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5 Seiten

ILLUNIS - Kapitel 4

Romane/Serien · Fantastisches
© Angy
Kapitel 4 - Wut

Ich blickte in die Gesichter der Leute, die auf mich zukamen und hatte erwartet, dass sie mich wie einen Fremdkörper betrachten würden... Schließlich gehörte ich nicht hier her, ich war neu hier, sie kannten mich noch nicht. Doch sie alle lächelten, sie sahen mich an, als wäre ich ein alter Freund, den sie schon lange nicht mehr gesehen hatten. Ein paar andere hingegen wirkten, als wollten sie mir sagen: „Wir teilen dein Leid“.
Langsam ließen sie sich neben uns nieder, alle in ein Handtuch eingewickelt. Der Junge neben mir drückte sofort sein Zigarette aus, schmiss sie weg, erhob sich und brachte ihnen aus dem Haus hinter uns eine warme Tasse Tee und Gebäck. Er kümmerte sich um sie, als hätte er die Verantwortung für sie zu tragen. Schon vorhin der beschützende Blick, mit dem er sie beim See beobachtete, war für mich irgendwie seltsam....
„Chryses..!“, hörte ich Aurora's Stimme und im nächsten Moment saß sie schon neben ihm und schmiegte sich an seine Seite. Er schenkte ihr ein warmes Lächeln und war plötzlich ganz anders als vorhin.
Dann lugte Aurora zu mir hinüber. „Du bist doch gekommen...“
Ich nickte. Ich konnte nicht einschätzen, ob sie erfreut darüber war, oder nicht.
Sie wandte den Blick von mir und begann mit dem Typen, dessen Name anscheinend Chryses war, etwas zu besprechen, dass ich nicht hören konnte und wahrscheinlich auch nicht hören sollte.
Ein Junge, der mir mehr oder weniger gegenüber saß, streckte mir seine Hand entgegen.
„Ich bin Caden... Willkommen, Damon“, sagte er mit freundlicher Stimme.
Ich blickte zu seiner Hand und brauchte einige Sekunden, bis ich sie schließlich doch nahm.
Auch er trug, wie Aurora, Chryses und ich dieses Lederband. Wenn ich mich etwas genauer umsah, bemerkte ich, dass jeder hier anwesende eines besaß.
Caden: „Das tragen wir hier alle... Es ist ein Zeichen der Zusammengehörigkeit unserer Generation.. Ein Geschenk von der alten Generation, also unseren Eltern, dass uns immer daran erinnern soll, dass wir zusammengehören und somit auch zusammen halten müssen. Und du... Du hast auch eines bekommen... Von Lucian und Carmen.. Weil du.. Schließlich auch zu uns gehörst.“ Ein schwaches Lächeln huschte über seine Lippen.
Alles was ich erwiderte, war ein schwaches nicken.
Das belustigte ihn anscheinend, denn er begann zu schmunzeln.
„Du hast keinen blassen Schimmer, wer ich bin, hab ich recht?“, sagte er etwas spöttisch.
Darauf schüttelte ich den Kopf leicht.
„Wir kennen und von früher.. Immer, als du hier warst, haben mit einander in der Sandkiste gespielt.. Du, Chryses, Aurora, Trace, Sirius, Kira, William... ich..“
Mit jedem weiteren Namen, den er aufzählte, zeigte er auf eine Person, die in unserer Runde saß und wenn ich genauer hinsah, kamen dunkle Erinnerungen an ihre Gesichter hoch.
Dann blickte ich wieder zu Caden, denn er setzte erneut zu einem Satz an.
„Und du... Erinnerst dich wirklich an keinen Einzigen von uns.. Das schmerzt..“
Er lachte. Und nun zeichnete auch mein Gesicht ein schwaches Lächeln.
Dieser Junge war so frisch und aufgeweckt, etwas, dass es in meinen grauen Alltag schon lange nicht mehr gab. Darüber freute ich mich irgendwie....

Kehrseite - Aurora

So saß ich nun an Chryses Seite, meinen Blick ständig auf Damon gerichtet und wartete ständig darauf, dass er selbst verstand, was hier vor sich ging. Caden sprach mit ihm, er schien etwas zu sagen, dass ihm gut tat, denn seine Lippen umspielten ein Lächeln, welches irgendwie ungezwungen und frei wirkte. Seit seiner Ankunft hatte ich dieses Lächeln noch nicht gesehen, doch es wunderte mich nicht, denn ich wusste genau, was in seinen Körper vorging und was diese Entwicklung in ihm verursachte, schließlich hatte ich es schon selbst erlebt.
Es hatte natürlich alles einen Grund. Es hatte einen Grund,warum dies genau jetzt eintrat, es hatte einen Grund, warum wir Damon zu uns geholt hatten, es hatte einen Grund, warum wir hier abgetrennt von der Außenwelt, wie in einem eigenen Dorf lebten... Es hatte einen Grund, warum Chryses ständig in Sorge um uns war, auch, wenn er es nicht direkt zeigte. Und es hatte einen Grund, warum das, was in Damon vorging, schnell beendet werden musste, denn die Zeit, die uns jetzt noch blieb war sehr begrenzt. Chryses meinte, er könnte 'nachhelfen'. Doch ich wusste, dass es das für Damon noch viel schlimmer machen würde.
Auch, wenn Damon es jetzt noch nicht wusste und auch noch nicht wissen durfte, er würde hier länger verweilen, als ihm lieb war. Ich sehnte mich schon sehr nach dem Tag, an dem ich ihm unsere Welt voll und ganz eröffnen konnte, wenn ich ihn in unsere Geheimnisse einweihen durfte und an dem er endlich wieder Klarheit in seinem Leben hatte. Auch, wenn er es mir nicht sagte, ich wusste, dass er verwirrt war und das er viele Fragen hatte.
Ich bereute auch die Situation im Wald, wo ich ihn einfach so stehen ließ... Doch er fragte an diesem Tag einfach zu viel.
„Aurora...“, zischte Chryses neben mir.
Ich richtete den Blick rasch auf ihn.
„Du bist mit deinem Kopf schon wieder ganz wo anders..“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, eigentlich war ich gerade ganz bei der Sache.“
Ich liebte es, Chryses' Nähe genießen zu können, denn bei ihm hatte ich immer das Gefühl, voll und ganz sicher zu sein.
„Du solltest mit Damon nach Hause marschieren, das Wetter wird sich nicht bessern und außerdem bist du nass... Das riecht nach Erkältung und ich will nicht, dass du die ganze Zeit in der Gegend herum niest und deine Bakterien verteilst.“
Ich hob eine Augenbraue und musste dann doch lächeln, denn ich wusste, dass Chryses dies nur nett meinte. Deshalb willigte ich mit einem Nicken ein, erhob mich und verschwand in dem Haus, von Chryses und seinen Eltern, wo wir vorhin unsere Klamotten lagern konnten.
Schnell schlüpfte ich in sie hinein, band mein etwas nasses Haar zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen und kehrte dann zurück zu den anderen.
„Komm Damon, wir sollten gehen“, sagte ich, als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte.
Er unterhielt sich immer noch mit Caden. Ich drückte den anderen jeweils ein Kuss auf das Haar, um mich von ihnen zu verabschieden, bevor ich mich mit Damon auf den Weg machte.
„Und... Konntest du dich noch an sie erinnern?“, fragte ich vorsichtig.
Er neigte den Kopf zu mir, dann antwortete er: „Nein... Irgendwie nicht..“
„Nun ja, wir alle spielten früher oft zusammen..“
„Ich weiß – hat Caden schon erwähnt.“
„Ah.“ Ich nickte.
„Aurora...“
Seine Stimme hatte plötzlich einen ganz anderen Klang.
„Hm?“
„Was ist das?“
„Was ist was?“, fragte ich.
„Was ist das an deiner Brust..?“
Ich fluchte innerlich. Ich hatte vergessen, meine Weste bis zum Hals zu schließen und nun sah man deutlich meine Narben, die von meiner linken Brust, bis zum Schlüsselbein ragten. Vier Narben, parallel zu einander, die aussahen, als hätte mich ein großes Tier geschlagen... Daneben konnte man ganz leicht die Abdrücke eines riesigen Gebisses erkennen.
„Nichts...!“, zischte ich, etwas lauter, als gewollt.
Nun hatte ich wieder Lust, schnell wegzulaufen, wie im Wald. Doch ich versuchte, ganz normal neben ihm weiter zu gehen.
„Aurora, woher hast du das?!“, fragte Damon, etwas drängender als vorhin.
„Das ist doch nicht so wichtig...“
„Warum kannst es mir dann nicht erzählen?“
„Weil... Weil es dich nichts angeht!“, schrie ich schon fast.
Ich fand meine Reaktion etwas überstürzt, doch im Moment hatte ich mich nicht besser im Griff, zum Teil, weil ich mich über mich selbst ärgerte, dass er es überhaupt sehen konnte und zum anderen Teil, weil Damon einfach nicht locker ließ.
Ich beschloss, diese Konversation nicht weiter fortzusetzen, blickte noch einmal zu ihm, ehe ich wieder die Flucht ergreifen wollte.
Doch leider kam ich nicht weit, denn Damon hielt mich am Arm fest.
„Lass mich los..!“
„Ich will doch bloß wissen, wer oder was dich da verletzt hat..! Das sieht aus, als wären dies die Spuren eines Monsters..“
„Du spinnst! Und jetzt lass meinen Arm los...“
„Nein!“
Damon war aggressiv. Es wunderte mich nicht, denn das war normal für seine Situation. Ich hätte es an diesem Abend besser wissen müssen, doch geleitet von meiner eigenen Wut, heizte ich ihn nur noch mehr an.. Obwohl ich doch genau wusste, was passierte..
„Nimm jetzt endlich deine Finger von mir, du Idiot..“, zischte ich abermals.
Etwas, dass wie ein tiefes Knurren klang, drang aus seiner Brust.
Ich musste grinsen.
Das Grinsen provozierte ihn, denn es zeigte ihm, dass ich ihn nicht ernst nahm.
Es drückte im die Adern aus der Stirn und der Griff um meinen Arm wurde immer fester. Seine Hand brannte auf meiner Haut, es schmerzte schön langsam.
„Lass jetzt los...“, meine Stimme verzerrte sich zu einem stöhnen, denn es fühlte sich so an, als würde er meine Knochen zu Staub zermalmen.
„Erst will ich eine Antwort!“
Ich biss die Zähne zusammen. Der Schmerz, der meinen Arm durchzog war nicht mehr auszuhalten. „Damon..!“, entkam es mir mit weinerlicher Stimme und im nächsten Moment schlug meine freie Hand mit voller Wucht gegen Damons Kopf, genauer, gegen seine Wange.
Ein roter Abdruck zeichnete diese nun.
Damons Augen traten aus den Höhlen, er fletschte die Zähne und keuchte.
Dann landete ich unsanft am Boden. Ungewollte stiegen mir die Tränen in die Augen. So schnell ich konnte rappelte ich mich auf, kehrte ihm den Rücken zu und rannte nach Hause.
Ich weinte, aber ich wollte nicht weinen, denn es war meine eigene Schuld gewesen.
Es tat mir auch unheimlich leid, dass ich Damon so weit getrieben hatte...

Zu Hause angekommen legte ich mich in mein Bett.... Ich wollte unbedingt schlafen.. Doch ich konnte nicht. Ich fasste einen Entschluss... Ich musste Damon endlich in unsere Welt einweihen..
 
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Kommentare  

Das war ein guter Gedanke von Aurora. Werde gleich weiterlesen. Immer noch schön flüssig geschrieben.

doska (04.09.2011)

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