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6 Seiten

ILLUNIS - Kapitel 7

Romane/Serien · Fantastisches
© Angy
Kapitel 7 – Pläne, Gedanken, Gespräche und andere Krankheiten

Das Problem mit der Kleidung war schnell geklärt. Chryses brachte mir ausnahmsweise Klamotten von ihm. Aurora und er gingen dann schon einmal vor, während sie mich alleine im Wald ließen, damit ich mich schnell zurückverwandeln und anziehen konnte. Ich brauchte nicht lange, um sie einzuholen, sie gingen sozusagen im Schneckentempo. Wir verabschiedeten uns bald von Chryses, da er so schnell wie möglich den anderen Bescheid geben wollte, dass ich nun auch in der Lage war, mich in einen Wolf zu verwandeln. Aurora meinte außerdem, dass auch Carmen und Lucian so schnell wie möglich davon erfahren sollten. Deshalb gingen wir auf schnellstem Wege zurück zum Haus.
„Mom? Dad?“, sagte Aurora in einem etwas lauterem Ton, gerade, als wir zur Tür hereinkamen.
Doch es kam keine Antwort. Sie ging in die einzelnen Zimmer, um dort nach ihnen zu sehen, während ich mir die Schuhe auszog.
„Keiner da“, erklärte sie, als ich gerade dabei war, meine Jacke auf den dafür vorgesehen Haken zu hängen.
Ich richtete meinen Blick auf sie.
„Hm..“ gab ich von mir. Ich war eigentlich froh darüber. Ich wollte im Moment einfach nicht mit ihnen über diese Sache sprechen, es war mir wirklich genug Übernatürliches für einen Tag.
Aurora zuckte mit den Schultern.
„Naja... Kann man nichts machen. Sie werden bestimmt bald wieder da sein“, meinte sie und verschwand mit diesen Worten im Wohnzimmer, wo sie sich aus dem Obstkorb einen Apfel nahm, auf die Couch setzte und den Fernseher anmachte.
Es war ein seltsames Verhältnis zwischen uns.
Einmal waren wir uns etwas näher, dann entstand wieder diese große Distanz zwischen uns.
Doch jetzt, wo es doch eigentlich keine Geheimnisse mehr gab, konnte diese leichte Kälte doch eigentlich ganz verschwinden.
Ich beschloss, mich zu ihr ins Wohnzimmer zu gesellen und mich dort auf dem Couchsessel niederzulassen.
Aurora trug ihre Weste nicht, da stachen mir sofort wieder die tiefen Narben oberhalb ihrer Brust ins Auge.
„Nun, da eigentlich so gut wie alles aus dem Sack ist, kannst du mir doch theoretisch verraten, woher du diese Narben hast, nicht wahr?“,
„Theoretisch – ja“, erwiderte sie mir, ohne den Blick vom Fernseher zu lassen.
Ich hob eine Augenbraue.
„Theoretisch, sowohl als auch praktisch“, sagte ich, mit einem forderndem Unterton.
„Später vielleicht...“, meinte Aurora abwesend.
Ich stieß einen genervten Seufzer aus.
„Ach... Komm...!“, sagte ich ebenso genervt.
Nun wandte sie endlich ihren Blick vom Fernseher ab und blickte mir gezielt in die Augen.
„Ja ja... Schon gut! Ich erzähl diese Sache nun einfach nicht gerne, weil ich mir dann immer so vorkomme, als würde ich Chryses schlecht machen... Doch es ist nun mal so geschehen, wie es geschehen ist... Diese Narben sind Kampfnarben. Es war, als Chryses sich zum ersten Mal in einen Wolf verwandelte. Er war voller Übermut. Wir haben aus Spaß etwas trainiert, er als Wolf, ich als Wolf. Doch das eigentliche Kämpfen aus Spaß machte ihn irgendwie aggressiv. Männliche Wölfe sind sowieso leicht aus der Fassung zu bringen und neigen gerne zu aggressiven Handlungen. Jedenfalls... Irgendwann merkte ich, dass er plötzlich auf Ernst machte. Er griff mich tatsächlich mit der Absicht an, mich zu verletzen. Ich wusste, dass er noch ein junger Wolf war und dies gar nicht so meinte. Ich tat alles, um ihn abzuwehren, doch irgendwann hatte ich keine Kraft mehr. Ich entschied, wieder meine Menschenform anzunehmen und ihn so vielleicht daran erinnern zu können, gegen wen er da gerade wirklich kämpfte. Doch dies war ein großer Fehler. Wie du dir sicher denken kannst ist ein Mensch wehrlos gegen Wölfe, wie wir es sind. Und bevor er überhaupt richtig hinsah, wer da vor ihm stand, schlug er mich mit seinen mächtigen Krallen zu Boden, worauf ein Biss folgte. Doch der Biss war nicht tief, da er schließlich doch wieder zur Besinnung kam. Zum Glück – sonst wäre ich wohl schon nicht mehr auf dieser Erde.. Es macht Chryses sehr traurig, wenn jemand darüber spricht. Er bereut es sehr. Doch heute würde ihm so etwas niemals passieren, er ist nun der stärkste und disziplinierteste Wolf, den es in unserer Generation gibt. Auch, wenn er mit Abstand das wildeste Temperament hat. Bitte Damon, du darfst ihn nicht wissen lassen, dass du davon weißt, ich will ihn nicht mit solchen alten Geschichten, für die er nicht einmal wirklich etwas kann, belasten..“
Ich nickte.
Es war seltsam. Chryses war nach seiner ersten Verwandlung gleich dazu fähig, zu kämpfen, während ich eigentlich zu nichts fähig war. Er war im Gegensatz zu mir jedoch bestimmt darauf vorbereitet gewesen, was auf ihn zukommt, vielleicht liegt es daran... Aber Chryses war doch älter als Aurora.. Warum hatte sie dann die Entwicklung schon vor ihm durchlebt?
„Sag mal.. Gibt es irgendeine bestimmte Einteilung, wann wer dran ist, sich zu.. äh.. Entwickeln?“, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein, das gibt es nicht. Es ist nur so, dass die Entwicklung bei weiblichen Wölfen nicht so lange dauert. Und sie ist auch nicht auf ein bestimmtes Alter festgelegt. Das Gen unserer Vorfahren kommt, wann es kommen will.“
„Ich verstehe...“
Sie wandte den Blick wieder von mir und starrte erneut auf den Fernseher.
Es kam mir so vor, als würde sie gar nichts von dem mitbekommen, was in der Flimmerkiste vor sich ging, sonder, dass sie einfach auf den Fernseher starrte und so tat, als würde sie tatsächlich aufpassen, damit sie sich nicht weiter mit mir auseinandersetzen muss.
Aber da fiel mir ein, dass ich noch eine Frage parat hatte.
„Wie lange dauert der ganze Stress dieser unsinnigen Entwicklung eigentlich?“
„Bei einem männlichen Wolf ungefähr 6 Jahre... Bei einem weiblichen jedoch nur die Hälfte, also 3 Jahre.“
Was? 6 Jahre? So ein Unsinn. Warum hab ich dann erst so spät etwas davon mitbekommen?
Ungläubig zog ich eine Augenbraue nach oben, sagte jedoch kein Wort von dem, was ich mir dachte.
Doch sie bemerkte meinen Blick natürlich.
„Was? Überrascht? Du kannst mir ruhig glauben... Ich erzähle dir nur das, was man mir erzählte. Und es ist nun mal so, dass man es erst in dem letzten halben oder ganzen Jahr richtig zu spüren bekommt“, erklärte sie.
„Na schön... Dann werde ich deinen Worten wohl ausnahmsweise einmal Glauben schenken.“
Ich grinste leicht.
Das sollte eigentlich zur Auflockerung der Stimmung dienen.. Jedoch scheiterte mein Versuch kläglich und sie schenkte dem keine Beachtung.
„Ja ja... Toll... Lass mich jetzt fernsehen“, war das einzige, dass sie dazu sagte.
Na schön. Sie will, dass ich sie fernsehen lasse, also tu ich das auch.
Ich machte mich auf in mein Zimmer, setzte mich dort an die Fensterbank und betrachtete wieder mal die Häuser und den See, der nun ganz still lag, da kein Wind wehte.
Es war ein wirklich schöner Tag heute. Ein angenehmes Wetter, eine wunderschöne Landschaft... Das waren doch eigentlich gute Voraussetzungen, um Spaß zu haben – doch etwas stand da im Wege: meine Laune.
Ich fühlte mich zwar allgemein besser, da sich mein Körper wieder abgeregt hatte und ich nun nicht mehr ständig den Drang hatte, Sachen zu tun, die mich vielleicht umbringen könnten, oder mich gegen irgendwas und irgendjemanden aufzulehnen, doch trotzdem schlug mir etwas gewaltig auf den Magen.
Ich hatte zumal die Sorge, dass diese ganze Sache verhindern könnte, dass ich je wieder nach Hause zurückkehren konnte. Denn anscheinend hat man hier auf mich gewartet und man braucht mich auch. Doch ich bin mir nicht so sicher, ob ich hier bleiben will.
Außerdem... Durfte ich meinen Vater von meiner anderen Gestalt erzählen? Durfte ich ihm offenbaren, was hier vor sich geht? Ich war mir abgesehen davon nicht sicher, ob er mir überhaupt glauben würde. Ich könnte es ihm ja auch einfach zeigen. Dann musste er mir glauben. Aber ob das so eine gute Idee war? Würde mein Vater dann immer noch wie den selben behandeln? Oder würde er dann denken, ich sei ein Monster?
Ich stieß einen lauten, etwas verzweifelten Seufzer aus. Es war sinnlos darüber nachzudenken, jetzt konnte ich so oder so keine Antworten auf diese Fragen finden.
Und da war noch etwas, dass zu meinem unguten Gefühl im Magen beitrug...
Ich verspürte in meiner Wolfsgestalt den Drang dazu, Aurora zu begatten.
Und oh ja! - das war mehr als seltsam. Sie ist doch meine Cousine.. Und das ist doch komisch.
Doch seitdem musste ich ständig darüber nachdenken. Nicht über das Begatten, sondern über sie. Was dachte sie über mich?
Als ich mich das erste Mal verwandelte und kurz davor, war sie viel sanfter zu mir.
Nun hat sie wieder das Gesicht, dass sie auch bei meiner Ankunft gehabt hatte.
Vielleicht war sie nur etwas netter und sanfter zu mir gewesen, um mir den Schritt zur Verwandlung zu erleichtern. Vielleicht wollte sie einfach, dass das 'Rudel' vollständig ist, falls etwas auf uns zukommen sollte. Vielleicht wollte sie einfach den besten Schutz für ihre Familie und Freunde und der war nur da, wenn wir vollständig waren.
Theoretisch könnte es aber auch sein, dass sie von meinem kurzen Drang etwas mitbekommen hatte und wollte nun Abstand zu mir...
Und es war schon wieder geschehen. Schon wieder hatte ich mich in meinen Gedanken verrannt und stellte Theorien auf, was nicht alles sein könnte. Doch das war doch Zeitverschwendung, in meinen Gedanken finde ich die Antworten nicht, die ich suche.
Ich konnte hören, wie ein Auto vorfuhr und in die Garage einparkte. Es war eindeutig das Auto meines Onkels. Da es durch die Garage ebenfalls einen Weg ins Haus gab, wunderte ich mich nicht, als ich niemanden die Türe öffnen und wieder schließen hörte.
Währen meines Nachdenkens hatte ich mich vom Fensterbrett auf mein Bett bewegt.
Dort schloss ich meine Augen und wollte nun nochmal in mich kehren... Doch...
„Damon, komm runter!“, schrie Aurora vom Erdgeschoss.
Nun war wohl das bereits besagte Gespräch mit Lucian und Carmen angesagt.
Langsam öffnete ich meine Augen wieder und ächzte aus dem Bett.
Ich ging langsam die knirschende Treppe hinunter und folgte den Stimmen von ihnen, welche mich in die Küche führten.
„Hallo“, begrüßte ich meinen Onkel und meine Tante knapp.
„Damon, mein Junge... Nimm doch schon einmal am Tisch Platz. Wir werden gleich zu Abend essen. Aurora meinte, es gäbe etwas zu besprechen. Darüber reden wir nach dem Essen“, sagte Carmen sanft.
Ich tat was sie sagte, setzte mich an den Tisch, gegenüber von meiner liebreizenden Cousine und wartete auf das Abendessen.

„Nun Damon, was gibt es?“, fragte Lucian, während meine Tante noch die Teller und Gläser vom Tisch abräumte und in den Geschirrspülar einschlichtete.
Lucians Platz an dem großen, runden Esstisch aus dunklem Holz war in unmittelbarer Nähe von Aurora und so konnte auch er mich gut ansehen, wenn er mit mir sprach.
Der Tisch war eigentlich viel zu groß für nur vier Leute.
Bevor ich überhaupt zu Wort kommen konnte, übernahm schon Aurora für mich diese Frage: „Vater, weißt du... Ich habe Damon bereits in unsere Welt eingeweiht. Ich habe ihm die ganze Geschichte erzählt. Und... Wir sind auch schon einen Schritt weiter, seit dem. Damon hat bereits seine erste Verwandlung hinter sich gebracht. Es tut mir leid Vater, dass dies alles ohne dein Wissen vor sich gegangen ist.“
Nun setzte sich auch Carmen wieder auf ihren Platz neben mir.
Lucian dachte eine Sekunden nach, dann antwortete er: „Du musst dich nicht bei mir entschuldigen, Tochter. Es scheint, als hättest du die richtige Wahl getroffen, ihn jetzt schon alles zu erzählen. Vielleicht hat sein Wissen darüber auch die Entwicklung beschleunigt, wir werden es nie wissen. Sind die anderen schon von diesem Ereignis benachrichtigt worden?“
„Gewiss“, antwortete sie, ehe er zu Ende gesprochen hatte.
„Nun gut, dann steht der ganzen Sachte nichts mehr im Wege. In drei Wochen beginnen die Sommerferien. Ich möchte, dass ihr die Zeit der Ferien damit nutzt, Damon die Gegend zu zeigen. Er soll sich in den Wäldern bestens zurecht finden können. Und ihr solltet mit ihm etwas trainieren. Aber nicht wieder du, mein Kind.. Chryses muss ihn außerdem seine Position in der Aufstellung des Rudels unterweisen... Doch dazu muss er vorher genauestens über die Fähigkeiten von Damon Bescheid wissen. Das heißt, es ist wohl am besten, wen Chryses selbst mit Damon trainiert und mit ihm die Wälder durchkämmt...“
Lucian redete noch weiter, doch ich konnte nicht mehr zuhören.
Diese ganzen Pläne, die er schmiedete, hörten sich für mich weniger gut an.
Das bedeutete wohl, dass ich mein Sommerferien hier verbringen musste. Und wahrscheinlich auch noch eine geraume Zeit danach.
Es hörte sich außerdem so an, als müsste ich meine Zeit der Ferien mit Chryses verbringen. Niemand fragte mich, ob ich damit überhaupt einverstanden war. Und aus dem Gespräch, zwischen Lucian und mir ist ein Gespräch zwischen Aurora und Lucian geworden.
Warum sitze ich dann überhaupt hier?
Um mir anhören zu dürfen, wie die beiden mein Leben verplanen?
Diese ganze Sache zerrte an meinen Nerven. Ich war absolut nicht einverstanden damit.
Es hieß, wenn ich mich in der Schule bessere, dann darf ich zurück nach Hause. Darauf war ich eingestellt gewesen und ich hatte eigentlich auf fest vor, mich zu bessern, um schnell hier wegzukommen.
Und nun ist plötzlich alles in ein ganz anderes Licht gerückt geworden.
Mir kommt es vor, als ob mir mein Leben aus den Händen geronnen wäre und nun in der Hand dieser Familie und diesen Ort hier läge...

(Bitte nicht allzu böse sein, wenn ein paar Tippfehler gemacht wurden :S Ich schreibe sehr schnell.)
 
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Kommentare  

Na, da wird er wohl noch ein weilchen in dieser Familie zubringen müssen. Und ich glaube, das wird ihm gefallen.

doska (04.09.2011)

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