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6 Seiten

Naomis Abenteuer 3

Romane/Serien · Für Kinder
Naomi in einem fremden Land

Alles war so anders hier. Die Häuser, die Menschen. Sie waren anders gekleidet. Naomi konnte gar nicht genug aus dem Autofenster sehen.
Als sie ankamen, war da auch wieder eine Frau, die sie in Empfang nahm. Die andere verabschiedete sich schnell und nun folgte sie der Heimleiterin, wie sich später herausstellte.
Man gab ihr wärmere Kleidung, die sie skeptisch betrachtete und nach langem Überreden anzog. Ihr Kleid aber gab sie nicht aus der Hand, sie beschützte es wie einen Schatz!
Viele Kinder gab es hier und sie wurde von allen Seiten umringt. Das machte ihr Angst und sie verkroch sich unter dem Tisch.
Natürlich wurde sie ausgelacht. Die Leiterin holte sie hervor und erklärte ihr, sie hieße Frau Maibach. "Und du Kind, wie heißt du?" fragte sie, aber nicht auf Antwort hoffend.
"Ich heissen Naomi Ilmandu" erwiderte sie zaghaft und reichte der erstaunten Frau Maibach die Hand.
"Du kannst ja unsere Sprache!" entgegnete sie überrascht.
"Ich haben von Corry lernt!" sagte Naomi stolz, wenn auch nicht ganz fehlerfrei, man verstand sie. Obwohl sich Naomi viel Mühe gab, sie hatte es schwer, sich einzugewöhnen. Alles war neu für sie.
Da gab es Schlafstätten nicht nur auf vier Beinen, sie waren auch übereinander gebaut. Bei den Wasserrohren mit Löchern, besser gesagt, Duschen, musste man aufpassen, denn wenn man den falschen Knopf drehte, wurde das Wasser ganz heiß!
Auch musste man immer die Zähne sauber machen, nicht mit den Fingern, sondern mit einem ganz kleinen Besen, den nannten sie Zahnbürste. Dazu gab es Creme darauf, die schmeckte ganz komisch.
Tja, nun hatte Naomi so viele Kinder zum Spielen, aber sie hatte großes Heimweh nach ihrem Vater, nach Silas und nach Corry.
Sie lernte sehr schnell und als sie hörte, im Sommer solle sie auf einer Schule gehen, war sie überglücklich. Sie jubelte plötzlich durch das Haus und Frau Maibaum fragte sie, warum sie sich denn so freue. Dann kann ich endlich dem Corry schreiben, vielleicht hat er meinen Vater gefunden.
"Eine gute Idee, du kannst mir aber auch die Adresse geben und wir beide schreiben einen Brief. Du sagst mir was und ich schreibe." sagte gutmütig Frau Maibaum.
Naomis Augen glänzten dankbar und sie fingen noch am gleichen Tag an zu schreiben.Eines Tages kam eine ganz nette Frau mit ihrem Mann ins Heim und wollten mit Naomi sprechen, um sie kennen zu lernen.
Frau Maibaum hatte ihr schon gesagt, dass sie in einer Pflegefamilie kommen sollte, da sie so gescheit sei, würde es sicher nicht mehr lange dauern, bis man sie aufnehmen würde.
Anscheinend mochte dieses Ehepaar Naomi sehr, denn wenige Tage später durfte sie zu ihnen um ein Wochenende da zu verbringen.
Naomi mochte diese Frau auch und war ganz glücklich. Sie packte ganz schnell ein paar Sachen zusammen. Natürlich durfte ihr Kleid nicht fehlen, obwohl es ihr zu klein geworden war.Naomi staunte, die hatten ein großes Auto, auf dem das Dach fehlte. Nur gut, dass es nicht regnete, wie es hier in Deutschland öfter vor kam. Spaß machte das allerdings, die Haare flatterten nur so im Fahrtwind. So schnell ist sie noch nie gefahren worden.
Dann standen sie vor einem weißen Haus, mit blauen Fenstern und einen wunderschönen Garten drum herum. So etwas hatte sie noch nie gesehen, andächtig stand sie davor.
Herr Schlüter, so hieß der Mann, nahm sie an der Hand und zeigte Naomi das Haus.
Sie sollte ein eigenes Zimmer haben, wenn es ihr hier gefallen würde.
Naomi traute sich gar nichts anzufassen. Im Wohnzimmer stand eine große Tonmaschine, wenn man da auf solche weißen und schwarzen Dinger drückte, kamen Töne raus. Zuerst erschrak sie, aber dann machte ihr das sehr viel Spaß. Herr Schlüter meinte, das sei ein Flügel. Komisch, sie hatte doch gedacht, das Flügel etwas zum Fliegen sind, aber an dieser Maschine fand sie keine. Leider ging dieses schöne Wochenende viel zu schnell zu Ende. Frau Maibach holte sie ein paar Tage später zu sich ins Büro und meinte, was sie denn nun von diesem Ehepaar hielte. Ob sie sich vorstellen konnte, da vorerst einmal zu wohnen?
Naomi war begeistert und natürlich konnte sie es sich bei Herrn und Frau Schlüter vorstellen, zu wohnen.
So kam es, dass Naomi zwei Wochen später ihre Sachen packen durfte und zu dieser Familie zog. Noch immer hatte sie nichts von ihrem Vater gehört, oder von Corry, das machte sie sehr traurig. Nun sollte sie erst einmal in die Schule kommen und Frau Schlüter fuhr mit ihr in die Stadt, um sie neu einzukleiden und alles Nötige für den Schulanfang zu kaufen.
Naomi war begeistert, was es in der Stadt alles gab. Sie durfte sich die Kleidung selber aussuchen, wenn auch Frau Schlüter einige Ratschläge dazu gab.
Überglücklich und dennoch erschöpft, kamen sie zu Hause an. Herr Schlüter saß an der Tonmaschine und spielte damit. Naomi setzte sich daneben und schaute zu, während seine Frau das Abendessen zubereitete.
Morgen also war Naomis großer Tag! Sie wird Lesen und Schreiben lernen und das ganz schnell, so hatte sie es sich vorgenommen.
Nachdem nach dem Abendessen half sie , das Geschirr mitgeholfen hatte, das Geschirr zu spülen und ging dann ins Bett.
Es dauerte ziemlich lange, bis sie einschlafen konnte, denn es gingen ihr so viele Gedanken durch den Kopf. Frau Schlüter fand, Naomi sei das hübscheste Mädchen, was sie je gesehen hatte und welches jemals auf diesem Schulhof gesehen wurde.
Wie sehr wünschte sie sich ein Kind, aber der liebe Gott wollte ihr kein eigenes schenken. Nun hoffte sie, dass sie Naomi irgendwann einmal als ihre Tochter ansehen konnte. Herrn Schlüter ging es ebenso, der an diesem Tag nicht fehlen wollte.
Naomi stand an der großen Treppe und wartete geduldig, bis sie endlich hinein durfte.
Als es dann soweit war, blieben die Erwachsenen draußen, nur die Kinder gingen in die Klassenzimmer.
Die Lehrerin stellte sich vor, erzählte ihnen eine Geschichte und verteilte Stundenpläne. Danach durften sie auf den Schulhof zum Fotografieren.
Nur Naomi weigerte sich, die Klasse zu verlassen.
"Na, du bist sicher Naomi, was ist los, möchtest du nicht auch nach draußen gehen?", fragte die Lehrerin.
"Nein, ich bin doch hier zum Schreiben und Lesen lernen! Und bis jetzt habe ich es noch nicht gelernt. Also bleibe ich auch hier", erwiderte Naomi beharrlich.
Da musste die Lehrerin aber lachen und erklärte ihr, das heute erst einmal das Fest für alle Schulanfänger sei und dann ab morgen gelernt würde.
Enttäuscht verließ Naomi das Schulgebäude um sich den Fotografen zu stellen und dann ganz traurig nach Hause zu gehen.
"Naomi, was ist denn los, hattest du keinen Spaß heute?" fragte Frau Schlüter unterwegs.
Sie schüttelte den Kopf und Tränen kullerten über ihre Wange.
"Ich dachte, ich könne heute schon Lesen und Schreiben und dabei ist nichts passiert", schluchzte sie.
Tröstend nahm sie Frau Schlüter in den Arm und sagte, dass das nicht so schnell gehen würde.
Oh, wie sollte sie sich täuschen. Innerhalb weniger Wochen konnte Naomi lesen. Das Schreiben dauerte auch nicht viel länger.
"Dieses Kind ist ein Wunder!", sagte eines Abends Herr Schlüter zu seiner Frau. "Die Klassenlehrerin meinte, sie sei viel zu weit für die erste Klasse. Sie könnte auch schon die Zweite besuchen, aber das müssen sie noch mit dem Rektor klären."
Oh ja, Naomi wollte lernen, sie wollte alles wissen. Sie konnte nicht abwarten, bis sie in der Schule eine Seite durchgenommen hatten, sie ging das Buch gleich bis zum Ende durch. Noch immer hatte Corry nicht geschrieben, sie war nun schon sechs Monate in Hamburg.
Bald gab es hier ein Fest. Sie nannten es Weihnachten. Da wurde ein Geburtstag gefeiert, vom Sohn des weisen Mannes im Himmel, obwohl das Kind schon groß ist und gestorben war.
Na ja, da gab es wieder ein anderes Fest, wo man traurig sein musste.
Weihnachten sollte man lachen und es gab Geschenke, erzählte man in der Schule.
Naomi wünschte sich nur, das Corry sich meldete und sie ihren Vater und den kleinen Silas wiedersehen durfte. Es war der erste Advent. Frau Schlüter hatte viele schöne Dinge aufgehängt, das ganze Haus geschmückt! Es sah wirklich toll aus.
Plötzlich sah sie durch das Fenster. Was ist das denn? Es regnete weißen Regen! Aufgeregt lief Naomi hinaus um dann aber ganz schnell herein zu kommen, um sich warm anzuziehen.
"Es schneit", sagte Herr Schlüter und begleitete Naomi hinaus.
Die beiden tobten nun durch den Schnee und Naomis Begeisterung nahm kein Ende.
Als es dunkel war, las Frau Schlüter aus einem dicken Buch vor. Die Schrift in diesem Buch konnte Naomi noch nicht lesen, aber das war so spannend, dass sie es auch bald lernen wollte.
Aha, in dieser Geschichte erzählt man von der bevorstehenden Geburt des Kindes. Naomi gefiel das Geburtstagsfest oder Weihnachten wie man es nannte. Es war herrlich, durch den weißen Regen zu gehen, der auch liegen blieb und nicht im Boden verschwand.
Als sie aus der Schule kam, winkte Frau Schlüter schon vom Fenster.
"Naomi, du hast Post!" Aufgeregt rannte sie ins Haus. Es war Post von Corry!
Corry hatte gleich nach der Rückkehrkam in seiner Heimat angefangen, nach Naomis Vater zu suchen. Doch der Name war unbekannt. Sie hatten zwar einen Verwaltungsangestellten in der Reederei, aber der hieß anders. Nach dem Aufstand hatte man die Halle und das Büro angezündet. Viele Männer seien umgekommen und andere schwer verletzt worden. Einige liegen immer noch in verschiedenen Krankenhäusern, mit schweren Verbrennungen. Er würde weiter suchen und ihr dann eine Nachricht zukommen lassen. Naomi kamen die Tränen und Frau Schlüter nahm sie tröstend in ihre Arme. "Nun beruhige dich erst einmal, Kind. Die Behörden sind doch auch informiert. Dein Vater muss noch leben, denn sonst hätte man davon gewusst.Dennoch, diese Nachricht ließ ein Schatten zurück, obwohl Naomi noch hoffen konnte.

Wochen später, Frau Schlüter konnte es nicht mehr mit ansehen, wie Naomi immer blasser, immer stiller wurde, rief sie gleich nach dem Naomi in der Schule war, das Jugendamt an. Nein, es gab immer noch nichts Neues zu berichten.
Abends sprach sie mit ihrem Mann, dem auch aufgefallen war, das Naomis so still geworden ist und immer weniger wurde. "Sag mal, was würdest du davon halten, wenn wir unseren Urlaub in diesem Jahr in Kairo verbringen?" fragte Herr Schlüter seine Frau. Diese zögerte nicht lange und war sofort einverstanden, obwohl sie Angst davor hatte, Naomi zu verlieren. Sie sah aber ein, dass es so nicht weiter ging und das Kind tat ihr so leid. Zuerst sagten sie ihr nichts, sondern versuchten, für sie einen Reisepass zu bekommen. Das war gar nicht so einfach und dauerte seine Zeit. In der Zwischenzeit hatte Naomi ihren siebten Geburtstag gefeiert. Obwohl sie viele Kinder eingeladen hatte, so richtig glücklich war sie nicht. Sie bekam auch ein Fahrrad. Als sie das sah, fiel ihr ihr Vater ein. Als er sie damals abholte. Diese Erinnerung tat ihr weh und keiner verstand, warum sie weinte. Endlich, eine Woche vor Ferienbeginn, waren die Papiere da und sie konnten einen Flug buchen. Die Schlüters wollten Naomi diese Überraschung besonders spannend präsentieren und mit einem Zoobesuch verbinden. Naomi war sehr aufgeregt, als Frau Schlüter ihr erzählte, was sie gleich nach dem Frühstück tun wollten. Es wurde ein schöner Tag. Naomi vergaß für ein paar Stunden ihren Kummer. Als sie dann noch zu Mc. Donald fuhren, war das für sie der Höhepunkt. An die Überraschung dachte sie gar nicht mehr. Lange hatten Frau und Herr Schlüter die Kleine nicht mehr so glücklich gesehen.
Nachdem Naomi ein großes Eis verdrückt hatte, erfuhr sie, dass sie mit den Schlüters in den Urlaub fahren sollte und das Tollste war, sie wollten nach Kairo! Vielleicht finden sie auch ihren Vater. Naomi konnte ihr Glück nicht fassen. Weinend und lachend zugleich nahm sie Herrn und Frau Schlüter abwechselnd in den Arm. "Noch ein paar Tage und dann geht es los!", jubelte sie.
 
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