dann, schnell wie ein Gedanke wieder in der dunklen Tiefe des Teiches zu verschwinden. Eigentlich, so spann sie ihre Gedanken weiter, wirkte der gesamte Garten mitsamt diesem schmucken, kleinem Haus wie ein verwunschener Ort, oder als hätte man ihn direkt aus einem Märchen gepflückt und in die Wirklichkeit gepflanzt. Ein Lächeln fand den Weg auf ihr Gesicht. Sie hatte das Anwesen gerade gekauft und jetzt gehörte ihr das alles.
Selbst in dieser einfachen Handlung lag etwas seltsames, denn eigentlich war Haus und Grundstück viel mehr wert, als sie aufbringen konnte. Doch die alte Dame, die aufgrund ihres Alters das Haus nicht mehr halten konnte und die auch sonst niemand hatte, nun diese alte liebe Dame hatte es ihr verkauft. Sie hatte nur den Namen der jungen Frau gehört und schon gefragt, wie viel sie denn zahlen könnte. Die junge Frau lächelte nun breiter. Ihr Name war auch schon sehr seltsam. Elena Hoffnung!
Das war kein Witz, Elena hieß mit Nachnamen tatsächlich Hoffnung und Elena kam von Helena und bedeutete soviel wie die Strahlende. Elena war Künstlerin und sie hatte ihre drei kostbarsten und sehr geliebte Kunstwerke verkauft um dieses Haus zu kaufen. Sie bereute es nicht.

Ihre vier Katzen fühlten sich hier in diesem Garten mehr als wohl und sie selbst auch. Alleine schon die Ausstrahlung des Ortes bewegte sie so tief, so dass sie aus der Erinnerung den Garten gemalt hatte. Das große Bild war ihr wunderbar gelungen und sie hatte es der vorherigen Besitzerin zum Abschied geschenkt. Die alte Dame mit Namen Maria Goldherz hatte nur gelächelt und sich bedankt. Zum Abschied hatte sie der jungen Frau noch zugeflüstert das der Garten um vieles älter sei als das Haus und sein eigenes Geheimnis hütete. Goldherz, auch ein sehr ungewöhnlicher Name, fand zumindest Elena.
Die junge Frau war sich sicher, dass dieser seltsame, verwunschene Teich etwas mit diesem Geheimnis zu tun hatte und so hatte sie Nachforschungen betreiben. Dabei fand sie heraus, das das Haus obwohl schon beinnahe Neunzig Jahre alt, bereits das dritte Gebäude war, das man auf der selben Stelle errichtet hatte. Der Garten selbst war wohl an die Zweihundertfünfzig Jahre alt, jedenfalls war das die erste schriftliche Aufzeichnung, die darauf schließen ließ. Elena hatte sofort an die riesige Linde denken müssen, die den Nordosten des Garten beherrschte. Neugierig geworden hatte sie einen Sachverständigen beauftragt den Baum zu schätzen und die Schätzung des Mannes lief auf ein ungefähres Alter des Baumes von über Zweihundert Jahren hinaus. Und bestätigte damit natürlich die Vermutungen der jungen Frau.

Elena blickte noch immer auf den Teich in ihrem Garten, während ihre Gedanken um das Geheimnis herumschweiften. Sie selbst und Maria Goldherz waren nicht die einzigen Frauen mit ungewöhnlichen Namen, die diesen Ort bewohnt hatten. In den alten Aufzeichnungen waren nicht alle eingetragen, aber zumindest einige. Da gab es eine Lucinda Waldruh, eine Familie Gutmut, eine Ottilie Freundlich, eine Bella Schön, eine Anabella Lieblich und die Frau, die als erste erwähnt wurde und mit Nachnamen Gütig hieß. Elena runzelte die Stirn. Das alles war schon seltsam. Sie hatte außerdem herausgefunden, das Maria das dreifache, von dem, was Elena gezahlt hatte, für das Haus geboten worden war. Also warum hatte die alte Dame ausgerechnet ihr das Haus mitsamt Garten verkauft?
Die junge Frau schüttelte den Kopf, lies sich ins Gras sinken und lauschte verträumt der Melodie des Wassers und dem Gesang der Nachtigall. Schließlich wurde es ihr zu kühl und sie ging wieder nach drinnen. Dort angekommen setzte sie sich an ihren Computer und schrieb an ihrem neuen Roman weiter. Doch wieder schweiften ihre Gedanken ab.
Sie wohnte gerade mal seit drei Wochen hier und hatte in dieser Zeit, trotz Umzugstress und Nachforschungen mehr geschrieben, als die drei Monate zuvor. Die Worte flossen nur so aus ihr heraus und sie hatte Mühe, die vielen Ideen zu ordnen. Sie war glücklich darüber, natürlich war sie das, aber es kam ihr auch seltsam vor. Auch träumte sie viel mehr, seit sie hier eingezogen war, oder erinnerte sich besser gesagt viel eher an ihre Träume.
Einer Eingebung folgend drückte sie auf speichern, um das bisher geschriebene zu sichern und warf einen Blick in den Garten hinaus. Von hier aus konnte sie den Teich in der zunehmenden Dunkelheit kaum mehr erkennen. Elena lächelte, wandte sich wieder dem Bildschirm zu und erstarrte. Aus den Augenwinkel hatte sie eine Bewegung wahrgenommen.

Angespannt blickte sie wieder zurück zum Teich. Sie hatte doch eine Bewegung gesehen. Etwas, das wie ein Nebelfetzen ausgesehen hatte, aber sich viel zu schnell bewegte. Doch nachdem Minuten vergangen warten, in denen nichts geschehen schüttelte die junge Frau nur den Kopf. Sie war wohl schon zu lange wach und ihre Augen hatten ihr einen Streich gespielt. Gerade wollte sie sich wieder dem Bildschirm zuwenden, als sie aus dem Augenwinkel wieder etwas wahrnahm.
"Was zum....." Elena klang verwirrt. Schließlich erhob sie sich stirnrunzelnd und trat auf die Teerasse hinaus. Es führten einige Stufen von der Terrasse auf das Gras hinunter und Elena, fest entschlossen herauszufinden, was sie da gesehen hatte ging diese Stufen nun langsam hinunter. Auf der letzten, gleich neben einem Steinpfeiler setzte sie sich und war so im Schatten des Steins verborgen. Und da saß nun die junge Frau, in der Dunkelheit und wartete, den Teich fest im Blick. Und wartete und wartete, doch nichts wollte geschehen. Die Melodie des Wasser, das in den Teich floss klang zu ihr herüber und die Nachtigall sang sich noch immer die Seele aus dem Leib. Dazu gesellten sich das Zirpen der Grillen, der Wind in den Blättern und die Rufe einer entfernten Eule. Elena erkannte erstaunt, wie viele verschiedene Geräusche doch die Stille der Nacht enthielt und wie wundervoll es war, hier im Dunkeln zu sitzen und den allem zu lauschen. Sie holte tief Luft und bemerkte wie sich der Geruch des Gartens in der Nacht von dem Geruch des Tages unterschied. Die Spannung verließ langsam den Körper der jungen Frau und sie lehnte sich an den Steinpfeiler, zufrieden damit hier zu sitzen, zu lauschen, zu riechen, zu sehen und die kühle Luft auf ihrer Haut zu spüren.
Eine ihrer Katzen kam durch den Garten geschlichen, setzte sich neben sie und forderte Zärtlichkeiten, die Elena ihr gerne gab. Bald gesellte sich eine zweite ihrer Katzen dazu. Direkt vor Elena durchstreifte ein Igel das Gras, Fledermäuse schwirrten am dunklem Himmel umher und Glühwürmchen leuchteten in ihrem seltsamen grünlichem Licht überall im Garten. Die junge Frau empfand plötzlich tiefen Frieden und sie hatte das untrügliche Gefühl endlich zuhause zu sein. Ein leises Staunen schlich sich in dieses sanfte Begreifen, störte aber nicht den Frieden, der von der jungen Frau Besitz ergriffen hatte. Schließlich ging der Vollmond auf und überzog den Garten mit einem Flickwerk aus Schwarz und Silber. Der Garten schien sich erneut zu verwandeln und wirkte nun wirklich wie der verwunschene Ort aus dem Märchen, besonders als der Mond weiterstieg und sein Licht den Gartenteich versilberte. Elena sah staunend zu, wie die winzigen Fische im Teich begannen an die Oberfläche zu kommen und dann sogar sprangen. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
Während sie so verträumt auf die spiegelnde Wasserfläche blickte, erkannte sie sanfte Wellen. Es schien als tauche etwas größeres auf. Gebannt schaute die junge Frau zu, als sich erst eine , dann eine zweite schlanke Hand aus dem Wasser streckte und sich am Rand des Beckens festhielt. Schließlich zog sich eine schlanke, zierliche Gestalt gerade weit genug aus dem Wasser um über den Rand zu spähen. Großen, blasse Augen blickten Elena entgegen, weiteten sich erschrocken und dann tauchte das Geschöpf sofort wieder unter.

Elena brauchte einige Momente um zu begreifen, dann sprang sie wie elektrisiert auf und lief zu dem Becken. Doch so angestrengt sie auch in das Wasser sah, es zeigte sich keine Gestalt darin. Nur die winzigen, silberglitzernden Fischchen schwammen herum.
Die Junge Frau versuchte zu verstehen was geschehen war und ob das, was sie gesehen hatte auch wirklich wahr sein konnte. War es denn wahr?
Oder war sie nur eingenickt und hatte geträumt?
Hatte sie womöglich mit offenen Augen geträumt?
Und wenn sie doch nicht geträumt hatte, wenn sie es wirklich gesehen hatte, was war dann das für ein Geschöpf?
Woher kam es?
Wie kam es in den Teich, oder lebte es gar dort drinnen?

Die folgenden Abende saß Elena immer zur selben Zeit für mindestens zwei Stunden draußen auf der Treppe. Dort im Schatten des Steinpfeilers genoss sie die Stille und die seltsame friedliche Atmosphäre, die den Garten bei Nacht durchtränkte. Drei Abende nach dem Elena das erste mal das Wesen im Teich gesehen hatte wiederholte sich die Geschehnisse. Auch jetzt verschwand das Geschöpf gleich wieder erschreckt in der Tiefe des Beckens. Damit bestätigte sich das Elena wirklich nicht geträumt hatte. Tief im Innersten hatte sie dies aber bereits schon gewusst und das wurde ihr nun plötzlich klar.
Von diesem Zeitpunkt an genoss sie nicht nur den Frieden des nächtlichen Gartens, sie wartete auch auf das Wesen, das in ihrem Gartenteich wohnte. Doch was auch immer es war, blieb scheu und verschwand sofort wieder, wenn Elena versuchte sich ihm zu nähern. Oder besser gesagt ihr, denn das Geschöpf war eindeutig weiblicher Natur. Zumindest soviel konnte die junge Frau herausfinden.

Die Tage wurden langsam zu Wochen. Der Mond verlor an Größe, wurde immer schmaler bis er nur noch eine Sichel war.
Darauf tauchte er wieder aus dem Dunkel auf, wurde zur Sichel, zu einem Halbmond und endlich war er wieder kreisrund. Ein ganzer Monat war ins Land gezogen seit Elena zum ersten Mal das Geschöpf im Gartenteich gesehen hatte.
Diese Vollmondnacht war ebenso klar wie die zuvor, nur das nun alles bereits nach Herbst roch. In dieser Nacht ergriff Elena ein seltsames Gefühl. Eine art von Ausgelassenheit und Freude erfüllte die junge Frau, wie sie es bisher noch nie erlebt hatte. Anstatt sich wie all die Abende zuvor still auf die Treppe zu setzen begann sie im nächtlichem Garten herumzuwandern. Erst langsam und vorsichtig, doch als ihre Augen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten immer leichtfüßiger und ausgelassener, bis das sie schließlich durch ihren Garten tanzte.
Lachend drehte sie sich im Kreis, breitete die Arme weit aus und blickte staunend in den klaren Himmel. Glühwürmchen kamen aus ihren Verstecken in den Büschen und umschwirrten die junge Frau wie ein Funkenregen. Die Grillen im Gras begannen zu zirpen und die Nachtigall jubilierte lauthals. Der Wind in den Blättern der Bäume und Büsche schien plötzlich über eine Stimme zu verfügen, die in einer nur erahnten Sprache flüsterte. Aber vielleicht waren es auch die Stimmen der Bäume.
Alles in Elena begann nun ebenfalls zu jubeln. Außer Atem geraten blieb sie nun stehen und tränen traten ihr in die Augen. Sie war zu Hause, endlich zu Hause! Das sagte der jungen Frau ihr Herz.

Als sie sich erschöpft ins Gras sinken ließ bemerkte sie erst die zwei großen Augen, die sie vom Rande des Teiches aus neugierig beobachteten. Ein sanftes Lächeln erhellte Elenas Gesicht.
"Hallo," grüßte die das Wesen im Teich leise, "du lebst schon lange hier, nicht wahr?"
Das Mädchen, denn ein solches war es legte den Kopf schräg. Ihre Haut war blass und wirkte beinahe silbern, ebenso wie die großen Augen in dem feingezeichneten Gesicht. Helles, beinnahe weißes Haar floss in langen, nassen Strähnen um einen feingliedrigen Körper. Doch ganz besonders hatten es Elena diese wundervollen Augen angetan. Sie konnte dort nichts von der Kälte finden, die sie manchmal in den Augen der Menschen sah und auch nichts von deren Heimlichkeiten. Sie wirkten mehr wie die Augen eines freien, nie gezähmten Tieres. Echt und wahr und unschuldig, aber auch wissend und alt. Plötzlich wusste Elena was sie vor sich hatte. Eine Nymphe!
Ihre Augen weiteten sich erstaunt.
Die Wasserfrau musterte sie eindringlich.
"Du tanzt schön."
Die Stimme des Geschöpfes klang wie Bachrauschen, wie sanftes Plätschern in einem See und wie Regen der auf Blätter und Wasser fiel.
"Aber wo ist meine Freundin mit dem Goldenem Herzen? Hast du sie gesehen?"
Elena runzelte verwirrt die Stirn.
"Wenn meinst du?"
Das Wasserwesen schien aus irgendeinem Grund traurig zu werden.
"Die Frau, die hier gewohnt hat, die den Namen goldenes Herz trug."
Nun verstand Elena das die Nymphe Maria Goldherz meinte und erklärte ihr, das die Frau zu alt geworden war um noch alleine zurecht zu kommen. Erzählte dem Wasserwesen, dass Maria Goldherz weggezogen sei an einen Ort der sich betreutes Wohnen nannte, wo Menschen seien, die ihrer Freundin helfen würden den Alltag zu meistern und das es dort einen See mit einem schönen Park gab.
Die Nymphe hörte still zu, dann nickte sie leicht.
"Das hört sich schön an. Sicher wird ein gutes Herz dort gut aufgehoben sein."
Wieder legte sie den Kopf schräg.
"Dann hast du also den Garten und das Haus von meiner Freundin gekauft?"
Elena nickte still, wie verzaubert von der lieblichen Stimme der Nymphe. Schließlich fasste sie sich ein Herz, denn sie wollte den Namen dieses wundervollen Geschöpfes wissen.
"Wir haben uns einander noch gar nicht vorgestellt. Ich weiß nicht ob Nymphen Namen wie wir Menschen haben, aber ich heiße Elena Hoffnung."
Die Augen der Wasserfrau weiteten sich erstaunt. Dann lachte sie erleichtert auf.
"Strahlende Hoffnung? Oh wie wunderschön! Das gute Herz hat uns, mir und dem Garten und dem Haus einen letzten Dienst getan. Mein Name ist in einer Sprache, die du als Mensch nie beherrschen wirst, doch nenne mich Moraia."
Elena war bezaubert von Moraias lachen.
"Hallo Moraia, wollen wir Freunde sein?"
Die Frage veranlasste die Nymphe erneut zu ihrem perlendem Lachen.
"Liebe Hoffnung, das sind wir doch schon! Willst du meine Geschichte, die auch die Geschichte dieses Gartens, des Hauses und der ungewöhnlichen Frauen, die darin lebten ist? "
In Elenas Augen trat ein verträumtes Funkeln.
"Sehr gerne, meine Freundin. Sehr gerne."

Der Vollmond wanderte langsam über den Himmel. Sein Licht beschien ein kleines Haus mit blauen Fensterläden. Es verwandelte den riesigen, verwunschen wirkenden Garten, der es umgab in einen Teppich aus Licht und Schatten. Und er beschien zwei grundverschiedene Gestalten.
Die eine saß am Rande eines uralten Wasserbeckens, die Beine noch immer im kühlem Nass, die andere im Gras davor. Moraia, die Nymphe und Elena Hoffnung, die strahlende Hoffnung, die endlich den Garten erreicht hatte und Veränderung mit sich brachte.


© Anariel August 07
 
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Kommentare  

Hallo Michael,

es freut mich, dass dir mein kleines Märchen so gut gefällt. Schön dass ich dir WortBilder habe malen können.

Liebe Grüße


Tis-Anariel (24.06.2010)

Hallo Anariel,

sehr fantasievoll und romantisch dein Märchen.
Sehr bildhaft dargestellt!
LG. Michael


Michael Brushwood (24.06.2010)

Huhu Jochen,

wie schön, dass auch diese kleine Märchengeschichte dein Gefallen gefunden hat.
Hier lag mein Ansinnen vor allem darin, den Garten und die Stimmung darin einzufangen und es freut mich sehr, dass mir das wohl gelungen ist.

Liebe Grüße


Tis-Anariel (03.06.2010)

Verträumte Märchenromantikgeschichte. In Gedanken habe ich auch an diesem Gartenteich gesessen und die Nymphe bestaunt.

Jochen (03.06.2010)

Hallo Petra,

freut mich, dass es dir gefällt.
Hmm...nun wer weiß, vielleicht gibt es sie ja...;)

Liebe Grüße


Tis-Anariel (03.06.2010)

Eine süße Geschichte. Du beschreibst alles so plastisch, dass man dir glatt abnehmen könnte, diese Nymphe gäbe es tatsächlich.

Petra (02.06.2010)

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