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5 Seiten

Brain-Sucker

Fantastisches · Kurzgeschichten
Hallo. Ich bin Tex, einfach nur Tex. Mein Nachname tut nichts zur Sache. Ich bin nun schon dreiunddreißig Jahre auf diesem kleinen, blauen Planeten, der früher mal Erde genannt worden ist. Heute, am Ende des zweiundzwangsisten Jahrhunderts, wird unser Heimatplanet nur noch "Mutter" genannt. Es leben inzwischen auch Menschen auf dem Mars. Allerdings sind diese armen Teufel nicht um diese "Gunst" zu beneiden. Das Terraforming auf dem Mars, was aus dem roten Planeten eine zweite Erde machen sollte, hat auch eine menschenähnliche Alienrasse aus ihrem "Winterschlaf" auf dem Mars geweckt. Diese Aliens, die wir Brain-Sucker oder kurz Brains nennen, haben die unangenehme Eigenart, dass sie sich von menschlichen Gehirnen ernähren. Zum Glück wurden die Brains recht schnell entdeckt und so sind kaum welche bis zu Mutter durchgekommen. Die meisten sind auf dem Mars geblieben. Die Flüge zum Mars sind damals sofort eingestellt worden. Die Übersiedler, die sich damals alle auf den Weg gemacht haben, sitzen jetzt auf dem Mars fest und kämpfen erbittert gegen diese Pest. Schiffe, die es vom Mars bis hierher zurück schaffen, werden mittlerweile von Raumgleitern angegriffen und zerstört. Nur so ist eine weitere Infiltration der Weltbevölkerung durch die Brains zu stoppen.

Die Brains sind uns physisch derart ähnlich, dass sie bis vor kurzem nur durch eine aufwendige und zeitintensive Blutuntersuchung als Aliens zu identifizieren waren.

Ich muß kurz noch ein Wort zu mir sagen. Ich gehöre zu einer kleinen Spezialeinheit, die nur dazu da ist, Brains aufzuspüren und zu eliminieren, die Mutter erreicht haben. Dabei reichen meine Befugnisse soweit, dass ich selbst unschuldige Menschen auf der Jagd nach den Brain Suckern töten darf, ohne mit irgendwelchen Konsequenzen rechnen zu müssen. Alle Mitglieder der Spezialeinheit haben unbe-schränkten Zugriff auf das gesamte Vernichtungspotential, dass in unseren Arsenalen und Waffendepots ruht. Wir haben völlig freie Hand und dürfen jede erforderliche Maßnahme, ohne einen Vorgesetzten fragen zu müssen, durchführen. Wenn wir zum Beispiel ein Hochhaus entdecken, in dem sich mehrere Brains befinden, dürfen wir das Haus in die Luft jagen. Egal, wieviele unschuldige Menschen dabei zu Opfern werden. Wir versuchen schließlich, Mutter und einige Milliarde Menschen vor den Brains zu schützen. Da sind gewisse Verluste unvermeidlich. Wir sind nicht stolz darauf, dass Unschuldige sterben. Aber, die Brains müssen um jeden Preis aus unserer Heimat vertrieben werden.

Zurück zur Identifizierung der Brain Sucker. Seit wir von der Gefahr durch die Brains erfahren haben, haben sich weltweit Forscher an die Entwicklung neuer Technologien zur Erkennung der Brains gemacht. Vor wenigen Wochen gelang einem heimischen Forscher der Durchbruch. Er hat eine optische Energie-Linse entwickelt, die Menschen grün schimmern läßt, sofern man durch diese Linse schaut. Brains schimmern beim Blick durch die Linse nicht.

Die Linse hat einen kleinen Nachteil: sie muß in ein Auge implantiert werden. Eine Stromquelle muß ebenfalls implantiert werden, da sonst die Linse nicht arbeiten kann. Als Stromquelle dient ein kartenspielgroßer Fusionsreaktor, der neuesten Entwicklungsstufe. Der wird in der linken Schulter implantiert. Ich bin der erste Mensch, der diese Implantate zu Versuchszwecken implantiert bekommen hat. Heute ist die erste Nacht, in der ich mit der Linse auf die Jagd nach Brains gehen werde.

Einer meiner Kollegen hat gestern einen Brain aufgespürt. Da wir wissen, wo dieser Brain wohnt, sind wir beide mit einem Zivilgleiter zu dessen Wohnung unterwegs. Ich sitze neben dem Kollegen und schaue aus dem Fenster des Gleiters auf die beleuchteten Straßen. Der Regen prasselt unauf-hörlich vom Himmel und schlägt gegen die Scheiben. Die wenigen Menschen, die unterwegs sind, sehe ich durch meine neue Linse mit einer grünen Aura. Es ist unheimlich. Natürlich sagt mir mein Verstand, dass alles in Ordnung ist. Trotzdem fühle ich mich unwohl, von leuchtenden Menschen umgeben zu sein. Selbst der Kollege neben mir schimmert in einem gespenstischen grün. Und auch meine eigenen Hände, wenn ich sie mir anschaue.

Wir erreichen die Wohnung des Brains und mein Kollege bringt den Gleiter in eine Beobachtungsposition am Straßen-rand, in der wir die Wohnung und die Wege davor gut im Blick haben. Wir sitzen einige Stunden im Gleiter, als zwischen den wenigen leuchtenden Menschen eine Gestalt ohne Aura auftaucht. Nach dem ich kurz meinen Kollegen über die fehlende Aura bei der beobachteten Person informiert habe, steigen wir beide aus dem Gleiter und ziehen unsere Waffen. Als wir den Brain zum Stehenbleiben auffordern, zieht er eine Waffe aus der Tasche, mit der er schnell mehrere Schüsse hintereinander auf uns abfeuert. Mein Kollege bricht sofort tödlich getroffen zusammen. Selbst das Blut, das aus mehreren Einschußlöchern in seiner Brust sickert, leuchtet grün. Ich bin reflexartig, als ich die Bewegung des Brains sah, zur Seite gesprungen. Jetzt feuere ich zwei präzise Schüsse ab und beide Projektile treffen ihn. Die Wucht der Kugeln reißt ihn von den Füßen. Er bleibt regungslos liegen, die Waffe immer noch in der Hand. Ich bewege mich vorsichtig ein paar Schritte auf den Brain zu, bevor ich mit einem weiteren gezielten Schuss jede Unsicherheit über seinen Gesundheitszustand ausschliesse. Ich wäre nicht das erste Mitglied der Spezialeinheit, das von einem verletzten Brain getötet worden wäre. Die Regeln hier draussen sind hart.

Ich betrachte die mich umgebende Szenerie, als ich leise eine Sirene höre. Da hat wohl wieder mal ein übereifriger Mitbürger die Wache angerufen. Ich drehe mich um, um zum Gleiter zurück zu gehen, als hinter dem Gleiter ein großer Typ hervortritt. Erst beim zweiten Blick nehme ich die Waffe wahr, die er in seiner herunterhängenden Hand hält. Ich frage ihn, ob er ein Problem hat.

Diesen Möchtegern-Typen, die auf eigene Faust hinter den Brains her sind, begegnen wir immer wieder. Zumeist sind sie tot und ihr Gehirn ist ihnen entfernt worden. Wenn man sie lebend trifft, dann nerven sie einen meistens nach einer erfolgreichen Jagd. Er reißt die Waffe hoch und feuert. Erst als die Kugel seine Waffe mit einem lauten Geräusch verläßt, realisiere ich, dass er nicht leuchtet. Ein Brain Sucker!

Das Projektil trifft mich in die linke Schulter. Die Wucht wirft mich nach hinten. Im Stürzen reiße ich meine Waffe hoch und schiesse. Als ich mit dem Rücken hart auf die nasse Straße krache, ist mein Magazin leer. Der Brain dreht sich um und rennt weg. Da er sich den linken Oberarm fest-hält, muß ihn eine meiner Patronen erwischt haben. Ich rappel mich langsam hoch und betrachte meine Schulter. Die Wunde brennt wie der Teufel. Der linke Arm baumelt an meinem Körper herunter. Ich wechsel das Magazin meiner Waffe, was mit einer Hand gar nicht so einfach ist. Dann verfolge ich den Brain. Ich versuche zu laufen, aber die Schmerzen in meiner Schulter drohen mich zu ersticken. Also verfalle ich in einen ungelenken Trab. Als ich um eine Straßenecke hetze, stehen zwei Männer vor mir und schauen mich erschreckt an. Beide umgibt keine Aura. Ich hebe die Waffe und schiesse. Aus dieser Entfernung reicht mir für jeden der beiden eine Kugel. Sie sacken fast synchron in sich zusammen. Diese Schmerzen. Dann trabe ich weiter. In die Richtung, in die der große Brain Sucker mit der Waffe geflohen ist. Ein Gleiter hält auf der anderen Straßenseite und ein paar lachende Gestalten ohne Aura steigen aus dem Vehikel. Brains! Ich bewege mich über die Straße und schiesse mehrmals. Das Lachen erstirbt. Verflucht, so viele Brains. Ich schaue an dem Hochhaus auf der anderen Straßenseite hinauf. Alle Leute, die sich in der Nähe der Fenster aufhalten, umgibt keine Aura. Ich gehe die Straße weiter rauf. Ich kann in keinem der Häuser auch nur einen Menschen mit Aura ausmachen. Die ganze Gegend ist mit Brains verseucht. Ich gehe zum Gleiter zurück. Ein paar kleinere Zwischenfälle auf dem Weg dahin, können mich nicht aufhalten. Als ich am Gleiter ankomme, hält neben mir ein Polizeigleiter. Zwei kräftige Beamte steigen mit gezogenen Waffen aus und fordern mich lautstark auf, meine Waffe niederzulegen. Ich schmeiße ihnen meinen Ausweis vor die Füße, der mich als Mitglied der Spezialeinheit ausweist. Beide schauen auf den Ausweis, der im Regen schimmert. Als die Beamten hochschauen, treffen sie meine Kugeln. Auch sie hatten keine Aura. Ich hebe meinen Ausweis auf und steige in den Gleiter. Mit Vollgas verlasse ich die Gegend. Als ich weit genug weg bin, gebe ich per Funk der Einsatz-Zentrale den Befehl, die Gegend, in der ich heute Nacht den ersten Brain getroffen haben, so schnell wie möglich in Schutt und Asche zu legen.

Vor einem kleinen Krankenhaus halte ich den Gleiter an. Ich steige aus und sehe ein Bombergeschwader in Richtung City fliegen. Als ich meinen Blick von den Flugzeugen abwende, steht der große Brain vor mir. Er hatte sich im Kofferraum des Gleiters versteckt, als ich die Straßen nach ihm abge-sucht habe. Bevor ich reagieren kann, erschießt er mich aus nächster Nähe.



Die Nachrichten:

In der letzten Nacht, wurde ein Mitglied der Spezialeinheit zur Bekämpfung der Brain Sucker, angeschossen. Bei diesem Schußwechsel wurde die Energiequelle seiner neuentwicklten Brain-Sucker-Identifzierungs-Optik zerstört. Ab diesem Zeitpunkt konnte dieser Beamte nicht mehr zwischen Menschen und Brain Suckern unterscheiden - für ihn sahen wir alle wie Brain Sucker aus. Daraufhin erschoß er erst einige unschuldige Passanten, bevor er eine 80.000 Einwohner-Stadt durch ein Bomber-Geschwader zerstören ließ.

Bevor dieser Mann seine schwere Schußverletzung behandeln lassen konnte, wurde er vor einem Krankenhaus von einem Brain Sucker hinterhältig ermordet und ihm wurde an-schließend auf bestialische Weise das Gehirn von einem Brain Sucker entfernt.

Nach ersten Schätzungen sind etwa 50.000 bis 60.000 Menschen als Folge dieser Funktionsstörung bei dem Bomben-angriff ums Leben gekommen. Weitere 15.000 bis 25.000 Menschen sind zum Teil schwer verletzt worden. Da die Stadt massiv bombardiert worden ist, kann es noch einige Wochen dauern, bevor alle Überlebenden aus den Trümmern geborgen worden sind und verläßliche Aussagen über die genaue Zahl der Opfer gemacht werden können.

Ein weiteres Mitglied der Spezialeinheit starb bei einem Schußwechsel mit Brain Suckern letzte Nacht.

Wir geben ab zum Sport ...

 
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Kommentare  

Hallo, eine sehr spannende Geschichte. So ein Ende konnte ich mir schon denken. Das macht ein wenig Lust auf Science Fiction. Früher habe ich mich dafür interessiert, dann lange Zeit nicht. Werde mir wohl mal wieder einen Film reinziehen. Gruß Sabine

Sabine Müller (19.01.2007)

Was soll man dem noch hinzufügen?
Kann mich nur anschließen.
Feines Geschicht'chen, da passt mal wieder alles.
Weiter so !!


schwaen (25.03.2002)

Science Fiction nach guter alter Art schmackhaft zubereitet mit einem überraschenden Finale. Gute Storyidee gehabt und prima geschrieben.

Stefan Steinmetz (25.03.2002)

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