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Andacht 56 (Lebens)lügen?

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Andacht Nr. 56


(Lebens)lügen?



Ihr Lieben


Wie einige von euch Leser/innen wissen, bin ich in der Hospizarbeit tätig und durfte in den bisher dreizehn oder vierzehn Jahren etliche Gäste kennen lernen und ein Stück weit bis zum Übergang begleiten. Kürzlich hatten wir wieder einmal Supervision und ich antwortete auf die Eingangsfrage ob es etwas gäbe über das ich sprechen wollte: Nein, es gäbe nichts besonderes. Das sollte sich jedoch schlagartig ändern als eine liebe Mitstreiterin von einem Gast berichtete, der ihr „einige Mühe“ gemacht hatte. Es handelte sich dabei um eine Dame die sich während ihres privaten und vor allem auch beruflichen Lebens voll und ganz der anthroposophischen Lehre und da vor allem der Ernährung gewidmet hatte. Sie war Heilpraktikerin gewesen und ich bin überzeugt, dass sie vielen Menschen in ihrem (Berufs)Leben helfen konnte. Sie verbrachte ihre letzten Wochen bei uns. In der Zeit meiner Hospizarbeit lernte ich bislang vier Gäste kennen die sich mit dieser Lehre beschäftigten und sie auch sehr stark verinnerlicht hatten und entspechend danach lebten. Ich selbst kann zu dieser Lehre nicht viel sagen und schreiben. Es ist ein so gewaltig vielseitiges Gebiet, in das man sich wirklich erst einmal tief hinein arbeiten müsste um zu einer qualifiziertem Meinung, um zu einem sachlichen Urteil zu gelangen. Meine uneingeschränkte Bewunderung diesen Gästen gegenüber galt/gilt deren Wissen über naturheilkundliche Belange, Dinge und in mancher Hinsicht ihrer Spiritualität.
Was mir an diesen wirklich wunderbaren und interessanten Menschen jedoch immer unangenehm auffiel und mich berührte, war eine tiefe Verbitterung, Traurigkeit und eine fast unheimlich anmutende „Besessenheit“ andere belehren zu wollen mit bestimmt wohlmeinenden Tips zu deren Ernährung, sowie ständig das Personal zu kritisieren. Man konnte es ihnen nicht recht machen. Das ging einmal soweit, dass ich beinahe jemandem ins Gesicht schrie, sie solle aufhören ihre Lügen zu verbreiten. Keine Sorge, ich konnte mich noch zurückhalten, entfernte mich dazu rasch aus dem Raum und ging für eine Weile in unsere Garderobe wo ich mir die Faust in den Mund steckte. Warum hat mich das ganze so aufgewühlt, so wütend gemacht, so verärgert, dass ich gegenüber dieser Person auch sehr, sehr feindselige Gefühle entwickelte? Und warum stand und steht mir bei solchen Gästen immer das Wort „Lüge“ riesengroß vor Augen? Manchmal in den Nächten wenn man aufwacht und dieses oder jenes schwirrt durch den Kopf, kommen plötzlich auch Eingebungen die man tagsüber oder in den entsprechenden Momenten nicht hat.
Bei mir war es die Erkenntnis, dass wir alle oder zumindest sehr viele von uns Menschen dazu neigen uns Überzeugungen und Lehren anzueignen von denen wir „gehört“ oder „gelesen“ haben, dass sie uns vor Bösem bewahren. So eignen wir uns Lebensstile an, verweigern, verwehren, verbieten uns dieses und jenes in der Überzeugung uns damit gutes zu tun und „das Böse“ fern zu halten. Dabei kann man allerdings auch sehr schnell auf eine überhebliche Denkschiene geraten. „Der, die ist ja selber schuld!“ Hätten sie mal so gelebt und sich so und so verhalten wär dieses und jenes nicht passiert ...“ Bei diesen Menschen wird vor allem auch bei Krebs oft darüber nachgedacht und diskutiert, warum es zu dieser Diagnose kam – vielleicht hat der oder die Betroffene in ihrem Leben „alles geschluckt, in sich hinein gefressen, und/oder hatte generell im Leben immr die falschen Gedanken gehabt und überhaupt - hört man nicht immer wieder mal – wie innen (Seele/Geist) so außen (Körper?
Und dann geschieht das Unfassbare, das mit was man (bei sich) am allerwenigsten gerechnet hatte. Hat man nicht alles getan, sich darüber informiert um das Unfassbare – nämlich die Diagnose – zu vermeiden? Hat man nicht sein ganzes Leben um diese Lehre herumgebaut, entworfen? Man war doch ein/e „Wissende/r“ ein/e „Eingeweihte/r, man hat doch alles richtig gemacht im Gegensatz zu denen die qualmen, saufen, jeder Gelegenheit zu schlemmen und sich sinnlich zu erfreuen sehr offen und empfänglich gegenüber sind und jetzt endet man also in einem Sterbehaus gerade neben solchen wie dem oder der Nachbar/in die trotz Lungenkrebs und Metastasen keine Lust hat auf ihre täglichen fünf Zigaretten zu verzichten, wie der Gast im gegenüberliegenden Zimmer mit seinem Darmkrebs, der Berge von Snickers, Duplo, Mon Cherie und Haribo im Nachttisch gebunkert hat und wie der Gast im unteren Stock, der trotz Rachenkarzinom auf seine täglichen drei Schnäpschen plus Zigaretten o h n e Filter besteht ...
( das sind keine Übertreibungen – alles schon mal dagewesen, alles miterlebt, alles gesehen).


Bei dem folgenden Bibeltext will ich gar nicht erörtern, worin sich die Leute lt. Jesu Aussage bessern sollten, damit ihnen solches Schicksal nicht auch widerfahre.
Was mich stutzig macht war/ist die Aussage/Feststellung dass KEIN UNTERSCHIED gemacht wurde in der Auffassung: der oder die hättten mehr „gesündigt“ als die anderen und ihr Schicksal infolge dessen „verdient.“



Lukas 13


Es waren aber zu der Zeit etliche dabei, die verkündigten ihm von den Galiläern, deren Blut Pilatus mit ihrem Opfer vermischt hatte. 2 Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Meinet ihr, daß diese Galiläer vor allen Galiläern Sünder gewesen sind, dieweil sie das erlitten haben? (Johannes 9.2) 3 Ich sage: Nein; sondern so ihr euch nicht bessert, werdet ihr alle auch also umkommen. 4 Oder meinet ihr, daß die achtzehn, auf die der Turm von Siloah fiel und erschlug sie, seien schuldig gewesen vor allen Menschen, die zu Jerusalem wohnen? 5 Ich sage: Nein; sondern so ihr euch nicht bessert, werdet ihr alle auch also umkommen.

Auch die Erkenntnis von Hiob aus dem gleichnamigen Buch der Bibel lässt aufhorchen oder zumindest nachdenken:

Hiob 2:10

Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen? In diesem allem versündigte sich Hiob nicht mit seinen Lippen.

Es geht mir nicht darum die anthroposophische Lehre, die Veganer oder Anhänger/innen von reiner Natur/Biokost zu belächeln, ganz im Gegenteil.
Es tut mir in der Seele weh, mit zu erleben wie deren „geistliche Brücken“, deren „geistliche“ Felsen und „geistlichen Häuser einstürzen und es wird diesen Menschen in dieser Umgebung so schmerzlich bewußt.

Ich wünsche euch dass ihr nicht „auf´s falsche Pferd setzt in euren Erwartungen und Ansichten.
und natürlich wieder Gottes Schutz und Segen für die kommende Woche.
 
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Kommentare  

Sehr schöne nachdenkliche machende Gedanken. Gerne gelesen.

axel (07.03.2018)

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