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5 Seiten

Der Kulturkollaps

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
Meine Vorlesung beginnt in 10 Minuten und Werner ist immer noch nicht da. Immer das gleiche mit dem. Aber in letzter Zeit wird es immer schlimmer. OK er schreibt seine Diplomarbeit und das ist eben stressig, aber deswegen muss man doch nicht gleich jeden Termin verschwitzen. Bestimmt hat er wieder mal Probleme und kommt nicht weiter bei seinen „Recherchen“. Das wäre ja auch nichts neues und dann darf ich wieder mal ran und für ihn im Internet auf die Suche gehen.
Jetzt wird es mir aber langsam zu blöd hier. Ich schaue hektisch und verlegen auf mein Zeiteisen und will eigentlich so langsam mal rein gehen. Ich muss ja auch irgendwann mal meine Diplomarbeit fertig schreiben. Kaum habe ich ihn abgeschrieben kommt Werner auch schon, mit hochrotem Kopf, um die Ecke gerannt.
„Na endlich du Arsch. Ich warte hier schon fast eine halbe Stunde. Meinst du etwa das ich sonst nichts zu tun hab, als hier auf dich zu warten? Soll ich dir mal ne Uhr zu Weihnachten schenken!“
„Ach jetzt hab dich mal nicht so. Ich hab dafür auch was sehr ... sieh es dir am besten selbst an. Ich hab die ganze Nacht keine Auge zugemacht deswegen“:
„ICH geh jetzt da rein. Meine Vorlesung beginnt in 3 Minuten. Wir können uns ja zum Mittagessen treffen. Oder noch lieber wäre mir heute Abend. Du schläfst dich besser erst mal aus. Wie du wieder rumläufst. Kein Wunder, dass du nie ne Alte abkriegst, wenn du deine Klamotten bei Clochard Paris bestellst!“: schnauze ich Werner an. Der ist natürlich beleidigt, lässt aber nicht locker.
„He was ich anziehe geht dich einen Dreck an. Ich habe eben keinen Papi, der mir das Geld vorne und hinten reinschiebt.... Wann sind deine Vorlesungen zu ende?“
„Sagen wir, 17.00 Uhr bei Paul. Und tschüss jetzt . Ich muss jetzt wirklich gehen Werner!“: sind meine letzten Worte, bevor ich in den Hörsaal renne. Wie gut das man nach fünf Semestern Mathematik fast schon Hürdenlauf über die Bänke machen kann. Da brauche ich mir keine Sorgen machen ob ich auch einen Sitzplatz bekomme!
Ich kann mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, dass mein Kumpel Werner etwas wirklich neues entdeckt hat. Dazu ist er etwas zu „out“. Entsprechend heiter gehe ich abends in meine Stammkneipe in der Altstadt. Der Wirt dort heißt Paul und hat selbst mal studiert. Biologie und Sport als Lehramt, leider hat er eine etwas zu intensive Beziehung zum Alkohol entwickelt und diese Kneipe hier übernommen. Wenn man sich mal ansieht wie die Jugend von heute verkommt, kann man das auch nur allzu gut verstehen. Ich bestelle mir erst mal einen schönen starken Kaffee. Auf meiner Uhr ist es jetzt schon 17.12 – Unverschämtheit mich immer so warten zu lassen. Wenigstens kann ich hier im Warmen sitzen und mich mit den Leuten unterhalten. Die Gespräche sind zwar auch nicht besonders neu und im Fernseher läuft auch nichts interessantes. Was soll man also anderes machen als sich in die Kneipe um die Ecke zu setzen.
Endlich kommt mein Kumpel und das Warten hat ein Ende.
„Na du, auch schon da. Was sagen deine Dozenten eigentlich wenn du immer zu spät kommst?“
„Deine Sorgen möcht ich haben. Weißt du eigentlich wie belanglos deine Probleme sind, in Anbetracht der Katastrophe in die wir unaufhaltsam reinschlittern“.
„Ach ja! Welche denn? Ozonloch? Klimagau? Konjunkturflaute? Staatsverschuldung oder AKW-Lecks. Sorry Werner, aber ich hab schon unterschrieben gegen den Bau von allem und bin auch für den Schutz der gemeinen Wald-Brennnessel. Nur Geld kann ich dir keins geben, mein Papi arbeitet ja schließlich nicht für die Ökos. So, jetzt trink erst mal einen!“
„Du bist so ein zynisches Arschloch, weißt du das eigentlich. Ich geh jetzt wieder, mit dir kann man so was eh nicht ernsthaft diskutieren!“: blafft Werner mich an.
Ich stöhne laut aus und rolle mit den Augen, diese Mimose aber auch. Verstehen einfach keinen Spaß diese Soziologen. Überall sehen sie den Weltuntergangsklabautermann und den wollen sie dann bei Fencheltee und Reiskräckern tot labbern. Aber was soll’s wenigstens hab ich eine Belustigung, wenn mir Werner seine neuste „Theorie“ erzählt. „Jetzt hab dich nicht so. Man wird im Angesicht des Todes doch mal einen Witz reißen dürfen. Ihr Sozis seit immer so schnell eingeschnappt. Jetzt erzähl mal was du entdeckt hast!“: gehe ich auf ihn zu. Werner verzieht den Mund und ordert sich erst mal einen Kamillentee bei der Bedienung. Dann setzen wir uns in die gemütliche Ecke im Hinterzimmer und ich drehe erst mal einen schönen Joint. Paul legt die Dire Straits auf „Brothers in Arms“. Während ich brösle und am falten bin, erzählt Werner mir seine neuste Erkenntnis:„ Also du weißt ja hoffentlich noch das ich für meine Diplomarbeit jede Menge Bücher zum Thema „ Untergegangene Kulturen“, gelesen habe. Angefangen von den Ägyptern, den Römern, die Spanier, UdSSR und so weiter. Ich hab versucht zu ergründen warum diese Reiche und deren Weltbild vom Erdboden verschwinden konnten. Is ja schon seltsam, dass Kulturen die sich sehr lange halten, einfach wieder in der Versenkung verschwinden!“
„Wahrscheinlich weil es eben normal ist das sich die Dinge ändern. Stillstand ist der Tod. Auf dem Zenit der Macht geht allen Kulturen die Puste aus. Man wird dekadent und raucht illegale Drogen von guter Qualität. So wie wir gleich. Hahaha!“: unterbreche ich ihn und klebe das konische Gerät sorgfältig zu. Dann rauche ich an und inhaliere den süßen Rauch marokkanischer Herkunft. Werner nippt an seinem Tee und fährt fort.
„Genau. ABER wie manifestiert sich diese Stagnation. Klar. Es geht irgendwie nicht weiter, aber das wäre ja eigentlich auch nicht so schlimm. Stabile Verhältnisse müssten ja eigentlich etwas schönes sein. Man kann in aller Ruhe seinen Geschäften nachgehen. Aber so einfach ist es denn nun auch nicht. Wenn einer Bewegung die Luft ausgeht, fängt sie an sich ständig zu wiederholen!“
„Da Langer rauch mal was, bevor du weiter redest“: sage ich und halte ihm den Tüterich hin. Er schnappt ihn sich und zieht dran:„ PFFFFFFe Ah pfff hui hui hui. Das ist aber starker Tobak. Also wo war ich stehen geblieben,... ah ja also das ist scheinbar so. Die Abstände der Kulturenerneuerungen werden immer kürzer und zwar in dem Maße wie das Kulturangebot zunimmt. Also die Anzahl der Feiertage, Freizeitaktiviäten und neuerdings auch die Möglichkeit der Vervielfältigung und Speicherung von solchen Dingen. Stichwort Musikkopien. Stell dir mal vor was passiert wenn man auf etwa 3 Datenträgern sämtliche Musikstücke, die jemals erschienen sind, speichern kann. PFFFFFFe. Da nimm lieber wieder, sonst bin ich nachher wieder zu breit, ist ja erst halb sechs. Also allen Kulturen ist eines gemeinsam. Sie erschaffen sich selbst aus einer neuen Idee heraus. Diese Idee ist am Anfang natürlich neu und dient als gemeinsame geistige Grundlage. Sie ist dafür verantwortlich das sich eine Kultur entwickelt, mit entsprechendem Liedgut, Mythen und Thesen. Je intensiver eine Gesellschaft feiert und diese Identität benutzt, umso mehr nutzt sie sich dabei ab. Irgendwann ist es eben nicht mehr schick die „Internationale“ zu trällern. Je exzessiver eine Gesellschaft die Ressource „Gedankengut“ verbraucht, desto schneller wird sich diese Gesellschaft selbst an ihr Ende feiern. Natürlich „wächst“ ständig neues Liedgut und Buch,- Filmstoff nach, aber das kann nur durch eine Phase der „Not“ gefördert werden. Eigentlich ist es eine Art „Jäger-Beute Beziehung!“.
„Mein Gott müsst ihr Soziologen Zeit haben, dass ihr euch über so was Gedanken machen könnt. Willst du mir jetzt weiß machen, dass unsere Zivilisation durch die vielen Dorffeste zugründe gehen wird! Da müssen wir ja direkt ne Demo auf die Beine stellen!“
„Du bist zwar ein Idiot, aber so Unrecht hast du gar nicht. Die unzähligen Fernsehsender, Radiostationen und diese Überflut an Spaßattraktionen schaffen ein inflationäres Angebot und verbrauchen dabei immer schneller die wenigen neuen Gedanken, die es gibt. Die Künstler kommen ja kaum noch nach um neue Werke und Kreationen zu erschaffen. Ist dir mal aufgefallen wie viele Lieder in den letzten 10 Jahren neuaufgelegt wurden. Wie schnell eine Band in die Charts kommt und wieder in der Versenkung verschwendet. Wie ähnlicher sich die Fernsehsender werden und wie schnell eine „neue“ Idee im TV durch massives Kopieren und tägliches ausstrahlen, zum kollabieren gebracht wird“.
„Apropos „kollabieren“ ich bestell mir jetzt erst mal ein „Colabier“ willst du auch eins? Ach du hast ja noch deinen Tee, da halt du derweil mal den Joint warm, während ich zum Tresen geh“: unterbreche ich seinen Wortschwall und verschwinde mal kurz, um mir das beschriebene Mischgetränk zu regeln. Ich achte jetzt aber bewusst auf die Gespräche der Leute um mich herum und die Musik. Werner hat irgendwo recht – es ist immer der gleiche Schrott. Mein Handy, mein Freund meine Katze hat ... und dazu ein „Klassiker“ aus den 80.er Jahren. Ich gehe zurück und sehe Werner lächelnd dabei zu, wie er mit schmalen, geröteten Augen am Tisch sitzt und seinen Tee schlürft.
„Mein Gott Werner was ist denn da in dem Tee drin, du siehst aber gar nicht gut aus!“
„Ja keine Ahnung was Paul mir da wieder reingemacht hat. PFFFFFF da rauch du weiter ich muss ja erzählen. Also ich habe da mal ein Diagramm erstellt, mit dem ich verdeutlichen will, in welchem Tempo die „Ideen“ verbraucht und neue kreiert werden. Wie du siehst ist das ein sehr komplizierter Vorgang und ist eigentlich nicht wirklich 100% in einer Graphik darstellbar. Aber egal. Also aääääh .. ach ja ... also wenn das so weiter geht sind wir bis Ende des Jahres am Ende dieser ruinösen Ideenverschwendung angelangt. Dann folgt unweigerlich ein Kulturkollaps!“
„Und wie wirkt sich das aus?“
„Na ja die Leute können sich mit dem, was um sie herum passiert, nicht mehr identifizieren. Sie fallen in eine Sinnkrise und werden wahrscheinlich vermehrt zu Drogen greifen und extremen Sportarten,.. vielleicht. Keine Ahnung, jedenfalls verschwindet mit der Identifikation zur Kultur auch die Arbeitsmoral und das Unrechtsbewusstsein. Das sind immer nur kleine Nuancen, die aber eine Gesellschaft, von innen her, schleichend aushöhlen“.
„Ah ha. Also werden die Leute noch öfter blaumachen, Versicherungen bescheißen, Steuern hinterziehen, Fremd gehen und so was halt!“
„Genau, ich habe da sogar einen sehr verlässlichen Indikator für Kulturmüdigkeit bzw. Kulturverweigerung entdeckt. Es ist die Menge an Abfall, die von den Menschen auf einer definierten Fläche, achtlos weggeworfen wird. Die Menge steigt proportional zur Entfremdung. Das gleiche gilt für Vandalismus und eben auch die Anzahl der Fehltage in Schulen und Betrieben!“
„Wann sagst du ist es soweit? Ende des Jahres, na da ist ja noch etwas Zeit bis es soweit ist. Soll ich noch was rollen oder gehen wir mal woanders hin. Der Schuppen hier langweilt mich irgendwie!“
„Siehst du, das ist genau das was ich meine!“

Ende

Autor
Stephan Schneider
 
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Kommentare  

Hi Stephan,
nachdem ich deine Story auf der Startseite gelistet sah, habe ich begonnen, sie zu lesen.
Sorry, wirklich nur begonnen.
Ich habe mich durch die Zeilen gequält, bin über unendlich viele vergessene oder ignorierte Kommaregeln gestolpert. Wirklich geärgert habe ich mich über das andauernde "mal". Zum einen heißt es "einmal", zum anderen denke ich, gehört so ein Füllwort nicht in einen Text.
Da ich mit der Szene im Hinterzimmer der Kneipe zu lesen aufhört, ist mir nicht bekannt, welche Weltuntergangsstimmung der Freund deines Ich-Erzählers verbreiten wollte. Eine Tatsache, die mir zeigt, dass für eine shortstory deinerseits zu viel Zeit verschwendet wurde, an den Kern zu gelangen.
Überarbeite die Story, achte bei aller schriftstellerischen Freiheit die Regeln von Grammatik und Rechtschreibung, eliminiere mindestens 100 % der "mal", lass den Leser gleich im ersten Absatz ins Thema plumpsen.
Dann werde ich einen zweiten Anlauf starten ;)

Du schaffst das, wenn du es willst.
Shan


Shannon O'Hara (07.04.2007)

Sehr tiefsinnige Gedanken in einer kleinen belanglosen Rahmenhandlung verpackt.Gefällt mir (5 Punkte)

Wolzenburg (28.04.2002)

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