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Katerstimmung - Teil 1

Romane/Serien · Erinnerungen
Ich liege da, um mich stehen Berge von frischer Wäsche neben meinen schmutzigen Sachen von gestern. Meine Katze versucht eine Fliege zu schnappen, die an der Fensterscheibe um ihr Leben kämpft. Ihr brummen wird immer lauter. Es dröhnt in meinem Kopf. Ich hebe ihn um einen Blick auf meinen Wecker zu erhaschen. Mist es ist schon Nachmittag. Ich habe den ganzen Tag verschlafen. Als ich meinen Kopf wieder auf die dreckige Matratze lege, merke ich erst wie stark das Stechen wirklich ist. Ich fühle mich schmutzig.

„Lebst du noch Christina?“ scherzte meine Mum, die ihren Kopf durch meine Zimmertüre geschoben hatte. „Ja, ich komm gleich runter. War gestern noch ein langer Abend.“ Brummte ich und schlug meine Bettdecke auf. Ob ich noch lebe. Tz. Damit hatte ich doch schon vor langer Zeit aufgehört. Ich verhalte mich so, wie man es von mir erwartet. Ich erledige die Arbeiten, die mir aufgetragen werden und lächle, wenn es die Situation verlangt. Ich bin nur die leere Hülle von der Person, die ich mal war, wie ein Haus das hinter der Fassade längst zusammen gestürzt war.

Ich schleppte mich aus meinem Bett. Ich hatte noch die zerrissene Strumpfhose von gestern an. Meine Knie schmerzten und waren voller Dreck und Erde. Mein Unterarm war aufgekratzt und irgendwer hatte ein Pflaster draufgeklebt. Beim genaueren Betrachten fiel mir auf, dass es mit rosa Einhörnern bedruckt war. Ich musste schmunzeln.
Ich trottete ins Badezimmer. Der Blick in den Spiegel überraschte mich ein wenig. Ich sah für den gestrigen Abend annähernd fit aus. Noch immer waren meine Augen grau geschminkt und meine braunen Locken nur leicht zerwühlt. Ich nahm meine Zahnbürste und versuchte den Geschmack von Zigaretten und Alkohol loszuwerden. Während ich meine Zähne putzte lief ich unruhig in meinem Zimmer auf und ab. Ich lies meinen Blick schweifen. Mein Handy. Es leuchtete. Ich hatte eine Sms bekommen. Vielleicht war sie ja von Jenny, die mir einen Vorwurf machen wollte oder von Thomas, der sich entschuldigen wollte.
„Habe ich mir schon fast gedacht. Ist mir aber egal.“ Ich kannte die Nummer des Absenders nicht. Was hat er sich schon gedacht und was war ihm egal? Oder ihr?
Ich setzte mich noch mal auf mein Bett und lies den gestrigen Abend wie einen Film noch mal vor meinen Augen ablaufen.
Wir standen alle zusammen im „Pain“ an der Bar und tranken Cocktails. Es war unser Stammlokal und wir begannen fast alle Partynächte dort. Die anderen gingen irgendwann tanzen, doch ich blieb an der Bar stehen. Wieso? Sonst war ich doch immer die erste auf der Tanzfläche. Ich war die, die die anderen dazu überredet. Wieso diesmal nicht? Meine Erinnerung ist sehr lückenhaft. Ich hab wieder versucht meine Depressionen im Alkohol zu ertränken.
„Christina, kommst du?“ Meine Mutter riss mich aus meinen Gedanken. Mechanisch schlurfte die Treppe hinunter, schenkte mir einen Kaffee ein und löste mir eine Aspirin in einem Glas Wasser auf. Ich lehnte mich gegen den Küchentresen und schaute aus dem Fenster. Grau. Die Welt war so grau wie meine Stimmung. Im Garten stand noch die Liege und neben ihr ein Glas, so als wäre gerade eben noch jemand dort in der Sonne gelegen und wäre nur kurz weg.
Doch in Wirklichkeit war es Februar und die Krähen waren die einzigen, die im Garten umherhüpften.

Ich nippte ein paar Mal am heißen Kaffe und kippte ihn und das Aspiringebräu dann aber doch in wenigen Zügen runter. Mein Bauch brummte und mir wurde übel. Naja, was anderes hatte ich nicht verdient. Ich ging ins Bad und zog mich aus. Als ich zufällig in den Spiegel blickte erstarrte ich vor Schrecken. Meine Schenkel waren übersäht mit roten Striemen und Kratzern. Auf meiner Hüfte zeichnete sich langsam, aber deutlich ein blauer Fleck in Form einer Hand ab.
Das Bild verschwamm. Ich begann zu weinen. Alles um mich herum fing an sich zu drehen. Meine Beine wurden weich und zittrig. Ich lehnte mich an die Wand und ließ mich runterrutschen. Da saß ich nun auf dem kalten Fließen und weinte. Was sollte ich nur tun? Was war überhaupt geschehen? Wo kommen all die Verletzungen her und was hatte die Sms zu bedeuten?

Als die warmen Wassertropfen auf mich herunterprasselten, kamen wieder die ersten klaren Gedanken. Jenny wusste bestimmt was passiert war. Gleich nach dem Duschen würde ich zu ihr fahren und sie fragen was passiert war.

Fast zwei Stunden später machte ich mich auf den Weg zu ihr. Ich zündete mir eine Zigarette an und schaute noch mal auf mein Handy. Nichts Neues. No news are good news.
 
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Kommentare  

Wow, sehr interessant erzählt. Ist immer peinlich, aufzustehen und zu vermuten, dass vielleicht irgendetwas passierte, von dem man noch nichts wirklich ahnt. Spannend was noch geschehen wird...

Francis Dille (15.04.2012)

Gut geschrieben. Du fängst ganz langsam an und dann ist man schockiert. Was ist mit diesem Mädchen? Was hat man ihr angetan? Ich hoffe die Story geht noch weiter.

Jochen (20.03.2012)

Hm... mysteriös. Du fängst du die typisch jugendliche Schwermut im ersten Teil des Textes ein. Alles ist banal und grau und so wie immer, selbst der Suff und der darauffolgende Kater oder die kryptischen SMS sind nichts Besonderes mehr.
Selbst, als die Protagonistin ihre Verletzungen sieht ist sie zwar überrascht, gerät aber nicht sonderlich außer Fassung, sondern akzeptiert es einfach als Gegeben und wird sich irgendwann zu gegebener Zeit um die Antwort kümmern.

Eine Zigarette, typisch unpassender Anglizismus und Schluss - ein verwirrender Text, der uns in eine dunkle Welt hineinlockt und auf mehr hoffen lässt.


Jingizu (19.03.2012)

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