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40 Seiten

Ein schmaler Grad Kapitel 15 - 16 - 17 (Historisch)

Romane/Serien · Romantisches
© Lilly
Kapitel 15
„Jeder kann wütend werden,
das ist einfach.
Aber wütend auf den richtigen zu sein,
im richtigen Maß,
zur richtigen Zeit,
zum richtigen Zweck und auf die richtigen Art,
das ist schwer.
Aristoteles

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Dicht beieinander liefen sie die Stufen zur Balustrade hinauf. Sie fühlte sich so gut, so weich in seinen Armen an und wie sie roch … es schien, als wäre sie nur für ihn gemacht worden. Als hätte der liebe Gott sie nur für ihn erschaffen und auf diese kalte Welt gesandt.
Lea fühlte sich unbeschreiblich sicher und geborgen, wenn er sie festhielt. Ja, er würde sie beschützen, er würde gut auf sie acht geben, da war sie sich absolut sicher.
Langsam öffnete er die Tür ihres Zimmers, trat mit ihr ein und schloss diese wieder mit seinem Fuß. Es roch noch immer nach dem Rosenduft ihres Badewassers. Unbewusst ließ er sie ausversehen los und Lea stolperte zu ihrem Bett, sie verlor direkt davor ihr Gleichgewicht, doch MacNamara fing sie im letzen Moment auf und drückte sie fest an seine Brust. Regungslos blickte sie hinauf in seine Augen und nahm ein nicht zu deutendes Lächeln wahr.
„Warum schmunzelt Ihr so mehrdeutig?“
Wollte Lea skeptisch wissen, denn sie konnte sein Gesicht überhaupt nicht lesen.
Auf diese Frage hin, vertiefte sich sein Lächeln noch etwas mehr und er erklärte ihr:“ Oh, es ist nur wegen dieser Situation hier. Sie gefällt mir ungemein!“
Auf einmal spürte Lea wie er ihren Plaid zu lösen begann und der Stoff mit einem leisen Rascheln zu Boden glitt.
„Was … was tut Ihr da?“
Sie wollte sich dagegen wehren, doch das konnte sie nicht, denn alles um sie herum war in stetiger Bewegung, selbst die Wände. So schloss sie ihre Augen, was es beim besten Willen nicht besser machte, und lehnte ihren Kopf, der schwer wie Stein zu sein schien, an seine Brust.
„Ich ziehe Euch aus, Lea.“
Flüsterte er äußerst sanft und streichelte ihr dabei überaus zärtlich über den Rücken.
„Aber …“, begann sie ihren halblauten Protest gegen seine Brust:“ Aber das gehört sich nicht.“
Ihre Stimme war nicht mehr als ein warmes Hauchen gegen sein Herz, das unter seiner Brust aufgeregt pochte.
„Ich weiß“, gestand er ihr wehmütig und öffnete dennoch die Ösen und Haken ihres Kleides weiter. Zärtlich schob er den Stoff über ihre schmalen Schultern und schon stand sie nur noch in ihrem weißen Unterkleid vor ihm.
„Nicht Seamas … bitte nicht.“
Ihre Abwehr war sehr passiv, aber das lag am Wein und das wusste er … leider. Zärtlich hob er ihr Kinn an und sah, dass ihre Augen geschlossen waren. Für einen Augenblick betrachtete er ihr leicht gerötetes Gesicht und hauchte dann einen Kuss auf ihre zarten Lippen, die warm waren und nach süßem Wein schmeckten.
Ein leises Stöhnen entrann ihrer Kehle, es gefiel ihr, aber dennoch wäre es nicht richtig, wenn er jetzt weiter machen würde, denn am nächsten Tag würde sie es bereuen und wie sie selbst sagte, war sie beileibe nicht dazu gemacht, eine und auch nicht seine Geliebte zu werden. Nein, sie war dazu erkoren eine ehrenhafte Ehefrau zu werden. Eheliche Kinder zu gebären und ehrlich und wahrhaftig geliebt zu werden.
Lea konnte nicht reagieren, als er sie auf einmal hoch nahm, auf seine Arme, einen Moment inne hielt, um sie noch einmal ausgiebig zu betrachten und dann sanft in ihr weiches Bett legte.
„Alles dreht sich.“
Sagte sie murmelnd und rollte sich ganz klein zusammen. Dabei rutschte ihr Unterkleid bis zu ihren Oberschenkeln nach oben und er konnte ihre langen schlanken Beine sehen. Seine Hände nicht im Zaum halten könnend, zog er ihre Schuhe aus und strich dann zart mit seinem Zeigefinger über ihren Knöchel, ihre Wade entlang, bis hin zu ihrem Knie. Was war ihre Haut nur so weich, stellte er fest und deckte sie schwer seufzend zu.
„Nein, Ihr seid wahrhaftig nicht dazu gemacht nur meine Geliebte zu sein.“
Gestand er leise und wehmütig, während er sie einen kleinen Augenblick lang beobachtete und noch einmal zärtlich eine Strähne aus ihrem Gesicht strich. Zögerlich blickte er auf einen kleinen Beutel an seinem Gürtel. Fest umschloss seine Hand das alt abgetragene Leder und meinte flüsternd zu sich selbst:“ Bei Gott … ich hatte mir nie vorgestellt, auch nur einmal daran denken zu können.“
„Danke Seamas … gute Nacht“, hauchte Lea indes schläfrig in ihr Kissen hinein und schien schon eigeschlafen zu sein, bevor er das Zimmer überhaupt verlassen hatte.

„Guten Morgen Mylady“, Pfio flüsterte mit bedacht und hob ihre Kleidung vom Boden auf. Ein leises Stöhnen brummte Lea in das weiche Kissen, bevor sie sich vorsichtig auf ihren Rücken drehte. Schnell bedeckte sie mit einer Hand ihre dumpf schmerzenden Augen und wieder entrann ihr dieses schmerzvolle Stöhnen.
„Bei allen Heiligen, ich hätte auf ihn hören sollen.“
Ihre Stimme war rau und brach. Ihre Zunge lag schwer in ihrem Mund und fühlte sich irgendwie geschwollen an. Welch ein absurder Zustand, dachte Lea. Man fühlte sich so hilflos wie ein kleines Kind und hatte die Schmerzen und körperlichen Einschränkungen wie ein altes Weib.
„Auf wen hättet Ihr hören sollen?“
Wollte Ihre Magd wissen, während sie das Feuer neu entfachte, denn die Kälte hatte sich in der Nacht unerbittlich in ihr Zimmer geschlichen.
„Was glaubst du? Auf den Laird, natürlich.“
Lea drehte sich wieder auf ihren Bauch und zog sich ihre dicke Decke bis zu den Ohren. Nur so war es zu ertragen, nur so ließ der Schmerz in ihrem Kopf etwas nach. Sie wollte einfach nur noch etwas schlafen, um wieder Kraft sammeln zu können.
„Oh nein Mylady, Ihr könnt nicht weiter ruhen, Ihr müsst aufstehen … jetzt!“
„Wer behauptet denn so etwas Abscheuliches?“
Ihre Stimme wurde deutlich vom Kissen gedämpft und eigentlich wollte sie keine Antwort hören, denn sie kannte diese schon und Widerworte ließen diese Erkenntnis nicht zu.
„Unser Laird, Mylady! Er sagte, ich solle Euch wecken. Es gehöre sich nicht für die Lady des Hauses den ganzen Tag zu verschlafen.“
„Ich bin nicht die Lady dieses Hauses!“
Schimpfte Lea aufgebracht, während sie mit ihren Händen einmal in die Matratze boxte. Ihr Gesicht lag aber immer noch auf dem Kissen.
„Nun … verzeiht mir, Mylady“, man hörte wie unangenehm Pfio diese Situation war, nur zu gerne hätte sie ihr den Schlaf gegönnt, aber ihre Befehle waren andere und diese waren deutlich:“ Aber er sagte, dass Ihr dies wohl zu mir sagen würdet und meinte, dass ich Euch dann mitteilen soll, er würde auch kommen und Euch eigenhändig aus dem Bett zerren.“
„Verdammt noch mal“, fauchte Lea betont wütend und erhob sich überaus schwerfällig.
Sie fühlte sich immer mehr wie eine alte Frau, ihre Glieder waren schwer, sie konnte sich nur langsam und mit Bedacht bewegen. Ihr war unglaublich übel und zu allem Überfluss hatte sie auch noch fürchterliche Kopfschmerzen. Als ihre Füße endlich den Boden berührten, schwankte sie beachtlich einen Augenblick und umschlang den hohen Pfosten ihres Bettes.
„Mylady?“
Pfio trat besorgt neben sie, doch Lea meinte beruhigend zu ihr:“ Mir geht es gut, ich habe es gestern nur etwas übertrieben.“
Pfio trat langsam wieder etwas von ihr fort und sagte fast schon mütterlich klingend:“ Ich habe Euch etwas zu Essen gebracht, das hilft, glaubt mir.“
Lea blickte zum Bett und dann an sich herab, verwundert fragte sie auf einmal:“ Wie bin ich in mein Bett gekommen?“
„Wisst Ihr das etwa nicht mehr? Der Laird brachte Euch nach oben.“
Meinte Pfio ohne Lea anzusehen, während sie den dampfenden Tee eingoss.
Lea erstarrte, denn sie erinnerte sich auf einmal an den gesamten und oftmals auch beschämenden Abend. Sie wusste auch wieder, dass er sie ausgezogen hatte, nachdem er sie wieder einmal geküsst hatte. Beschämt schlang sie ihre Arme um ihren Körper und versuchte sich an irgendwelche intimen Details zu erinnern, worin sie kläglich scheiterte. Aber vielleicht gab es auch keine, versuchte sie sich zu beruhigen. Doch das war auch egal, er hatte sie entkleidet, sie mehrmals ungefragt geküsst und würde sich wahrscheinlich einen Spaß daraus machen, sie damit in Verlegenheit zu bringen.
Wütend über sich selbst, über die Unfähigkeit sich ihm zu erwehren, rieb sie sich durch ihr Gesicht und schnaufte abwertend durch die Nase.
Von draußen drang allmählich das Geräusch von klirrendem Metall, das hart und unerbittlich auf einander schlug, zu ihr hindurch und Lea fragte etwas schwerfällig:“ Bei Gott, was ist das denn für ein abscheulicher Lärm?“
Pfio legte ihr einen wärmenden Mantel über die Schultern und erklärte ihr:“ Das sind die Krieger, sie üben.“
Fest umschlang Lea die Enden des Mantels und ging zu einem der Fenster. Das Licht schmerzte noch immer in ihren Augen und sie kniff diese fest zusammen. Es war ihr, als würden ihre Augäpfel aus schwerem Stein sein und jeden Augenblick aus ihren Höhlen fallen.
Was sie draußen zu sehen bekam, hatte sie noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen. Bestimmt über zwanzig Krieger trainierten unten im Hof, sie trugen nur ihren Kilt und trotz der Kälte waren ihre Oberkörper frei. Sie schlugen wie wild auf einander ein, aber es wirkte auf sie nicht einen Augenblicklang gefährlich oder unkoordiniert. Sie schienen fast schon Spaß dabei zu haben.
Schnell erinnerte sie sich auch wieder daran, dass sie dem Laird letzte Nacht erzählt hatte, dass die Männer es nicht mochten, draußen bei dieser Kälte zu trainieren.
Oh was schämte sie sich so …
Lea erblickte sofort Seamas, wie er mit einem jüngeren Soldaten trainierte und ihr Blick blieb auf seinem nackten Oberkörper hängen, er war muskulös und sie konnte selbst von ihrem Zimmer aus unzählige Narben auf seinem Rücken erkennen.
Waren dies die Zeichen der Folter und von Kämpfen? Ihr Magen zog sich schmerzlich zusammen, nur bei dem Gedanken daran, dass er einmal geblutet hatte.
Kurz unterbrach er den Trainingskampf und sie sah, dass er den jungen Krieger belehrte, ihm einige Kniffe langsam vorführte und dann mit ihm weiter machte. Diesmal schien es, als ob es besser klappte und er klopfte ihm danach kräftig auf die Schulter. Auf einmal hielt er inne und sah über seine rechte Schulter, denn er fühlte sich irgendwie beobachtet und sofort fand er Lea, wie sie in einen Mantel gehüllt, mit leicht zerzaustem Haar, an ihrem Fenster stand und ihn beobachtete.
Sie sah so verführerisch aus, dass er am liebsten zu ihr nach oben gestürmt wäre, sie geschnappt hätte und in seinem Zimmer mit ihr verschwunden wäre. Doch war dieser Wunsch, sie wirklich und aufrichtig zu besitzen, so weit von der Realität entfernt, dass er sich abrupt wieder von ihr abwendete, um doch nicht schwach zu werden.
Lea sah dies und trat zerstreut wieder vom Fenster fort. Hatte sie ihn etwa irgendwie wieder einmal verärgert?
Langsam ließ sie sich auf einen weichen Sessel nieder und blickte in das gemächlich aufflackernde Kaminfeuer.
„Ein angenehmer Anblick, nicht wahr?“
Lea hatte ihr nicht zugehört und sah sie nun fragend an.
„Die Krieger, Mylady … Es ist ein herrlicher Anblick, oder was meint Ihr?“
„Oh ja, ganz ansehnlich“, meinte Lea kurz und fügte noch hinzu:“ Danke Pfio, aber ich werde mich alleine ankleiden und keine Angst, ich lege mich nicht wieder hin.“
Etwas überrascht hielt die Magd in ihrem Tun inne, legte das ausgesuchte Kleid für den Tag auf das Bett, knickste aber gehorsam und sagte leise:“ Natürlich, wie Ihr wünscht“, dann war sie auch schon verschwunden.
Vorsichtig nippte Lea an ihrem Tee und spürte wie dieser nur schwer ihre schmerzende Kehle entlang floss. Müde glitt ihr Blick zu ihrem Bett und sie sehnte sich nach nur noch fünf Minuten in den warmen Kissen. Jedoch verwarf sie diesen Gedanken schnell, denn sie wollte MacNamara nicht das Gefühl geben, dass er Recht behalten würde.
Nur mühsam erhob sie sich von ihrem Stuhl und trat neben ihr Bett, um das Kleid anzuziehen. Sie wusch sich ein wenig mit dem schon fast komplett ausgekühlten Wasser, kämmte ihr Haar und ließ es offen, denn ihr Kopf schmerzte zu sehr, um einen festen Zopf zu tragen. Dann zog sie sich das blassblaue und äußerst schlichte Kleid an und war nun bereit den Tag zu beginnen … egal wie und egal wie dieser auch enden würde.
In Gedanken schlenderte sie durch die Halle, die gestern noch über und über mit Menschen gefüllt war. Es war schon nichts mehr von den Feierlichkeiten des letzten Abend zu sehen. Die Halle war frisch gefegt, vielleicht sogar gewischt worden. Und jetzt, wo sie völlig alleine durch diese Schritt, wurde ihr erst bewusst, wie groß diese doch war. Die Räume, die sie schon gesehen hatte, waren kaum so groß und verbaut, doch dieser war das genaue Gegenteil. Er war lang und breit und bis auf einen großen Tisch, an dem bestimmt zwanzig Personen ihren Platz fanden, gab es nur noch zwei Kamine an beiden Enden und einige Kerzenständer. Dieser Raum strahlte Trostlosigkeit und Kälte aus.
Lea zog das wollene Tuch, das ihre Schultern wärmte, etwas enger zusammen und wollte gerade die Halle verlassen, als die Krieger den Saal in Beschlag nahmen. Sie stürmten, noch immer Oberkörperfrei und verschwitzt, lauthals grölend in die Halle. Ihre Körper dampften von der Anstrengung und durch die Kälte aus der sie gerade kamen. Schnell trat Lea wieder auf die Treppe, denn es schien, als würde man sie gar nicht sehen. Sie sah von den Treppenstufen aus, dass man Krüge gefüllt mit Ale herein brachte und alle stürmisch danach griffen, als wären sie am verdursten. Es wurde laut geredet, manche brüllten irgendetwas Unverständliches in die Runde, was von anderen wiederum durch noch lauteres Brüllen bestätigt wurde und man lachte ausgelassen.
Leas Kopf brummte nun immer mehr und sie wandte sich hastig von ihnen ab. Sie wollte einfach nur zurück auf ihr Zimmer gehen, die Stille genießen, sofern das möglich war.
„Lea.“
Sie hielt, auf Seamas Stimme hin, in ihrer Bewegung inne und blickte über ihre Schulter. Er stand zwei Stufen unter ihr und so konnte sie ihm ohne große Anstrengung in die Augen blicken und seine, auf sie angenehm wirkende Nacktheit, geschickt übersehen.
Langsam wandte sie sich ihm ganz zu und erkämpfte sich ein freundliches Lächeln. Sie erhoffte nicht rot anzulaufen, denn der gesamte letzte Tag, war äußerst unangenehm für sie gewesen.
Erst, dass er sie beim Baden gestört hatte, dann sein Versuch sie zu demütigen, dieser gestohlene atemberaubenden Kuss, dann dass er sie ausgekleidet hatte und seine Hand auf ihrem Bein ... Heiliger Vater!
„Wie geht es Euch denn heute früh?“
Wollte er wissen und seine Stimme klang seltsam weich. Seine Augen ruhten sanft auf ihrem Gesicht, während er liebevoll lächelte.
„Oh … mir geht es fantastisch“, log sie überschwänglich und versuchte gelassen auszusehen.
„Tatsächlich?“
Er glaubte ihr kein Wort, denn sie war blass und unter ihren Augen zeigten sich Andeutungen von dunklen Schatten.
„Nein“, gab sie gereizt zu, als sie seinen skeptischen Blick sah:“ Mir geht es ganz und gar nicht gut! Ihr hattet recht und deshalb werde ich nun nach oben gehen, um diesem unbeschreiblich lautem Geräuschpegel zu entkommen. Genießt Euren Triumph, denn so oft wird das nicht passieren.“
Lea verschränkte ihre Arme und war darauf gefasst, dass er sich nun über sie lustig machen würde. Doch nichts dergleichen geschah, seine Augen glänzten freundlich und er sagte:“ In Ordnung, und wir versuchen etwas leiser zu sein.“
Leas Stirn legte sich kraus und sie meinte überrascht:“ Danke.“
Auf einmal sah sie eine große Narbe, die sich von seiner Brust über seine Schulter bis auf seinen Rücken zog, um sich dort anscheinend mit den anderen zu vereinen. Ohne darüber nachzudenken was sie tat, glitten ihr Finger über seine verschwitzte Haut und zeichneten das Zeugnis einer alten, und sicherlich einmal sehr schweren Verletzung nach. MacNamara hielt seinen Atem an und eine Gänsehaut bezwang seinen ganzen Körper. Ihre Berührung war so zärtlich, so inniglich, so etwas kannte er nicht … nicht so. So fühlt sich wohl etwas an, wenn man sich danach sehnt, dachte er schwermütig. Starr, mit offenem Mund, von dieser zärtlichen Berührung überrumpelt, blickte er sie an.
Doch da wurde Lea mit einem Mal bewusst, was sie da tat und wollte hastig ihre Hand wegziehen. Aber er war schneller, packte ihr Handgelenk und riss sie hart an sich heran. Erschrocken zog sie ihren Atem ein und ihre Augen, die ihn ansahen, waren vor Schreck etwas geweitet.
„Warum habt Ihr das getan?“
Wollte er flüsternd wissen und Lea stotterte verängstigt:“ Ich … ich weiß es nicht, wirklich nicht ... Ich habe tatsächlich keine Ahnung.“
Er hielt sie fest an seinem erhitzten Körper gepresst und studierte ihr Gesicht. Warum wehrte sie sich so standhaft gegen ihn und dann tat sie so etwas? Sein Begehren stieg stetig an, aber er ließ auch nicht mit sich spielen.
Stürmisch drückte er seine Lippen auf die ihren, nicht lange, nur einen kleinen Augenblick, bevor er ihr zuhauchte:“ Wenn Ihr wollt, dass ich mich von Euch fern halte, dann tut so etwas nicht. Somit macht Ihr es mir nicht leicht!“
„Es … oh Gott, es tut mir leid.“
Schoss es aus ihrem Mund, doch er lächelte schon wieder, bevor er weiter sprach:“ Nicht doch, das muss es nicht. Nur müsst Ihr verstehen, dass auch ich nur ein Mann bin, der sich ungemein von Euch angezogen fühlt.“
Hecktisch nickte sie und das belustigte ihn noch mehr. Sie hatte wahrscheinlich kein Wort von dem gehört, was er gerade gesagt hatte.
„Geht, ruht Euch noch etwas aus.“
Wieder dieses Nicken. Er stellte sie auf die Stufen zurück und ließ sie gehen. Hastig ging sie nach oben, doch als sie noch einmal über ihre Schulter blickte, sah sie wieder direkt in seine Augen, er stand noch immer am Treppenabsatz und schaute ihr nach. Sie konnte seinen Blick nicht deuten, so entzog sie sich diesem und lief weiter.
„Männer“, hörte sie ihn dann plötzlich laut rufen:“ Seid etwas leiser.“
Sofort gehorchten sie und der Pegel sank.

Lea stand auf einem kleinen Balkon und blickte hinaus in den sonnigen, aber dennoch kalten Tag. Was war das doch für ein atemberaubendes Land, von Gott geküsst und vom Teufel begehrt.
Das Meer schwappte leise plätschernd gegen das Ufer und die salzige Luft legte sich schwer in ihre Nase. Ihr Kopf schmerzte noch immer, aber die frische und kühle Luft tat ihr gut. Sie war so müde wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Ihre Augen waren schwer, ihre Gelenke fühlten sich an, als wären sie versteift und ihr Mund war die ganze Zeit seltsam trocken, egal was sie trank. So beschloss sie für sich, niemals wieder, auch nur einen tropfen Wein zu trinken, so gut er auch schmecken mochte.
„Lady Leathendra?“
Erschrocken wandte sie sich um und erkannte Cait. Einen Augenblick lang schwiegen die beiden Frauen sich nur an.
„Was kann ich für dich tun?“
Lea versuchte höfflich zu sein und erzwang sich sogar ein Lächeln. Cait sah ihr blasses Gesicht und die Ränder unter ihren müden Augen und glaubte zu wissen, weshalb sie so schrecklich aussah.
„Warum seid Ihr hier, an diesem Gott verlassenen Ort, wenn Ihr dies gar nicht wollt?"
Wollte Cait unausweichlich wissen, ohne viele Nettigkeiten vorzutäuschen. Lea drehte ihr wieder den Rücken zu und erklärte sachlich klingend:“ Man wird im Leben nicht immer gefragt, ob man etwas möchte oder nicht und das Leben entscheidet sich oft gegen einen.“
Und das war noch nicht einmal gelogen.
„Geht, ich besorge Euch eine Reisemöglichkeit, ich helfe Euch von hier zu fliehen, dann könnt ihr nach England zurück kehren.“
Hoffnung schwang in ihrer Stimme mit, doch Lea sah mit gerunzelter Stirn über ihre Schulter hinweg und meinte sarkastisch:“ Oh, vielen Dank für deinen Eifer, Cait, und wahrscheinlich ist damit auch kein Eigennutz verbunden, aber die Dinge sind nicht immer so einfach zu lösen.“
„Natürlich sind sie das“, fauchte Cait nun plötzlich, brachte Lea damit aber nicht aus der Ruhe, die blickte ungerührt einfach wieder nach vorne.
„Verdammt … ich will, dass Ihr verschwindet.“
Die Geliebte des Lairds wurde immer ungehaltener und stand nun neben ihr. Lea hörte, dass ihr Atem schnell ging und sie spürte einen gefährlichen Blick auf sich gerichtet.
„Und vielleicht solltet Ihr mir etwas mehr Achtung entgegenbringen. Ich bin seit fast zwei Jahren die Frau an seiner Seite. Ich bin diejenige die ihn heiraten wird und nur ich. Ihr solltet mir mehr Respekt zollen, denn wenn er mich ehelicht, wird meine Gunst über Euer weiteres Schicksal entscheiden.“
Lea blickte sie skeptisch von der Seite an und verstand nicht, wie so viel Wut, soviel Hass, in solch einer kleinen Person stecken konnte. Sie dachte unweigerlich an ihre Schwester Gloria.
„Deine Gunst?“
Cait nickte fast zerspringend vor Wut und Leas ruhige Art machte es nicht besser, es machte sie schier wahnsinnig.
„Komm bitte wieder zurück auf den Boden, Cait, denn wenn er dich heiraten wollte, dann hätte er es schon längst getan und ich glaube kaum, dass er diesen Wunsch jemals äußerte, noch nicht einmal um dich ihm gefügig zu machen. Ich persönlich glaube nämlich, dass du ganz genau wusstest, worauf du dich eingelassen hast und dir aber immer mehr und mehr erhofftest … Sehr berechnend, doch auch sehr wagemutig“, Lea machte eine kurze Pause und blickte wieder nach vorne:“ Ich kann dir dabei nicht helfen, die Entscheidungsgewalt liegt ganz und gar bei ihm. Er muss seine Wahl treffen, er allein.“
„Ihr werdet Euch noch wundern, Leathendra Stuart, wie schnell er seine Meinung ändern wird, auch er hat Bedürfnisse, denn auch er ist nur ein Mann.“
Sie drohte ihr, doch Lea runzelte nur ihre Stirn. Sie war zu müde und hatte zu starke Kopfschmerzen für solch dumme Diskusionen die eh zu nichts führten.
„Weißt du was, tu was du nicht lassen kannst, aber bitte, bitte lass mich jetzt endlich mit deinem Kinderkram in Ruhe.“
Cait verschränkte ihre Arme vor der Brust und sah Lea mit zusammengekniffenen Augen an.
„Unterschätzt mich nicht, unterschätzt mich niemals. Ich bekomme immer das was ich will!“
Lea sagte nichts mehr, ihr Atem ging schwer, sie musste sich langsam wirklich zusammenreisen. Ihr sonst immer so dicker Geduldsfaden wurde immer dünner und dünner. Doch dann endlich ging sie ohne noch ein weiteres unvernünftiges Wort zu sagen und Lea stützte sich auf dem Holzgeländer ab, um wieder in Ruhe atmen zu können.
Was dachte diese Person sich nur? Überschätzte sie ihre Stellung in diesem Haus wirklich so sehr? Irgendjemand müsste ihr einmal die Leviten lesen und sie auf andere, klare und realistische Gedanken bringen. Sie lebte anscheinend in einer Scheinwelt, an der MacNamara nicht ganz unschuldig war.
Lea musste jetzt irgendetwas tun, sie war zu aufgebracht, also lief sie durch die Burg. Sie erkundete jeden Raum, doch fand sie nicht das, nach was sie suchte, auch wenn sie gar nicht wusste was es war. In einem kleinen Zimmer, in dem ein wärmendes Feuer prasselte blieb sie dann. Es befanden sich nicht viele Dinge in diesem Raum, nur ein Schreibtisch, zwei Sessel und ein Regal, gefüllt mit Dokumenten. Auf Lea strahlte es Wärme und Ruhe aus.
Lea stand vor dem Kamin und verschränkte ihre Arme, stumm starrte sie in die Flammen.
„Was tut Ihr hier?“
Erschrocken drehte sie sich um und fasste sich atemlos an ihre Brust. Ihr Herz raste unbeschreiblich schnell.
Es war MacNamara, der in der Tür stand und sie so unglaublich erschrak. Lea blickte sich um, als hätte man sie bei einer Straftat erwischt und ihr wurde bewusst, dass dies wohl sein Privatraum war, in dem er wichtige Dokumente aufbewahrte und wohl auch schwerwiegende Entscheidungen traf.
„Oh, ich suchte nur etwas …“, sie unterbrach sich selbst, schüttelte ihren Kopf und meinte dann verlegen:“ Ich wollte hier nicht eindringen … Es … es tut mir leid.“
Er verschloss die Tür und sagte freundlich:“ Ihr seid hier nicht eingedrungen, Lea, nur habe ich hier normalerweise immer meine Ruhe, wenn ich diese einmal brauche.“
„Entschuldigt.“
Sagte sie wieder schuldbewusst, ihm nicht in die Augen blickend und wollte gehen. Doch als sie an ihm vorbei lief, packte er sie an einem ihrer Handgelenke und zog sie fordernd zu sich heran. Sie roch eine wohlduftende Seife an ihm.
„Nein, entschuldige dich nicht.“
Lea sah ihn skeptisch an, er wurde auf einmal so persönlich und drückte sie nun fest an sich. Seine Hand strich sanft über ihre Wange und ruhte danach an ihrem Kinn, während sein Daumen mehrmals liebkosend über ihre Haut glitt.
„Was wollt Ihr?“
Sie blieb demonstrativ bei ihrer förmlichen Anrede, konnte aber ihre Verunsicherung nicht verbergen. Nervös biss Lea sich auf ihre Unterlippe.
„Ich will dich …“, hauchte er ihr überraschend ehrlich entgegen:“ Ich kann es nicht ändern. Ich sah dich und ich wollte dich, und das mit allem was dazu gehört! Ich will … das du hier bleibst, hier bei mir, für immer.“
Ihr Mund wurde noch trockener als dieser schon war und sie traute sich kaum noch zu atmen. Er wollte, dass sie bleibt und das für immer. Doch als was? War das sein ernst, sein vollkommener ernst? War es das was er wirklich wollte? Hatte er denn vollends vergessen warum sie hier war, was ihre Aufgabe – ihr Ziel war?
Er war nicht einmal mehr eine Handbreit von ihrem Gesicht entfernt und seine Augen funkelten mal wieder so seltsam. Ein Schauer brannte sich durch ihr Fleisch bis auf ihre Knochen.
„Das geht nicht, und das wisst Ihr genauso gut wie ich!“
Versuchte Lea ihn halbherzig zu überzeugen. Ihre Stimme klang viel zu kläglich, als das sie von ihrer Überzeugung hätte zeugen können. Kraftvoll stemmte sie sich gegen seine harte Brust und es war ihr, als würde sie sich keinen Millimeter von ihm wegbewegen.
„Ich weiß.“
Sie hörte unglaublichen Schwermut in seiner Stimme, aber er ließ sie noch immer nicht los.
„Ein letztes Mal?“
Bat MacNamara flüsternd gegen ihren Hals und sein warmer Atem kitzelte ihre empfindliche Haut. Auf einmal küsste er die Stelle, die er gerade noch angehaucht hatte und Lea sackte willenlos in seine Arme. Was tat er nur mit ihr? Wie konnte sie sich ihm nur so hingeben, so schwach sein, wenn er so etwas tat? Sobald er sie mit seinem Mund berührte, verlor sie jedesmal ihre sonst so starke Selbstkontrolle. Und das Schlimmste daran war, dass es ihr auch noch so unbeschreiblich gut gefiel, wenn er so etwas mit ihr tat.
Langsam wanderte er küssend nach oben und legte eine Hand in ihren Nacken. Ein leiser Seufzer entrann ihrer Kehle. Sanft beugte er ihren Hals nach hinten und blickte ihr für einen Moment gefühlvoll in die Augen, die sie halb geschlossen hatte. Er fühlte erneut etwas in seiner Brust, etwas Seltsames, das herab bis in seinen Magen fiel. Was war das nur immer wieder? Auf einmal wurde es ihm schlagartig klar, so bewusst wie noch nie etwas zuvor in seinem Leben … er liebte sie … er liebte sie so sehr, so unendlich und so kompromisslos. Es war nicht nur, dass er sie begehrte, dass er sie besitzen wollte oder gar beschützen, nein, es war, dass er sie wirklich für immer bei sich behalten wollte, weil er sie wahrhaftig über alles liebte. Er brauchte sie, wie die Luft zum atmen. Wenn sie da war, sehnte er sich danach sie berühren zu können und wenn sie fort war, dachte er nur daran, wie es wohl ist sie wiederzusehen.
Fordernd küsste er nun ihre Lippen, immer stürmischer werdend und Lea ließ es mit sich geschehen, sie erwiderte es sogar. Sie war wie Wachs in seinen Händen und das gefiel ihm. Doch seine Begierde stieg, umso mehr er sie küsste, umso mehr er sie spürte. Es wurde nicht besser indem er seinen Appetit stillte, denn er wollte immer mehr.
Abrupt ließ er sie los und schob sie von sich. Er wollte sich nichts von ihr nehmen, was sie ihm nicht aus freien Stücken geben wollte und vielleicht konnte.
Lea sah ihn verwundert an und glaubte auf einmal Wut in seiner Mimik zu erkennen. Es war wie ein Schlag in ihr Gesicht und sie blickte beschämt zu Boden.
Was war nur auf einmal los? Hatte er endlich erkannt, dass sie nicht für ihn gemacht war? Dass es einfach keine Zukunft für sie beide gab? Sie hätte erleichtert sein müssen, doch das war sie irgendwie nicht. Nein, sie war enttäuscht, verletzt und auch etwas gedemütigt. War es doch anscheinend der Kuss, der ihn zu dieser Erkenntnis brachte. Ein Kuss den sie ihm eigentlich nicht geben wollte, den er sich einfach stahl.
„Verzeiht.“
Hauchte sie hervor, auch wenn sie eigentlich keine Schuld traf. Jedoch MacNamara meinte grummelnd:“ Geh … bitte … ich muss noch etwas erledigen“, und wandte sich hastig von ihr ab.
Sie nickte zögernd und verschwand augenblicklich. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, zuckte er etwas zusammen und fuhr sich durch sein starres Gesicht. Er war ein Narr, ein Kopfloser Idiot, der sich etwas erhoffte, was sie ihm einfach nicht geben konnte, egal wie er sie danach bat.
Ein leises Klopfen riss ihn aus seinen wirren Gedanken und er blickte wieder zur Tür. Insgeheim hoffte er, dass sie zurück kommen würde, doch er wurde enttäuscht. Es war einer seiner Diener, der seinen Kopf zur Tür herein steckte und schüchtern meinte:“ Ein Bote von MacKneele ist gerade angekommen.“

Die warmen Flammen des Kamins erwärmten ihr Gesicht und das Stück Käse schmeckte endlich gut in ihrem Mund. Der kühle Wind drang immer begieriger durch die schweren Vorhänge und sie tanzten sachte hin und her. Das sanfte Rauschen des Wassers um die Burg herum wirkte beruhigend auf Lea und sie schloss ihre Augen. Was für ein abscheulicher Tag, dachte sie und er stand in Demütigungen dem vorherigen in nichts nach.
Der Kelch mit warmem und verdünnten Ale erwärmte ihre kalten Hände. Sie zog den leicht bitteren Duft in ihre Nase ein und ihre Lungen erhitzten sich. Lea dachte an Isabella und Tyra, sie müsste jetzt bald ihr Kind bekommen. Sie vermisste das Lachen ihrer Cousine, ihre Nähe und ihr grenzenloses Vertrauen.
Erst zwei Tage war sie auf dieser Burg und schon fühlte sie sich einsam und eine undefinierbare Trägheit machte sich in ihr breit und dann war da auch noch Seamas MacNamara und diese Cait ...
Er raubte ihr die Sinne, brachte allein mit seiner Anwesenheit ihr Herz zum Rasen und sie konnte rein gar nichts dagegen tun.
Lea hoffte, dass dies alles bald vorbei sein würde, es zerrte an ihren eh schon viel zu dünnen Nerven. Denn ihre Zukunft war ein schwarzes, undefinierbares Loch, in dem keiner etwas erkennen konnte und in dem für nichts Platz war, noch nicht einmal für ein wenig Zärtlichkeit. Doch Gott möge sie für ihre Gedanken strafen, aber sie sehnte sich nach ihm. Sie sehnte sich nach seiner tiefen Stimme, seinen Händen und ganz besonders nach seinen Lippen.
Als die Tür auf einmal aufging blickte sie hecktisch wirkend hinter sich. Es war Seamas und ihr Herz machte einen Satz. Hatte er etwa ihre Gedanken gehört? Langsam kam er auf sie zu. Ihre Wangen röteten sich leicht, sofort schoss ihr das demütigende Szenario vom Nachmittag ins Gedächtnis und beschämte sie. Lea stellte den Kelch beiseite und erhob sich. Zuerst sah sie ihn nicht an, doch als sie dann doch einmal scheu nach oben schielte, veränderten sich ihre Gesichtszüge und sie betrachtete ihn verwundert eindringlich. Seine Augen waren so unendlich traurig, sein Gesicht trug Sorgenfalten und er traute sich ebenfalls kaum sie anzusehen. Sofort vergaß sie das, was am Nachmittag geschehen war, denn etwas stimmte nicht, seine Zurückhaltung hatte nichts mit dem zu tun, das spürte sie sofort.
„Was ist geschehen?“
Wollte Lea ängstlich wissen, doch er schwieg und sah zu Boden.
„Seamas“, wiederholte Lea eindringlicher und jetzt blickte er zu ihr auf. Immer dann, wenn sie seinen Namen sagte, blieb für eine Sekunde lang sein Herz stehen und er konnte sich nicht vorstellen, wie es wohl sein mochte, wenn er es so nicht mehr zu hören bekommen würde.
„Vor zwei Stunden kam ein Bote … von MacKneele.“
Lea glaubte nicht was sie da von ihm hörte und sie brauchte zur Realisierung einen Augenblick.
„Vor zwei Stunden? Und Ihr sagt mir dies erst jetzt?“
Er hörte sofort ihre Wut, ging an ihr vorbei und nahm ihrem Sessel gegenüber Platz. Irgendwie wirkte er in ihren Augen auf einmal total verloren und ihr schwante nichts Gutes. Besorgt trat sie vor MacNamara, ging zögernd vor ihm auf die Knie und umpackte eine seiner Hände, die schlaff auf seinen Beinen lag. Betreten sah er sie an. Ihre zarten kleinen Finger waren kühl, doch er wollte sie nicht missen.
„Seamas, bitte … bitte sag mir was der Bote für eine Nachricht brachte.“
Ihre persönliche Anrede und ihre dunklen Augen, die ihn flehend ansahen, erweichten sein Herz bis ins tiefste hinein. Zärtlich streichelte er ihr über die Wange und war erleichtert, dass sie nicht zurück zuckte. Hatte er sich doch am Nachmittag wie ein völliger Idiot verhalten. Ganz sachte begann er ihr zu erklären:“ Wir wissen nun mit wem die MacFhinns gemeinsame Sache machen, woher sie von dir wussten.“
Er spürte wie sich ihre Finger um seine Hand versteiften, ihre sonst so strahlenden Augen leer wurden.
„Was heißt das jetzt …“, sie schluckte schwer:“ Was heißt das jetzt für mich?“
„Das weiß ich noch nicht, MacKneele hat auch noch keine weiteren Forderungen oder Anweisungen erhalten … Wir müssen noch abwarten.“
Er log, er konnte ihr nicht die ganze Wahrheit sagen, noch nicht, obwohl er musste, doch hatte er keine Ahnung wie. Sie würde es nicht verkraften, es war zu grausam. Sie könnte es nicht verstehen und er brachte es nicht über sein Herz, das ihre zu brechen. Aber er musste, bei Gott … es war seine Pflicht ihr nicht die Wahrheit zu verheimlichen. Irgendwann würde sie es doch erfahren müssen.
Lea sackte nach hinten auf ihren Hintern und ließ ihn los. War es Erleichterung, oder Verzweiflung? Wäre sie jetzt schon damit klar gekommen, wenn sie hätte gehen müssen, ihn hätte verlassen müssen? Oder war es das erschlagende Gefühl, noch immer nichts zu wissen, nichts tun zu können?
„Lea?“
Sie hörte seine Besorgnis, doch es klang so fern, so weit weg in ihren Ohren. Lea blickte in die Flammen und er sah eine Träne, die sich auf der zarten Haut ihrer Wange ihren Weg bahnte. Schnell kniete er sich neben sie und nahm ihr Gesicht in beide Hände, unglücklich blinzelte sie ihn an.
„Ist mit dir alles in Ordnung? Bitte, sag doch etwas.“
„Nein“, es war ein tragisches Klagen:“ Nichts ist in Ordnung, nichts, rein gar nichts.“
Auf einmal schlang sie ihre Arme um seine Brust und schmiegte sich fest an ihn. Sie wollte getröstet werden, von ihm, nur von ihm. Nach einem kurzen Augenblick des Überrascht seins, umarmte auch er sie und drückte sie fest an sich. Ihr Haar roch so unwahrscheinlich gut und es lag weich unter seinem Kinn. Er spürte ihr Weinen, wie ihr Körper bebte und drückte sie noch etwas fester an sich.
„Hab keine Angst“, hauchte er ihr zu:“ Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert! Ich werde dich beschützen und das mit allem was mir zur Verfügung steht!“
Zärtlich küsste er ihre Stirn, sie war so warm und zart und roch so gut.
„Das weiß ich doch.“
Brachte sie nur mühevoll hervor und diese ehrlichen Worte aus ihrem Mund machten sein Herz nur noch schwerer und seinen inneren Zwiespalt umso größer.
Ihr Weinen ließ nicht nach, es verwandelte sich in ein undefinierbares Schluchzen, das ihren ganzen Körper schüttelte. Es war der Schmerz und das Leid der ganzen letzten Monate, unterdrückte Trauer, Wut und Einsamkeit. Es war die Unwissenheit, die überspielte Angst, all das brach endlich aus ihr heraus.
Als er ihr die Botschaft mitteilte, glaubte sie für einen Bruchteil der Sekunde ihr Ende zu sehen und endlich wieder ihren Namen, den Namen ihres Vaters nennen zu können. Doch dann zerschlug er es wieder, denn eigentlich war diese Botschaft für sie nicht relevant und das entriss ihr wieder diese Gewissheit und nun brach sie einfach zusammen.
„Ich bin so … so schwach, vergib“, stotterte sie gegen seine Brust, er erkannte ihre Stimme kaum.
„Nein, das bist du nicht.“
Wollte er sie ermutigen, doch Lea empfand dies anders. Wütend schob sie ihn von sich und offenbarte ihm ihre Sicht der Dinge:“ Sieh mich doch nur an! Ich sitze hier vor dir, weine wie ein kleines Kind, fühle mich verloren, und kann nichts … rein gar nichts dagegen tun, ich kann nur warten. Ich verliere langsam meinen Verstand, Seamas!“
Wieder umschlang er ihr Gesicht und musste sich zusammenreisen um nicht wütend zu werden, denn dies war das Dümmste was diese Frau je von sich behaupten könnte.
„Du bist nicht schwach! Du bist Leathendra Bradley, die Tochter eines unserer größten Helden, meinem Lebensretter. Du bist auf der Flucht, nimmst so viel auf dich und das für ein Land das dir völlig fremd ist, das nicht das deine ist. Du bist klug … und so … so wunderschön ...“, für einen unscheinbaren Moment unterbrach er seine Rede:“ Du bist uns allen ebenbürtig, du bist deinem Vater ebenbürtig. Er wäre so unsagbar stolz auf dich … denn ich bin es, Leathendra Bradley!“
Ihr Atem stockte bei seinen Worten und ihre geröteten Augen klebten in den seinen. Stumm saßen sie sich unbeweglich einen Augenblick gegenüber und sahen sich stillschweigend an. Leas Weinen war mit einem Mal verstummt. Nur noch ihre feuchten Wangen und ihre roten Augen zeugten von ihren vergangenen Tränen.
Was sie antrieb, das wusste sie nicht. Ob sie irgendwelche Gedanken hatte, war ihr zumindest nicht klar und wenn doch, dann hatte sie dies nicht realisiert. Denn als sie ihn plötzlich küsste, schien ihr Kopf vollkommen leer.
Er glaubte es kaum, als sie ihn auf einmal liebkoste, doch ihre Lippen waren so warm, so weich und so fordernd, dass dies kein Traum sein konnte. Fest umschlangen seine Arme ihren schlanken Körper und er drückte sie wieder fest an sich. Sie forderte und er war bereit ihr alles zu geben.
Sie schmeckte so gut und er konnte es kaum glauben, als sich ihre Hände in seine Haare gruben. Sein leises Stöhnen erschrak ihn selbst für einen Augenblick, doch er war nicht gewillt dies jetzt zu unterbrechen. Zärtlich verlangend glitten seine Hände über ihren Rücken, drückten sie an ihn und er spürte ihre Brüste wie sie sich weich an ihn schmiegten.
Doch dann überrannte ihn plötzlich sein schlechtes Gewissen, es legte sich einfach über das wohlige Gefühl in seinem Bauch, das sie mal wieder auslöste und er konnte nichts dagegen tun. Er hatte ihr nicht die ganze Wahrheit gesagt. Sie würde es ihm nie verzeihen wenn er es ihr verschwieg, niemals, sagen musste er es ihr, es gab kein Zurück mehr, er musste ehrlich sein.
Zögerlich, für einen Moment noch einmal nachgebend, schob er sie dann doch bestimmend von sich und Lea starrte ihn verwirrt an. Aber seine Augen sahen sie nicht an, starr blickte er zu Boden, während er ihre Schultern fast schon schmerzlich festhielt. Sofort glaubte sie, dass sie wieder mal einen Fehler begangen hatte. Es war unbedacht und dumm gewesen, es gehörte sich nicht für eine Frau. Sie handelte aus einem Impuls des Schmerzes heraus und war zu weit gegangen. Er würde nun ein falsches Bild von ihr haben und sie auf eine Stufe mit Cait stellen. Gott, was schämte sie sich gerade so sehr.
„Vergib mir“, flüsterte sie verlegen und befreite sich geschickte aus seinem Griff. Schnell stand sie auf ihren Füßen und ging rückwärts zu einem der Fenster. Es war ihm, als wolle sie vor ihm fliehen.
„Nein“, MacNamara war beunruhigt und wollte sie wieder in seinen Händen halten, eigentlich wollte er sie niemals wieder los lassen. Er sprang auf und ging auf sie zu, doch Lea wich zerstreut zurück, abwehrend ihre Hände etwas hebend.
„Entschuldige dich nicht für etwas, was ich mir so sehr von dir wünschte.“
Meinte er ernst und suchte ihre Augen, doch nun blickten die ihren zu Boden. Er musste es ihr sagen … jetzt sofort.
„Lea, da gibt es noch etwas das du wissen musst, etwas … etwas das mir so unsagbar schwer fällt dir zu sagen. Es wird dir dein Herz brechen!“
Endlich sah sie ihn an. Kein Wort kam über ihre Lippen und doch spürte er ein unausgesprochenes Drängen.
„Tha mi soe uamhasach (es ist so schrecklich), Lea.“
Seine Worte, die mehr an sich selbst gerichtet waren, waren voller Schmerz und sie konnte und wollte nicht mehr verheimlichen dass sie ihn verstand.
„Dè mi soe uamhasach (was ist so schrecklich)?“
Seine Augen wurden groß und sein Mund stand ein Stück weit offen, als er ihre Worte vernahm. Seine Muttersprache aus ihrem Mund zu hören, war für ihn, als würden die Engel singen. Es klang so illusorisch, als wäre dies nicht echt.
Ungläubig starrte er sie an und Lea meinte hecktisch:“ Vater lehrte mich eure Sprache, ich wollte nicht, dass es jemand weiß, aber dir vertraue ich …. Seamas, bitte sag es mir, was ist so schrecklich?“
„Himmel“, murmelte er schwerfällig, nachdem er es etwas verdaut hatte, bevor er weiter sprach:“ Bei Gott, Lea … es ist das Wissen, mit wem sie zusammenarbeiten, von wem sie alles wussten.“
Ihre Augen weiteten sich. Wer könnte diese Person sein, dass er glaubte, es könne ihr das Herz brechen? Sie kannte hier doch niemanden außer ihn und MacKneele.
„Wer ist es, sag es mir“, sie konnte sein Schweigen und sein Zögern nicht ertragen und schrie ihn fast an.
„Mo bràthair (dein Bruder).“
Seine Worte waren kaum mehr als ein Flüstern und als er zu ihr aufblickte, sah er wie bleich sie wurde. Bewegungslos, als wäre sie aus Stein gemeißelt, stand sie vor ihm, nicht einmal ihr Gesicht veränderte sich, er war sich noch nicht einmal sicher, ob sie überhaupt noch atmete.
„Lea?“
Besorgnis machte sich in ihm breit. Warum weinte sie nicht? Warum sagte sie nichts?
„Lea?“
Er trat etwas an sie heran und berührte so vorsichtig ihren Arm, als könne der zerbrechen. Noch immer keinerlei Regung.
„Bitte sprich mit mir … Lea.“
„Geh“, hauchte sie zwischen ihren unbewegten Lippen hindurch.
„Nein, ich lasse dich nicht allein, nicht jetzt.“
Er war fest entschlossen bei ihr zu bleiben, denn auch wenn sie sich jetzt nicht regte, sie würde zusammenbrechen, jeder normale Mensch würde das, wenn er vom Verrat durch seine eigene Familie erfuhr.
„Geh, bitte … lass mich allein.“
Er verstand kaum ein Wort und sah ihr nach, wie sie von ihm fort trat und neben dem kleinen Tisch, auf dem ihr Ale und das restliche Essen standen, stehen blieb.
„Lea“, er wollte sie beruhigen, ihr nachgehen, ihr sagen wie wichtig es jetzt war, nicht alleine zu sein, doch sie schrie ihn auf einmal völlig hysterisch an:“ Geh raus“, und schmiss dabei den Tisch um. Laut klirrend viel alles zu Boden und das mittlerweile kalte Ale ergoss sich auf dem Boden. Entsetzt sah er sie an, stumm nickt er, drehte sich um und ging zur Tür. Doch noch einmal blieb er stehen und sah sich zu ihr um, denn er wollte bleiben, doch sie schrie wieder:“ Raus“, und er ging.
Vor der verschlossenen Tür lehnte er sich mit seinem Rücken gegen das Holz. Er hörte ihr Schluchzen, ihr bitterliches und schmerzlich verzehrt klingendes Weinen, und er wünschte sich, dass sie ihn rufen würde, weil sie ihn brauchte, doch nichts geschah. Stundenlang wartete er starr stehend vor ihrer Tür und er hörte ihr Weinen noch immer. Irgendwann entschloss er sich zu gehen, ihr ihre Ruhe zu schenken, die sie wollte und entschied später noch einmal mit ihr zu reden.

Bradley, die MacFhinns…Oh, ihre Rache würde so süß schmecken und sie würde ihn endlich bekommen, mit allem was dazu gehörte. Er gehörte dann endlich ihr allein und nichts und niemand könnte sich dem wieder in den Weg stellen. Schon bald würde er dieses englische Miststück, diese widerliche Hexe, die sich bei ihm versteckte wie eine Maus vor der Katze, vergessen haben.
Der Ritt war gefährlich, sie hatte nicht viel Zeit, doch das Wetter spielte mit und sie könnte es schaffen.
Er war der Mann, den sie wollte, er hatte den Namen der der ihre sein sollte, er hatte die Macht, die sie so an ihm begehrte. Niemand nimmt ihr dies weg und wenn es doch jemand wagte, dann müsste er dafür zahlen, wie diese kleine englische Schlampe. Es war nun an der Zeit zu handeln.
Cait entfernte sich immer weiter von Eileen Donan und immer mehr reifte ihr absurder und gefährlicher Plan in ihren Gedanken. Ein seltsames Lächeln lag auf ihrem Gesicht, das vom kalten Wind gepeitscht wurde, denn es gab etwas, dass MacNamara noch nicht herausgefunden hatte. Sie wusste wo sich die MacFhinns versteckten, denn in ihren Adern floss deren Blut, von allen nicht gewusst, ein uraltes und in dieser schweren Zeit, ein wohl behütetes Geheimnis….

Sie ließ keinen an sich ran. Tagelang lag sie in ihrem Bett und weinte oder dachte ernsthaft und stillschweigend nach. Diese beiden Stimmungsschwankungen lagen so dicht bei einander, dass es für Pfio oftmals unverständlich war. Sie war die Einzige die kommen durfte. Sie brachte ihr zu Essen, zu Trinken, lüftete das Zimmer und brachte sie dazu, sich ab und zu etwas frisch zu machen. Doch weil sie nicht wusste worum es ging, glaubte sie fast, ihre Herrin stehe kurz davor ihren Verstand zu verlieren und das dies wohl nur an der baldigen Hochzeit liegen könnte. Dass diese Engländerin solche Panik vor ihrem zukünftigen Gemahl hatte, dass es ihr nach und nach die Geisteskraft raubte.
„Mein eigener Bruder“, stammelte sie immer wieder, für einen Zuhörer unverständlich:“ Ein Teil meiner Familie.“
Ihr Bruder, ihr eigener Bruder tat ihr dies an. Er war daran schuld, dass ein junger Mann starb, dass sie glaubte Schuld zu sein, dass man sie haben wollte und dass sie vielleicht oder sogar wahrscheinlich auch sterben müsste.
Ihr eigener Bruder.
Sie verstand das Warum nicht, sie begriff das Weshalb nicht. Aber auch das ständige darüber nachdenken brachte keine Lösung … das warum, konnte wohl nur ihr Bruder beantworten und diese Antwort würde er ihr wohl immer schuldig bleiben.
„Wie geht es ihr?“
Es war MacNamara, er wartete neben der Tür und fing Pfio ab, die gerade aus dem Zimmer trat. Vor Schreck hätte sie beinahe ihr Tablett fallen lassen und nur mit Mühe schaffte sie es, es fest zu halten. Nervös blickte sie auf den umgefallenen Krug, aus dem noch etwas Wasser sickerte und sagte:“ Ich kann es nicht sagen.“
„Was heißt das?“
Er war hörbar ungeduldig, doch das machte Pfio nur noch nervöser und sie fand ihre Stimme nicht. Angespannt schob er sie beiseite, doch mutig sprang sie wieder vor ihn. Sie glaubte selbst kaum was sie da tat, sie stellte sich ihrem Laird in den Weg. Ihre Augen sprangen nervös umher, doch für ihn war sie der Grund für das Verhalten ihrer Herrin und so sagte sie mutig:“ Vergebt mir … mein Laird … aber sie möchte allein sein.“
„Du verbietest mir, in meinem eigenen Haus ein Zimmer zu betreten?“
Hecktisch schüttelte sie ihren Kopf und klammerte sich an ihrem Tablett fest. Ihre Beine zitterten und sie glaubte gleich ihre Besinnung zu verlieren, denn sein Blick war so unbeschreiblich böse. Würde sie nun sterben müssen? Schoss es ihr durch den Kopf, doch Pfio versuchte Tapfer zu sein.
„Nein Herr, so etwas würde ich doch niemals tun.“
Er verschränkte seine Arme vor der Brust und fragte:“ So … und was tust du denn dann gerade in diesem Augenblick?“
„Ich … oh Gott … ich lege Euch nur nahe die Wünsche der Lady zu berücksichtigen.“
Hastig trat sie an ihm vorbei und war unbeschreiblich schnell verschwunden. Kopfschüttelnd griff er nach der Tür, doch hielt er auf einmal inne, legte seinen Kopf gegen das Holz und schloss seine Augen. Er ging nicht hinein. Es fiel ihm schwer, doch er ließ sie allein.
Er wusste nicht, dass Lea auf der anderen Seite der Tür stand, auch gegen das Holz gelehnt und alles mit anhörte. Sie hörte seine Stimme, die gegen das Holz flüsterte:“ Es tut mir leid.“
Dann entfernten sich seine Schritte. Tränen rannen ihre bleichen Wangen entlang. Sie vermisste ihn, sie vermisste seine Stimme, seine Augen und auch seine Nähe.
Was sollte sie nur tun? Was erwartete man von ihr? Was erwartete er von ihr?

„Warst du bei ihr?“
Kenneth betrat die Halle und ging direkt auf seinen alten Freund zu. MacNamara saß zusammengesunken auf seinem Stuhl, vor ihm stand ein großer Krug Ale und in seinen Händen balancierte er einen leeren Kelch. Er hatte den Krug bisher noch nicht angerührt und Kenneth meinte:“ Willst du ihn nur anstarren oder willst du auch davon trinken?“
Er nahm Platz bekam aber keine Antwort.
„Seamas?“
Jetzt sah er auf und sagte fast schon verzweifelt:“ Sie lässt mich nicht an sich heran.“
„Gib ihr Zeit, die Dinge entwickeln sich nun mal anders als von allen erwartet. Ihr Bruder, Seamas, das ist furchtbar.“
„Ich will ihr aber doch nur helfen.“
Noch nie sah er seinen Freund so verzweifelt.
„Dann sag ihr, dass du sie liebst, gib ihr damit Halt!“
Meinte er schlicht, als wäre es das einfachste der Welt, doch Seamas schwieg, atmete tief durch und betrachtete wieder seinen noch immer leeren Kelch.
„Sag es ihr!“
„Nein“, er schüttelte energisch seinen Kopf:“ Ich will es ihr nicht noch schwerer machen. Sie leidet so schon genug, ihr jetzt auch noch zu sagen, was ich für sie empfinde, bringt sie in eine Situation die nicht komplizierter sein könnte. Sie hat nur noch die MacFhinns und den Verrat ihres Bruders im Kopf und versucht es zu begreifen, ich setze sie jetzt nicht unter Druck und beeinflusse sie damit vielleicht in ihren Entscheidungen. Dann tut sie vielleicht etwas, das sie später einmal bereuen wird und das will ich nicht.“
Kenneth schwieg und starrte nun auch auf den Krug. Er wusste, dass sein Freund recht hatte, doch das machte es nicht einfacher für alle. Nach einer Weile sagte er:“ Los schenk ein, ich brauch einen Schluck.“
Das ließ sich Seamas nicht zweimal sagen. Er schenkte den Kelch randvoll und reichte ihn Kenneth. Er selbst hob den Krug an und meinte:“ Auf, das endlich einmal Ruhe in unser Leben einkehrt.“
Sein Freund prostete ihm zu und beide tranken einen kräftigen Schluck.
Nachdem sie den Krug schweigend und schnell gelehrt hatten, meinte Seamas:“ Ich gehe zu Bett, bevor ich mich noch sinnlos betrinke.“
Sein leichtes lallen ließ Kenneth ihm zustimmen und beide erhoben sich.

Lea öffnete ihre Augen, denn irgendetwas hatte sie gehört. Vorsichtig richtete sie sich in ihrem spärlich beleuchteten Zimmer auf und sah sich um. Nichts, sie war noch immer alleine. Doch da entdeckte sie auf einmal etwas Weißes auf dem Fußboden vor ihrer Tür. Langsam kroch sie aus ihrem warmen Lager und lief barfüßig darauf zu. Schnell erkannte sie einen Brief und glaubte, dass er von Seamas stammte. Minutenlang starrte sie ihn an, während er noch immer auf dem Steinboden lag. Dann endlich, hob sie ihn auf, brach das ihr unbekannte Siegel und begann zu lesen:

Lady Leathendra Bradley,
entschuldigt diese unkonventionelle Kontaktaufnahme, doch ist dies der einzige und sicherste Weg für uns.
Wir, der Clan der MacFhinns, wollen dieses schreckliche Schauspiel nun beenden und bitten Euch, endlich unserer Aufforderung nach zu kommen. Natürlich ohne großes Aufsehen zu erregen, bevor noch mehr Unglück geschieht.

Lea sackte kraftlos auf ihre Knie und ihre Hand zitterte, doch sie las schnell weiter:

Da wir nun wissen, wo Ihr Euch versteckt und wer Euch beschützt, haben auch wir uns abgesichert und ein junges Mädchen in unsere Gewalt gebracht, dessen Name Sybille lautet.
Ich denke, dass dieser Name kein unbekannter für Euch ist.

Leas Atem stockte, es war als stünde jemand auf ihrem Brustkorb und Tränen schossen in ihre Augen, ihre kleine süße unschuldige Schwester.

Ein wirklich zartes und noch unschuldiges Geschöpf, dessen heile Welt gerade in Trümmern liegt. Wir sagten ihr, dass Ihr kommen werdet um sie zu retten.
Kommt Ihr nun zu uns, wird ihr nichts geschehen. Doch weigert Ihr Euch, werden wir ihr Leben beenden, eine Schande, war es doch bisher viel zu kurz.
Noch heute, wenn der Mond am höchsten steht, werdet ihr Euch in der Küche mit einem unserer Verbündeten treffen und dieser bringt euch dann auf den rechten Weg.
Ich rate Euch an pünktlich zu sein oder das Leben eurer Schwester war viel zu kurz um die Schönheiten des Erwachsenwerdens zu genießen.
Dougall MacFhinn

Der Brief glitt aus ihren Händen, die schlagartig aufgehört hatten zu zittern und fiel lautlos zu Boden.



Kapitel 16
„Glücklich ist, wer das, was er liebt,
auch wagt, mit Mut zu beschützen“
Ovid

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Der Mond stand in dieser Nacht unwahrscheinlich tief und beleuchtete den frisch gefallenen Schnee unglaublich hell. So schimmerte er wie ein mystischer Schatz von unermesslichem Wert. Im Schloss war schon lange Ruhe eingekehrt und langsam gingen auch die letzten Bediensteten zu Bett.
MacNamara fand einfach keinen Schlaf in dieser Nacht. Normalerweise, wenn er soviel Ale getrunken hatte wie an diesem Abend, schlief er immer wie ein Toter, doch schon seit Tagen machte er kaum ein Auge zu. Nur eine Tür war sie von ihm entfernt, aber es wirkte wie ein unüberwindbares Hindernis auf ihn. Noch immer spürte er ihren verzweifelten Kuss auf seinen Lippen, ihre Umarmung, hörte noch immer ihre von Schmerzen durchzogene Stimme, als sie ihn fort schickte. Er vermisste sie so sehr. Er vermisste es des Nachts draußen neben ihr zu liegen, sie zu riechen, ihren warmen Atem auf seiner Haut zu spüren und ihr in Träumen versunkenes Seufzen zu hören, während er die Sterne beobachtete. Er vermisste ihr Lachen und ihre Wortgewandtheit, sogar ihre Streitlust. Er vermisste ihre Ironie, ihren Mut und ihren warmen Körper, von ihren Lippen nicht zu reden.
Es war für ihn ein neues und überaus unangenehmes Gefühl einen Menschen so sehr zu vermissen, dass es schmerzte.
Wie konnte er sich nur in diese Frau verlieben und das so kompromisslos und schnell? Er hätte sie nicht hier her bringen dürfen, sie machte ihn schwach und verwundbar und er glaubte nicht, eine Entscheidung treffen zu können, die über ihre Zukunft entschied, wenn es an der Zeit war.
Erschöpft strich er sich durch sein dunkles Haar und atmete die eisige Nachtluft tief in seine Lungen ein.
„Hallo Seamas.“
Erschrocken drehte er sich um und sah Cait, die im Dunkeln seines Zimmers stand, gegen die verschlossene Tür gelehnt. Sie trug nur ein dünnes und unwirklich wirkendes Nachtgewand.
Wie war sie nur ungehört hinein gekommen?
„Was willst du?“
Fragte er geduldlos und drehte sich wieder dem Fenster zu.
„Das was du auch willst“, säuselte sie und kam langsam schlendernd auf ihn zu. Zärtlich umarmte sie ihn von hinten und küsste sacht seine nackte Schulter. Gequält schloss er seine Augen. Er rührte sich nicht, er schickte sie aber auch nicht fort und das war für sie Zustimmung genug. Ganz bedacht trat sie langsam um ihn herum und schmiegte sich an seine Brust. Zärtlich streichelten ihre Hände über seine narbige Haut, doch er blickte starr an ihr vorbei, verbot es ihr aber auch nicht.
„Komm schon“, bat sie ihn säuselnd und fuhr mit ihren Fingern in sein Haar hinein:“ Ich spüre doch deine Sehnsucht den körperlichen Gelüsten gegenüber.“
Da nahm sie sein Gesicht in ihre Hände, zog ihn zu sich herab und küsste ihn fordernd. Zuerst tat er nichts dergleichen, doch dann schnappte er sie und erwiderte diesen stürmisch. Unwirsch, fast schon schmerzvoll glitten seine Hände über ihren Körper und entlockten ihr ein sehnsüchtiges Stöhnen.
Hinter ihnen ging unbemerkt die Tür leise auf und das was Lea in diesem Moment sah, ließ sie erstarren. Geistesgegenwärtig versteckte sie den Brief unter ihrem großen Schal, den sie sich wegen der Kälte um die Schultern gelegt hatte und betrachtete das Szenario vor sich schweigend und für einen kurzen Moment emotionslos.
Sie wollte es ihm sagen … sie vertraute ihm so sehr, dass sie seine Hilfe für sich und ihre Schwester haben wollte, auch wenn sie damit alle in Gefahr brachte. Doch das was sie da sah, ließ auf einmal eine unbeschreibliche Übelkeit in ihr aufsteigen und es schmerzte nach einem Moment des Nichts unwahrscheinlich in ihrer Brust. Nicht das wissen über ihren Bruder brach ihr das Herz, nein, das was sie nun vor sich sah, brachte es endgültig zum zerbersten. Aber über diesen atemnehmenden Schmerz, legte sich mit einmal eine unergründliche Wut. Wut über sich selbst, ihm so schnell vertraut zu haben, ihm ihr Herz, ihr Leben geschenkt zu haben, auf dem er nun achtlos herum trampelte. Wut darüber, dass alles was er sagte oder tat, anscheinend nicht eine Sekunde der Wahrheit entsprach und sie so einfältig gewesen war, ihm viel zu schnell zu glauben.
„Entschuldigt bitte“, rief sie den beiden auf einmal zu und MacNamara erschrak über ihre Stimme so sehr, das er Cait unsanft von sich schob. Sie wäre von dieser Wucht beinahe hingefallen, hielt sich aber gerade noch so auf ihren Beinen.
„Lea, ich …“, begann er fürchterlich nervös, doch sie erhob ihre Hand und kämpfte mit ihrer Ruhe und ihrem Stolz, der so verletzt war wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
„Lasst es gut sein, MacNamara“, sie wurde wieder ganz förmlich:“ Ich wollte nicht stören, eigentlich kam ich um zu reden, doch ...“, unerwartet unterbrach sie sich selbst, indem sie sich selbst eine Hand auf ihren Mund legte. Aufgeregt wollte Lea gehen, doch sie hielt in ihrer Bewegung inne, verharrte eine Minute an der noch immer offen stehenden Tür, drehte sich ihm wieder zu und schrie ihn völlig unerwartet an:“ Ihr seid ein elender Bastard, ich habe Euch blind vertraut … Ich will nie wieder auch nur ein Wort mit euch wechseln, geschweige denn, Euch auch nur ansehen. Ihr ekelt mich an! Ich glaubte Euren Worten, MacNamara … bei Gott war ich so dumm“, da wurde ihre Stimme mit einem mal wieder etwas ruhiger, sie strich sich eine Strähne hinter ihr Ohr, atmete tief durch und erklärte ihm ohne viel umschweife.“ Aber vielleicht sollte ich Euch auch dankbar sein, denn es hat mir die Augen geöffnet und macht mir eine Entscheidung, die ich unweigerlich treffen muss, um einiges leichter“, sie blickte mit einem Abscheu erfüllten Blick kurz zu Cait und sagte dann wieder zu ihm:“ Viel Spaß … mit Eurer Hure.“
„Lea“, er stürmte zu ihr und packte sie am Handgelenk, sie war schon draußen auf der Balustrade. Erschrocken sah sie auf seine Hand, die sie fest umklammerte und dann in sein Gesicht.
„Lasst mich sofort los!“
Befahl sie barsch, doch er gehorchte ihr nicht.
„Bitte, lass es mich erklären, Lea, es ist ganz anders … wirklich.“
Er sah Tränen in ihren Augen, doch sie sprach unglaublich gefasst zu ihm:“ Dafür ist es jetzt zu Spät, ich habe gesehen was ich gesehen habe und das was ich sah, hat mich in meinen Grundfesten zutiefst erschüttert. Ich dachte da wäre mehr … ich … ich will es nicht erklärt bekommen oder irgendwelche fadenscheinige Ausreden von Euch hören, ich möchte jetzt einfach nur gehen.“
Zögerlich ließ er sie los und Lea ging in ihr Zimmer zurück.
Cait trat hinter ihn und fuhr zärtlich über seine narbige Haut am Rücken, während sie meinte:“ Sei froh, jetzt ist das auch endlich geklärt.“
„Verschwinde“, fuhr er sie an und schob sie unsanft von sich.
„Seamas, was soll das“, protestierte sie lauthals:“ Ich gebe dir das was du brauchst … du willst es doch auch.“
„Bei Gott, was hab ich getan“, kräftig rieb er sich durch sein Gesicht:“ Alles liegt in Trümmern. Und mir wird gerade etwas klar, Cait, sie hat recht, du bist eine Hure, doch nicht mehr die meine. Verschwinde endlich aus meinem Haus, bevor ich mich vergesse.“
Fuhr er sie an und schmiss die Tür vor ihrer Nase laut ins Schloss.
Frierend stand sie auf der Balustrade und blickte eine Weile starr auf seine verschlossene Tür. Ein irres Lächeln lag auf ihrem Gesicht und sie flüsterte:“ Oh … warte nur ab, du kommst schon noch zu mir zurück. Ich bekomme immer das was ich will.“
Dann sah sie zur Tür hinter der sich Leathendra Bradley sich befand und ihr Lächeln erstarb. Langsam ging Cait darauf zu und legte ihr Ohr an das kalte Holz. Sie erhoffte sich zu hören wie sie weinte, doch nichts dergleichen vernahm sie. Es war eine seltsame Stille im Zimmer. Enttäuscht wandte sie sich ab und verschwand in der Dunkelheit des Schlosses.

Lea saß lange unbeweglich auf der Kante ihres Bettes und starrte in das nur noch leicht klimmende Feuer im Kamin. Sie hatte sich umgezogen. Sie trug ihre gefütterten Hosen, ihr Hemd und ihr dicker Mantel lag über ihren Knien. Ihre Haare hatte sie zu einem festen Zopf gebunden und nach oben gesteckt. Sie war bleich und unglaublich müde. All ihre Gefühle, ihre Trauer, ihr Schmerz und selbst ihre Angst waren verschwunden, genauso wie die Hoffnung irgendwann einmal wieder Glücklich sein zu können. Ihr Herz, es war gebrochen und nun vollkommen leer!
Immer wieder blickte sie in ihrem Zimmer umher, atmete tief durch, bevor sie sich erhob und noch einmal an den Kamin trat. Eine Weile blickte sie auf die klimmende Glut und überlegte sich den Brief hinein zu werfen und all ihre Spuren somit zu verwischen. Sie hielt ihn schon in den Kamin, doch dann entsann sie sich anders und viel in großen Wogen zu Boden. Dann ging sie, in der Hoffnung, das er wenigstens ihre Schwester retten konnte.
Leise schlich Lea zu seiner Tür, blieb für einen kurzen Moment stehen und murmelte:
„Beannachd leat (Lebe wohl)“, dann lief sie auch schon weiter. Alles war dunkel, leer und ruhig, jeder schien zu schlafen. Unbemerkt kam sie an der Küche an und verharrte einen Moment vor der verschlossenen Tür. Lea holte tief Luft und kratzte ihren letzten Mut zusammen bevor sie eintrat. Schnell hatte sie den nicht allzu großen Raum überblickt und stellte fest, dass sie noch alleine war. Lea atmete erleichtert aus, doch es war nur ein Aufschub einer wahrscheinlich schrecklichen Erkenntnis darüber, wer denn dieser Verbündete war. Unsicher stand sie inmitten des Raums und wartete, ihre Arme schützend eng um sich geschlungen.
„Sasunnach (Engländerin).“
Es klang in Leas Ohren wie ein Schimpfwort. Alarmiert drehte sie sich um und das was sie sah erschreckte sie irgendwie keineswegs.
„Cait“, war ihre kühle Feststellung und verschränkte ihre Arme nun locker vor der Brust:“ Ich hätte es wissen müssen … die verschmähte Geliebte.“
„Nun, wie Ihr doch selbst gesehen habt, noch nicht ganz verschmäht.“
Gab Cait triumphierend zurück und erhoffte sich eine Reaktion, doch Lea schwieg, sie zog nur eine Augenbraue nach oben ungläubig.
„Also gut, ich bringe Euch nun zu ihnen. Folgt mir, aber leise.“
Sie verließen durch einen schmalen Seiteneingang die Küche und befanden sich in einem kleinen Hinterhof. Schleichend liefen sie die Mauern entlang um von den Wachen unentdeckt zu bleiben. Sie schafften es und Cait schleuste sie durch eine kleine Tür in einen Raum in der Mauer. Eine Fackel steckte in der Wand, sie nahm diese und beleuchtete eine kleine Öffnung im Boden. Unsicher blickte Lea hinein und sah eine steile Treppe. Cait sah ihr prüfend ins Gesicht und fragte überheblich:“ Angst im dunkeln?“
„Was interessiert es dich, bring mich einfach zu ihnen.“
Und schon hatte sie ihr die Fackel aus der Hand genommen und schritt die schiefen Stufen nach unten. Cait folgte ihr, leicht gereizt von ihrer, in ihren Augen, unpassenden Überheblichkeit.
Es war anscheinend ein Vorratskeller, überall befand sich Essen, in Kästen, in Fässern und gepökeltes Fleisch hing an Balken von der Decke herab. Es roch seltsam salzig und nach gegorenem. Cait trat vor sie denn Lea blieb stehen, sie sah keine weitere Tür.
Kraftvoll schob Cait eine schwere Kiste zur Seite und legte somit eine weitere Luke im Boden frei. Schnell hatte sie diese angehoben und erklärte ihr schroff:“ Geht diesen Gang entlang, bis zum Ende … dort erwartet man Euch“, Lea nickte und wollte gerade herab steigen, als Cait sie fest am Arm packte und somit zurück hielt:“ Ach und noch etwas, Grüßt Euren Bruder von mir und sagt ihm, die Nacht mit ihm war atemberaubend und eine Wiederholung wert.“
Ein unbeschreiblich unerträgliches Lächeln lag auf ihren Lippen und Lea meinte bedrohlich:
„Sag es ihm selbst, wenn du ihm in der Hölle wieder begegnest.“
Und schon war sie verschwunden und Cait lies den Deckel wütend und unbedacht laut zufallen. Erschrocken blickte sie sich um, doch keiner schien dies gehört zu haben. Sie hasste dieses englische Weibsbild, denn egal was sie ihr an den Kopf warf, wie sehr sie auch versuchte sie zu verletzen, sie schien dem immer erhaben zu sein.
Der Gang, den Lea vorsichtig entlang schlich, war unwahrscheinlich schmal und wirkte bedenklich brüchig. Unzählige Ratten und anderes Getier begegneten ihr auf diesem lang wirkenden und dunklen Weg. Die Luft war schlecht, abgestanden und legte sich faulig auf ihre Lungen. Hier und da sickerte Wasser an den Wänden entlang und sie konnte immer deutlicher sehen, wie baufällig alles war. Ihr Herz raste aus Angst davor, alles könnte über sie zusammen brechen. Dann wäre ihre kleine unschuldige Schwester verloren und alles wäre umsonst gewesen.
Nur langsam, aufs äußerste bedacht die Wände so gut es ihr möglich war nicht zu berühren, schritt sie voran, die Fackel fest umklammert in ihrer Hand und mit der anderen schrappte sie jedoch immer wieder mit ihren Knöcheln den Sandstein entlang, bis diese bluteten.
Lea blieb plötzlich stehen, blickte auf ihre blutende Hand und hatte eine Idee. Auch wenn dies erst zu Spät, oder vielleicht niemals entdeckt werden würde, so wollte sie doch eine Nachricht hinterlassen. Sie brauchte etwas in der Hinterhand, war sie sich doch bewusst, dass sie dies vielleicht nicht überleben würde.
Hektisch blickte sie sich um, denn eigentlich lief ihr die Zeit davon. Dann fand sie endlich nach dem was sie suchte, einen kleinen spitzen Stein, er lag im matschigen Boden. Lea hob ihn auf und ritzte kraftvoll mit ihm in die Wand: Cait!
Der Stein viel wieder herab und landete laut mit einem leisem klatsch im matschigen Boden. Dann strich sie mit ihren blutenden Knöcheln über den Namen. Vielleicht etwas zu theatralisch dachte sie, aber das war das was sie fühlte, das was Cait tat.
Lea sah noch einmal zurück und betete, dass er ihre kurze, aber eindeutige Nachricht finden würde und sie auch verstand. Dann lief sie schnell weiter.
Nach einer Weile sah sie endlich das Ende des Tunnels und ein kleines undefinierbares Licht auf das sie sich zubewegte. Zurückhaltend und ängstlich lief sie weiter, sie hatte ja keine Ahnung was sie am Ende erwartete. Mit müden Beinen trat sie aus dem dunklen Gang und war froh zumindest wieder tief durchatmend zu können.
Sie zitterte am ganzen Leib, als sie vor einer großen brennenden Fackel stehen blieb und versuchte jemanden zu erkennen. Langsam senkte sich die Flamme und ein Mann erschien ihr. Mutig trat sie ihm entgegen und sagte emotionslos:“ Ihr erwartet mich.“
Da sah sie noch fünf weitere Männer, die aus dem Schatten eines Hauses traten. Auf einmal packte er sie und schob sie unsanft vor sich her. Als Lea sich umsah, erkannte sie die Häuser vor der Burg, sie war im Dorf gelandet. Einer der anderen trat vor sie, holte aus und schlug völlig unvermittelt zu, bewusstlos sackte sie in die Arme des Mannes hinter ihr.

„Du hast was getan?“
Kenneth beugte sich fassungslos zu seinem alten Freund herab und schien wirklich schockiert zu sein. MacNamara saß zusammengesunken am Tisch und war nicht fähig sich zu rühren, er hatte alles zerstört, alles aufs Spiel gesetzt und Haus hoch verloren.
„Ja hast du denn vollkommen den Verstand verloren?“
Noch nie sprach er so mit ihm, noch nie traute er sich solch ehrliche und laute Worte an ihn zu richten. Doch er war wütend und verstand seinen Laird, seinen besten und ältesten Freund ganz und gar nicht. Da wollte er etwas wie noch nie zuvor in seinem Leben, kämpfte um ihre Zuneigung wie ein Krieger um den Sieg und dann tat er so etwas Dummes und dann noch zu diesem unmöglichen Zeitpunkt
Kopfschüttelnd sackte Kenneth auf einen der Stühle in der großen Halle und blickte stumm in einen der wärmenden Kamine.
„Was soll ich jetzt nur tun?“
MacNamaras Kopf sackte schwer auf seine Hände.
„Du musst mit ihr reden, verdammt noch eins, entschuldige dich, rutsche auf deinen Knien bis sie bluten, flehe sie an, bei Gott, aber tu etwas bevor es zu spät ist. Und dann entledige dich endlich diesem Miststück Cait!“
Seamas nickte voller Tatendrang, erhob sich von seinem Stuhl und wollte mutig zu ihr hinauf gehen. Sie musste ihn verstehen, nein, sie sollte es einfach nur wissen. Keine Lügen, nur die Wahrheit. Nicht nur Cait war daran schuld, nein, er war genauso schuldig wie sie. Er hatte nicht nein gesagt und keine Ausrede konnte das was sie gesehen hatte schmählern.
„Laird MacNamara“, hörte er auf einmal eine weibliche aufgebrachte Stimme seinen Namen rufen, nach dem er sich erhoben hatte und er blickte hinauf. Er sah Pfio, wie sie totenbleich da stand und der Ohnmacht nahe zu sein schien. Kenneth folgte seinen Blick und erhob sich skeptisch drein blickend.
„Was ist los, was ist geschehen?“
Ungeschickt stolperte sie die Stufen nach unten, blieb demütig vor ihm stehen und sagte:“ Ich fand dies auf dem Boden im Zimmer Eurer Verlobten, aber …“, Pfio schluckte so schwer, das man hätte glauben können, sie würde einen Stein ihre Kehle herab pressen müssen, bevor sie weiter sprechen konnte:
"Aber sie ist nicht da“, da hielt sie ihm einen Brief entgegen:“ Ich verstehe diese Worte nicht, mein Laird.“
Ihre Hände zitterten und in ihren Augen standen Tränen. MacNamara faltete das Schreiben hecktisch auseinander und las still. Schockiert blickte er nach wenigen Sekunden auf zu Kenneth und stürmte wutentbrannt an ihm vorbei, die Stufen nach oben. Eine Weile tat sich nichts, doch dann trat er wieder an den Balustrade und starte atemlos nach unten.
Kenneth schaute unglaublich verwirrt aus und fragte nevös zu ihm hinauf blickend, nach einem Augenblick des seltsamen Schweigens:“ Was ist, was stand in dem Brief?“
MacNamara kam, ohne ihm eine Antwort zu geben schleppen wieder nach unten, blieb am Tisch stehen, stützte sich auf und sagte endlich, als stünde er neben sich:“ Lea, sie ist weg … sie haben sie, Kenneth.“
Mit einem lauten, unbändigen wutschrei, schmiss er ohne jegliche Vorwarnung, einen der Stühle der neben ihm stand quer durch den Raum und dieser zerbrach laut berstend an der Wand.
Pfio zuckte erschrocken zusammen und umklammerte hilfesuchend Kenneth Arm. Er war zwar schon immer etwas raubeinig gewesen, aber so, so kannte sie ihn nicht und ihre Angst vor ihm wuchs. Schließlich hatte sie ihm den Brief gegeben und ihm gesagt, das sie nicht da sei, doch sie verstand diese seltsamen Worte und den Sinn nicht. Würde er bei ihr nun die Schuld, für was auch immer, suchen? Sie war schließlich nicht an ihrer Seite, so wie er es ihr befahl, sie war nicht da, als sie verschwand!
„Seamas, bitte beruhige dich“, Kenneth flehte ihn besorg an, doch er hörte nicht, er war verzweifelt und wütend zu gleich. Er schien schier von Sinnen zu sein.
Kraftvoll und laut brüllend schmiss er den schweren Tisch um. Das ausgekipte Ale lief über den steinernen Fußboden und sickerte schnell in dessen Fugen. Ein weiterer Stuhl flog durch den Raum und verfehlte nur um Haaresbreite Blain und Niall, die gerade die Halle betraten. Erschrocken sahen sie auf das zertrümmerte Holz neben sich und blickten dann auf ihren Laird, den sie nicht mehr wiedererkannten. Niemals zuvor hatten sie ihn so unkontrolliert gesehen. Schnell sahen sie zu Kenneth, an dessen Arm sich eine kleine verängstigte Magd klammerte.
„Was geht hier vor sich?“
Wollte Blain wissen und schlich hastig zu Kenneth, doch dieser gab ihm keine Antwort, sondern drückte ihm wortlos Pfio in die Arme. Ihr war es egal wer sie beschützte, Hauptsache jemand tat es.
Kenneth eilte zu Seamas, bevor er noch alles kurz und klein schlug und umfing ihn kraftvoll von hinten. Unerbittlich hielt er ihn fest, während dieser krampfhaft versuchte sich zu befreien, fluchte und schrie wie ein Bär.
„Jetzt beruhige dich Mann, du bist nicht mehr du selbst.“
„Lass mich los, verdammt noch mal.“
MacNamara kämpfte mit seinem besten Freund, doch dieser hielt mit all seiner Kraft durch.
„Das bringt sie auch nicht mehr zurück, lass uns wieder zur Vernunft kommen und in Ruhe darüber nachdenken was wir tun werden.“
„Ich bringe diese Bastarde um, jeden einzelnen von ihnen ... ich reise sie in Stücke“, schrie er noch, bevor er kraftlos zu Boden sackte.
„Das wirst du und ich werde dir dabei helfen, wir alle werden das.“
Noch immer hielt er ihn rigoros fest. Zusammen auf dem Boden sitzend meinte Kenneth kämpferisch:“ Wir werden sie finden, alter Freund … wir finden sie.“
Jetzt nahm er seine Arme fort und rutschte neben ihn, bedauernd sah er in sein Gesicht. Da reichte ihm MacNamara den Brief, er war con seinem Ausbruch vollkommen zerknüllt und eingerissen. Kenneth nahm ihn entgegen, faltete ihn vorsichtig auseinander und las.
„Ein Verräter“, meinte er schockiert und die Nachricht sackte auf seine Knie. Auf einmal kam ihm ein Gedanke und er flüsterte ihm zu:“ Sie hat dir den Brief hier gelassen, Seamas, sie wollte das wir ihn finden. Sie will das wir herausfinden wer dieser Verräter ist und er kann uns dann den Weg zu ihr weisen.“
MacNamaras Gesicht erhellte sich ein wenig und er sah endlich wieder auf. Hoffnung, ein kleiner Funken Hoffnung keimte in ihm und diesen erkannte er auch bei Kenneth.


Kapitel 17
„An sich ist nichts weder gut noch böse,
nur das Denken macht es dazu“
W. Shakespeare

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Leas Kopf schmerzte, als sie endlich wieder begann etwas zu fühlen. Nur schwer gelang es ihr, ihre Augen zu öffnen, doch sah sie nichts und schnell wurde ihr Bewusst, das man ihr einen staubigen Sack über den Kopf gezogen hatte. Ihre Hände waren straff gefesselt und der Strick schnitt sich schmerzlich in ihre Haut. Sie saß auf einem Pferd und sie spürte jemanden hinter sich, er umklammerte unsanft ihre Hüften. Seit Atem war nah, und sie roch durch den Sack hindurch das dieser nach Alkohol stank. Lea hörte, dass man flüsterte, verhalten lachte und sie tat lieber so als wäre sie noch ohne Bewusstsein.
Es schien Stunden zu dauern bis sie endlich einmal anhielten und da sie nicht wusste wie lange sie Ohnmächtig gewesen war und sie nichts von ihrer Umgebung wahrnehmen konnte, hatte sie ihr ganzes Zeitgefühl verloren.
„Aufwachen, Sasunnach, wir sind da.“
Grummelte die Stimme hinter ihr und Lea gehorchte in dem sie ihren Kopf etwas anhob. Grob hob man sie vom Pferd und führte sie an ihren Fesseln irgendwo hin. Noch immer war sie blind. Sie stieg zögerlich Stufen hinauf, hörte Türen aufgehen und wieder zuschlagen, sie vernahm das ihre Füße sich auf Stein bewegten und hallende Stimmen, die auf einmal verstummten als Lea und ihre Wärter näher an diese heran traten. Dann auf einmal brachte man sie ruckartig zum stehen und sie wäre dadurch beinahe rückwärts umgefallen.
„Nun, wen haben wir denn da?“
Ertönte eine Stimme überlegen klingend vor ihr und endlich riss man ihr diesen fürchterlichen Sack vom Kopf.
Einen Moment brauchte Lea, bis sie sich endlich an das Licht der unzähligen Fackeln gewöhnt hatte und rieb ihre brennenden Augen.
„Man hat dich was gefragt.“
Maulte der Mann hinter ihr und gab ihr einen schmerzhaften Schlag auf den Hinterkopf. Lea zuckte erschrocken zusammen und sah über ihre Schulter. Nur mühselig unterdrückte sie den Impuls sich an die nun pochende Stelle zu fassen und rieb sich so nur ihre leicht zerzausten Haare aus dem Gesicht. Er war groß, übermäßig Hässlich und von Kopf bis Fuß wirklich schmutzig. Die Narbe, die sein Gesicht in der Mitte zu teilen schien, lies ihn wie den Teufel höchst persönlich aussehen und Lea schluckte eine wüste Beschimpfung lieber herunter. Langsam sah sie wieder nach vorne und erkannte einen alten Mann, der auf einem Stuhl saß, der aussah wie ein prächtiger Thron. Größenwahn, schoss es ihr durch den Kopf, aber auch dies, behielt sie lieber erst einmal für sich.
„Mein Name ist Leathendra Bradley, aber das wisst Ihr doch.“
Ihr Hals war rau, sie hatte unglaublichen Durst und so klang es etwas erbärmlich in ihren Ohren und nicht voller Stolz, wie es hätte klingen sollen.
„Lady Bradley“, begann der alte Mann und erhob sich äußerst mühsam von seinem „Thron“:
„Endlich habt Ihr den Weg zu uns gefunden.“
Lea neigte ihren Kopf etwas zur Seite, zog eine Braue in die Höhe und entgegnete gespielt gelassen:“ Es scheint wohl so … auch wenn meine Reise zu Euch etwas angenehmer hätte verlaufen können, nämlich mit vollem Bewusstsein und ohne einem stinkenden Sack über meinem Kopf.“
Sein tiefes Lachen hallte durch die leere und unwahrscheinlich große Halle, bevor er sagte:
„Oh ja, man sagte mir schon, das Ihr ein loses Mundwerk habt.“
Lea schwieg, es schmerzte sie, dass er einen Einblick in ihr Leben und ihren Charakter hatte. Auf einmal ging eine Seitentür auf und ein Mann kam herein, er zog etwas unsanft hinter sich her. Da erkannte sie auf einmal ihre kleine Schwester, sie hing wie eine leblose Puppe am Ende seines Armes.
„Sibylle“, schrie Lea erschrocken auf und nur die Hand ihres Wärters hinter ihr, hielt sie zurück. Fassungslos blickte ihre kleine Schwester auf und rief durch die Halle:“ Lea“, doch der Mann hielt auch sie unnachgiebig fest.
„Gut, sie hat Euch erkannt, dann seid Ihr es wohl wirklich.“
Er gab dem einen an der Tür einen Wink und dieser lies Sibylle los. Sofort stürmte sie auf Lea zu, die ging auf die Knie und schlang ihre gefesselten Hände über ihren zerzausten Kopf um sie an sich drücken zu können.
„Geht es dir gut?“
Leathendra hielt sie fest und ihre kleine Schwester meinte weinend:“ Nein … ja … ich weiß es nicht. Ich will nach Hause, ich will zu Mama.“
„Ich weiß, Schatz“, sagte Lea und blickte in ihr Gesicht als sie versprach:“ Ich werde alles dafür tun damit du wieder nach Hause kannst.“
Noch bevor Sibylle darauf reagieren konnte, sagte der der alte Mann vor ihr:“ Das höre ich doch gerne, Lady Bradley, das höre ich wirklich unwahrscheinlich gerne.“
Lea erhob sich und schob Sibylle schützend hinter sich. Ihr Gesicht verfinsterte sich, ihre Augen wurden zu kleinen Schlitzen, bevor sie fragte:“ Was wollt Ihr von mir, MacFhinn?“
„Oh, eigentlich nicht sehr viel … zuerst einmal nur Euer Geld.“
Damit hatte sie jetzt nicht gerechnet, ging es doch die ganze Zeit um ihren Vater und jetzt war es nur ihr Geld. Das konnte sie nicht glauben.
„Mein Geld?“
„Ja, das Erbe Eures verstorbenen Vaters.“
Doch wieder ihr Vater. Lea spürte Sibylles verzweifelte Hände, die ihre Beine umklammerten.
„Ich erbte lediglich 10.000 Pfund, ein Haus und das Gestüt meines Vaters, es ist kein Vermögen und sicherlich nicht ausreichend für Euer … Vorhaben.“
„Ihr wisst nichts über mein Vorhaben, also überlasst dies mir.“
Maulte er sie direkt wirsch an. Es schien als atmete er zur Beruhigung tief durch, bevor er wieder mit etwas ruhigerer Stimme erklärte:“ Aber davon werdet Ihr noch früh genug erfahren. Jetzt werdet Ihr Euch frisch machen, denn ich möchte Euch jemand vorstellen.“
„Und wenn ich darauf keine Lust habe?“
Fragte Lea zickig, doch er meinte Achselzuckend:“ Dann werdet ihr dies schnell bereuen.“
Sibylle schrie auf und als Lea sich entsetzt umdrehte, hatte der Krieger mit der Narbe ihre Schwester am Kragen und hielt eine Klinge an ihre Kehle. Sibylle weinte und zitterte am ganzen Körper.
„In Ordnung“, rief Lea verzweifelt aus:“ Bitte, ich werde ja alles tun was ihr verlangt, bitte.“
MacFhinn lachte und gab der Narbe ein Zeichen. Sofort lies er Sibylle los und die viel leise schluchzend in Leas Armen.
„Darren bringt Euch nun hinauf, macht Euch hübsch.“
Es war ein seltsam ausgesprochener Befehl, auf den Lea lieber nichts sagte, aber sie ahnte nichts Gutes.
Die Narbe, sie weigerte sich ihn anders in ihren Gedanken zu nennen, denn das alles war zu grotesk, schob beide unsanft aus der Halle. Sybille umklammerte ihre Schwester so fest, das es kaum möglich war anständig zu laufen. Sie mussten eine schmale dunkle Treppe hinauf, es stank fast unerträglich nach moder. Überall liefen Soldaten herum, schwer bewaffnet, und angespannt wirkend. Sie liefen einen langen Gang entlang, es war überall dunkel, die Luft war kalt und schwer. Er öffnete eine Tür und murrte:“ Hier“, er schob sie rein, trennte ihr Fesseln mit einem Schnitt seiner Klinge durch und schloss laut die Tür. Lea hörte noch wie der Schlüssel sich im Schloss bewegte und wie Schritte sich entfernten, dann umgab sie eine seltsame Stille. Sibylle legte sich auf das große Bett und rollte sich ganz eng zusammen, ein Seufzer machte Lea wieder auf sie aufmerksam.
„Marc“, flüsterte Sibylle auf einmal drauf los:“ Er sagte, er wolle mir ein neues Kleid kaufen, doch er brachte mich zu diesen Männern. Ich hatte solche Angst und er war so gemein zu mir.“
Lea sah auf den Boden und dachte schwermütig an ihre Mutter, die zu diesem Zeitpunkt solch unbeschreibliche Ängste ausstehen musste, das man dies gar nicht in Worte fassen konnte und sie hatte keine Ahnung das ihr eigener Sohn dafür verantwortlich war. Wahrscheinlich suchte sie bei ihm sogar Trost und weiß nichts von seinen schrecklichen und unmenschlichen Taten.
„Seit wann bist du hier?“
Lea setzte sich neben sie und streichelte zärtlich ihren Schopf.
„Seit drei Tagen, oder so, ich weiß nicht.“
„Haben …“, ihr fiel diese Frage so schwer:“ Haben sie dir etwas angetan, hat dir hier irgendjemand wehgetan?“
„Nein …“, schluchzte Sibylle:“ Aber ich hatte solch eine Angst. Warum hat Marc das getan, hat er mich denn nicht mehr lieb?“
Wieder begann sie zu weinen und Lea streichelte sanft ihren Arm, selbst mit den Tränen kämpfend.
„Ich weiß nicht warum er das tat, was ihn dazu brachte, aber er ist unser Bruder, Sibylle, deshalb kann er uns nur lieben. Hab jetzt keine Angst mehr, bald kannst du wieder nach Hause.“
Sie log schon wieder, über die Liebe ihres Bruders und sie war sich gar nicht sicher, ob sie Sibylle gehen ließen, da sie ja alles wusste und jeden gesehen hatte. Sie hoffte so sehr auf Seamas MacNamara, das er sie hoffentlich suchen und finden würde. Sie würde dies nicht alleine schaffen, dafür war sie einfach nicht stark genug.
„Beschützt du mich?“
Fragte Sybille flüsternd und brachte damit Lea fast um den Verstand, doch sie antwortete:
„Oh Gott, natürlich, mit meinem Leben.“
Ruckartig sprang Sibylle auf und umarmte ihre große Schwester herzlich.
Nach einer Weile, nachdem sich Sibylle beruhigt hatte, ging sie zu den großen Fenstern, schob die Vorhänge beiseite und sah, dass man sie zugemauert hatte. Verzweifelt schüttelte sie ihren Kopf und legte ihre Stirn gegen das kalte Gestein. War das nun ihr Ende? Jetzt schon? Sie hatte Angst, noch nie in ihrem Leben hatte sie solch eine Angst verspürt. Sie wusste nicht, ob sie tatsächlich in der Lage war, ihre kleine Schwester zu schützen. Diese tief verwurzelte Angst, lähmte ihre Sinne und machte ein klar denken fast unmöglich.

Das Wasser, das man ihr brachte, mit dem sie sich waschen sollte, war kalt, aber es weckte ihre Körper und ein wenig auch ihre Sinne wieder auf. Die Seife roch ganz gut, es war ein angenehm blumiger Duft. Eine scheue Dienstmagd brachte ihr ein Kleid, sie sagte kein Wort, legte es ihr in die Arme, knickste und verschwand total nervös wirkend. Immer mit dem gestrengen Blick der Narbe hinter sich, die dann sofort wieder die Tür verschloss.
Es war ein schwarzes Kleid, mit gewagtem Ausschnitt und wunderschönen verzierten Goldapplikationen. Lea zog es nur wiederwillig an, aber es passte fast perfekt. Sie flocht ihre Haare zu einem langen Zopf und fragte ihre Schwester, mit etwas gequälter Ironie in der Stimme:“ Kann ich so dem Teufel gegenübertreten?“
Sibylle saß die auf der Kante des Bettes, ein Kissen fest an ihren Körper gepresst und beobachtete ihre Schwester.
„Du bist viel zu hübsch für den Teufel.“
Sagte sie ruhig und stand auf.
„Was glaubst du, wann können wir heim gehen?“
Lea ging sogleich in die Hocke, umfasste ihre beiden Hände und versuchte nicht traurig zu klingen, während sie ihr erklärte:“ Oh Engelchen, so schnell wird das nicht gehen. Hab etwas Geduld, ich tue aber alles was ich kann.“
„Ich weiß“, hauchte Sibylle hervor und blickte auf ihre Hände, sie waren kalt und wurden von denen ihre Schwester gewärmt.
Erschrocken wandten sich beide um als sie im Schloss den Schlüssel wieder kratzen hörten. Die Tür sprang auf und Lea erhob sich, Sibylla wieder hinter sich versteckend.
Die Narbe zögerte einen Moment und betrachtete Lea ausgiebig von Kopf bis Fuß.
„Los, er wartet nicht gerne.“
Maulte er dann plötzlich und Lea ging langsam auf ihn zu, Sibylle dicht bei sich haltend.
„Sie bleibt hier!“
Brummte er ihr entgegen und zeigte auf das bleiche Kind. Sie hielt an, nickte und wandte sich ihrer Schwester zu, bevor sie ihr erklärte:“ Du musst hier bleiben“, daraufhin schüttelte Sibylle heftig ihre Kopf, doch sie mussten beide gehorchen:“ Sibylle, wir müssen auf sie hören, wir dürfen sie nicht verärgern. Bleib hier, verhalte dich bitte still, es wird dir nichts geschehen und ich bin ja bald wieder zurück.“
Nur widerwillig nickte Sibylle und sie spürte kaum den zarten Kuss ihrer Schwester auf ihrer Wange, bevor sie ging. Wieder wurde die Tür fest verschlossen.
Seine harte, fest umklammernde Hand auf ihrer Schulter, ihn hinter sich wissend, lief sie die
den gleichen Weg den sie kamen wieder zurück.
Vor der Tür des großen Saales hielt er an und klopfte, doch bis auf einen deftigen Streit hörten sie keine Aufforderung zum eintreten und so warteten sie. Sie sprachen Gälisch, doch Lea verstand sie, wenn auch nicht jedes Wort, doch sie verstand.
„Vater ... ich werde das nicht tun … wer weiß wie sie … das kannst du nicht von mir verlangen, ich bin keiner …“
Jetzt schrie der andere, den sie als Dougall MacFhinn identifizierte:“ Du wirst mir gehorchen, du bist mein Sohn und das … Ich lasse keine … was ich sage ist … Es ist nicht so schlimm wie du glaubst …“
„Nein, diese Entscheidung … treffe noch immer ich und …“
Jetzt mischte sich eine weitere Stimme lauthals in den Streit mit ein:“ Wir sind am Ziel, ihr … also beruhigt euch endlich … Es ist kein schlechter Plan und wird uns …“
„Dann tu du es doch.“
Wieder klopfte die Narbe an, jetzt etwas lauter, ungeduldiger und endlich ertönte ein tiefes: „Ja.“
Er drückte die schwere Tür auf und schob Lea vor sich her. Drei Männer standen mit dem Rücken zu ihr, vor dem „Thron“ von MacFhinn. Dieser erhob sich und sagte feierlich klingend:“ Meine Söhne, begrüßt bitte Leathendra Bradley.“
Abrupt drehten sich alle um und sahen sie an, als wäre sie ein Geist. Langsam, mit erhobenen Haupt und soviel Stolz sie in diesem Moment nur aufbringen konnte, lief sie durch die große Halle, noch immer von der Narbe geführt. Seine Hand war eklig warm auf ihrer kühlen Haut.
Sie sah die drei jungen Männer nicht an, ihre Augen waren starr auf Dougall MacFhinn gerichtet. Ihr Blick war wütend und überaus gereizt, das konnte jeder der Anwesenden sehen. Lea spürte die Augen der anderen auf sich gerichtet und so fühlte sie sich unwahrscheinlich nackt und ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Aber kampflos würde sie nicht untergehen, nein, so hatte ihr Vater sie nicht erzogen und da sich alles um ihn drehte, sollte sie sich endlich eingestehen, das sie mehr von ihm in sich trug als alle sich vorstellen konnten.
Vor den drei Stufen, die hinauf zu seinem Sitz führten, blieb sie stehen. Er erkannte sofort ihren Unmut, doch überging er diesen und meinte höflich und scheinbar überrascht:“ Ihr seht wirklich wunderschön aus.“
Doch sie schwieg, was ein Lächeln seinerseits nach sich zog.
„Nun gut“, tat er ihre Unhöflichkeit ab:“ Darf ich Euch meine Söhne vorstellen, Eddy mein jüngster, Steve der mittlere und mein ältester, Alek.“
Noch immer sah sie nur ihn an und würdigte die anderen keines Blickes. Verwundert verschränkte er seine Arme vor der Brust und betrachtete dieses unverschämte Weib vor sich skeptisch.
„Lassen wir diese heuchlerische Freundlichkeit“, begann sie auf einmal kühn:“ Was beabsichtigt Ihr nun mit Eurem Sinnlosen tun?“
Ruckartig schnellte eine Augenbraue nach oben und sein Lachen erhellte die Halle.
„Seht ihr“, sagte er zu seinen Söhnen, nach einer Weil, noch immer grinsend:“ Das meinte ihr Bruder wohl mit großem Mundwerk.“
„Ich habe keinen Bruder.“
Entgegnete sie ihm trocken, doch er erklärte ihr:“ Oh verzeiht das ich Euch darin wiedersprechen muss, Lady Bradley, aber das habt Ihr wohl, denn er machte mit uns dieses Geschäft und brachte uns erst auf diese Idee.“
MacFhinn erhoffte sich eine Regung, doch Lea rührte sich keinen Millimeter, ihre Mimik blieb undurchschaubar. So sprach er weiter:“ Euer Bruder hat doch eine sehr stark ausgeprägte Affinität zu Geld und anscheinend kann er nicht genug davon haben.“
„Jeder von uns hat ein Laster, die einen das Geld, die anderen die Macht.“
Entgegnete sie ihm trocken und Alek, sein ältester Sohn, trat auf einmal neben sie und beugte sich zu ihr herab. Er roch an ihrem Haar und betrachtete eine Zeitlang ihr zartes Profil. Dicht flüsterte er in Ihr Ohr, so das sie seinen Atem auf ihrer Haut spürte: „Ein schwer wirkendes Laster bei Eurem Bruder, er verkaufte Euch uns, und das für nur 1000 Pfund und einem geringen Anteil Eures Erbes und dem Versprechen, Euch von England fern zu halten. Hm … seid Ihr wirklich so wenig Wert?“
„Das liegt wohl im Auge des Betrachters“, antwortete sie ihm gelassen, unbeeindruckt von seinen Worten und drehte sich ihm etwas zu. Ihre Augen durchdrangen die seinen und ein Schauer rannte über seine Arme hinauf zu seinem Nacken.
„Das scheint wohl so.“
Gestand er sich selbst leise ein.
Nach außen hin wirkte Lea kühl und abgeklärt, doch ihr Herz schmerzte und weinte bitterliche Tränen. Ihr eigener Bruder…
„Was erwartet Ihr nun von Eurem tun?“
Fragte Lea zum Wiederholsten male und blickte wieder ihn an. Endlich erhob MacFhinn sich, nach dem sie ihm schwerfällig diese Frage stellte und trat zwei Stufen nach unten, dicht vor ihr blieb er stehen und meinte, mit erschreckend seltsam geschürzten Lippen:“ Nun, wie ich schon sagte, zuerst einmal Euer Geld, doch das bekommen wir nur durch Euren Namen und darüber hinaus bekommen wir endlich den Respekt den wir verdienen … wenn eine Bradley unseren Namen trägt.“
Es war wie ein Schlag mitten in ihre Magengrube. Sie wurde bleich, Übelkeit stieg schwallartig in ihr auf, ihr Herz raste und ihre Knie begannen zu zittern. Verstand sie doch plötzlich was er von ihr verlangte. Nur Mühsam hielt sie sich auf ihren Beinen, taumelte aber etwas zurück.
„Ihr werdet uns das geben was wir durch den König verloren haben, Respekt und Ehrfurcht. Ein guter Plan, nicht wahr? Auch wenn es erschreckend ist, das ein englischer Name den unseren wieder reinwäscht.“
Er klang so ernst, so übermütig und vollkommen unüberlegt, dass die Angst sie langsam dazu brachte Panik zu bekommen.
Ganz langsam wurde ihr darüber hinaus auch noch Bewusst, dass wenn sie nicht mehr da war, nicht zu Hause, dann konnte Marc ihre Mutter übergehen, wenn nicht sogar schlimmeres.
„Das könnt Ihr nicht von mir verlangen.“
Sie klang verzweifelt, ihr Mut war verschwunden, sie zitterte. Belustigt trat er um sie herum, ganz langsam und meinte:“ Ich denke schon das ich das kann, außer Euer Leben und das Eurer Schwester ist es nicht Wert, das man es weiterlebt. Glaubt Ihr nicht, das Eure Mutter verzweifelt ist, wenn sie die Leichen ihrer geliebten Kinder zu Gesicht bekommt?“
Tränen entschlüpften ihren Augen die sie geschlossen hatte. Es war ein Stilles, quälendes weinen.
Was sollte sie tun, was nur? Selbst wenn sie dem zustimmen würde, wäre nicht wirklich Sicher gesagt, dass er Sibylle gehen ließe. Sie wusste zu viel. Aber sie musste es versuchen, sie musste versuchen das Leben ihrer kleinen Schwester zu Retten, ihr eine Chance geben, hatte sie doch ihr ganzes Leben noch vor sich. Jetzt war es noch nicht an der Zeit sich aufzugeben, jetzt noch nicht. Die Zeit für Selbstmitleid würde noch kommen, ganz sicher.
Doch ihr Leben schien hiermit zu Ende zu sein, denn sie schwor sich, wenn sie sie nicht gehen ließen, wenn sie ihr etwas antun würden, ihr Versprechen brechen würden, dann würde sie das ihre auch nicht einhalten. Sie würde ihr Leben beenden, auf der Stelle!
Ihre letzte Hoffnung galt nun einem Mann, der sie bis in ihr tiefstes Inneres verletzt hatte, der ihr Vertrauen zerstörte. Aber sie hoffte darauf, dass er sein Versprechen Wilbert MacKneele gegenüber halten würde und sie dennoch irgendwie versuchte zu Retten.
Mit feuchter Wange blickte sie auf einmal auf, er stand dicht vor ihr, sie roch den alten kalten Schweiß seiner ungewaschenen Haut. Undammenhaft zog sie ihre Nase hoch, ihr war es egal was sie von ihr hielten und sie sagte mit erschreckend fester Stimme:“ Unter einer Bedingung.“
„Ihr stellt Bedingungen?“
Lea nickte, unbeeindruckt von seiner wütend klingenden Stimme.
„Nun gut“, meinte er gelangweilt:“ Wie lautet Eure Bedingung?“
„Sibylle darf gehen, ungeachtet davon was sie weiß … wenn sie überhabt etwas weiß.“
Er blickte zu seinen Söhnen, die dieses für sie seltsame englische Weib anstarrten und fragte, nachdem er einen Augenblick nachgedacht hatte:“ Und was wollt Ihr tun, wenn ich mich Eurer Bedingung widersetze?“
„Oh, dann werde ich nichts tun, rein gar nichts“, sagte sie gelassen mit ihren Schultern zuckend, doch er verstand. Er war sich nicht Sicher ob sie überaus Dumm oder außerordentlich Intelligent war. Doch eines wurde ihm in diesem Moment bewusst, sie war stark, mutig und für eine Frau, stand sie ungemein ihren Mann.
„In Ordnung Lady Bradley, Eure Schwester darf gehen, sobald Ihr unseren Namen tragt und ...“
„Vater“, viel Steve ihm entrüstet ins Wort, doch dieser hob seine Hand und erklärte ihm ernst:
„Ich gehe auf diese Bedingung ein, sie darf gehen.“
Lea sagte nichts dazu, sie blickte stumm auf den Boden und betete, dass dies kein Fehler war.
„Nun“, er trat wieder neben sie, legte seine kalte raue Hand auf den nackten kleinen Teil ihrer Schulter und erklärte ihr:“ Dann wollen wir Eure Verlobung mit Alek, meinem ältesten Sohn, feiern.“
Sie nickte schwerfällig und zuckte etwas unkontrolliert zurück, als Alek ihre Hand nahmm auf seinen Unterarm postierte und sie zu einem Tisch führte, auf dem Essen stand.
 
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Ein Pärchen wie für einander geschaffen, aber es darf wohl nicht sein. Nur einige sinnliche, erotische Momente mit MacNamara sind Lea vergönnt, dann mehren sich die Anzeichen einer Katastrophe. Lilly ist völlig am Boden zerstört, als sie erfährt, wer sie verraten hat, zudem glaubt sie, dass Laird MacNamara ihr untreu gewesen ist und so gehorcht sie schließlich sogar Erzfeindin Cait. Folgt ihr ins Verderben. Der boshafte Clan der MacFhinns hat Leas Schwester Sibylle entführt. Es sieht so aus, als ob Lea zumindest der helfen kann, aber was wird aus ihr selber? Sehr spannende Kapitel.

Petra (03.08.2010)

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